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I

Als Verteidiger des Angeklagten Julius Streicher bitte ich hiermit erwägen zu wollen, ob nicht der auf 20. Nov. dieses Jahres bestimmte Termin zum Beginn des Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden kann. Dieses Ansuchen begründe ich wie folgt:

Es ist mir nicht möglich, schon bis zum 20. Nov. 1945 die Verteidigung des Angeklagten Streicher in entsprechender Weise vorzubereiten, insbesondere die sämtlichen in Betracht kommenden Akten und Dokumente, die sich im Besitz des Gerichtshofes befinden, durchzuarbeiten, die von dem Angeklagten beantragten Beweismittel zu beschaffen und die von ihm namhaft gemachten Zeugen zu ermitteln oder ermitteln zu lassen. Ich bringe daher eine Verlegung des Termines zum Prozeßbeginn um 3 bis 4 Wochen in Vorschlag.

II

Ferner bitte ich, mir die von der Angeklagebehörde zur Begründung der Anklage in Bezug genommenen und zu den Akten des Gerichtshofes eingereichten Dokumente, Buchwerke und sonstigen Aktenstücke zwecks Einsichtnahme und Durcharbeitung zur Verfügung stellen zu wollen.

III

Schließlich erlaube ich mir die Anregung, die Filme über die Greuel in Konzentrationslagern und sonstige verbrecherische Taten allen Hauptverteidigern vorführen zu lassen, da auch dies zur Unterrichtung der Verteidiger erforderlich erscheint.

Unterschrift: Dr. MARX

1 Der erste Teil dieser Eingabe wurde von Dr. Marx am 15. November 1945 mit Erlaubnis des Gerichtshofes zurückgezogen.

Widerspruch der Anklagevertretung der Vereinigten Staaten gegen den Antrag für den angeklagten Streicher.

Internationaler Militärgerichtshof

DIE VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA,

DIE FRANZÖSISCHE REPUBLIK,

DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND

UND DIE UNION DER SOZIALISTISCHEN SOWJET-REPUBLIKEN


gegen –

Hermann Wilhelm Göring und andere,

Angeklagte

Die Vereinigten Staaten von Amerika widersprechen durch ihren Hauptanklagevertreter dem Antrag des Anwalts des Angeklagten Streicher aus folgenden Gründen:

(1)

Nachdem der Anwalt am 27. Oktober 1945 die Aufgabe übernommen hat, den erwähnten Angeklagten zu vertreten, ist ihm eine Liste von Dokumenten ausgehändigt worden, auf die sich der Ankläger stützt; er hat die Erlaubnis erhalten, die in dieser Liste erwähnten Dokumente und Erlasse zu prüfen. Die Dokumente und Beweisstücke werden dem Anwalt weiterhin während der Dauer des Verfahrens im Angeklagten-Auskunftsbüro, Zimmer Nummer 54 des Justizpalastes in Nürnberg, zur Verfügung stehen, wo ihm deutschsprechende Verwahrungsbeamte die zur Beschleunigung einer solchen Untersuchung notwendige Hilfe gewähren werden.

(2)

Der erwähnte Angeklagte wird weiterhin Zeit haben, dokumentarisches Beweismaterial zu prüfen, und seine Verteidigung noch weiter vorzubereiten, bis die Anklagebehörde seinen speziellen Fall vorträgt.

(3)

Der Angeklagte Streicher ist der einzige Angeklagte, der um Vertagung gebeten hat; in seinem Gesuch ist nicht dargetan, daß sich irgendwelche Härten ergeben würden, die auf den Fall gerade seiner Verteidigung beschränkt wären. Im übrigen weist er auf nichts Bestimmtes hin, was seiner Verteidigung schaden könnte, falls sein Antrag abgelehnt würde.