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GERICHTSMARSCHALL: Ich gebe bekannt, daß der Angeklagte Heß bis auf weiteres wegen Krankheit der Sitzung fernbleiben wird.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich fahre mit dem Zitat, das ich angefangen habe, fort:

»Bei demselben Stab wurde das Telegramm Nr. 37 des Kommandeurs der SS-Kavalleriebrigade, eines SS-Stan dartenführers, an eine Reiterabteilung des erwähnten 2. Kavallerieregiments vom 2. August 1941 gefunden, worin gemeldet wird, daß der Reichsführer-SS und Polizei, Himmler, die Zahl der getöteten friedlichen Einwohner für ›zu geringfügig‹ hält und erklärt, es sei ›notwendig, radikal durchzugreifen,‹ ›die Komandeure der Verbände‹ seien ›bei Durchführung der Operation zu milde‹; gleichzeitig wird befohlen, täglich die Zahl der Erschossenen zu melden.«

In diesem Zusammenhang kann man nicht umhin, von der verbrecherischen Tätigkeit des Angeklagten Rosenberg zu sprechen. Rosenberg entwickelte die allgemeinen Richtlinien der Reichsleitung über die Ausübung des Terrorregimes in den besetzten Ostgebieten oder, besser gesagt, da er einer der Hauptverfasser dieser Richtlinien war, gab er für das »Ostland«, wie die besetzten Gebiete der Baltischen Staaten genannt waren, eine Reihe von Befehlen heraus, wie auch ähnliche Befehle von anderen höheren Beamten der von Rosenberg eingesetzten faschistischen Behörden erlassen wurden.

Ich lege dem Gerichtshof als USSR-39 den Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Untaten der deutsch-faschistischen Angreifer in der Estländischen Sowjet-Republik vor. Ich zitiere von Seite 232 des Dokumentenbuches in Spalte 1, Absatz 3. Es fängt so an:

»Am 17. Juli 1941 gab Hitler einen Erlaß heraus, in dem die gesetzgebende Gewalt im Gebiet Estland auf Reichsminister Rosenberg übertragen wurde, der sie später seinerseits an die deutschen Bezirksbehörden übertrug.

Willkürherrschaft wurde in Estland eingeführt, und die friedliche Bevölkerung wurde das Opfer eines grausamen Terrorismus. Reichsminister Rosenberg, Lohse, Reichskommissar des Baltischen Gebiets, und Litzmann, Generalkommissar für Estland, beraubten die estländische Bevölkerung aller politischen Rechte.

Auf Grund des Hitler-Erlasses vom 17. Juli 1941 verkündete Reichsminister Rosenberg am 17. Februar 1942 ein Gesetz, das nur für Personen nichtdeutscher Nationalität galt und das gegen diese die Todesstrafe für den geringsten Widerstand gegen die Germanisierung und für jede Gewalttat gegen Deutsche vorsah.

Die Eindringlinge führten die Prügelstrafe für estländische Arbeiter und Angestellte ein. Am 20. Februar 1942 sandte Walk, ein Beamter der Rigaer Eisenbahnverwaltung, folgendes Telegramm an die estländische Eisenbahnverwaltung:

Von nun an muß Verletzung der Arbeitsdisziplin von seiten einheimischer Angestellter, insbesondere das Unterlassen, sich zur Arbeit einzufinden, zu spät zur Arbeit zu erscheinen, betrunken zur Arbeit zu kommen, gegen die Dienstordnung zu verstoßen usw., mit aller Schärfe bestraft werden:

a) Beim ersten Verstoß mit 15 Stockschlägen auf den nackten Körper,

b) im Wiederholungsfalle mit 20 Stockschlägen auf den nackten Körper.

