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Lothar Gall und Manfred Pohl, Hrg.
Unternehmen im Nationalsozialismus_. Schriftenreihe zur Zeitschrift fuer
Unternehmensgeschichte. Muenchen: C.H. Beck, 1998.
138 S. 3 Graph. u. Tab. DM 48.00 (Gebunden), ISBN 3-406-43354-5. Reviewed for H-Soz-u-Kult by Ulrich Marsch <marsch@mpg-gv.mpg.de>, Muenchen Ueblicherweise gilt ein Buch, das mehr Fragen
aufwirft als beantwortet, als gutes Buch. Nach diesem Massstab ist diese
Aufsatzsammlung, die auf die 20. Vortragsveranstaltung der Gesellschaft
fuer Unternehmensgeschichte im Juni 1997 zurueckgeht, ein sehr gelungenes
Buch. Nicht deswegen, weil die Beitraege schlecht waeren, die Autoren ihre
Themen nicht konzentriert und praegnant bearbeitet oder unrelevante Fragen
gestellt haetten und deswegen zu viele Antworten offen geblieben waeren.
Ich halte dies fuer ein gutes Buch, weil ein zu lange vernachlaessigter,
aber nichts desto trotz zentraler Aspekt der deutschen Geschichte im
Dritten Reich aus Sicht verschiedenster Unternehmen, aber nur
Grossunternehmen, untersucht wird. Und obwohl alle Autoren ihren Aufgaben
gut und erschoepfend gerecht werden, bleiben einfach noch viele Fragen zur
Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte im NS-Regime offen: in bezug auf
Handlungsoptionen, auf Geschichte kleinerer Unternehmen, auf das Verhalten
der Stadtwerke, die sich durch Arbeitseinsatz von Kriegsgefangenen und
Zwangsarbeitern nicht sehr von Privatfirmen unterschieden und sie zu einem
der groessten Arbeitgeber in diesem Bereich werden liess. In zwei einleitenden Kapiteln (Lothar Gall/Manfred
Pohl und Henry A. Turner)
werden Fragen zum Thema entwickelt, bekannte und akzeptierte Erklaerungen
und Deutungsansaetze zusammengefasst und schliesslich, in einer Art
Makrodarstellung Henry Turners, der geschichtliche, politische und
wirtschaftliche Rahmen erlaeutert, in dem Unternehmer, Unternehmen und
Banken waehrend der NS-Zeit handeln konnten. In jedem der nachfolgenden
Kapitel werden diese Fragen erneut aufgegriffen und am individuell
untersuchten Fall geprueft. Auf
diese Weise ist eine erfreuliche Kohaerenz der einzelnen Beitraege
erreicht worden, was Sammelbaende sonst eher vermissen lassen. Zu Beginn widmet sich Harold James der Rolle der
Banken im Nationalsozialismus, es folgen Kommentare dazu von Carl-Ludwig
Holtfrerich und Christopher Kopper. Fuehrende Grossbanken, vor allem die
Deutsche Bank, entliessen oder verdraengten schon bis Juni 1933 ihre
juedischen Vorstandsmitglieder, zum Teil in vorauseilendem Gehorsam. Zwar
fusste dies auf einem Vorschlag des neuen Reichsbankpraesidenten Hjalmar
Schacht, doch die Geschwindigkeit der Umsetzung verblueffte. Diesen
Suendenfall jedoch hatten die Banken mit fast allen deutschen Grossfirmen
gemein. Die anderen beiden aber schon nicht mehr. Die Ueberfuehrung
juedischen Vermoegens in nicht-juedisches, also die Arisierung, oder
schlicht der staatlich angeordnete und schein-legal abgesicherte Raub von
Firmen und Vermoegen wurde durch die Vermittlerrolle der Banken,
natuerlich gegen Provision, abgewickelt. Zwar bekamen die Opfer einen
Bruchteil ihrer Werte und konnten sich im Exilland einen oftmals
bescheidenen Neuanfang leisten, dennoch ermoeglichten die Banken dem Staat
die Realisierung seiner politischen, rassisch motivierten Ziele und
unterliefen die bis dahin in Deutschland gueltigen Prinzipien von Eigentum
und Moral (S. 31). Den dritten Suendenfall gestalteten Banken ebenfalls
aktiv mit, als sie die vom NS-Regime angeordnete wirtschaftliche
Neuordnung Europas durchfuehrten, Betriebe an sich rissen, noch hoehere
Provisionen erhielten und jetzt nicht einmal mehr auf die Schicksale der
ehemaligen Eigner achteten. Der politische Druck auf die Banken wurde zwar
nach 1942 immer staerker, dennoch ist auffallend, dass gerade im
Bankensektor am wenigsten ueber Widerstand oder Sabotage nachgedacht wurde.
