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Angriffsversuche.

Bevor die Nazis zum offenen Angriffskrieg übergingen, unternahmen sie einige ziemlich vorsichtige Versuche, den Geist und den Widerstandswillen derer zu erproben, die ihnen im Wege standen. Sie rückten vor, aber nur so weit, wie die anderen nachgaben, und hielten sich eine Rückzugsstellung frei, falls sie auf eine Stimmung treffen sollten, die Beharrlichkeit gefährlich machte.

Am 7. März 1936 besetzten die Nazis das Rheinland und gingen dann dazu über, es unter Verletzung des Vertrages von Versailles und des Locarnopaktes zu festigen. Sie stießen auf keinen wesentlichen Widerstand und wurden ermutigt, den nächsten Schritt zu tun: die Einverleibung Österreichs. Trotz wiederholter Versicherungen, daß Deutschland keine Absichten auf Österreich habe, wurde der Einmarsch vollzogen. Die Drohung mit einem Angriff zwang Schuschnigg, als österreichischer Bundeskanzler zurückzutreten und den Nazi-Angeklagten Seyß-Inquart an seine Stelle zu setzen. Dieser öffnete sofort die Grenze und forderte Hitler auf, nach Österreich einzumarschieren, »um die Ordnung aufrechtzuerhalten«. Am 12. März begann der Einmarsch. Am nächsten Tage erklärte sich Hitler zum Oberhaupt des österreichischen Staates und übernahm den Oberbefehl über die österreichische Wehrmacht. Ein Gesetz wurde verkündet, das Österreich an Deutschland angliederte.

Die Drohung mit dem Angriff war erfolgreich gewesen, ohne Widerstand hervorzurufen. Dennoch waren Befürchtungen wachgeworden. Sie wurden beschwichtigt durch eine Versicherung an die Regierung der Tschechoslowakei, daß kein Angriff gegen dieses Land beabsichtigt sei. Wir werden nachweisen, daß die Nazi-Regierung zu jener Zeit die Pläne für den Angriff bis in die Einzelheiten ausgearbeitet hatte. Wir werden Ihnen die Schriftstücke vorlegen, nach denen die Verschwörer planten, einen Zwischenfall zu schaffen, um den Angriff zu rechtfertigen. Sie erwogen sogar die Ermordung ihres eigenen Gesandten in Prag, um einen genügend dramatischen Zwischenfall zu schaffen. Sie führten nach Kräften eine politische Krise herbei, die den Sommer hindurch anhielt. Hitler setzte den 30. September als den Tag fest, an dem die Truppen zum Schlag bereit sein sollten. Unter der unmittelbaren Kriegsdrohung schlossen England und Frankreich am 29. September 1938 in München mit Deutschland und Italien ein Abkommen, das die Tschechoslowakei aufforderte, der Abtretung des Sudetenlandes an Deutschland zuzustimmen. Mit der deutschen Besetzung am 1. Oktober 1938 wurde dieses Abkommen vollzogen. Das Münchener Abkommen hatte zugesichert, daß sich keine weiteren Angriffshandlungen gegen die Tschechoslowakei richten sollten, aber diese Zusicherung der Nazis war leicht gegeben und schnell gebrochen. Am 15. März 1939 marschierten die Nazis unter Mißachtung des Münchener Abkommens in Böhmen und Mähren ein und besetzten dieses Gebiet, das Kernstück der Tschechoslowakei, soweit es noch nicht an Deutschland abgetreten war. Wieder war der Westen bestürzt, aber er fürchtete den Krieg. Er sah keinen anderen Ausweg als den Krieg und hegte dennoch die verzweifelte Hoffnung, daß der fiebernde Drang der Nazis nach Ausdehnung sich nun beruhigt haben möge. Die Nazi-Welt aber war berauscht von diesen – in offenem Bündnis mit Mussolini und im heimlichen mit Franco – eingeheimsten Erfolgen die auf keinen Widerstand gestoßen waren.

Nachdem die Verschwörer dann zur Täuschung und um Aufschub zu gewinnen, ihren Frieden mit Rußland geschlossen hatten, gingen sie zu dem letzten Teil ihres Planes über, den Krieg von neuem zu beginnen.