[Pause von 10 Minuten.]
OBERST TAYLOR: Hoher Gerichtshof! Der Befehl, den wir gerade besprochen haben, wurde hauptsächlich auf dem westlichen Kriegsschauplatz angewandt. Dies war natürlich, da ja Deutschland fast die ganze Westküste Europas von 1940 bis zum letzten Kriegsjahr besetzt hielt, und während dieser Zeitspanne die Landkämpfe in Westeuropa sich im allgemeinen auf Kommando-Operationen beschränkten.
Ich gehe nun zur Ostfront über, wo vom Jahre 1941 an in Polen und Rußland schwere Landkämpfe stattfanden. Dort kämpften die deutschen Streitkräfte inmitten einer feindlich eingestellten Bevölkerung und mußten viele Partisanenangriffe hinter der Front abwehren. Meine Beweisführung soll darlegen, daß die Tätigkeit der deutschen Streitkräfte gegen die Partisanen und andere Elemente der Bevölkerung nichts weiter waren, als ein Mittel zur Durchführung der Nazi- und Rassenpolitik und weiterhin als Deckmantel diente für die Massaker von Juden und zahlreichen Teilen der slawischen Bevölkerung, die von den Nazis als unerwünscht betrachtet wurden. Ich will ferner beweisen, daß es die Politik der Wehrmacht war, mit größter Strenge gegen die Zivilbevölkerung der besetzten Gebiete vorzugehen und ihre militärischen Operationen, besonders gegen die Partisanen, so durchzuführen, wie es der Verwirklichung der Nazi-Politik am dienlichsten war.
Ich will ferner beweisen, daß die deutsche Wehrmacht die SS-Gruppen unterstützte, ihnen beistand und mit ihnen zusammenarbeitete, wie es von Major Farr und Oberst Storey bereits dargestellt wurde.
Ich habe nicht die Absicht, eine vollständige oder selbst teilweise Darstellung der Kriegsverbrechen an der Ostfront zu geben. Das wird durch die Sowjetdelegation geschehen. Ich habe auch nicht vor, die Beweisführung, die bereits Oberst Storey und Major Farr gegen die SS, den SD und die Gestapo vorgebracht haben, nochmals zu durchlaufen. Ich will diese Dinge nur insoweit behandeln, als sie notwendig sind, um die Beziehungen zwischen diesen Organisationen und der deutschen Wehrmacht zu klären und deren enge Zusammenarbeit in den besetzten Ostgebieten nachzuweisen.
Das erste Dokument, auf das ich mich beziehe, ist Dokument C-50, Beweisstück US-554.
Dieses Dokument wird beweisen, daß diese Gewaltpolitik offiziell schon vor Beginn des Rußlandfeldzugs festgelegt wurde. Dieses Dokument besteht aus einem Erlaß Hitlers vom 13. Mai 1941 und zwei weiteren Begleitbriefen späteren Datums. Ich bitte den Gerichtshof, auf Seite 4 der Übersetzung besonders darauf zu achten, daß der Befehl von Keitel, dem Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, unterzeichnet ist, und sich außerdem die Verteilung der Ausfertigung zu merken, die unten auf dem zweiten Blatt steht, und die die Verteilung an die Hauptabteilungen des Stabes zeigt. Der Erlaß selbst beginnt auf der dritten Seite, und ich will nun von dort verlesen. Das Dokument trägt den Titel »Erlaß über die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiete ›Barbarossa‹ und über besondere Maßnahmen der Truppe«:
»Die Wehrmachtgerichtsbarkeit dient in erster Linie der Erhaltung der Manneszucht.
Die weite Ausdehnung der Operationsräume im Osten, die Form der dadurch gebotenen Kampfesführung und die Besonderheit des Gegners stellen die Wehrmachtgerichte vor Aufgaben, die sie während des Verlaufs der Kampfhandlungen und bis zur ersten Befriedung des eroberten Gebietes bei ihrem geringen Personalstand nur zu lösen vermögen, wenn sich die Gerichtsbarkeit zunächst auf ihre Hauptaufgabe beschränkt.
Das ist nur möglich, wenn die Truppe selbst sich gegen jede Bedrohung durch die feindliche Zivilbevölkerung schonungslos zur Wehr setzt.
Demgemäß wird für den Raum ›Barbarossa‹ (Operationsgebiet, rückwärtiges Heeresgebiet und Gebiet der politischen Verwaltung) folgendes bestimmt:
I.
Behandlung von Straftaten feindlicher Zivilpersonen.
1. Straftaten feindlicher Zivilpersonen sind der Zuständigkeit der Kriegsgerichte und der Standgerichte bis auf weiteres entzogen.
2. Freischärler sind durch die Truppe im Kampf oder auf der Flucht schonungslos zu erledigen.
3. Auch alle anderen Angriffe feindlicher Zivilpersonen gegen die Wehrmacht, ihre Angehörigen und das Gefolge, sind von der Truppe auf der Stelle mit den äußersten Mitteln bis zur Vernichtung des Angreifers niederzukämpfen.
4. Wo Maßnahmen dieser Art versäumt wurden oder zunächst nicht möglich waren, werden tatverdächtige Elemente sogleich einem Offizier vorgeführt. Dieser entscheidet, ob sie zu erschießen sind.
Gegen Ortschaften, aus denen die Wehrmacht hinterlistig oder heimtückisch angegriffen wurde, werden unverzüglich auf Anordnung eines Offiziers in der Dienststellung mindestens eines Bataillons- usw. Kommandeurs, kollektive Gewaltmaßnahmen durchgeführt, wenn die Umstände eine rasche Feststellung einzelner Täter nicht gestatten.
5. Es wird ausdrücklich verboten, verdächtige Täter zu verwahren, um sie bei Wiedereinführung der Gerichtsbarkeit über Landeseinwohner an die Gerichte abzugeben.
6. Die Oberbefehlshaber der Heeresgruppen können im Einvernehmen mit den zuständigen Befehlshabern der Luftwaffe und der Kriegsmarine die Wehrmachtgerichtsbarkeit über Zivilpersonen dort wieder einführen, wo das Gebiet ausreichend befriedet ist.
Für das Gebiet der politischen Verwaltung ergeht diese Anordnung durch den Chef des Oberkommandos der Wehrmacht.
II.
Behandlung der Straftaten von Angehörigen der Wehrmacht und des Gefolges gegen Landeseinwohner.
1. Für Handlungen, die Angehörige der Wehrmacht und des Gefolges gegen feindliche Zivilpersonen begehen, besteht kein Verfolgungszwang, auch dann nicht, wenn die Tat zugleich ein militärisches Verbrechen oder Vergehen ist.
2. Bei der Beurteilung solcher Taten ist in jeder Verfahrenslage zu berücksichtigen, daß der Zusammenbruch im Jahre 1918, die spätere Leidenszeit des deutschen Volkes und der Kampf gegen den Nationalsozialismus mit den zahllosen Blutopfern der Bewegung entscheidend auf bolschewistischen Einfluß zurückzuführen war, und, daß kein Deutscher dies vergessen hat.
3. Der Gerichtsherr prüft daher, ob in solchen Fällen eine disziplinare Ahndung angezeigt oder, ob ein gerichtliches Einschreiten notwendig ist. Der Gerichtsherr ordnet die Verfolgung von Taten gegen Landeseinwoh ner im kriegsgerichtlichen Verfahren nur dann an, wenn es die Aufrechterhaltung der Mannszucht oder die Sicherung der Truppe erfordert. Das gilt z.B. für schwere Taten, die auf geschlechtlicher Hemmungslosigkeit beruhen, einer verbrecherischen Veranlagung entspringen oder ein Anzeichen dafür sind, daß die Truppe zu verwildern droht. Nicht milder sind in der Regel zu beurteilen Straftaten, durch die sinnlos Unterkünfte sowie Vorräte oder anderes Beutegut zum Nachteil der eigenen Truppe vernichtet wurden.