James formuliert die These, die Bankiers sahen sich sowieso als
Repraesentanten eines ueberfluessigen und vom NS-Regime diffamierten
Geschaeftszweiges und wurden angesichts des Druckes und der am Horizont
auflodernden Gefahr der Abschaffung immer passiver. Gerade die Banken mit
ihren vielen Kontakten und Einsichtsmoeglichkeiten hatten vermutlich
Kenntnis von KZs, Zwangsarbeit und nahendem Ende der NS- Herrschaft,
dennoch verharrten sie in Untaetigkeit. Durch den Rueckzug in ihre Welt,
die Geschaeftswelt, handelten sie unmoralisch und trugen zum moralischen
Niedergang Deutschlands bei. Das Kapitel von Hans Mommsen zum Volkswagenwerk (Kommentare
Manfred Grieger und Marie-Luise Recker) zeigt deutlich die Komplizenschaft
eines Unternehmens, das extra fuer eine Massnahme im Rahmen der NS-Politik
gegruendet wurde, naemlich fuer das Projekt Volkswagen.
Der Betrieb war von vornherein der Deutschen Arbeitsfront
zugehoerig und damit ab seiner Gruendung ein Instrument der NS-Herrschaft.
Aufruestung und Krieg verhinderten, dass der Volkswagen
tatsaechlich in grossen Mengen gebaut werden konnte, Ruestungsauftraege,
Planungsunsicherheiten und beginnende Ueberlegungen, fuer die sicherlich
kommende Friedenswirtschaft Vorsorge zu treffen, liessen das Management
zunehmend Zwangsarbeiter einsetzen. Spaetestens hier wurde das
Management zum aktiven Komplizen des Dritten Reiches. H.
Mommsen attestiert Ferdinand Porsche eine a-politische Haltung,
trotz seiner engen Verbindungen zu Hitler und Himmler, trotz seines
vorbehaltlosen Einsatzes fuer die NS-Aufruestung und Kriegsruestung, trotz
des Einsatzes von Zwangsarbeitern und todbringender Bauten zur
Untertageverlegung von Produktionsstaetten (S. 49 ff.). Angesichts dieser
von Mommsen selbst angefuehrten Belege vermag ich ihm hier nicht zu folgen.
Es ist fraglich, ob man jemanden nur dann als politischen Menschen der
damaligen Zeit bezeichnen kann, wenn er auch Nationalsozialist war. Simon
Wiesenthal hat jemanden dann als Nazi bezeichnet, wenn er Antisemit
war. Ob Ferdinand Porsche ein Antisemit und damit Nazi war, geht aus dem
Aufsatz H. Mommsens nicht hervor. Aber nicht Nazi gewesen zu sein heisst
noch nicht, dass jemand a-politisch war, wenn man sich so rueckhaltlos
fuer dieses Regime einsetzte. In einer fundierten Gesamtschau der
Automobilindustrie kommt Mark Spoerer zu dem Schluss, dass die deutsche
Autoindustrie, die seit den 1920er Jahren nur durch hohe Importzoelle
ueberleben konnte, sich nicht aus ideologischen Gruenden an Verbrechen des
NS-Regimes beteiligte, sondern aus dem Motiv der langfristigen
Gewinnmaximierung heraus. Unternehmer wie Porsche oder andere schlugen
moralische Bedenken aus, als ihnen das Regime die Chance bot, Gewinne zu
machen, ja sich und ihre Unternehmen sogar ueber den Krieg zu retten. Die
mit interessanteste Feststellung im ganzen Buch macht er als er darlegt,
dass eine spezifisch faschistische Gesinnung fuer eine Teilnahme privater
Firmen an staatlich sanktionierten Verbrechen weder hinreichend noch
notwendig ist. Klaus Hildebrand widmet sich der deutschen
Reichsbahn, die in der Weimarer Zeit zum einem kaufmaennisch gefuehrten
Unternehmen umstrukturiert wurde. Ein neues Gesetz von 1937 unterstellte
die Reichsbahn wieder dem Staat, nachdem vorangegangene Versuche, die
Reichsbahn durch NS-Getreue zu unterwandern, noch abgewehrt werden konnten.
