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[Das Gericht vertagt sich bis

7. Januar 1946, 10.00 Uhr.]

Achtundzwanzigster Tag.

Montag, 7. Januar 1946.

Vormittagssitzung.

OBERST TAYLOR: Hoher Gerichtshof! Als sich der Gerichtshof am Freitag vertagte, hatte ich gerade meine Darlegungen zu Punkt 1 und 2 beendet. Ich wende mich nun jenem Teil der Anklageschrift zu, der behauptet, daß die Gruppe Generalstab und Oberkommando eine besondere Verantwortung für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit trägt, wie sie in der Ausführung des gemeinsamen Planes oder der Verschwörung enthalten sind, und wie es in den Punkten 3 und 4 der Anklageschrift dargetan ist. Aus Gründen der Zeitersparnis werde ich diese Verbrechen einfach als Kriegsverbrechen bezeichnen.

Die Vorlage der Schriftstücke, die diesen Teil des Prozesses betreffen, wird den größten Teil der Vormittagssitzung in Anspruch nehmen. Gegen Ende derselben beabsichtige ich, einen einzigen Zeugen zu vernehmen, und zwar Erich von dem Bach-Zelewski, dessen Aussage bei direkter Befragung nur 25 oder 30 Minuten in Anspruch nehmen wird. Danach benötige ich ungefähr 10 Minuten, um meine Schlußfolgerungen zu ziehen, und damit wird meine gesamte Darlegung beendet sein.

Ich beabsichtige, in diesem Teil der Anklage zu beweisen, daß Mitglieder der Gruppe Generalstab und Oberkommando einschließlich der Angeklagten, die Mitglieder dieser Gruppe sind, die Begehung von Kriegsverbrechen angeordnet und geleitet und dadurch an der Begehung von Kriegsverbrechen in ihrer amtlichen Eigenschaft als Mitglieder dieser Gruppe Anteil haben. Ich gedenke weiterhin zu zeigen, daß in gewissen Fällen die tatsächliche Begehung von Kriegsverbrechen durch Mitglieder der deutschen Wehrmacht die Folge dieser Befehle oder anderer Anordnungen der Gruppe Generalstab und Oberkommando waren, die die deutsche Wehrmacht führte. Ich habe jedoch nicht die Absicht, Ihnen ein vollständiges Bild der von der deutschen Wehrmacht begangenen Kriegsverbrechen zu geben. Die volle Vorlage der Beweise zu Anklagepunkt 3 und 4 wird gemäß dem Übereinkommen zwischen den Hauptanklagevertretern durch die Vertreter der französischen und sowjetrussischen Delegation erfolgen, und ein wesentlicher Teil des von ihnen vorzulegenden Beweismaterials wird für die Anklagen gegen die Gruppe Generalstab und Oberkommando von Bedeutung sein.

In diesem Augenblick wollen wir dem Gerichtshof zeigen, daß der Generalstab und das Oberkommando einer Terrorpolitik ergeben waren. In einigen Fällen wird der Beweis für diese Politik durch Vorlage von Schriftstücken erfolgen. Wir werden die in Frage kommenden Dokumente, die von den Mitgliedern dieser Gruppe veranlaßt, unterzeichnet und von ihnen verbreitet wurden, überreichen. In anderen Fällen, in denen die in Frage kommenden Verbrechen durch andere Gruppen, die nicht Mitglieder der deutschen Wehrmacht waren, begangen wurden, zum Beispiel, wenn Kriegsgefangene der SS oder dem SD übergeben und von ihnen mißhandelt wurden, werden wir zeigen, daß in solchen Fällen Mitglieder dieser Gruppe sehr wohl darüber unterrichtet waren, daß sie Beihilfe bei der Begehung von Kriegsverbrechen leisteten. Wir werden beweisen, daß viele der von der SS und dem SD begangenen Verbrechen in Kenntnis und mit der notwendigen Unterstützung des Generalstabs und des Oberkommandos durchgeführt wurden.

Der erste Fall, den ich aufnehmen will, bezieht sich auf die Tötung von alliierten Kommandos, Fallschirmjägern und Mitgliedern militärischer Missionen unter Verletzung des Völkerrechts und der Kriegsregeln.

Das erste Schriftstück, auf das ich mich beziehe, ist 498-PS, Beweisstück US-501.

Es beginnt mit einem in diesem Schriftstück enthaltenen Befehl Hitlers vom 18. Oktober 1942, auf den Oberst Storey bereits in der Darlegung der Anklagen gegen den Sicherheitsdienst, SD, Bezug genommen hat. Der Befehl beginnt mit einem Bericht, daß alliierte Kommandos Kriegsmethoden anwendeten, die angeblich außerhalb der Bestimmungen der Genfer Konvention stünden, und zählt dann im einzelnen die Methoden auf, die deutsche Truppen gegen alliierte Kommandos anwenden sollten, und wie mit den in Gefangenschaft geratenen alliierten Kommandos verfahren werden sollte. Dieser Befehl ist eines der beiden grundsätzlichen Schriftstücke meiner Darstellung. Ich werde ihn ganz verlesen:

»1. Schon seit längerer Zeit bedienen sich unsere Gegner in ihrer Kriegführung Methoden, die außerhalb der internationalen Abmachungen von Genf stehen. Besonders brutal und hinterhältig benehmen sich die Angehörigen der sogenannten Kommandos, die sich selbst, wie feststeht, teilweise sogar aus Kreisen von in den Feindländern freigelassenen kriminellen Verbrechern rekrutieren. Aus erbeuteten Befehlen geht hervor, daß sie beauftragt sind, nicht nur Gefangene zu fesseln, sondern auch wehrlose Gefangene kurzerhand zu töten im Moment, in dem sie glauben, daß diese bei der weiteren Verfolgung ihrer Zwecke als Gefangene einen Ballast darstellen oder sonst ein Hindernis sein könnten. Es sind endlich Befehle gefunden worden, in denen grundsätzlich die Tötung der Gefangenen verlangt worden ist.

