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Kriegsverbrechen und Verbrechen

gegen die Menschlichkeit.

Die Anklagebehörde hat behauptet, daß Fritzsche zur Begehung von Kriegsverbrechen dadurch aufhetzte und ermunterte, daß er bewußt Nachrichten derart verfälschte, daß er die Leidenschaften im deutschen Volke zur Begehung von Greueln unter Punkt 3 und 4 aufstachelte. Jedoch seine Stellung und Dienstpflichten waren nicht von ausreichender Wichtigkeit, um zu schließen, er habe an der Urheberschaft oder Planung von Propagandafeldzügen Anteil gehabt.

Die vorliegenden Auszüge aus seinen Ansprachen beweisen, daß er ausgesprochen judenfeindlich eingestellt war. Er behauptete z.B. im Rundfunk, daß die Juden am Krieg schuld seien, und daß ihr Schicksal »so ungemütlich wie es der Führer vorausgesagt hat« geworden sei. Aber diese Ansprachen forderten nicht zur Verfolgung oder Ausrottung der Juden auf. Es liegen keinerlei Beweise vor, daß er von der im Osten vor sich gehenden Vernichtung wußte. Darüber hinaus zeigt das Beweismaterial, daß er zweimal den wenn auch erfolglosen Versuch unternahm, die judenfeindliche Veröffentlichung »Der Stürmer« zu unterdrücken.

Manchmal verbreitete Fritzsche unwahre Nachrichten in seinen Rundfunkansprachen. Aber der Beweis ist nicht erbracht worden, daß er wußte, daß sie falsch waren. Er berichtete beispielsweise, daß kein deutsches U-Boot in der Nähe der »Athenia« gewesen sei, als sie versenkt wurde. Dies war unwahr. Aber da Fritzsche diese Meldung von der deutschen Marine erhalten hatte, hatte er keinen Grund zu der Annahme, daß sie falsch sei.

Sicher hat Fritzsche in seinen Rundfunkreden hie und da heftige Erklärungen propagandistischer Art gemacht. Der Gerichtshof nimmt jedoch nicht an, daß diese das deutsche Volk aufhetzen sollten, Greueltaten an besiegten Völkern zu begehen, und man kann daher nicht behaupten, daß er an den Verbrechen, deren er beschuldigt ist, teilgenommen habe. Sein Ziel war, die Volksstimmung für Hitler und die deutsche Kriegsanstrengung zu erwecken.

Schlußfolgerung.

Der Gerichtshof erkennt, daß Fritzsche nicht schuldig im Sinne dieser Anklage ist und ordnet an, daß er, wenn sich dieser Gerichtshof demnächst vertagt, durch den Gerichtsmarschall entlassen werde.

Bormann.

Bormann ist nach den Anklagepunkten 1, 3 und 4 angeklagt. Er trat der Nationalsozialistischen Partei im Jahre 1925 bei, war von 1928 bis 1930 ein Mitglied des Stabes der Obersten SA-Führung, verwaltete die Hilfskasse der Partei, und war Reichsleiter von 1933 bis 1945. Von 1933 bis 1941 war er Stabschef im Amt des Stellvertreters des Führers und wurde nach Heß' Flucht nach England, am 12. Mai 1941, Leiter der Parteikanzlei. Am 12. April 1943 wurde er Sekretär des Führers. Er war der politische und organisatorische Leiter des Volkssturms und General der SS.

Verbrechen gegen den Frieden.

Anfänglich nur ein unbedeutender Nazi, gewann Bormann allmählich immer mehr an Macht, und besonders in den Tagen, da es zu Ende ging, hatte er großen Einfluß auf Hitler. Er war rege tätig beim Aufstieg der Partei zur Macht und noch mehr bei Festigung dieser Macht. Einen großen Teil seiner Zeit widmete er der Verfolgung der Kirchen und Juden in Deutschland.

Es liegen keine Beweise dafür vor, daß Bormann von Hitlers Plänen, Angriffskriege vorzubereiten, einzuleiten und zu führen, wußte. Er wohnte keiner der wichtigen Besprechungen, auf denen Hitler Stück für Stück diese Angriffspläne enthüllte, bei. Man kann auch nicht überzeugend eine derartige Kenntnis aus den von ihm bekleideten Stellungen ableiten. Erst als er im Jahre 1941 Leiter der Parteikanzlei, und später, im Jahre 1943, Sekretär des Führers wurde, und dabei vielen Besprechungen Hitlers beiwohnte, gaben ihm diese Stellungen entsprechenden Zutritt. Berücksichtigt man die an anderer Stelle besprochene Ansicht des Gerichtshofes über den Tatbestand der Verschwörung zur Führung eines Angriffskrieges, dann reichen die vorliegenden Beweise nicht aus, um Bormann nach Anklagepunkt 1 schuldig zu erklären.