Er betont das besondere Verhaeltnis der Eisenbahner zum Staat, der dieses
Grossunternehmen durch Beamte lenken, verwalten und betreiben liess. In
einer Mischung aus Appell an Standestreue, technischem Fortschritt,
Egalisierung des Massentransportes und ungeheurem Wachstum des
Transportaufkommens nach Kriegsbeginn wurden Stolz und
Gehorsambereitschaft bei der Belegschaft erst geweckt, dann erwartet,
schliesslich durchgesetzt. Mangelndes rollendes Material, dauernde
Ueberlastung gerade durch den Krieg im Osten, hohe Abnutzung der Schienen,
Gleise und Lokomotiven boten zur Mitte des Krieges die willkommene
Gelegenheit, den bisherigen Leiter der Reichsbahn durch einen NS-Mann der
ersten Stunde auszuwechseln. Die Transporte von zu deportierenden Juden
gehoerten bekanntermassen zu den dunkelsten Kapiteln der Reichsbahn, sie
wurden als Guetertransporte ausgewiesen. Waren sie ein Verbrechen und eine
Tragoedie, stellen sie logistisch fuer die Reichsbahn kein Problem dar:
von 20.000 Zuegen taeglich fuer Truppentransporte und Materiallieferungen
waren 10 oder 20 Zuege am Tage fuer Judendeportationen eher ein
Randproblem (S. 88). Die erlernten und belohnten, durch
Beamten- und Sozialstatus nicht hinterfragten und gleichzeitig
missbrauchten Tugenden wie Disziplin und Verlaesslichkeit, Hingabe und
Opfermut machte die Reichsbahn zu einem Komplizen beim Voelkermord. Gerald Feldmans Beitrag ueber Hugo Stinnes und den
Nationalsozialismus mag auf den ersten Blick verwundern, starb Stinnes
doch schon 1925. Dennoch gelingt es Feldman, interessante Stereotypen des
Verhaltens vieler Industrieller, gerade im Mittelstand und von Banken
Abhaengenden zu beleuchten. Bis zur Ermordung Rathenaus bediente sich
Stinnes zeitweise antisemitischer Aeusserungen, um sein Missfallen gegen
politische Entscheidungen deutlich zu machen oder um seine politischen
Vorstellungen durchzusetzen. Danach stellte er sich gegen antisemitische
Handlungen und Stimmungen, sah diese als Neid und Missgunst gegen
erfolgreiche Konkurrenten an und forderte dazu auf, alle staatserhaltenden
Elemente zu unterstuetzen. Die Hoffnungen Stinnes, die Wirtschaft werde
die Politik dominieren, erfuellte sich nicht, und dies musste er in seinen
letzten Lebensmonaten erleben. Robert Bosch und sein Stuttgarter Unternehmen
gehoerten zu den wenigen, die innerhalb der Unternehmerschaft gegen das
NS-Regime sogar aktiv vorgingen, was Joachim Scholtyseck darlegt. Zwar
galt das Unternehmen Bosch als NS- Musterbetrieb, profitierte von Hitlers
Motorisierungsbestrebungen, war Lieferant fuer Wehrmacht und Luftwaffe und
beschaeftigte Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter.