2. Aus diesem Anlaß wurde in einem Zusatz zum Wehrmachtbericht vom 7. 10. 1942 bereits angekün digt, daß in Zukunft Deutschland gegenüber diesen Sabotagetrupps der Briten und ihren Helfershelfern zum gleichen Verfahren greifen wird, d.h.: daß sie durch die deutschen Truppen, wo immer sie auch auftreten, rücksichtslos im Kampf niedergemacht werden.

3. Ich befehle daher:

Von jetzt ab sind alle bei sogenannten Kommandounternehmungen in Europa oder in Afrika von deutschen Truppen gestellte Gegner, auch wenn es sich äußerlich um Soldaten in Uniform oder Zerstörertrupps mit und ohne Waffen handelt, im Kampf oder auf der Flucht bis auf den letzten Mann niederzumachen. Es ist dabei ganz gleich, ob sie zu ihren Aktionen durch Schiffe und Flugzeuge angelandet werden oder mittels Fallschirmen abspringen. Selbst wenn diese Subjekte bei ihrer Auffindung scheinbar Anstalten machen sollten, sich gefangen zu geben, ist ihnen grundsätzlich jeder Pardon zu verweigern. Hierüber ist in jedem Einzelfall zur Bekanntgabe im Wehrmachtbericht eine eingehende Meldung an das OKW zu erstatten.

4. Gelangen einzelne Angehörige derartiger Kommandos als Agenten, Saboteure usw. auf einem anderen Weg – z.B. durch die Polizei in den von uns besetzten Ländern – der Wehrmacht in die Hände, so sind sie unverzüglich dem SD zu übergeben. Jede Verwahrung unter militärischer Obhut, zum Beispiel in Kriegsgefangenenlagern usw. ist, wenn auch nur für vorübergehend gedacht, strengstens verboten.

5. Diese Anordnung gilt nicht für die Behandlung derjenigen feindlichen Soldaten, die im Rahmen norma ler Kampfhandlungen (Großangriffe, Großlandungsoperationen und Großluftlandeunternehmen) im offenen Kampf gefangengenommen werden oder sich ergeben. Ebensowenig gilt diese Anordnung gegenüber den nach Kämpfen auf See in unsere Hand gefallenen oder nach Kämpfen in der Luft durch Fallschirmabsprung ihr Leben zu retten versuchenden feindlichen Soldaten.

6. Ich werde für die Nichtdurchführung dieses Befehls alle Kommandeure und Offiziere kriegsgerichtlich verantwortlich machen, die entweder ihre Pflicht der Belehrung der Truppe über diesen Befehl versäumt haben, oder die in der Durchführung entgegen diesem Befehl handeln.«

Dieser Befehl ist von Adolf Hitler unterzeichnet, und ich bitte den Gerichtshof zur Kenntnis zu nehmen, daß dieser Befehl vom OKW in zwölf Ausfertigungen erlassen wurde, und die auf der zweiten Seite angegebene Verteilungsliste schließt die drei Oberkommandos: Heer, Marine und Luft und die hauptsächlichen Kommandos ein.

Hitler erließ am gleichen Tage einen Ergänzungsbefehl, unser Dokument 503-PS, Beweisstück US- 542. Er wurde zur Erläuterung des grundlegenden Befehls herausgegeben. In dieser Erläuterung gab Hitler eine wesentlich andere Darstellung der Gründe für den Erlaß des Befehls und wies darauf hin, daß alliierte Kommando-Operationen außerordentlich erfolgreich in der Zerstörung von Verbindungen im Hinterland, in der Einschüchterung der Arbeiterschaft und in der Zerstörung wichtiger Kriegsbetriebe in besetzten Gebieten gewesen wären.

Dies ist das andere grundlegende Schriftstück; und wenn ich es auch nicht ganz verlesen will, so möchte ich doch die wesentlichen Teile vorbringen. Ich beginne mit dem ersten Absatz zu Beginn der Seite:

»Im Anschluß an den Erlaß über die Vernichtung von Terror- und Sabotagetrupps« – dann in Klammern eine Bezugnahme auf die von mir soeben verlesene Weisung – »wird anliegend ein zusätzlicher Befehl des Führers übersandt.

Dieser Befehl ist nur für die Kommandeure bestimmt und darf unter keinen Umständen in Feindeshand fallen.

Die weitere Verteilung ist von den empfangenden Dienststellen dementsprechend zu begrenzen.

Die im Verteiler genannten Dienststellen sind dafür verantwortlich, daß sämtliche ausgegebenen Stücke des Befehls einschließlich aller angefertigten Abschriften wieder eingezogen und zusammen mit dieser Ausfertigung vernichtet werden.

Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht. Im Auftrage: Jodl.«

Es folgt nun eine Verteilungsliste und dann der von Hitler unterzeichnete Ergänzungsbefehl selbst. Ich will die ersten zwei Absätze des Ergänzungsbefehls vorlesen, die am Ende der ersten Seite der Übersetzung erscheinen:

»Ich habe mich gezwungen gesehen, einen scharfen Be fehl zur Vernichtung feindlicher Sabotagetrupps zu erlassen und seine Nichtbefolgung unter schwere Strafe zu stellen. Ich halte es für nötig, den zuständigen Befehlshabern und Kommandeuren die Gründe für die Anordnung bekanntzugeben.

