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II.

Der Hauptankläger erhebt keinen Einspruch gegen das in Abschnitt II gestellte Ersuchen des erwähnten Antrages.

III.

Der Hauptankläger erhebt auch keinen Einspruch gegen den in Abschnitt III enthaltenen Vorschlag.

Unterschrift: HARTLEY SHAWCROSS.

14. November 1945.

Antrag

der sowjetischen Anklagevertretung

auf eine psychiatrische Untersuchung des Angeklagten Streicher.

Hauptanklagevertreter der USSR.

An den

Internationalen Militärgerichtshof

Wie sich aus der Anklageschrift gegen die Hauptkriegsverbrecher ergibt, soll gegen Julius Streicher wegen Taten verhandelt werden, die er entweder gemeinsam mit den anderen Hauptkriegsverbrechern oder die er allein – insbesondere einschließlich der Anstiftung zu Judenverfolgungen nach Punkt Eins und Vier der Anklageschrift – begangen hat.

Deshalb muß Streicher an erster Stelle die persönliche Verantwortung für die Verhöhnung der Juden, ihre Mißhandlungen und ihre Ermordungen als unmittelbare Folge seiner und seiner Anhänger Propaganda tragen.

In Verfolg der Anklage wurde er auch darüber verhört.

Bei der Vernehmung vom 10. November 1945 erklärte Streicher den Beauftragten der Delegation der Sowjet-Union völlig überraschend, er habe einen zionistischen Standpunkt eingenommen.

Erinnern wir uns überdies des Hinweises, den Streichers Verteidiger in der Sitzung des Internationalen Militärgerichtshofes am 15. November 1945 über die (psychische) Nicht-Verantwortlichkeit seines Klienten gegeben hat, so scheint mir dies ein durchschlagender Grund zu sein, ihn durch psychiatrische Sachverständige untersuchen zu lassen.

Diesem Vorschlag dürften keine Schwierigkeiten entgegenstehen, zumal gerade in diesem Augenblick in Nürnberg eine ganze Reihe ausgezeichneter Spezialisten anwesend sind, die eben ein ähnliches Problem in Verbindung mit dem Angeklagten Heß gelöst haben.

Eine sofortige Untersuchung gäbe dem Gerichtshof noch vor Beginn der Sitzung eine zuverlässige Information, ob der Angeklagte Streicher verantwortlich ist oder nicht. Es ist hierfür noch ausreichend Zeit vorhanden.

Würde sich der Gerichtshof an die Sachverständigen erst wenden, wenn die Verhandlung schon begonnen hat, so könnte dies unzweifelhaft zu einer Verzögerung des normalen Prozeßverlaufs führen.

In Anbetracht dieser Gesichtspunkte beantrage ich, den Angeklagten Streicher einer psychiatrischen Untersuchung vor Beginn der Hauptverhandlung zu unterwerfen.

Unterschrift: POKROVSKI

Stellvertretender Hauptankläger

für die USSR

16. November 1945.

Beschluß des Gerichtshofes über eine psychiatrische Untersuchung des Angeklagten Streicher

17. November 1945

Memorandum an:

Dr. Jean Delay, Professor der Psychiatrie an der Medizinischen Fakultät in Paris

Professor Eugene Krasnushkin, Professor an dem Wissenschaftlichen Forschungsinstitut in Moskau

Oberst Paul L. Schroeder, Armee der Vereinigten Staaten, Neuropsychiatrischer Berater

Der Gerichtshof wünscht, daß Sie den Angeklagten Streicher untersuchen, um folgendes festzustellen:

1. Ist er geisteskrank oder nicht?

2. Ist er fähig, vor dem Gerichtshof zu erscheinen und sich zu verteidigen?

3. Falls er geisteskrank ist, war er dann aus diesem Grunde unfähig, die Natur und Beschaffenheit seiner Handlungen während des durch die Anklage erfaßten Zeitraumes zu erkennen?

Für den Internationalen Militärgerichtshof:

Unterschrift: WILLIAM L. MITCHELL

Brigadegeneral, GSC

Generalsekretär