Robert Bosch, Gruendungsmitglied der liberalen DVP, spaeter eher
linksliberal eingestellt, unterstuetzte jahrelang die SPD finanziell, und
wurde mit seiner Firma ein Zentrum des Widerstandes, in dem sich
zahlreiche Oppositionelle trafen und von Bosch auch materielle Hilfe
erhielten. Der Kreis um Bosch knuepfte Auslandsverbindungen, um einen
Frieden ohne Hitler zu erreichen, und fuer den Fall eines erfolgreichen
Attentates lagen ab 1943/44 ausgearbeitete Plaene zur Gestaltung eines
neuen Deutschlands vor. Nach
dem gescheiterten Umsturzversuch vom 20. Juli 1944, Bosch selbst war schon
zwei Jahre tot, wurden zahlreiche Mitglieder des Boschkreises verhaftet
und umgebracht. Dieses Beispiel zeigt die vielleicht einzige Moeglichkeit
eines Unternehmens, sich zwar aktiv am Widerstand zu beteiligen, aber
dennoch nach Aussen hin alle gestellten Anforderungen zu erfuellen, selbst
auf Kosten der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter. Alles andere haette
sehr wahrscheinlich eine Enteignung des Unternehmens und seine
Unterstellung unter Goerings Behoerden oder die SS-Wirtschaftseinheiten
gebracht und damit auch die Moeglichkeit zum Widerstand beendet. Peter Hayes (Kommentar Avraham Barkai und Anthony
Nichols) ergaenzte seinen Vortrag ueber die IG Farben um neueste
Forschungen zu Degussa und kommt so zu einem abgerundeterem Bild ueber
grosse Teile der deutschen chemischen Industrie. IG Farben und fast alle
anderen groesseren chemischen Firmen sahen eher im demokratischen System
der Weimarer Republik ihre Zukunft als in einem NS-Regime, das erklaert
die deutliche Distanz dieser Industrie zur NSDAP. Sorgfaeltig und genau
erklaert Hayes den Sinneswandel der Chemie- Industriellen und legt die
unterschiedlichen Interessenslagen dar. Waehrend z.B. fuer Degussa eine
Autarkiepolitik aufgrund ihrer Export- und Produktstruktur akzeptierbar
und vielversprechend schien, lehnte IG Farben sie aus den selben Gruenden
ab. Denn IG belieferte Auslandsmaerkte in einem groesseren Ausmass und
vertrieb andere Produkte. Autarkie haette Marktabschottungsmassnahmen in
den Exportlaendern bewirkt und damit IGs Absatzmoeglichkeiten noch mehr
erschwert. Nach 1936 musste die IG aber erkennen, dass das Regime sich
nicht durch wirtschaftliche Notwendigkeiten und Ueberlegungen beeinflussen
liess, sondern vielmehr seine eigene radikale Wirtschaftspolitik
gestaltete, die langfristig den Interessen vieler Wirtschaftszweige
diametral entgegengesetzt war. Alle Versuche der IG bis 1940, Einfluss auf
die NS-Wirtschaftspolitik zu nehmen, schlugen fehl, vielmehr musste die IG
eine Militarisierung ihres Grosskonzerns erleben, weil die
Konsumgueterproduktion zugunsten auch kriegswichtiger Grundstoffe
zurueckgedraengt wurde. Anhand der Entscheidungen fuer die Ortswahl des
Synthese-Kautschukwerkes bei Auschwitz im Januar 1941 wird deutlich, wie
selbstverstaendlich und widerstandslos der zwangsweise Arbeitseinsatz
unterworfener Voelker und Deportierter in der deutschen Industrie
hingenommen und zunehmend aktiv genutzt wurde. Damit ueberschritt IG
Farben die Grenze eines Unternehmens, das sich lange Zeit zuerst mit
Widerwillen in die neuen Umstaende einfuegte, dann mit dem Wunsch nach
Veraenderung des Regimes versuchte aktiv Politik zu gestalten und
schliesslich nach dem Scheitern dieser Versuche und wachsender
Radikalitaet des Regimes zu dessen willfaehrigem Komplizen und zum
Mittaeter aufstieg. Hayes billigt dabei den Managern zu, nicht aus
rassistischen Gruenden oder aus Lust an der Macht gehandelt zu haben,
sondern aus menschlichen Schwaechen, Furcht, Ichbezogenheit und Flucht in
das Sich-Fuegen-Muessen heraus. Gerade dies mache die Geschichte von
Unternehmen so spannend und zeitlos aktuell. An diesem Punkt treffen sich