Wie noch in keinem Kriege vorher entwickelte sich in diesem eine Methode der Störung rückwärtiger Verbindungen, der Einschüchterung der für Deutschland arbeitenden Bevölkerungskreise sowie der Vernichtung kriegswichtiger Industrieanlagen in den von uns besetzten Gebieten.«

Ich gehe zum Ende der zweiten Seite über, auf die letzten zwei Absätze der zweiten Seite der Übersetzung, Seite 3 des deutschen Textes:

»Die Folgen dieser Tätigkeit sind außerordentlich schwere. Ich weiß nicht, ob sich jeder Kommandeur und Offizier dessen bewußt ist, daß die Zerstörung eines einzigen Elektrizitätswerkes z.B. die Luftwaffe um viele tausend Tonnen Aluminium bringen kann, und daß damit der Bau zahlreicher Flugzeuge ausfällt, die der Front in ihrem Kampfe fehlen und somit zu schwersten Schädigungen der Heimat und zu blutigen Verlusten der kämpfenden Soldaten führen.

Dabei ist diese Art von Krieg für den Gegner gänzlich gefahrlos. Denn indem er seine Sabotagetrupps in Uniform absetzt und andererseits aber auch Zivilkleidung mitgibt, können sie je nach Bedarf als Soldaten oder als Zivilisten in Erscheinung treten. Während sie selbst den Auftrag besitzen, ihnen hinderliche deutsche Soldaten oder sogar Landeseinwohner rücksichtslos zu beseitigen, laufen sie keinerlei Gefahr, bei ihrem Treiben wirklich ernsthafte Verluste zu erleiden, da sie ja schlimmstenfalls gestellt, sich augenblicklich ergeben und damit theoretisch unter die Bestimmungen der Genfer Konvention zu fallen glauben. Es gibt keinen Zweifel, daß dies aber einen Mißbrauch der Genfer Abmachungen schlimmster Art darstellt, umsomehr, als es sich bei diesen Elementen zu einem Teil sogar um Verbrecher handelt, die, aus Gefängnissen befreit, durch solche Aktionen ihre Rehabilitierung erreichen können.

England und Amerika werden für diese Kampfführung deshalb auch immer wieder solange Freiwillige finden, als diesen mit Recht gesagt werden kann, daß irgendeine Lebensgefahr für sie nicht besteht. Im schlimmsten Falle brauchen sie nur ihre Attentate gegen Menschen, Verkehrseinrichtungen oder Sachanlagen glücklich zu vollbringen, um sich dann, vom Feinde gestellt, einfach zu ergeben.

Wenn nun die deutsche Kriegführung nicht durch ein solches Verfahren schwersten Schaden erleiden soll, dann muß dem Gegner klargemacht werden, daß jeder Sabotagetrupp ausnahmslos bis zum letzten Mann niedergemacht wird. Das heißt, daß die Aussicht, hier mit dem Leben davonzukommen, gleich Null ist. Es kann also unter keinen Umständen gestattet werden, daß ein Spreng-, Sabotage- oder Terroristentrupp sich einfach stellt und gefangengenommen wird, um nach den Regeln der Genfer Konvention behandelt zu werden, sondern er ist unter allen Umständen restlos auszurotten.

Die Meldung, die darüber im Wehrmachtbericht er scheinen soll, wird ganz kurz und lakonisch lauten, daß ein Sabotage-, Terror- oder Zerstörungstrupp gestellt und bis zum letzten Mann niedergemacht wurde.

Ich erwarte deshalb, daß sowohl die Befehlshaber der ihnen unterstellten Armeen als auch die einzelnen Kommandeure nicht nur die Notwendigkeit eines solchen Handelns begreifen, sondern daß sie sich mit aller Energie für die Durchführung dieses Befehls einsetzen. Offiziere oder Unteroffiziere, die aus irgendeiner Schwäche versagen, sind unnachsichtlich zu melden oder unter Umständen – wenn Gefahr im Verzug ist – selbst sofort zur schärfsten Verantwortung zu ziehen. Sowohl die Heimat als auch der kämpfende Soldat an der Front haben ein Recht darauf, zu erwarten, daß hinter ihrem Rücken die Basis der Ernährung sowie die Versorgung mit kriegswichtigen Waffen und Munition sichergestellt bleibt.

Dies sind die Gründe für den von mir erlassenen Befehl.

Sollte sich die Zweckmäßigkeit ergeben, aus Vernehmungsgründen einen oder zwei Mann zunächst noch auszusparen, so sind diese nach ihrer Vernehmung sofort zu erschießen.«

Hoher Gerichtshof! Das nächste Dokument ist C-179, Beweisstück US-543. Wie dieses Dokument zeigt, übermittelte die Seekriegsleitung in Berlin zehn Tage später, am 28. Oktober 1942, zu einer Zeit, da der Angeklagte Raeder Oberbefehlshaber der Kriegsmarine war, eine Kopie des grundlegenden Befehls vom 18. Oktober an die unteren Marinekommandostellen. Die von der Marine verteilte Abschrift sowie die Deckblattnotiz der Seekriegsleitung zeigen deutlich, wie geheim die Verbreitung dieses Befehls behandelt wurde. Ich lese nur die erste Seite, das Deckblatt, dieses Schriftstücks:

»Anliegend wird ein Erlaß des Führers über die Vernichtung von Terror- und Sabotagetrupps übersandt.