Die Anordnung des Ermittlungsverfahrens bedarf in jedem einzelnen Fall der Unterschrift der Gerichtsherrn.
4. Bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Aussagen feindlicher Zivilpersonen ist äußerste Vorsicht geboten.
III.
Verantwortung der Truppenbefehlshaber.
Die Truppenbefehlshaber sind im Rahmen ihrer Zuständigkeit persönlich dafür verantwortlich,
1. daß sämtliche Offiziere der ihnen unterstellten Einheiten über die Grundsätze zu I. rechtzeitig in der eindringlichsten Form belehrt werden,
2. daß ihre Rechtsberater von diesen Weisungen und von den mündlichen Mitteilungen, in denen den Oberbefehlshabern die politischen Absichten der Führung erläutert worden sind, rechtzeitig Kenntnis erhalten,
3. daß nur solche Urteile bestätigt werden, die den politischen Absichten der Führung entsprechen.
IV.
Geheimschutz.
Mit der Enttarnung genießt dieser Erlaß nur noch Geheimschutz als geheime Kommandosache.«
Hoher Gerichtshof! Das nächste Dokument ist C-148, Beweisstück US-555. Kaum drei Monate nach Beginn des Rußlandfeldzugs wurde der gerade verlesene Befehl noch erweitert und verschärft. Das Dokument C-148 ist ein Erlaß vom 16. September 1941, der von Keitel unterschrieben ist und allgemein verteilt wurde, wie man auf dem zweiten Blatt, wo der Verteiler angegeben ist, erkennen kann. Dieser Erlaß findet allgemein Anwendung auf allen Kriegsschauplätzen, aber aus seinem Inhalt ist klar zu erkennen, daß er von besonderer Bedeutung für die Ostfront ist.
Ich zitiere vom Anfang des Erlasses:
»Betrifft: Kommunistische Aufstandsbewegung in den besetzten Gebieten.
1. Seit Beginn des Feldzugs gegen Sowjetrußland sind in den von Deutschland besetzten Gebieten allenthalben kommunistische Aufstandsbewegungen ausgebrochen. Die Formen des Vorgehens steigern sich von propagandistischen Maßnahmen und Anschlägen gegen einzelne Wehrmachtangehörige bis zu offenem Aufruhr und verbreitetem Bandenkrieg.
Es ist festzustellen, daß es sich hierbei um eine von Moskau einheitlich geleitete Massenbewegung handelt, der auch die geringfügig erscheinenden Einzelvorfälle in bisher sonst ruhigen Gebieten zur Last zu legen sind.
Angesichts der vielfachen politischen und wirtschaftlichen Spannungen in den besetzten Gebieten muß außerdem damit gerechnet werden, daß nationalistische und andere Kreise diese Gelegenheit ausnutzen, um durch Anschluß an den kommunistischen Aufruhr Schwierigkeiten für die deutsche Besatzungsmacht hervorzurufen.
Auf diese Weise entsteht in zunehmendem Maße eine Gefahr für die deutsche Kriegführung, die sich zunächst in einer allgemeinen Unsicherheit für die Besatzungstruppe zeigt und auch bereits zum Abzug von Kräften nach den hauptsächlichen Unruheherden geführt hat.
2. Die bisherigen Maßnahmen, um dieser allgemeinen kommunistischen Aufstandsbewegung zu begegnen, hat sich als unzureichend erwiesen.
Der Führer hat nunmehr angeordnet, daß überall mit den schärfsten Mitteln einzugreifen ist, um die Bewegung in kürzester Zeit niederzuschlagen.
Nur auf diese Weise, die in der Geschichte der Machterweiterung großer Völker immer mit Erfolg angewandt worden ist, kann die Ruhe wiederhergestellt werden.
3. Hierbei ist nach folgenden Richtlinien zu verfahren:
a) Bei jedem Vorfall der Auflehnung gegen die deutsche Besatzungsmacht, gleichgültig wie die Umstände im einzelnen liegen mögen, muß auf kommunistische Ursprünge geschlossen werden.
b) Um die Umtriebe im Keime zu ersticken, sind beim ersten Anlaß unverzüglich die schärfsten Mittel anzuwenden, um die Autorität der Besatzungsmacht durchzusetzen und einem weiteren Umsichgreifen vorzubeugen. Dabei ist zu bedenken, daß ein Menschenleben in den betroffenen Ländern vielfach nichts gilt und eine abschreckende Wirkung nur durch ungewöhnliche Härte erreicht werden kann. Als Sühne für ein deutsches Soldatenleben muß in diesen Fällen im allgemeinen die Todesstrafe für 50 bis 100 Kommunisten als angemessen gelten. Die Art der Vollstreckung muß die abschreckende Wirkung noch erhöhen.
Das umgekehrte Verfahren, zunächst mit verhältnismäßig milden Strafen vorzugehen und zur Abschreckung sich mit Androhung verschärfter Maßnahmen zu begnügen, entspricht diesen Grundsätzen nicht und ist daher nicht anzuwenden.«
Mit Erlaubnis des Gerichtshofs gehe ich zum vierten Absatz, Seite 2, ganz am Ende des Dokuments über, worin steht:
»4. Die Befehlshaber in den besetzten Gebieten sorgen dafür, daß diese Grundsätze allen militärischen Dienststellen, die mit der Behandlung kommunistischer Aufruhrmaßnahmen befaßt werden, unverzüglich bekanntgegeben werden.
gez. Keitel.«
Hoher Gerichtshof! Das nächste Dokument mit der Nummer D-411 führe ich als Beweisstück US-556 ein. Es hat daneben noch die Bezeichnung UK-81. Es ist das letzte Dokument im Dokumentenbuch 2. Es handelt sich hier um eine Gruppe von Urkunden, in der sich auch eine Anordnung vom 10. Oktober 1941 befindet, die von Generalfeldmarschall von Reichenau stammt, dem Oberbefehlshaber der 6. deutschen Armee, die damals an der Ostfront kämpfte. Reichenau, der im Jahre 1942 starb, war daher ein Mitglied der in der Anklageschrift näher bezeichneten Gruppe, und ich verlese jetzt, was er zu sagen hatte, wobei ich auf Seite 5 der Übersetzung beginne:
»Betrifft: Verhalten der Truppe im Ostraum.
Hinsichtlich des Verhaltens der Truppe gegenüber dem bolschewistischen System bestehen vielfach noch unklare Vorstellungen.
Das wesentlichste Ziel des Feldzuges gegen das jüdisch-bolschewistische System ist die völlige Zerschlagung der Machtmittel und die Ausrottung des asiatischen Einflusses im europäischen Kulturkreis.
Hierdurch entstehen auch für die Truppe Aufgaben, die über das hergebrachte einseitige Soldatentum hinausgehen. Der Soldat ist im Ostraum nicht nur ein Kämpfer nach den Regeln der Kriegskunst, sondern auch Träger einer unerbittlichen völkischen Idee und der Rächer für alle Bestialitäten, die deutschem und artverwandtem Volkstum zugefügt wurden.
Deshalb muß der Soldat für die Notwendigkeit der harten, aber gerechten Sühne am jüdischen Untermenschentum volles Verständnis haben. Sie hat den weiteren Zweck, Erhebungen im Rücken der Wehrmacht, die erfahrungsgemäß stets von Juden angezettelt wurden, im Keime zu ersticken.