die Analysen von Hayes und Spoerer. Denn beide konstatieren, dass es nicht
ausgesprochener verbrecherischer und rassistischer Charakter bedarf, um
sich dennoch verbrecherisch und in hoechstem Ausmass unmoralisch zu
verhalten. Auch hier verueben ganz normale Maenner, noch dazu meistens aus
dem gehobenen Buergertum, grosse Verbrechen. In der wiedergegebenen Podiumsdiskussion werden
Handlungsoptionen der Unternehmer, Sichtweisen der Manager und
Entscheidungsfindungsprozesse in Firmen diskutiert, Anregungen zu weiteren
Studien gegeben und erweiterte Fragestellungen aufgezeigt. Auch wenn man sich anhand der Autornamen weitere
Buchtitel erschliessen kann, waere es schoen gewesen, haetten alle
Beitraege Fussnoten und Hinweise enthalten so wie die von Mark Spoerer,
Klaus Hildebrand, Gerald Feldman, Joachim Scholtyseck und Avraham Barkai. An dem Buch mag man die Auswahl der Unternehmen kritisieren:
nur Grossfirmen; viel Platz fuer Banken; Volkswagen war ueberhaupt kein
Privatbetrieb im strengen Sinne; Firmen der Kohlen-, Eisen- und
Stahlbranche (immerhin die Hauptbeguenstigten im Dritten Reich) fehlen
vollstaendig; Stadtwerke als groesste Nutzer von Zwangsarbeitern fehlen
ebenso; Hugo Stinnes ist zwar eine interessante Fallstudie, aber nicht
zentral fuer das Verhalten von Unternehmern im NS-Regime. Dennoch scheint die Auswahl gute Gruende zu haben.
Erstens gibt es immer noch nicht allzu viele Firmenstudien fuer die NS-Zeit,
und gerade Grossunternehmen standen besonders im Rampenlicht des
NS-Regimes. Banken gleich zu Anfang zu erwaehnen halte ich fuer sinnvoll,
weil Deutschlands wirtschaftliche Entwicklung stark von den Banken
mitgestaltet wurde und ihnen gerade in der Depressionszeit grosse
Bedeutung zukam. Ausserdem hatten die Grossbanken ueber ihre Sitze in den
Aufsichtsraeten vieler Firmen wesentliche bessere vergleichende
Einsichtsmoeglichkeiten in Entwicklungstendenzen und betriebliche
Realitaet als andere Firmen oder als nur von den Schreibtischen ihrer
Bueros aus. Warum auf Volkswagen so ausfuehrlich eingehen ? Zwar war das
VW-Werk rein staatlich und vor 1933 nicht existent, hatte aber im Krieg
keine Chance, wie Mommsen darstellt, zivile Produkte herzustellen. Es war
also untypisch fuer ein Unternehmen, das schleichend in die NS-Wirtschaft
hineingezogen wurde, da es von Beginn an Teil des Systems war. Allerdings
ist Volkswagen auch fuer die Geschichte politischer Technokraten, wie es
wohl Ferdinand Porsche und Anton Piech gewesen sind, interessant, wenn das
Werk auch mit Unternehmertum nicht viel gemein hat. Das Beispiel Bosch
zeigt, dass man sich dem Druck der Verhaeltnisse unterwerfen musste, ja
nur dann effektiv konspirativ weiterarbeiten konnte, da man so keinen
Verdacht auf sich lenkte. IG Farben steht symbolhaft fuer anfaenglich eher
ablehnende Ambivalenz zum, dann wachsende Komplizenschaft mit dem Regime. Durch diese Auswahl sind fast alle Facetten
unternehmerischen Verhaltens im Dritten Reich vertreten, und das macht das
Buch so lesenswert, gerade wenn man die ausfuehrlichen Studien, die zu
allen Unternehmen vorliegen, noch nicht kennt. Allerdings fehlt eine
Facette, die dringend haette aufgenommen werden muessen: Hugo Junkers, der
sich mit seinem als strategisch wichtig erweisenden Unternehmen zur
Luftfahrt schon 1933 nicht unterordnen wollte, schnell und brutal aus
seinem eigenen Konzern verdraengt und enteignet wurde und fuer alle
widerspenstigen Unternehmen als Beispiel dienen konnte und sollte, was
einem bei Nichtkooperation widerfahren werde. Diese Fallstudie haette das
Buch sicherlich bereichert. Copyright © 1999 by H-SOZ-U-KULT (H-NET), all rights reserved. This work may be copied for non-profit educational use if proper credit is given to the author and the list. For other permission, please contact H-SOZ-U-KULT@H-NET.MSU.EDU. |