Dieser Befehl darf schriftlich nicht über Flottillenchefs bezw. Abteilungs-Kommandeuren gleichgestellte Offiziere hinaus verteilt werden. Er ist von diesen, nach mündlicher Bekanntgabe an, die unterstellten Einheiten, an die nächsthöhere Dienststelle, die für die Einziehung verantwortlich ist, zur Vernichtung zurückzugeben.«

Wenn wir auf Seite 3 des Schriftstücks übergehen, so finden wir ganz am Schluß der Seite eine ähnliche ermahnende Bemerkung bezüglich der Verteilung. Ich zitiere:

»Dieser Befehl ist nicht über die Batls.- und gleichgestellte Stäbe der anderen Wehrmachtteile hinaus zu verteilen. Nach Bekanntgabe sind die über die Rgt.- und gleichgestellten Stäbe der anderen Wehrmachtteile hinaus ausgegebenen Stücke wieder einzuziehen und zu vernichten.«

Das nächste Dokument, Hoher Gerichtshof, ist C-178, Beweisstück US-544. Dieses Dokument trägt das Datum des 11. Februar 1943; zwölf Tage vorher war der Angeklagte Dönitz Oberbefehlshaber der deutschen Kriegsmarine geworden. An diesem Tage wurde diese Denkschrift innerhalb der Seekriegsleitung verteilt, um gewisse Mißverständnisse aufzuklären, die sich über den grundlegenden Befehl vom 18. Oktober 1942 ergeben hatten. Dieses Dokument, von dem ich die ersten vier Paragraphen verlesen werde, erklärt, warum der frühere Befehl als so streng geheim behandelt wurde, und ordnet weiterhin an, daß alle Marinekommandanten und -offiziere, die es unterließen, den Befehl auszuführen oder ihren Abteilungen über den Befehl Instruktionen zu geben, sich der Gefahr einer schweren kriegsgerichtlichen Bestrafung aussetzten. Ich will nur die ersten vier Absätze verlesen:

»Die Notiz der 3. Skl. vom 1. 2. 43 läßt erkennen, daß sowohl bei den sachbearbeitenden Stellen des Generalstabs des Heeres wie auch beim Luftwaffenführungsstab unrichtige Auffassungen über die Behandlung von Saboteuren bestehen. Eine fernmündliche Rückfrage bei der 3. Skl. ergab, daß auch diese Marinestelle nicht richtig unterrichtet ist. Demgegenüber wird in Ziffer 6) des Führerbefehls vom 18. Oktober-1942« – und hier folgt Hinweis – »allen Kommandeuren und Offizieren kriegsgerichtliche Bestrafung angedroht, die ihre Pflicht der Belehrung der Truppe über den Befehl betreffend Behandlung der Saboteure verabsäumt haben. Den Schutz als Chefsache genießt ds.E. die Begründung des ersten diesbezüglichen Führerbefehls vom 18. 10.... nur deshalb, weil darin ausgesprochen ist,

1. daß nach Ansicht des Führers das Überhandnehmen des militärischen Sabotagewesens im Osten und im Westen zu verhängnisvollen Folgen für unsere ganze Kriegsführung führen kann, und

2. daß die Erschießung uniformierter, auf militärischen Befehl handelnder Gefangenen auch noch hinterher zu erfolgen hat, wenn diese sich freiwillig ergeben und um Gnade gebeten haben.

Dagegen soll die Vernichtung der Sabotagetrupps im Kampf gar nicht geheimgehalten, sondern sogar laufend im OKW-Bericht veröffentlicht werden. Der Zweck der Maßnahme, abschreckend zu wirken, würde nämlich nicht erreicht werden, wenn die Beteiligten an den gegnerischen ›Kommandounternehmungen‹ nicht erführen, daß ihrer der sichere Tod und nicht eine für sie gefahrlose Gefangennahme wartet. Da die Saboteure sofort zu vernichten sind, es sei denn, daß zunächst ihre Aussage aus militärischen Gründen benötigt wird, ist es ds.E. nicht nur notwendig, daß alle Wehrmachtangehörigen an der Front davon Kenntnis erhalten, daß Saboteure dieser Art auch in Uniform zu vernichten sind, sondern daß auch alle mit der Behandlung von Fragen dieser Art befaßten Stellen des Heimatstabes Kenntnis von der befohlenen Behandlungsweise erhalten.«

Ich möchte nun die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf die beiden Punkte des Zitats lenken, die zeigen, daß die Tatsache, daß uniformierte Gefangene auch dann erschossen würden, nachdem sie sich ergeben und um Gnade gebeten hätten, von der Öffentlichkeit ferngehalten werden sollte. Dies zeigt deutlich, daß man sich völlig darüber im klaren war, daß dieses Vorgehen eine unmittelbare Verletzung der Haager und Genfer Konventionen war.

VORSITZENDER: Oberst Taylor, haben Sie den Absatz, der mit den Worten »Praktische Schwierigkeiten...« beginnt, verlesen?

OBERST TAYLOR: Nein, ich werde ihn verlesen.

VORSITZENDER: Ich glaube, das wird gut sein.

»Praktische Schwierigkeiten können sich aus der Abgrenzung des Sabotagetruppbegriffs ergeben. Auf die Beteiligten an Großlandungsoperationen und Großluftlandeunternehmungen soll die Vernichtungsanweisung gemäß Ziffer 5 des Führerbefehls vom 18. Oktober 1942 nicht gelten. Das Kriterium ist darin zu finden, daß es sich letzteren Falles um einen offenen Kampf handelt, während z.B. 10 oder mehr Leute, die durch Schiffe und Flugzeuge anlanden oder mittels Fallschirm abspringen, nicht um einen offenen Kampf zu führen, sondern um eine Fabrik, eine Brücke oder eine Bahnhofsanlage zu zerstören, unter die zu vernichtende Kategorie fallen würden.«

Das nächste Dokument, Hoher Gerichtshof, ist 508-PS, Beweisstück US-545. Der Befehl Hitlers vom 18. Oktober 1942 ist nun in einer Reihe von Fällen tatsächlich ausgeführt worden; wir haben urkundliche Beweise für einige Fälle. Urkunde 508-PS beweist, daß während der Nacht vom 19. zum 20. November 1942 ein britischer Schleppsegler nahe von Egersund in Norwegen abstürzte. Das Flugzeug beförderte eine britische Kommandoeinheit von siebzehn Mann; drei von diesen wurden offensichtlich beim Absturz getötet. Alle waren in englischer Uniform. Vierzehn Überlebende wurden in Übereinstimmung mit dem Befehl Hitlers am Abend des 20. November hingerichtet. Zum Beweis werde ich einige Auszüge aus der Urkunde 508-PS verlesen, und zwar beginne ich auf Seite 1 der Übersetzung mit Absatz 1:

»1. Zur Landung eines britischen Lastenschleppers bei Egersund in der Nacht zum...«

in der Übersetzung heißt es 11. November, aber ich glaube, im Original wurde der 20. November genannt »wird ergänzend gemeldet:

a) Kein Beschuß durch deutsche Abwehr.

b) Schleppflugzeug (Wellington) nach Bodenberührung abgestürzt, 7köpfige Besatzung tot. Anhängender Lastensegler ebenfalls zu Bruch gegangen, von 17köpfiger Besatzung 14 lebend. Einwandfrei Sabotagetrupp. Führerbefehl durchgeführt.«

Ich gehe zur Seite 3 der Übersetzung über, auf der zwei Fernschreiben erscheinen. Ich möchte die ersten zwei Absätze oben auf der Seite lesen:

»Am 20. November 1942 um 5.50 Uhr wurde feindl. Flugzeug 15 km nordöstlich Egersund aufgefunden. Handelt sich um engl. Maschine (Schleppsegler) ohne Motor aus Holz. Von den 17 Insassen sind 3 tot, 6 schwer verletzt, die übrigen leicht verletzt. Alle trugen engl. Khakiuniformen ohne Abzeichen am Ärmel. Ferner wurden gefunden: 8 Rucksäcke, Zelte, Schneebret ter und Sender, nähere Menge noch unbekannt. Maschine hatte an Bord Gewehre, leichte MG und MP. Anzahl unbekannt. Die Gefangenen befinden sich z. Zt. bei dem Batl. in Egersund.«

Ich wende mich nun dem zweiten Fernschreiben zu und lese den ersten Abschnitt:

»Außer den 17 Insassen wurden umfangreiches Sabotagematerial und Werkausrüstung gefunden. Daher Sabotagezweck eindeutig erwiesen. 280. I. D. verfügte Vollzug der Handlung gemäß Führerbefehl. Vollzug wurde gegen Abend des 20. November ausgeführt. Unter ihrer Khakiuniform ohne Abzeichen am Ärmel trugen die Gefangenen teilweise blaue Skianzüge. Die Überlebenden haben bei kurzer Vernehmung lediglich Dienstgrad, Namen und Erkennungsmarke angegeben.«

Ich wende mich nun dem letzten Absatz auf Seite 3 der Übersetzung zu:

»WBN hat auf Grund der Erschießungen der 17 Insassen einen Befehl an die Territorialbefehlshaber herausgegeben, wonach vor Durchführung des Führerbefehls Vernehmung durch I C und BDS wichtig, bei Zutreffen Ziffer 4 Führerbefehl Gefangene an BDS abzugeben sind.«

Hoher Gerichtshof, das nächste Dokument ist 512-PS, Beweisstück US-546. Dieses Dokument berichtet drei Sonderfälle, in denen der Hitler-Befehl in Norwegen durchgeführt wurde und betont insbesondere, daß es wünschenswert wäre, einzelne Kommandos zum Zwecke der Vernehmung gefangenzunehmen. Ich lese aus Dokument 512-PS vom 13. Dezember 1942:

»Gem. Schlußsatz Führerbefehl vom 18. Oktober (Chefs) können einzelne Saboteure aus Vernehmungsgründen zunächst ausgespart werden. Wichtigkeit dieser Maßnahme ergab sich in Fällen Glomfjord, Zweimann-Torpedo Drontheim und Segelflugzeug Stavanger, wo Vernehmungen wertvolle Erkenntnisse über Feindabsichten brachten. Da im Fall Egersund Saboteur sofort liquidiert und so keine Anhaltspunkte gewonnen wurden, wies WB auf oa Schlußsatzführerbefehl hin. (Liquidierung erst nach kurzer Vernehmung.)«

Ein letztes Dokument vom norwegischen Kriegsschauplatz ist von Bedeutung.

VORSITZENDER: Oberst Taylor, was bedeutet RK, das erste Wort im letzten Absatz?

OBERST TAYLOR: Das bedeutet »Rotes Kreuz«.

VORSITZENDER: Es war also schon ein Protest vom Roten Kreuz bei ihnen eingezogen?

OBERST TAYLOR: Ja, das stimmt.

VORSITZENDER: Und was ist BDS?

OBERST TAYLOR: »Befehlshaber der Sicherheitspolizei«, Sipo.

Nun kommen wir zu Dokument 526-PS, Beweisstück US-502. Dieses Dokument trägt das Datum des 10. Mai 1943. Oberst Storey hat es schon dem Gerichtshof vorgelegt, und zwar als Material gegen den SD. Ich werde zunächst den ersten Absatz dieses Dokuments verlesen:

»Am 30. III. 1943 wurde im Toftefjord (70. Breitengrad) feindlicher Kutter gestellt. Kutter wurde vom Feind gesprengt, Besatzung: 2 Mann tot, 10 Gefangene.