Der Kampf gegen den Feind hinter der Front wird noch nicht ernst genug genommen. Immer noch werden heimtückische, grausame Partisanen und entartete Weiber zu Kriegsgefangenen gemacht, immer noch werden halb uniformierte oder in Zivil gekleidete Heckenschützen und Herumtreiber wie anständige Soldaten behandelt und in die Gefangenenlager abgeführt. Ja, die gefangenen russischen Offiziere erzählen hohnlächelnd, daß die Agenten der Sowjets sich unbehelligt auf den Straßen bewegen und häufig an den deutschen Feldküchen mitessen. Ein solches Verhalten der Truppe ist nur noch durch völlige Gedankenlosigkeit zu erklären.
Dann ist es aber für die Vorgesetzten Zeit, den Sinn für den gegenwärtigen Kampf wachzurufen.
Das Verpflegen von Landeseinwohnern und Kriegsgefangenen, die nicht im Dienst der Wehrmacht stehen, an Truppenküchen ist eine ebenso mißverstandene Menschlichkeit wie das Verschenken von Zigaretten und Brot. Was die Heimat unter großer Entsagung entbehrt, was die Führung unter größten Schwierigkeiten nach vorne bringt, hat nicht der Soldat an den Feind zu verschenken, auch nicht, wenn es aus der Beute stammt. Sie ist ein notwendiger Teil unserer Versorgung.
Die Sowjets haben bei ihrem Rückzug häufig Gebäude in Brand gesteckt. Die Truppe hat nur soweit ein Interesse an Löscharbeiten, als notwendige Truppenunterkünfte erhalten werden müssen. Im übrigen liegt das Verschwinden der Symbole einstiger Bolschewistenherrschaft, auch in Gestalt von Gebäuden, im Rahmen des Vernichtungskampfes. Weder geschichtliche noch künstlerische Rücksichten spielen hierbei im Ostraum eine Rolle. Für die Erhaltung der wehrwirtschaftlich wichtigen Rohstoffe und Produktionsstätten gibt die Führung die notwendigen Weisungen.
Die restlose Entwaffnung der Bevölkerung im Rücken der fechtenden Truppe ist mit Rücksicht auf die langen, empfindlichen Nachschubwege vordringlich, wo möglich, sind Beutewaffen und Munition zu bergen und zu bewachen. Erlaubt dies die Kampflage nicht, so sind Waffen und Munition unbrauchbar zu machen. Wird im Rücken der Armee Waffengebrauch einzelner Partisanen festgestellt, so ist mit drakonischen Maßnahmen durchzugreifen. Diese sind auch auf die männliche Bevölkerung auszudehnen, die in der Lage gewesen wäre, Anschläge zu verhindern oder zu melden. Die Teilnahmslosigkeit zahlreicher angeblich sowjetfeindlicher Elemente, die einer abwartenden Haltung entspricht, muß einer klaren Entscheidung zur aktiven Mitarbeit gegen den Bolschewismus weichen. Wenn nicht, kann sich niemand beklagen, als Angehöriger des Sowjet-Systems gewertet und behandelt zu werden. Der Schrecken vor den deutschen Gegenmaßnahmen muß stärker sein als die Drohung der umherirrenden bolschewistischen Restteile. Fern von allen politischen Erwägungen der Zukunft hat der Soldat zweierlei zu erfüllen:
1.) die völlige Vernichtung der bolschewistischen Irrlehre, des Sowjet-Staates und seiner Wehrmacht,
2.) die erbarmungslose Ausrottung artfremder Heimtücke und Grausamkeit und damit die Sicherung des Le bens der deutschen Wehrmacht in Rußland.
Nur so werden wir unserer geschichtlichen Aufgabe gerecht, das deutsche Volk von der asiatisch-jüdischen Gefahr ein für allemal zu befreien.
Der Oberbefehlshaber gez. von Reichenau.«
Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf das Blatt lenken, das unmittelbar vor Reichenaus Befehl im Buch eingeordnet ist. Es ist dies Blatt 4 der Übersetzung, und zwar ein Memorandum vom 28. Oktober 1941, aus dessen Inhalt ersichtlich ist, daß Reichenaus Befehl mit Hitlers Einverständnis ergangen ist und demgemäß auf Befehl des Oberbefehlshabers des Heeres in Umlauf gesetzt wurde.
Der Gerichtshof wird ferner feststellen, und zwar auf Blatt 1, daß Reichenaus Befehl auch bis zu den Divisions-Kommandeuren herunter verteilt wurde und am 27. November 1941 bei der 12. Infanterie-Division einging.
Wenn dies schon die Richtlinien und die Politik darstellt, die von den deutschen militärischen Führern vorgeschrieben wurde, dann darf man sich nicht darüber wundem, daß die Wehrmacht sich an dem unmenschlichen Verhalten und der Tätigkeit der SS und des SD an der Ostfront beteiligte.
Oberst Storey hat dem Gerichtshof bereits die Bildung der Einheiten durch die Sipo und den SD beschrieben, die als »Einsatzgruppen« bekannt sind. Sie wurden in und hinter den Operationsgebieten der Ostfront zur Bandenbekämpfung und zur Säuberung und Befriedung der Zivilbevölkerung eingesetzt, Major Farr und Oberst Storey haben dem Gerichtshof bereits viele Beweise dafür vorgelegt, aus denen ersichtlich ist, in welcher Art diese Einsatzgruppen arbeiteten.
Ich will nur kurz auf einige dieser Dokumente zurückkommen, um die Teilnahme der Wehrmacht an diesen Verhältnissen zu veranschaulichen.
Oberst Storey hat ausführlich aus der Urkunde 3012-PS, Beweisstück US-190, vom 19. März 1943, vorgetragen, die eine Anweisung eines zu dieser Gruppe gehörenden Befehlshabers darstellt. Diese Anweisung lobte und rechtfertigte solche Maßnahmen, die Erschießung ungarischer Juden, die Erschießung von Kindern und die vollkommene Niederbrennung von Dörfern und ordnete im übrigen an, daß »keine weiteren Kinder zu erschießen seien«, um die Erfassung von Arbeitskräften für die deutsche Rüstungsindustrie nicht zu behindern.
Major Farr verlas ebenfalls aus Urkunde R-102, Beweisstück US-470, einen Bericht über die Tätigkeit der Einsatzgruppen in den von Deutschland besetzten Gebieten Sowjet-Rußlands während des Monats Oktober 1941.
In diesem Bericht wird auf Seite 7 in zynischer Weise erklärt:
»Spontane Kundgebungen gegen das Judentum mit anschließenden Pogromen seitens der Bevölkerung gegen die zurückgebliebenen Juden waren nicht zu verzeichnen, da es an einer entsprechenden Aufklärung fehlte.«
Man kann hier sehr deutlich erkennen, daß »Befriedung« und »Maßnahmen zur Bandenbekämpfung« nichts weiter waren als Decknamen für die Ausrottung der Juden, gerade so wie »Weserübung« nur der Deckname war für die Invasion Norwegens und Dänemarks.
Wir haben in dem soeben verlesenen Dokument gesehen, daß die deutsche Wehrmacht ähnliche Weisungen und Richtlinien erhalten hatte. Es bleibt nur zu zeigen, daß Wehrmacht und SS im Felde Hand in Hand zusammenarbeiteten.
