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Schlußfolgerung.

Der Gerichtshof hat von Neurath in allen 4 Punkten für schuldig befunden.

Fritzsche

Fritzsche ist angeklagt nach Punkt 1, 3 und 4. Er war hauptsächlich bekannt als Rundfunkkommentator, der einmal in der Woche die Tagesereignisse in seinem eigenen Programm »Hans Fritzsche spricht« erörterte. Er begann im September 1932, Rundfunkansprachen zu halten; im gleichen Jahre wurde er der Leiter des Drahtlosen Nachrichtendienstes, einer Einrichtung der Reichsregierung. Als die Nationalsozialisten am 1. Mai 1933 diese Einrichtung ihrem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda einverleibten, trat Fritzsche in die Nazi-Partei und in das Ministerium ein. Im Dezember 1933 wurde er Leiter der innerdeutschen Presseabteilung des Ministeriums; im Oktober 1942 wurde er zum Ministerialdirektor befördert. Nachdem er für kurze Zeit an der Ostfront in einer Propagandakompanie Dienst getan hatte, wurde er im November 1942 Leiter der Rundfunkabteilung des Propagandaministeriums und Generalbevollmächtigter für die politische Organisation des Großdeutschen Rundfunks.

Verbrechen gegen den Frieden.

Als Leiter der innerdeutschen Presseabteilung beaufsichtigte Fritzsche die deutsche Presse, die aus 2 300 Tageszeitungen bestand. Im Verfolg dieser Aufgabe hielt er tägliche Pressekonferenzen, um diesen Zeitungen die Anweisungen des Propagandaministeriums mitzuteilen. Er unterstand jedoch dem Reichspressechef Dietrich, der wiederum Goebbels unterstand. Dietrich erhielt die Anweisung für die Presse von Goebbels und anderen Reichsministern, und stellte sie zu Anordnungen zusammen, die er dann Fritzsche zur Weitergabe an die Presse aushändigte.

Von Zeit zu Zeit wiesen diese »Tagesparolen des Reichspressechefs«, wie jene Abweisungen genannt wurden, die Presse an, dem Volk gewisse Themen vorzutragen, wie z.B. das Führerprinzip, die Judenfrage, das Problem des Lebensraums und andere Nazi-Standard-Ideen. Vor jeder größeren Angriffsoperation wurde ein heftiger Propagandafeldzug durchgeführt. Während Fritzsche der Leiter der innerdeutschen Presseabteilung war, erteilte er der Presse Anweisungen, wie die Aktionen oder Kriege gegen Böhmen und Mähren, Polen, Jugoslawien und die Sowjetunion behandelt werden sollten. Fritzsche hatte die Formulierung dieser Propaganda-Maßnahmen nicht zu bestimmen. Er war lediglich der Uebermittler der Anweisungen, die Dietrich ihm für die Presse gab. Im Februar 1939 und vor der Eingliederung Böhmens und Mährens z.B. erhielt er von Dietrich den Befehl, die Aufmerksamkeit der Presse auf die slowakischen Unabhängigkeitsbemühungen und die anti-deutschen Anschauungen und Maßnahmen der damaligen Prager Regierung zu lenken. Dieser an Dietrich ergangene Befehl kam vom Auswärtigen Amt.

Die Rundfunkabteilung, deren Leiter Fritzsche im November 1942 wurde, war eine der 12 Abteilungen des Propagandaministeriums. Anfänglich beeinflußten Dietrich und andere Abteilungschefs die Politik, die der Rundfunk zu befolgen hatte. Gegen Kriegsende jedoch wurde Fritzsche allein maßgebend für Radioangelegenheiten und gab täglich Parolen an alle Reichspropagandastellen aus, die im Einklang mit den allgemeinen politischen Richtlinien des Nazi-Regimes standen, und die den Weisungen der Radiopolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes und der Ueberwachung durch Goebbels unterlagen.

Mit anderen Beamten des Propagandaministeriums nahm Fritzsche an den täglichen Stabsbesprechungen bei Goebbels teil. Dort erhielten sie ihre täglichen Instruktionen über die tägliche Nachrichten- und Propagandalinie. Nach 1943 hielt Fritzsche gelegentlich diese Besprechungen selbst ab, aber nur, wenn Goebbels und seine Staatssekretäre abwesend waren. Und auch dann war seine einzige Aufgabe, die Goebelsschen Anweisungen, die ihm fernmündlich zugegangen waren, weiter zu geben.

Dies ist in Kürze über die Stellung Fritzsches und seinen Einfluß im Dritten Reich zu sagen. Nie galt er als wichtig genug, um zu den Planungsbesprechungen zugezogen zu werden, die zu Angriffskriegen führten: seine eigene unwidersprochen gebliebene Aussage behauptet, daß er niemals selbst mit Hitler gesprochen habe. Auch liegt kein Material vor, das zeigt, daß er über die auf diesen Sitzungen getroffenen Entscheidungen unterrichtet war. Man kann nicht sagen, daß seine Tätigkeit unter die in diesem Urteil gegebene Definition eines gemeinsamen Planes zur Führung von Angriffskriegen fiele.