Kutter war entsandt von der Norw. Mar. von Scalloway (Shetlands).«

Ich überspringe nun bis zu dem Wort »Absicht«:

»Absicht war Aufbau einer Organisation für Sabotagehandlungen gegen Stützpunkte, Batteriestellungen, Stab- und Truppen-Unterkünfte, Brücken. Auftraggeber in London: Norw. Major Munthe. Führerbefehl durch SD vollzogen. Wehrmachtbericht vom 6. April gibt darüber folgendes bekannt:

In Nordnorwegen wurde ein feindl. Sabotagetrupp bei der Annäherung an die Küste zum Kampf gestellt und vernichtet.«

Indem wir uns nunmehr dem italienischen Kriegsschauplatz zuwenden, möchte ich die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf Dokument 509-PS, Beweisstück US-547, lenken. Dieses Dokument ist vom 7. November 1943 datiert und stellt ein Telegramm des Oberbefehlshabers in Italien an das OKW dar, in dem mitgeteilt wird, daß am 2. November 1943 drei britische Kommandos, die in der Nähe von Pescara, Italien, gefangengenommen waren, der »Sonderbehandlung« unterworfen worden sind, was, wie der Gerichtshof aus der früheren Beweisaufnahme in diesem Prozeß weiß, den Tod bedeutete. Was aus den übrigen neun Kriegsgefangenen im Krankenhaus wurde, wissen wir nicht.

Ich habe noch ein Dokument vom italienischen Kriegsschauplatz, Dokument 2610-PS, Beweisstück US-548. Dies zeigt im einzelnen, wie die Hitler-Befehle ausgeführt wurden. Es besteht aus einer eidesstattlichen Erklärung vom 7. November 1945, von Friedrich W. Koche, Major in der Armee der Vereinigten Staaten. Major Roche war Kriegsgerichtsrat einer amerikanischen Militärkommission, die über General Anton Dostler, dem früheren Kommandeur des LXXV. deutschen Armeekorps wegen der ungesetzlichen Exekution von fünfzehn Angehörigen der amerikanischen Armee zu Gericht saß.

Ich verlese aus dieser eidesstattlichen Erklärung:

»Friedrich W. Roche bezeugt und sagt nach ordnungsmäßiger Vereidigung aus:

Ich bin Major in der Armee der Vereinigten Staaten. Ich war Kriegsgerichtsrat in der Militärkommission, die gegen Anton Dostler verhandelte wegen des Befehls zur Hinrichtung von 15 Angehörigen der Armee der Vereinigten Staaten, bekannt als ›Ginny Mission‹. Diese Militärkommission, die aus 5 Offizieren bestand, war auf Befehl von General McNarney, laut Sonderverfügung Nr. 269, vom 26. September 1945, Hauptquartier des Mittelländischen Operationsraumes, Feldpostnummer 512, eingesetzt worden.

Die Militärkommission trat in Rom, Italien, am 8. Oktober 1945 zusammen und eröffnete das Verfahren der Vereinigten Staaten gegen Anton Dostler. Die Verhandlung dieses Falles nahm vier Tage in Anspruch. Die Schuldigsprechung sowie das Urteil wurden am Morgen des 12. Oktober 1945 bekanntgegeben. Die Anklage und Einzelheiten des hier vorliegenden Falles sind die folgenden:

Anklage: Vergehen gegen die Kriegsgesetze.

Tatbestand: Anton Dostler, zu jener Zeit General, dessen Kommando militärische Einheiten des Deutschen Reiches, einer kriegführenden feindlichen Nation, unterstanden – nämlich das 75. Armeekorps – gab am oder ungefähr am 24. März 1944, in der Umgebung von La Spezia, Italien, unter Mißachtung der Kriegsgesetze den Befehl, daß eine Gruppe Angehöriger der US- Armee – bestehend aus 2 Offizieren und 13 Soldaten im Mannschaftsgrad –, die kurz zuvor durch Truppen, die General Dostler unterstanden, gefangengenommen worden war, ohne Umstände erschossen werden sollte, welcher Befehl am oder ungefähr am 26. März 1944 zur Ausführung gebracht wurde und den Tod der genannten 15 Mitglieder der US-Armee zur Folge hatte...«

Es folgt eine Liste von Namen.

»Ich nahm an dem gesamten Verfahren teil. Ich hörte alle Aussagen und bin mit dem Protokoll dieses Falles wohl vertraut. Der Sachverhalt ist der folgende:

In der Nacht des 22. März 1944 wurden 2 Offiziere und 13 Soldaten des 2677. Sonderaufklärungsbataillons der Armee der Vereinigten Staaten von einigen Booten der Marine der Vereinigten Staaten ausgeschifft und an der italienischen Küste in der Nähe von Stazione di Framura gelandet. Alle fünfzehn Mann waren Angehörige der Armee der Vereinigten Staaten. Als sie an der italienischen Küste landeten, trugen sie alle die Felduniform der Armee der Vereinigten Staaten und hatten keine Zivilkleidung bei sich. Ihre Aufgabe bestand darin, einen Eisenbahntunnel auf der Hauptlinie zwischen La Spezia und Genua zu zerstören. Diese Eisenbahnlinie wurde von den deutschen Streitkräften benützt, um den Anzio- Brückenkopf und die Cassino-Front zu versorgen. Die gesamte Gruppe wurde am Morgen des 24. März 1944 von einer Patrouille, die aus faschistischen Soldaten und einer Gruppe von Angehörigen der deutschen Armee bestand, gefangengenommen. Alle 15 Mann wurden in La Spezia vernommen und bis zum Morgen des 26. März 1944 in Haft behalten, an welchem Tage sie alle von einem Exekutionskommando erschossen wurden. Gegen diese Leute ist niemals ein Verfahren eröffnet worden, noch wurden sie vor ein Gericht gestellt, noch auch wurde ihnen die Möglichkeit der Verteidigung gegeben. Sie wurden auf Befehl von Anton Dostler erschossen, der damals kommandierender General des 75. Armeekorps war.

Anton Dostler sagte als Zeuge in eigener Sache aus, daß er die Erschießung der 15 amerikanischen Soldaten angeordnet habe auf Grund des Hitler-Befehls vom 18. Oktober 1942 betreffend Kommando-Unternehmungen, durch den bestimmt wurde, daß Kommandos erschossen und selbst nach ihrer Vernehmung nicht zu Kriegsgefangenen gemacht werden sollten.