Der Gerichtshof wird sich des Dokuments erinnern, das Major Walsh verlesen hat, und das als Dokument 1061-PS, Beweisstück US-275, bereits vorgelegt wurde. Dieses Dokument beschreibt die Zerstörung des Warschauer Ghettos; ich möchte im Augenblick nur auf einen Absatz hinweisen, und zwar auf Seite 6 der Übersetzung, der dritte Absatz von unten, in dem der Verfasser des Dokuments die enge Zusammenarbeit zwischen der SS und der Wehrmacht betont. Ich werde diesen einen Absatz verlesen:
»Je länger der Widerstand andauerte, desto härter wurden die Männer der Waffen-SS, der Polizei und der Wehrmacht, die auch hier in treuer Waffenbrüderschaft unermüdlich an die Erfüllung ihrer Aufgaben herangingen und stets beispielhaft und vorbildlich ihren Mann standen. Der Einsatz ging oft vom frühen Morgen bis in die späten Nachtstunden. Nächtliche Spähtrupps, mit Lappen um die Füße gewickelt, blieben den Juden auf den Fersen und hielten sie ohne Unterbrechung unter Druck. Nicht selten wurden Juden, welche die Nacht benutzten, um aus verlassenen Bunkern ihre Lebensmittelvorräte zu ergänzen oder mit Nachbargruppen Verbindung aufnehmen bezw. Nachrichten auszutauschen, gestellt und erledigt.«
Ähnlichen Inhalt hat auch das Dokument R-135, Beweisstück US-289, ein Bericht des deutschen Generalkommissars von Minsk vom 5. Juni 1943. Major Farr hat bereits Teile aus diesem Dokument verlesen, in dem eine Operation zur Bandenbekämpfung beschrieben wird, bei der 4500 Feindangehörige, 5000 bandenverdächtige und 59 deutsche Tote gezählt wurden. Die Beteiligung der deutschen Armee bei der Operation ersieht man aus dem folgenden Auszug, der sich unten auf Seite 3 der Übersetzung befindet und den ich nunmehr verlese:
»Die genannten Zahlen zeigen, daß auch hier wieder mit einer sehr starken Vernichtung der Bevölkerung zu rechnen ist. Wenn bei 4500 Feindtoten nur 492 Gewehre erbeutet wurden, dann zeigt dieser Unterschied, daß sich auch unter diesen Feindtoten zahlreiche Bauern des Landes befinden. Besonders das Bataillon Dirlewanger ist dafür bekannt, daß es zahlreiche Menschenleben vernichtet. Unter den 5000 Bandenverdächtigen, die erschossen wurden, befinden sich zahlreiche Frauen und Kinder.
Auf Anordnung des Chefs der Bandenbekämpfung, SS-Obergruppenführer von dem Bach, haben auch Einheiten der Wehrmannschaften an dem Unternehmen teilgenommen. SA-Standartenführer Kunze hat die Wehrmannschaften geführt, zu denen auch 90 Angehörige meiner Behörde und des Gebietskommissariats Minsk-Stadt gehörten. Unsere Männer sind gestern ohne Verluste von dem Unternehmen zurückgekehrt.«
Ich erachte es nicht für notwendig, den Rest zu verlesen. Der nächste Absatz zeigt wiederum die Teilnahme der Wehrmacht.
Der SS-Obergruppenführer von dem Bach, der hier genannt wurde, wird später als Zeuge vernommen werden. Ich möchte den Gerichtshof in diesem Zusammenhang auf das Dokument 1919-PS, Beweisstück US-170, aufmerksam machen, das Himmlers Rede vom 4. Oktober 1943 enthält, die er vor einer Gruppe von SS-Generalen in Posen gehalten hat. In dieser Rede sprach Himmler von der Ernennung von dem Bachs zum Chef der Bandenkampfverbände. Ich verlese nur einen Absatz auf Seite 3 des Dokuments, und zwar lediglich zur Identifizierung des Zeugen:
»Chef der Bandenkampf-Verbände:
Inzwischen habe ich in dieser Zeit auch noch die Dienststelle des Chefs der Bandenkampf-Verbände eingerichtet. Chef der Bandenkampf-Verbände ist unser Kamerad SS-Obergruppenführer von dem Bach. Ich habe es für notwendig gehalten, daß der Reichsführer- SS der maßgebliche Befehlshaber für alle diese Kämpfe ist, da ich die Überzeugung habe, daß wir am besten gegen diesen ausgesprochen politischen Kampf unserer Gegner anzugehen in der Lage sind. Wir haben, soweit uns die dafür bereitgestellten und von uns aufgestellten Verbände nicht immer wieder zum Stopfen von Lücken an der Front weggenommen wurden, sehr gute Erfolge gehabt.«
Und nun habe ich noch eine Urkunde, die ebenfalls schon als Beweismaterial vorliegt, und zwar L-180, Beweisstück US-276. Es ist dies der Bericht der Einsatzgruppe A für die Zeitspanne bis zum 15. Oktober 1941. Meiner Ansicht nach ergibt sich aus den Auszügen, die ich verlesen werde, einwandfrei, daß die deutschen militärischen Führer und die Wehrmacht an der Tätigkeit dieser Einsatzgruppen beteiligt waren. Ich lese zuerst auf Seite 2 der Übersetzung oben:
»Die Einsatzgruppe A marschierte befehlsgemäß am 23. Juni 1941, dem zweiten Tage des Ostfeldzuges, nachdem die Fahrzeuge in einsatzfähigen Zustand versetzt worden waren, in den Bereitstellungsraum ab. Die Heeresgruppe Nord mit der 16. und 18. Armee und der Panzergruppe 4 hatte tags zuvor den Vormarsch angetreten. Es handelt sich nun darum, in aller Eile persönlich mit den Armeeführern wie auch mit dem Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebietes Fühlung aufzunehmen. Von vornherein kann betont werden, daß die Zusammenarbeit mit der Wehrmacht im allgemeinen gut, in Einzelfällen, wie z.B. mit der Panzergruppe 4 unter Ge neraloberst Hoeppner, sehr eng, ja fast herzlich war. Mißverständnisse, die in den ersten Tagen mit einzelnen Stellen entstanden waren, wurden durch persönliche Aussprachen im wesentlichen erledigt.«
Damit endet dieser besondere Auszug. Ich verlese nun eine Reihe weiterer Auszüge, zunächst den Schluß von Seite 2:
»Ebenso wurden schon in den ersten Stunden nach dem Einmarsch, wenn auch unter erheblichen Schwierigkeiten, einheimische antisemitische Kräfte zu Pogromen gegen die Juden veranlaßt. Befehlsgemäß war die Sicherheitspolizei entschlossen, die Judenfrage mit allen Mitteln und aller Entschiedenheit zu lösen. Es war aber nicht unerwünscht, wenn sie zumindest nicht sofort bei den doch ungewöhnlich harten Maßnahmen, die auch in deutschen Kreisen Aufsehen erregen mußten, in Erscheinung trat. Es mußte nach außen gezeigt werden, daß die einheimische Bevölkerung selbst als natürliche Reaktion gegen jahrzehntelange Unterdrückung durch die Juden und gegen den Terror durch die Kommunisten in der vorangegangenen Zeit die ersten Maßnahmen von sich aus getroffen hat.«
Ich gehe dann auf Seite 4 der Übersetzung über, ungefähr auf der Mitte der Seite:
»Nachdem die rein militärische Bekämpfung durch Gestellung von Wachen oder durch Einsatz auch ganzer Divisionen zum Durchkämmen der neubesetzten Gebiete versagt hatte, mußte auch die Wehrmacht sich nach neuen Methoden umsehen. Gerade die Suche nach Methoden machte sich aber die Einsatzgruppe, zur wesent lichen Aufgabe. Die Wehrmacht hat sich daher auch bald die Erfahrungen der Sicherheitspolizei und ihre Methoden der Bekämpfung der Partisanen zu eigen gemacht. Im einzelnen verweise ich hierbei auf die zahlreichen Berichte über die Bekämpfung der Partisanen.«
Ich gehe dann auf Seite 6 über zu dem Kapitel: »Auslösung von Selbstreinigungsaktionen«.