Am 12. Januar 1942 richtete Reichsminister Rosenberg ›Außerordentliche Gerichte‹ ein, die aus einem Polizeioffizier als Vorsitzendem und zwei ihm untergeordneten Polizisten bestanden. Das Verfahren war in das eigene Ermessen des Gerichts gestellt. Diese ›Gerichte‹ fällten stets Todesurteile und beschlagnahmten das Eigentum. Sie fällten niemals ein anderes Urteil. Berufung gegen die Urteile war nicht zulässig. Außer diesen von Rosenberg eingesetzten ›Gerichten‹ fällte auch die deutsche Politische Polizei Todesurteile und vollstreckte sie am gleichen Tage. Generalkommissar Litzmann richtete Ortsgerichte für Zivil- und Strafsachen ein. Richter, Staatsanwälte, Untersuchungsrichter, Gefängniswärter, Notare und Rechtsanwälte wurden alle ausnahmslos von Litzmann selbst ernannt.«

Ich beende das Zitat.

Ich lege dem Gerichtshof ferner als Dokument USSR-18 die Photokopie eines ausgesprochenen Terrorbefehls des deutschen Heeresbefehlshabers vor, und ich bitte den Gerichtshof, dieses Dokument als Beweisstück anzunehmen. Es ist ein Befehl der Standortkommandantur der Stadt Pleskau. Der Gerichtshof findet den Text auf Seite 235 des Dokumentenbuches. Aus diesem Dokument ist zu ersehen, daß die friedliche Bevölkerung nicht einmal auf die Straßen und Wege ihrer Ortschaften hinausgehen durfte. Alle friedlichen Personen, die von deutschen Soldaten dort gesehen wurden, sollten erschossen werden.

Ich zitiere den Text des Dokuments von Absatz 3 an:

»Ich befehle daher:

1. Alle Zivilpersonen, gleichviel welchen Alters und Geschlechts, die auf dem Bahnkörper oder in deren Nähe betroffen werden, sind als Banditen zu betrachten und zu erschießen; ausgenommen sind selbstverständlich die Arbeitskolonnen unter Aufsicht.

2. Alle Personen, wie unter 1 genannt, die sich querbeet bewegen, sind zu erschießen.

3. Alle Personen, wie unter 1, die bei Nacht oder in der Dämmerung sich auf Straßen befinden, sind zu erschießen.

4. Bei Tage sind die unter 1 genannten auf Straßen betroffenen Personen festzunehmen und peinlichst zu überprüfen.«

Dies waren die Terroranweisungen und Befehle, die sich auf das sogenannte Führerprinzip gründeten und von hohen Beamten und Vertretern der Wehrmacht der deutsch-faschistischen Regierung herausgegeben wurden.

Aber das Recht der willkürlichen Mißhandlung friedlicher Bewohner hatten nicht nur sie allein. Jede Ortskommandantur, jeder Kommandeur eines kleinen Truppenteils, jeder Soldat der Hitler-Armee hatte das Recht, mit der friedlichen Bevölkerung der besetzten Gebiete kurzen Prozeß zu machen.

Ich werde dem Gerichtshof nunmehr einige Dokumente vorlegen, die zeigen, wie die Hitlerschen Verbrecher dieses Recht ständig angewandt haben und wie sie bei den gegen die sowjetische Bevölkerung begangenen Verbrechen nach der grausamen Richtschnur gemeiner und böser Wesen handelten, denen das Recht der straflosen Verhöhnung und des straflosen Mordes zugestanden war. Ich lege dem Gerichtshof unter USSR-9 den Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Missetaten der deutsch-faschistischen Angreifer in der Stadt Kiew vor. Der Gerichtshof wird die Stelle, die ich zitieren möchte, auf Seite 238, Absatz 5, Spalte 1 finden. Ich zitiere:

»Vom allerersten Tag der Besetzung Kiews an begannen die deutsch-faschistischen Henker die Massenvernichtung der Bewohner durch Folter, Erschießungen, Hängen und Vergiftungen in ›Gaswagen‹. Die Leute wurden auf den Straßen gesammelt, um in großen Gruppen oder einzeln erschossen zu werden. Um das Volk einzuschüchtern, wurden Maueranschläge über die Erschießungen veröffentlicht.«