Er sagte weiterhin aus, daß er vor das Kriegsgericht gestellt worden wäre, falls er den Hitler-Befehl nicht befolgt hätte.«

Das Folgende ist eine echte Abschrift des Urteils und des Strafausspruchs in dem Strafprozeß der Vereinigten Staaten gegen Anton Dostler, so wie dieses Urteil und der Strafausspruch in dem Original-Protokoll erscheinen und wie sie in der offenen Gerichtsverhandlung in Rom, Italien, am 12. Oktober 1945 bekanntgegeben wurden:

»Urteil: General Dostler, als Präsident dieses Gerichts ist es meine Pflicht, Ihnen mitzuteilen, daß das Gericht in geheimer Sitzung und nach geheimer schriftlicher Abstimmung, in der sich mindestens zwei Drittel der Mitglieder des Gerichts für einen Schuldspruch zusammenfinden müssen, Sie im Sinne des Sachverhalts und der Anklage für schuldig befunden hat.«

»Strafausspruch: Und abermals in geheimer Sitzung und nach geheimer Abstimmung verurteilt Sie das Gericht mit Zweidrittelmehrheit: Zum Tode durch Erschießen.«

Der Befehl vom 18. Oktober 1942 blieb, soweit wir wissen, bis Ende des Krieges in Kraft. Ich mochte nunmehr Dokument 506-PS, Beweisstück US-549, vorlegen. Dieses Dokument datiert vom 22. Juni 1944 und trägt die Initialen Warlimonts. Darin macht das OKW klar, daß der Hitler-Befehl auch dann angewendet werden sollte, wenn die Kommandounternehmung nur von einer einzigen Person ausgeführt würde. Ich verlese den einzigen Absatz dieses Befehls:

»WFSt stimmt der im Schreiben des Heeresgruppenrichters beim Ob. Südwest vom 20. 5. 1944 vertretenen Ansicht zu. Der Führerbefehl ist auch dann anzuwenden, wenn von der Gegenseite nur eine Person mit einem Auftrag angesetzt worden ist. Es kommt mithin nicht darauf an, ob an einem Kommandounternehmen mehrere oder nur ein einzelner beteiligt sind. Der Grund für die besondere Behandlung von Angehörigen einer Kommandounternehmung liegt darin, daß solche Unternehmen nach deutscher Auffassung nicht dem Kriegsbrauch entsprechen.«

Die alliierte Landung in der Normandie in den ersten Tagen des Juni 1944, in deren Verlauf Großluftlandeoperationen stattfanden, ließ unter den Deutschen die Frage entstehen, inwieweit der Hitler-Befehl in der Normandie und in Frankreich hinter den deutschen Linien angewendet werden sollte. Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf Dokument 531-PS, Beweisstück US-550, lenken. Es ist dies eine Denkschrift vom 23. Juni 1944, die von Warlimont unterzeichnet ist. Sie beginnt mit dem Zitat eines Fernschreibens von Oberbefehlshaber West, in dem angefragt wird, was bezüglich der Anwendung des Hitler-Befehls auf Luftlandetruppen und Kommandos geschehen sollte.

Ich möchte einen kleinen Teil dieses Fernschreibens verlesen, und zwar beginne ich gleich am Anfang:

»Ob. West meldet mit Fernschreiben Nr. 1750/44 g. K. vom 23. Juni 1944:

Die Behandlung feindlicher Kommandotrupps wurde bisher nach Bezugsbefehl durchgeführt.« – Darf ich hier einfügen, der Befehl auf den man sich hier bezieht, ist der Hitler-Befehl vom 18. Oktober 1942. – »Mit der erfolgten Großlandung ist eine neue Lage entstanden. Der Bezugsbefehl bestimmt in Ziffer 5, daß feindl. Soldaten, die im Rahmen normaler Kampfhandlungen (Großlandungsoperationen und Großlandeunternehmen) im offenen Kampf gefangengenommen werden oder sich ergeben, nicht nach Ziffer 3. und 4. zu behandeln sind.

In einer der Truppe leicht verständlichen Form muß festgelegt werden, wie weit der Begriff ›im Rahmen normaler Kampfhandlungen, usw.‹, zu ziehen ist.«

Nun lese ich Unterabsatz D und bringe den ersten Satz dieses Unterabsatzes:

VORSITZENDER: Ich bin der Meinung, Sie sollten auch den letzteren Teil von C lesen.

OBERST TAYLOR: Ich glaube, es ist alles in dem einen Satz enthalten.

VORSITZENDER: Den letzten Satz meine ich gerade.

OBERST TAYLOR: »Erhebliche Rückwirkungen auf, die eigenen Gefangenen müssen bei Bekanntwerden seines Inhalts erwartet werden.« Dann fahren wir weiter fort mit »D«:

»Die Anwendung Ziffer 5 für alle von außen her in die besetzten Westgebiete eindringenden feindlichen Soldaten in Uniform hält Ob. West dafür für die richtigste und klarste Lösung.«

Demgemäß hat Oberbefehlshaber West vorgeschlagen, daß im Westen Ziffer 5 angewandt werden sollte, nach der der Exekutionsbefehl nicht zum Zuge kommen sollte.

Unten auf der Seite finden wir dann die Stellungnahme des Wehrmachtführungsstabes:

»1. Auch nach der feindlichen Landung im Westen bleibt der Kommandobefehl grundsätzlich aufrechterhalten.