»Auf Grund der Erwägung, daß die Bevölkerung der Baltischen Länder während der Zeit ihrer Eingliederung in die USSR unter der Herrschaft des Bolschewismus und des Judentums aufs schwerste gelitten hatte, war anzunehmen, daß sie nach der Befreiung von dieser Fremdherrschaft die nach dem Rückzug der Roten Armee im Lande verbliebenen Gegner in weitgehendem Maße selbst unschädlich machen würde. Aufgabe der Sicherheitspolizei mußte es sein, die Selbstreinigungsbestrebungen in Gang zu setzen und in die richtigen Bahnen zu lenken, um das gesteckte Säuberungsziel so schnell wie möglich zu erreichen. Nicht minder wesentlich war es, für die spätere Zeit die feststehende und beweisbare Tatsache zu schaffen, daß die befreite Bevölkerung aus sich selbst heraus zu den härtesten Maßnahmen gegen den bolschewistischen und jüdischen Gegner gegriffen hat, ohne daß eine Anweisung deutscher Stellen erkennbar ist.
In Litauen gelang dies zum erstenmal in Kauen durch den Einsatz der Partisanen. Es war überraschenderweise zunächst nicht einfach, dort ein Judenpogrom größeren Ausmaßes in Gang zu setzen. Dem Führer der oben bereits erwähnten Partisanengruppe, Klimatis, der hierbei in erster Linie herangezogen wurde, gelang es, auf Grund der ihm von dem in Kauen eingesetzten kleinen Vorkommando gegebenen Hinweise ein Pogrom einzuleiten, ohne daß nach außen irgendein deutscher Auftrag oder eine deutsche Anregung erkennbar wurde. Im Verlauf des ersten Pogroms in der Nacht vom 25. zum 26. Juni wurden über 1500 Juden von den litauischen Partisanen beseitigt, mehrere Synagogen angezündet oder anderweitig zerstört und ein jüdisches Wohnviertel mit rund 60 Häusern niedergebrannt. In den folgenden Nächten wurden in derselben Weise 2300 Juden unschädlich gemacht. In anderen Teilen Litauens fanden nach dem in Kauen gegebenen Beispiel ähnliche Aktionen, wenn auch in kleinerem Umfange, statt, die sich auch auf zurückgebliebene Kommunisten erstreckten.
Durch Unterrichtung der Wehrmachtsstellen, bei denen für dieses Vorgehen durchweg Verständnis vorhanden war, liefen die Selbstreinigungsaktionen reibungslos ab. Dabei war es von vornherein selbstverständlich, daß nur die ersten Tage nach der Besetzung die Möglichkeit zur Durchführung von Pogromen boten. Nach der Entwaffnung der Partisanen hörten die Selbstreinigungsaktionen zwangsläufig auf.«
Und nun weiter auf Seite 10 der Übersetzung, unten auf der Seite unter der Überschrift: »Sonstige sicherheitspolizeiliche Arbeiten«.
»Gelegentlich machten die Zustände in den Irrenanstalten sicherheitspolizeiliche Maßnahmen erforderlich.«
Ich gehe dann zum nächsten Absatz über:
»In einigen Fällen baten Wehrmachtsdienststellen, auch andere Anstalten, die für Quartierzwecke benötigt wurden, in der gleichen Weise zu säubern. Da hier jedoch sicherheitspolizeiliche Belange ein Eingreifen nicht erforderlich machten, wurde den Wehrmachtsstellen anheimgestellt, mit eigenen Kräften die für notwendig erachteten Maßnahmen zu treffen.«
Und dann auf Seite 17 der Übersetzung der Absatz oben auf der Seite: »Nachdem die Entscheidung...«
VORSITZENDER: Oberst Taylor, haben Sie Absatz 5 (1) auf Seite 10 gelesen?
OBERST TAYLOR: Fünfter Abschnitt, erster Unterabschnitt, auf Seite 10? Ich habe den ersten Teil verlesen, Herr Vorsitzender! Falls der Gerichtshof wünscht, daß ich den ganzen Absatz verlese...
VORSITZENDER: Vielleicht können Sie ihn ganz verlesen.
OBERST TAYLOR:
»Gelegentlich machten die Zustände in den Irrenanstalten sicherheitspolizeiliche Maßnahmen erforderlich. Zahlreiche Anstalten waren von den Russen beim Rückzug aller Verpflegungsvorräte beraubt worden. Das Bewachungs- und Pflegepersonal war vielfach geflüchtet. Da die Insassen aus verschiedenen Anstalten ausbrachen und zu einer Gefahr für die Sicherheit wurden, wurden in Aglona (Litauen) 544 Geisteskranke, in Mariampol (Litauen) 109 Geisteskranke und in Mogutowo (bei Luga) 95 Geisteskranke liquidiert.«
Ich kehre nun zu Seite 17, dem ersten Absatz, zurück:
»Nachdem die Entscheidung ergangen war, daß Petersburg in den Bereich der deutschen Operationen hineingenommen wird, und der Einsatz der Gruppe A sich zusätzlich auf diese Stadt zu erstrecken hat, habe ich am 18. Juli 1941 Teile der EK 2 und 3 und des Gruppenstabes nach Novosselje vorgezogen, um diesen Einsatz vorzubereiten und möglichst frühzeitig in den Raum um Petersburg und in diese Stadt vorstoßen zu können. Das Vorziehen der für Petersburg vorgesehenen Kräfte der Einsatzgruppe A erfolgte gemäß Vereinbarung und auf ausdrücklichen Wunsch der Panzergruppe 4.«
Und nun das letzte Zitat aus diesem Dokument auf Seite 18, letzter Absatz:
»Die Einsatzkommandos der Einsatzgruppe A der Sicherheitspolizei haben sich von Anfang an an der Bekämpfung des Partisanenunwesens beteiligt. Eine enge Zusammenarbeit mit der Wehrmacht und der Austausch der bei der Partisanenbekämpfung gesammelten Erfahrungen brachte im Laufe der Zeit eine genaue Kenntnis über die Entstehung, Organisation, Stärke, Ausrüstung und Arbeitsweise der roten Partisanen.«
In Anbetracht der Bedeutsamkeit dieser Dokumente möchte ich noch auf einige der restlichen eidesstattlichen Erklärungen hinweisen, die dem Gerichtshof bereits in dem Dokumentenbuch I vorgelegt worden sind. Sie sind von verantwortlichen, offiziellen Vertretern sowohl der Wehrmacht als auch der SS abgegeben worden und stellen die Dokumente in das richtige Licht.
Die eidesstattliche Erklärung Nummer 12 ist von Schellenberg abgegeben worden. Da ihr Inhalt bereits in Schellenbergs und Ohlendorfs Vernehmung gebracht wurde, möchte ich sie nicht verlesen. Sie bezieht sich im wesentlichen auf die gleichen Dinge, und ich sehe keine Notwendigkeit, die Zeit des Gerichtshofs für eine nochmalige Verlesung in Anspruch zu nehmen. Ich möchte sie gern als vorgebracht betrachtet sehen, entsprechend der allgemeinen Regel, daß Schellenberg über die Fragen seitens der Verteidigung vernommen werden kann. Diese eidesstattliche Erklärung ist in französischer und russischer sowohl als auch in englischer Sprache vorhanden und natürlich auch in deutscher für die Verteidigung; somit werde ich dieser ein Exemplar übergeben:
Ich wende mich nun der eidesstattlichen Erklärung Nummer 13 zu, Dokument 3711-PS, US-558. Schellenbergs Erklärung ist Dokument 3710-PS, US-557; Nummer 13 ist US-558.