Ich unterbreche jetzt das Zitat und bitte den Gerichtshof, die Photokopie einiger dieser Anschläge als Beweis anzunehmen. Dieselben sind teilweise im Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission angegeben. Gleichzeitig bitte ich den Gerichtshof, die Photokopie solch eines Maueranschlages als Beweisstück USSR-290 anzunehmen. Der Text dieser Bekanntmachung lautet wie folgt: – Ich bitte den Gerichtshof, mich zu entschuldigen, da die Übersetzung, die ich hier habe, vielleicht nicht sehr gut ist, denn der Bericht ist in ukrainischer Sprache verfaßt. Ich bin ein Russe und verstehe den Sinn des ukrainischen Textes; aber vielleicht im einzelnen nicht ganz richtig. Eine genaue Übersetzung wird angefertigt werden. Ich führe den Text an:

»Wegen eines Sabotageaktes wurden heute 100 Einwohner von Kiew als Repressalie erschossen.

Dieses diene zur Warnung!

Jeder Bewohner von Kiew ist für einen Sabotageakt mitverantwortlich.

Kiew, den 22. 10. 1941.

Der Stadtkommandant.«

Als USSR-291, den Text findet der Gerichtshof auf Seite 243 des Dokumentenbuches, wird eine Photokopie des folgenden Anschlags des Kommandanten der Stadt Kiew vorgelegt. Ich zitiere den Text:

»In Kiew wurde eine Nachrichtenanlage, das Telephon- und Telegraphenkabel böswillig beschädigt. Da die Täter nicht ermittelt werden konnten, wurden 400 Männer aus Kiew erschossen.

Ich gebe dies der Bevölkerung zur Warnung bekannt und fordere sie erneut auf, jede verdächtige Wahrnehmung den deutschen Wehrmachtsstellen oder der Deutschen Polizei unverzüglich anzuzeigen, damit derartige Verbrecher verdientermaßen unschädlich gemacht werden können. Unterschrift: Eberhard, Generalmajor und Stadtkommandant, Kiew, den 29. November 1941.«

Als Dokument USSR-333 lege ich eine Photokopie des dritten und letzten Plakats aus Kiew vor. Der Text befindet sich auf Seite 242 des Dokumentenbuches. Ich zitiere den Text:

»Die zunehmenden Fälle von Brandstiftungen und Sabotage in Kiew zwingen mich zu durchgreifenden Maßnahmen.

Es werden daher heute 300 Einwohner von Kiew erschossen.

Für jeden neuen Fall von Brandstiftung oder Sabotage wird eine mehrfache Zahl erschossen werden. Jeder Einwohner hat die Pflicht, jede verdächtige Wahrnehmung der Deutschen Polizei unverzüglich anzuzeigen.

Ich werde unter allen Umständen und mit allen Mitteln Ruhe und Ordnung in Kiew aufrechterhalten.

Kiew, den 2. November 1941. Eberhard, Generalmajor, Stadtkommandant.«

Ich beziehe mich ferner auf ein weiteres Dokument, das dem Gerichtshof bereits als USSR-63 vorliegt, das aber teilweise noch nicht verlesen wurde. Es betrifft den Bericht der Kommission des Bezirkssowjet Dserjinsky in Stalingrad. Dieser Bericht ist von den Vertretern der örtlichen Sowjetbehörden und den Gemeindebehörden des Stadtkreises Dserjinsky in Stalingrad zusammengestellt worden. Die Richtigkeit seiner Feststellungen ist von der Außerordentlichen staatlichen Kommission beglaubigt worden. Als Beweismittel dafür dürften die Akten der Außerordentlichen staatlichen Kommission mit der Unterschrift seines Mitgliedes, des Akademikers Trainin und anderer Personen gelten.

Der Gerichtshof wird diesen Bericht auf Seite 222 des Dokumentenbuches, Spalte 1 finden. Ich beginne mit dem Zitat desjenigen Teiles des Kommissionsberichts, in dem das Gebiet des Kreises Dserjinsky in Stalingrad nach der Vernichtung der Deutschen untersucht wird, und in dem über die in den Straßen Stalingrads von der deutschen Kommandantur aufgehängten Maueranschläge sowie über die Folgen, die diese Anschläge nach sich zogen, die Rede ist.