2. Ziffer 5 des Befehls ist dahin zu erläutern, daß der Befehl nicht für die feindlichen Soldaten in Uniform gilt, die im unmittelbaren Kampfgebiet des Landekopfes durch die dort eingesetzten eigenen Truppen im offenen Kampf gefangengenommen werden oder sich ergeben. Als im unmittelbaren Kampfgebiet eingesetzte eigene Truppen gelten die in vorderer Linie kämpfenden Divisionen sowie die Reserven bis einschließlich Gen. Kdos.

3. Im übrigen sind in Zweifelsfällen lebend in unsere Hand gefallene Feindesangehörige dem SD zu überstellen, dem die Prüfung obliegt, ob der Kommandobefehl anzuwenden ist oder nicht.

4. Ob. West trägt dafür Sorge, daß sämtlichen in sei nem Bereich eingesetzten Truppenteilen der Befehl über die Behandlung von Angehörigen von Kommandounternehmen vom 18. 10. 1942 nebst vorstehender Erläuterung in geeigneter Weise mündlich bekanntgemacht wird.«

Das endgültige Dokument zu dieser Episode, oder Ermittlung, ist Dokument 551-PS, das als Beweisstück US-551 vorgelegt wird. Dies ist der tatsächliche Befehl vom 25. Juni 1944, der die Antwort des OKW's auf die Anfrage von Oberbefehlshaber West darstellt. Es ist unterschrieben von Keitel und trägt die Initialen von Warlimont und Jodl. Ich lese:

»Betr. Behandlung Kommandoangehöriger.

1. Auch nach der Landung der Anglo-Amerikaner in Frankreich bleibt der Befehl des Führers über die Vernichtung von Terror- und Sabotagetrupps vom 18. Oktober 1942 voll aufrechterhalten.

Ausgenommen bleiben feindliche Soldaten in Uniform im unmittelbaren Kampfgebiet des Landekopfes, das heißt, im Bereich der in vorderer Linie kämpfenden Divisionen sowie der Reserven bis einschließlich Gen. Kdos. gemäß Ziffer 5 des grundlegenden Befehls vom 18. 10. 1942.

2. Alle außerhalb des unmittelbaren Kampfgebietes angetroffenen Angehörigen von Terror- und Sabotagetrupps, zu denen grundsätzlich alle Fallschirmspringer rechnen, sind im Kampf niederzumachen. In Sonderfällen sind sie dem SD zu übergeben.

3. Sämtliche außerhalb des Kampfgebietes der Nor mandie eingesetzten Truppen sind über die Pflicht der Vernichtung feindlicher Terror- und Sabotagetrupps kurz und bündig nach den hierfür erlassenen Bestimmungen zu unterrichten.

4. Ob. West meldet ab sofort täglich wieviele Saboteure auf diese Weise liquidiert sind. Das gilt vor allem auch für die Unternehmen der Militärbefehlshaber. Die Zahl soll täglich im Wehrmachtbericht bekanntgegeben werden, um damit eine abschreckende Wirkung auszuüben, wie sie schon gegenüber den früheren Kommandounternehmen auf gleiche Weise erreicht ist.«

Eure Lordschaft! Hier liegt noch eine weitere Entwicklung in Verbindung mit diesem Befehl, mit diesem grundsätzlichen Befehl, vor; und das war im Juli 1944. Es wurde im deutschen Oberkommando die Frage aufgeworfen, ob der Befehl auf Angehörige fremder Militärmissionen angewendet werden sollte, besonders auf die englischen amerikanischen und sowjetischen Militärmissionen, die mit alliierten Streitkräften in Südosteuropa zusammenarbeiteten, besonders in Jugoslawien. Es ist ein langes von Warlimont unterzeichnetes Dokument, 1279-PS, Beweisstück US-552, und enthält die Unterredungen, die zu dieser Zeit im OKW stattfanden. Ich glaube nicht, daß ich dieses Dokument verlesen muß. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß der Wehrmachtführungsstab vorschlug, den Befehl auf diese militärischen Missionen anzuwenden. Zu diesem Zweck wurde der Entwurf eines Befehls aufgestellt. Ich möchte jedoch Dokument 537-PS, Beweisstück US-553, verlesen. Es ist dies der Befehl, der dann tatsächlich das Ergebnis dieser Besprechungen war. Er trägt das Datum vom 30. Juli 1944, und ich möchte ihn vollständig verlesen:

»Betrifft: Behandlung der bei Banden gefangenen Angehörigen ausländischer ›Militärmissionen‹.

Auf die bei der Bandenbekämpfung im Bereich der Ob. Südost und Südwest ergriffenen Angehörigen ausländischer sogenannter ›Militärmissionen‹ (angloamerikanische wie sowjetrussische) finden die für die Behandlung ergriffener Bandenangehöriger gegebenen Sonderbefehle keine Anwendung. Sie sind mithin nicht wie Kriegsgefangene, sondern nach dem Befehl des Führers über die Vernichtung von Terror- und Sabotagetrupps vom 18. Oktober 1942 zu behandeln.

Dieser Befehl ist nicht über die Generalkommandos und gleichgestellten Stäbe der anderen Wehrmachtteile hinaus zu verteilen und nach Bekanntgeben zu vernichten.

Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht Keitel.«

Auf Grund dieses Befehls wurden ungefähr 15 Angehörige einer Militärmission in der Slowakei im Januar 1945 hingerichtet, wie Dokument L-51 zeigt, das schon als Beweisstück US-521 enthalten ist, und das schon vollständig von Herrn KORVETTENKAPITÄN HARRIS verlesen wurde. Ich werde es nicht noch einmal verlesen.

Damit beende ich die Vorlage von Dokumenten, die den Befehl vom 18. Oktober 1942, seine spätere Durchführung und Anwendung betreffen und wende mich einem anderen Gegenstand zu.

VORSITZENDER: Wir lassen eine Verhandlungspause von zehn Minuten eintreten.