Diese Erklärung stammt von Wilhelm Scheidt, einem früheren Hauptmann des deutschen Heeres, der in der kriegsgeschichtlichen Abteilung des OKW von 1941 bis 1945 arbeitete. Sie wirft ein beträchtliches Licht auf die Beziehungen zwischen den führenden Stellen der Wehrmacht und der SS bei der Partisanenbekämpfung. Ich werde diese Erklärung jetzt verlesen:
»Ich, Wilhelm Scheidt, gehörte vom Jahre 1941 bis 1945 der Kriegsgeschichtlichen Abteilung des Oberkommandos der Wehrmacht an.
Zur Frage des Partisanenkrieges erkläre ich, daß mir folgendes aus meiner Kenntnis der Akten des Wehrmachtführungsstabes sowie aus meinen Gesprächen mit Generalmajor Walter Scherff, dem Beauftragten des Führers für die militärische Geschichtschreibung, im Führerhauptquartier erinnerlich ist:
Die Bekämpfung der Partisanen war ursprünglich eine Aufgabe des Reichsführers-SS Heinrich Himmler gewesen, zu deren Lösung Polizeikräfte eingesetzt waren. Im Jahre 1942 und 1943 nahm jedoch der Kampf mit den Partisanen einen solchen Umfang an, daß ihm auch die Wehrmachtführung besondere Aufmerksamkeit schenken mußte. In der Operationsabteilung des Heeres innerhalb des Wehrmachtführungsstabes erhielt ein besonderer Offizier die Bearbeitung des Kampfes gegen die Partisanen als Spezialaufgabe. Es erwies sich als nötig, daß auch mit Kräften der Wehrmacht sowohl im russischen wie im jugoslawischen Raum großangelegte Operationen zur Bekämpfung der Partisanen durchgeführt wurden. Die Tätigkeit der Partisanen drohte lange Zeit hindurch die lebenswichtigen Verbindungs- und Transportlinien der deutschen Wehrmacht abzuschneiden. Über die Anschläge auf die Eisenbahnlinien im besetzten Rußland wurde deshalb zum Beispiel eine monatliche Zusammenstellung herausge geben, aus der hervorging, daß es sich allein im russischen Raum monatlich um jeweils 800 bis 1000 Anschläge handelte, denen unter anderem monatlich 200 bis 300 Lokomotiven zum Opfer fielen.
Es war eine allgemein bekannte Tatsache, daß der Partisanenkrieg von beiden Seiten mit Grausamkeit geführt wurde. Auch war es bekannt, daß Repressalien gegen Geiseln und Ansiedlungen, deren Bewohner verdächtig waren, Partisanen zu sein oder solche unterstützt zu haben, angewandt wurden. Es steht außer Frage, daß diese Tatsachen den führenden Offizieren im WFSt und im Generalstab des Heeres bekannt gewesen sein müssen. Es war weiterhin bekannt, daß Hitler der Ansicht war, daß im Kampf gegen die Partisanen nur die Anwendung von grausamen Abschreckungsstrafen erfolgreich sein könne.
Ich erinnere mich, daß der SS-Gruppenführer Fegelein anläßlich des polnischen Aufstands in Warschau den Generalobersten Guderian und Jodl Einzelheiten über die Grausamkeiten der russischen SS-Brigade Kaminski berichtete, welche auf deutscher Seite kämpfte.«
Diese soeben verlesenen Dokumente sowie die Zeugenaussage von Ohlendorf und Schellenberg beziehen sich auf die Vereinbarungen, die zwischen dem OKW, dem OKH und Himmlers Hauptquartier wegen der Bekämpfung des Partisanenwesens getroffen wurden. Sie zeigen deutlich, daß die Vereinbarungen gemeinsam erfolgten, und daß das Oberkommando der Wehrmacht nicht nur von diesen Plänen wußte, sondern sich an ihnen auch aktiv beteiligte.
Indem ich mich nunmehr der Front zuwende, möchte ich drei Aussagen des Generals Hans Röttiger verlesen; es sind dies die eidesstattlichen Erklärungen Nummer 15 und 16, Dokument 3713-PS, US-559, und Dokument 3714-PS, US-560. General Röttiger war General der Panzertruppen, was einem »Lieutenant-General« in der amerikanischen Armee entspricht. Er war während der Zeit, über die er aussagt, Chef der 4. Armee und später der Heeresgruppe Mitte an der Ostfront.
Die erste Aussage lautet wie folgt:
»Als Chef des Genst. der 4. Armee vom Mai 1942 bis Juni 1943, zu der auch späterhin das Gebiet der 9. Armee trat, hatte ich mehrfach Gelegenheit, mich mit der Bandenbekämpfung dienstlich zu befassen.
Für die Durchführung dieser Kampfhandlungen war für die Truppe von höchster Stelle, wie z.B. auch vom Oberkommando des Heeres angeordnet, mit schärfsten Mitteln durchzugreifen. Diese Kampfhandlungen wurden mit Truppen der Heeresgruppe und der Armee, wie z.B. Sicherungsbataillonen durchgeführt.
Anfangs wurden gemäß den auf dem Dienstwege gegebenen Befehlen nur wenige Gefangene gemacht. Gemäß Befehl wurden Juden, politische Kommissare und Agenten dem SD übergeben.
Die in den offiziellen Berichten erwähnten Gefallenen des Feindes waren sehr groß gegenüber unseren eigenen Gefallenen.
Ich bin erst jetzt auf Grund der mir vorgelegten Dokumente zu der Erkenntnis gekommen, daß mit der Anordnung zur schärfsten Durchführung des Bandenkampfes von höchster Stelle möglicherweise im Endziel der Zweck verfolgt wurde, den militärischen Bandenkampf des Heeres auch dazu auszunutzen, die rücksichtslose Liquidierung des Judentums und anderer unerwünschter Elemente zu ermöglichen.«
Die zweite Aussage:
»In Ergänzung meiner ersten Erklärung vom 8. Dezember 1945 erkläre ich:
Wie ich auch in meiner mündlichen Aussage am 28. November 1945 betont habe, hat mein damaliger Oberbefehlshaber der 4. Armee die Truppe mehrfach darauf hingewiesen, den Bandenkampf nicht härter zu führen, als es die jeweilige Lage tatsächlich erforderte. Der Kampf sollte nur dann bis zur Vernichtung des Gegners geführt werden, wenn alle Versuche, ihn zur Übergabe zu veranlassen, fehl schlügen. Abgesehen von humanen Gründen, hatten wir selbst ein Interesse daran, Gefangene zu machen, da sehr viele von diesen sehr gut als Angehörige von freiwilligen landeseigenen Bandenbekämpfungstruppen zu verwenden waren.
Neben der notwendigen aktiven Bandenbekämpfung wurde immerfort propagandistisch auf die Banden und auch auf die Bevölkerung eingewirkt, um diese mit gütlichen Mitteln dazu zu veranlassen, von dem Bandenunwesen abzulassen. So wurden z.B. auch die Frauen immer wieder aufgefordert, ihre Männer aus dem Busch zu holen oder sie sonstwie von dem Eintritt in die Ban den abzuhalten. Diese Propagandaarbeit hatte auch gute Erfolge. So war das Gebiet der 4. Armee im Frühjahr 1943 fast so gut wie bandenfrei. Lediglich an den Grenzen machten sich damals vorübergehend Banden bemerkbar, als diese aus Nachbargebieten in das Gebiet der 4. Armee hinüberwechselten. Die Armee mußte daher auch Sicherungskräfte an die südliche Nachbararmee auf Befehl der Heeresgruppe Mitte abgeben.«
Die dritte Aussage Röttigers, Nummer 16:
»Während meiner Dienstzeit vom Mai 1942 bis Juni 1943 als Chef der 4. Armee der Heeresgruppe Mitte, waren SD-Einheiten am Anfang zugeteilt, um angeblich Abwehrdienste im Operationsgebiet der Armee zu leisten. Es stellte sich später heraus, daß diese SD-Einheiten unter der ansässigen Bevölkerung große Aufregung verursachten, die zur Folge hatte, daß mein Vorgesetzter den Oberbefehlshaber der Heeresgruppe, Generalfeldmarschall von Kluge, darum bat, die SD-Einheiten aus dem Frontgebiet zurückzukommandieren, was dann unmittelbar geschah. Der Grund dafür lag vor allen Dingen darin, daß die Ausschweifungen der SD-Einheiten durch Exekutionen von Juden und anderen Personen Ausmaße annahmen, daß eine Bedrohung für die Sicherheit der Armee in ihrem Kampfgebiet durch die empörte Zivilbevölkerung bestand. Obwohl man allgemein über die Sonderaufgaben der SD-Einheiten Bescheid wüßte und dies ja auch anscheinend mit Wissen der obersten Wehrmachtführung geschah, traten wir deren Methoden weitmöglichst entgegen, da die soeben erwähnte Gefährdung der eigenen Truppe bestand.«
Ich möchte nun ein letztes Dokument vorlegen, 1786-PS, Beweisstück US-561. Es handelt sich hierbei um einen Auszug aus dem Kriegstagebuch des stellvertretenden Chefs der Wehrmacht, Operationsstab, vom 14. März 1943. Ich möchte die beiden letzten Abschnitte verlesen, die das Problem der Verschickung verdächtiger Partisanen in Konzentrationslager nach Deutschland behandeln.
Der Gerichtshof kann aus dem Auszug, den ich verlesen will, ersehen, daß das Heer darauf bedacht war, verdächtige Partisanen möglichst streng zu behandeln, ohne jedoch gleichzeitig die Beschaffung von Arbeitskräften in den besetzten Gebieten zu behindern.
Ich zitiere die beiden letzten Absätze:
»Der Generalquartiermeister hat zusammen mit dem Wirtschafts-Stab Ost vorgeschlagen, die zu verschickenden Personen entweder den Gefangenenlagern oder der ›Arbeitserziehung im eigenen Bezirk‹ zuzuführen und Verschickung ins Reich nur bei Bewährung und in leichteren Fällen vorzunehmen. Nach Auffassung des WFSt trägt dieser Vorschlag der erforderlichen Härte nicht genügend Rechnung und führt zu einer Gleichstellung mit der zu Arbeiten herangezogenen ›friedlichen Bevölkerung‹; er empfiehlt daher die Überführung in Konzentrationslager des Reiches, die der Reichsführer- SS für seinen Bereich bereits eingeführt hat und im Falle der Ausdehnung auf den Bereich der Wehrmacht auch diese durchzuführen bereit ist. Das OKW befiehlt daher die Übergabe der nicht zu exekutierenden Bandenhelfer und -verdächtigen an den zuständigen Höh. SS- und Polizeiführer und ordnet an, daß gegenüber der Bevölkerung der Unterschied zwischen ›Strafarbeit‹ und dem ›Arbeitseinsatz im Reich‹ klar herauszustellen ist.«
Schließlich möchte ich vier eidesstattliche Erklärungen vorlegen, die zeigen, daß die Bekämpfung der Partisanen an der Ostfront unter dem Befehl der Wehrmacht stand, und von ihr unterstützt wurde, und daß die Natur der Maßnahmen der Wehrmacht völlig bekannt war.
Zunächst die Erklärung 17, Dokument 3715-PS, US-562, von Ernst Rode, SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei und Mitglied des persönlichen Befehlsstabs Himmler von 1943 bis 1945:
»Ich, Ernst Rode, war früher der Chef des Kommandostabs RFSS und übernahm diesen Posten im Frühjahr 1943 als Nachfolger des früheren SS-Obergruppenführers Kurt Knoblauch. Mein letzter Dienstgrad war Generalmajor der Polizei und Waffen-SS. Meine Aufgabe war, den jeweiligen Höheren SS- und Polizeiführern in der Bandenbekämpfung die erforderlichen Kräfte zuzuführen und die Unterstützung durch Kräfte des Heeres sicherzustellen. Dies geschah in unmittelbaren Besprechungen mit den führenden Offizieren des WFSt im OKW und OKH, also mit den Generalen Warlimont, v. Buttlar, mit den Generalobersten Guderian und Zeitzler, General Heusinger, später General Wenk, Oberst Graf Kielmannsegg, später Oberst von Bonin.
Da im Operationsgebiet auch die Bandenbekämpfung unter dem ausschließlichen Befehl des betreffenden Oberbefehlshabers der Heeresgruppe stand (wie z.B. in der HGr. Mitte bei Feldmarschall Kluge, später Busch) und die Polizeitruppen meist in den Reichskommissariaten unabkömmlich waren, lag die Kampfführung fast immer gänzlich in den Händen des Heeres. Entsprechend geschah auch die Befehlsgebung nicht etwa durch Himmler, sondern durch das OKH. Derselben Befehlsgebung waren auch die SS- und Polizeitruppen unterworfen, die zur Unterstützung der Heeresgruppen aus den Reichskommissariaten in das Operationsgebiet abgestellt waren. Diese Abstellung geschah zum Nachteile der Bandenbekämpfung in den Reichskommissariaten sehr oft. Die Führung in den einzelnen Unternehmungen lag gemäß einer ausdrücklichen Vereinbarung Himmlers mit OKW und OKH immer in Händen desjenigen Truppenführers, der über das größte Truppenkontingent verfügte. Es konnte also passieren, daß ein General des Heeres SS und Polizei unterstellt bekam, umgekehrt aber auch, daß einem SS- und Polizeigeneral Truppen des Heeres unterstellt wurden. Bandenbekämpfung im Operationsgebiet konnte von Himmler niemals befohlen werden. Dieses konnte nur durch mich beim OKH angeregt werden, meist auf Veranlassung des Generalquartiermeisters Wagner bis 1944, oder des Staatssekretärs Ganzenmüller. Das OKH gab dann der in Frage kommenden Heeresgruppe die entsprechenden Befehle zur Durchführung.
Die Härte und Grausamkeiten, mit der der an sich heimtückische Bandenkampf vom Russen geführt wurde, hatte bereits im Jahre 1942 zu drakonischen Befehlen für die Kampfführung seitens Hitlers geführt. Diese Befehle, die durch OKW und OKH der Truppe bekanntgegeben wurden, galten selbstverständlich genau so für die Truppen des Heeres als wie diejenigen der SS und Polizei. Ihre Kampfführung hat sich in der Form bestimmt in nichts unterschieden. Der Soldat des Heeres war genau so verbittert gegen den Feind wie der Soldat der SS und Polizei. Infolge dieser Verbitterung wurden die Befehle rücksichtslos von beiden Seiten durchgeführt, was dem Wunsche oder Absichten Hitlers ja auch entsprach. Als Beweis kann man ja den Befehl des OKW und OKH anführen, der bestimmte, daß alle gefangenen Bandenangehörigen, wie z.B. Juden, Agenten und politische Kommissare, von der Truppe unverzüglich dem SD zwecks Sonderbehandlung zu übergeben sind. Außerdem enthielt dieser Befehl damals die Anordnung, daß im Bandenkampf keinerlei Gefangene, außer den obengenannten zu machen sind. Daß der Bandenkampf auch von den Truppen des Heeres gnadenlos bis aufs Messer geführt wurde, weiß ich aus Unterhaltungen mit Truppenführern des Heeres, z.B. General Herzog, Kommandeur des XXXVIII. AK. und seines Chefs, Oberst i. G. Pamberg, die mir meine Auffassung bestätigten. Heute ist es mir klar, daß der Bandenkampf allmählich der Vorwand wurde, das Judentum und Slawentum systematisch auszurotten.«
Herr Vorsitzender, mir wurde gesagt, daß ich irrtümlicherweise »Hitler« anstatt »Himmler« gelesen hatte.
Ich möchte nun eine weitere und kürzere Aussage von Rode verlesen, die beweist, daß die SD-Einsatzgruppen unter dem Befehl der Wehrmacht standen.
Es ist Nummer 18, Dokument 3716-PS, US-563:
»Soweit mir bekannt ist, waren die SD-Einsatzgruppen bei den einzelnen Heeresgruppen diesen voll unterstellt, d.h. taktisch sowohl als auch in jeder anderen Weise. Den Oberbefehlshabern waren deshalb die Aufgaben und Arbeitsmethoden dieser Einheiten völlig bekannt. Sie haben die Aufgaben und Arbeitsmethoden gebilligt, da sie ja anscheinend niemals dagegen Front gemacht haben. Daß also dem SD übergebene Gefangene, wie Juden, Agenten, Kommissare, genau so dem grausamen Tode geweiht waren wie Opfer sogenannter ›Säuberungsaktionen‹, ist ein Beweis dafür, daß die Exekutionen ihr Einverständnis gehabt hatten, außerdem war ja auch dies im Sinne der politischen und militärischen höchsten Führung. Über diese Methoden, die von der Masse der SS- und Polizeioffiziere genau so abgelehnt wurden wie wohl von der Masse der Heeresoffiziere, ist bei Besprechungen im OKW und OKH natürlich des öfteren die Rede in meinem Beisein gewesen. Ich habe bei solchen Gelegenheiten immer darauf hingewiesen, daß es ja in der Befehlsgewalt der Oberfehlshaber der Heeresgruppen gelegen hätte, dagegen sich aufzulehnen. Ich bin der festen Überzeugung, daß ein energischer einheitlicher Protest aller Feldmarschälle eine Änderung der Aufgaben und Methoden mit sich gebracht hätte. Die Ansicht, daß noch rigorosere Oberbefehlshaber ihnen bei ihrer Abberufung dann gefolgt wären, ist meines Erachtens, falls dies geltend gemacht werden sollte, eine törichte, sogar feige Ausrede.«
Ich möchte nunmehr die letzte Erklärung Nummer 24 verlesen, die im Dokumentenbuch 1 enthalten ist.
VORSITZENDER: Oberst Taylor, ich glaube, daß wir jetzt eine Pause eintreten lassen sollten, es sei denn, daß Sie diesen Fall jetzt beenden können.
OBERST TAYLOR: Ich will mit zwei eidesstattlichen Erklärungen abschließen, für die ich ungefähr noch zehn Minuten brauche.
VORSITZENDER: Gut, wenn Sie damit zu Ende kommen, dann fahren Sie, bitte, fort.
OBERST TAYLOR: Ich werde dann fertig sein. Zuerst Erklärung Nummer 24, Dokument 3718-PS, US- 565. Es stammt von Oberst Bogislav von Bonin, der zu Beginn des russischen Feldzugs Stabsoffizier in der 17. Panzer-Division war:
»Ich war zu Beginn des russischen Feldzuges erster Generalstabsoffizier der 17. Panzer-Division, die nördlich Brest-Litowsk über den Bug anzugreifen hatte. Ganz kurz vor Beginn des Angriffs erhielt meine Division einen schriftlichen Führerbefehl vom OKW auf dem Dienstwege. In diesem Befehl war angeordnet, daß russische Kommissare bei Gefangennahme ohne gerichtli ches Verfahren sofort und rücksichtslos zu erschießen waren. Dieser Befehl galt für alle Einheiten des Ostheeres. Obwohl der Befehl bis herunter zu den Kompanien bekanntgegeben werden sollte, hat der Kommandierende General des XXXVII. Panzerkorps (General der Panzertruppen Lemelsen) die Bekanntgabe an die Truppe verboten, weil dieser Befehl nach seiner Auffassung in militärischer und moralischer Hinsicht untragbar schien.«
Und damit kommen wir nunmehr zur letzten eidesstattlichen Erklärung Nummer 20, Dokument 3717-PS, US-564, von Adolf Heusinger, einem Generalleutnant im deutschen Heer und von 1940 bis 1944 Chef der Operationsleitung im OKH.
Ich zitiere:
»1. Von Beginn des Krieges 1939 bis Herbst 1940 war ich I a der Operationsabteilung im OKH, vom Herbst 1940 bis 20. Juli 1944 Chef der Operationsabteilung im OKH.
Mit der Übernahme des Oberbefehls über das Heer übertrug Hitler dem Chef des Generalstabs des Heeres die Beratung in alle Führungsfragen des russischen Kriegsschauplatzes.
Damit war für alle Fragen innerhalb des Operationsgebiets im Osten der Chef des Generalstabs des Heeres zuständig, für alle Fragen außerhalb des Operationsgebiets das OKW, zum Beispiel im allgemeinen für alle Truppen, die in den Reichskommissariaten lagen (Sicherungsverbände, SS-Einheiten, Polizei).
Alle Polizei- und SS-Verbände in den Reichskom missariaten unterstanden außerdem dem Reichsführer- SS. Wenn es erforderlich wurde, solche Verbände in das Operationsgebiet zu verlegen, bedurfte es dazu eines Befehls des Chefs OKW. Im umgekehrten Falle wurde, nach Einverständnis des Chefs des Generalstabs des Heeres, eine entsprechende Verlegung von vorn nach hinten durch das OKW angeordnet.
Im allgemeinen führten bei Bandenunternehmungen die höheren SS- und Polizeiführer das Kommando. Waren in einzelnen Fällen stärkere Heereseinheiten innerhalb des Operationsgebietes neben den SS- und Polizeiverbänden eingesetzt, so konnte in solchen Fällen ein höherer Befehlshaber des Heeres als Führer des Unternehmens bestimmt werden.
Bei Bandenunternehmungen innerhalb des Operationsgebiets waren die zu dem Unternehmen eingesetzten gesamten Kräfte dem Oberbefehlshaber der betr. Heeresgruppe unterstellt.
2. Die Befehle über die Art der Durchführung der Bandenbekämpfung (Methoden) wurden auf Anordnung Hitlers, wohl nach Besprechungen mit Himmler, durch das OKW (Keitel) dem OKH gegeben; das OKH war nur für die Weitergabe dieser Befehle an die Heeresgruppen verantwortlich, wie z.B. die Befehle über die Behandlung von Kommissaren, Kommunisten; die Anweisung über die Art der kriegsgerichtlichen Ahndung von Vergehen Heeresangehöriger gegen die Bevölkerung sowie die Richtlinien über Vergeltungsmaßnahmen gegen die Einwohner.
3. Die Bearbeitung aller Fragen der Behandlung der Bevölkerung sowie der Bandenbekämpfung im Operationsgebiet, in Ausführung der Befehle des OKW, lag im OKH im Arbeitsbereich des Generalquartiermeisters.
4. Es war schon immer meine persönliche Ansicht, daß die Behandlung der Zivilbevölkerung im Operationsgebiet und die Methoden der Bandenbekämpfung im Operationsgebiet der obersten politischen und militärischen Führung eine willkommene Gelegenheit bot, ihre Ziele durchzuführen, nämlich die systematische Reduzierung des Slawen- und Judentums. Ganz abgesehen davon habe ich immer diese grausamen Methoden als eine militärische Torheit angesehen, da sie dazu beitrugen, den Kampf der Truppe gegen den Feind unnötig zu erschweren.«
VORSITZENDER: Wir lassen nunmehr eine Verhandlungspause bis 14.15 Uhr eintreten.