Ich beginne mit dem Zitat auf Seite 222 des Dokumentenbuches, letzter Absatz, erste Spalte des Textes:

»Diese Militärkommandantur brachte überall den Tod mit sich. Auf den Straßen konnte man öfters Bekanntmachungen lesen, die mit der Todesstrafe drohten. Zum Beispiel wurde auf der Aralstraße folgende Bekanntmachung ausgehängt:

Wer hier vorbeigeht, wird mit dem Tode bestraft.‹

An der Straßenecke der Nevsky- und Medvedizkystraße konnte man folgende Bekanntmachung lesen:

Durchgang für Russen verboten, für Nichteinhaltung Erschießung‹ usw.

Tatsächlich nahmen die Deutschen auf Schritt und Tritt Erschießungen vor. Davon zeugen unzählige Gräber, die entlang den Straßen des Dserjinsky-Bezirks der Stadt Stalingrad aufgefunden wurden. Die in der Kommandantur Ermordeten, Mißhandelten und Aufgehängten wurden zuerst in eine Grube geworfen, die sich in der Nähe der Kommandantur befand. Nachdem man die Okkupanten aus dem Gebiet vertrieben hatte, wurden in dieser Grube 31 Leichen aufgefunden. Als die Grube gefüllt war, pflegte man die Leichen nach dem Friedhof zu bringen, der zwei Kilometer von dem Gebäude der Kommandantur entfernt war. Auf dem Friedhof befand sich eine andere Grube, die ungefähr 6 Meter tief, 40 Meter lang und 12 Meter breit war. Nach der Vertreibung der Besatzungstruppen wurden in dieser Grube 516 Leichen sowjetischer Bürger, einschließlich 50 Kindern gefunden, die in der Kommandantur und an anderen Orten gehängt oder erschossen worden waren. Bei der Untersuchung dieser Leichen am 25. März 1943 wurde festgestellt, daß die Hitler-Leute die Sowjetbürger vor der Tötung unmenschlichen Qualen ausgesetzt hatten. Außer den Kinderleichen wurden in der Grube 323 Frauenleichen, 69 Leichen alter Leute und 74 Leichen junger Männer vorgefunden.

141 Leichen wiesen Spuren von Schußwunden auf, die sich auf dem Kopf und auf der Brust befanden. 92 Leichen hatten Spuren am Hals, die von Erhängen zeugten. Alle anderen Leichen trugen Foltermale und waren stark verstümmelt.

130 Opfern, Frauen und Mädchen, waren die Arme in schmerzhafter Weise nach hinten gebogen und mit Draht zusammengebunden. Bei 18 waren die Brüste abgeschnitten und Ohren, Finger und Zehen amputiert. Die meisten Leichen trugen Brandmale.

Bei der Untersuchung dieser Leichen wurde festgestellt, daß 21 Frauen den Folterungen und Verletzungen erlegen waren, die übrigen sind nach der Folter erschossen worden.

Sogar die Leichen der Kinder trugen die Spuren unbarmherziger Verstümmelungen; einigen waren die Finger amputiert, die Gesäßbacken abgeschnitten und die Augen ausgestochen.«

Ich höre hier mit dem Zitat dieses Dokuments auf und, indem ich den Wünschen des Gerichtshofs folge, halte ich mich nicht bei den Einzelheiten auf, sondern bringe nur neue Tatsachen des Hitler-Terrors, überspringe drei Seiten des Berichts und gehe zum nächsten Teil der Beweisvorlage über. Es handelt sich um Folterungen, die von den Hitleristen während der Vernehmungen vorgenommen worden sind.

Diese Folterungen waren von den Hitleristen offiziell vorgesehen und sanktioniert. Unter USSR-11 stelle ich dem Gerichtshof ein solches Dokument zur Verfügung, aus dem hervorgeht, daß die Folterungen offiziell vorgesehen waren. Es handelt sich um Instruktionen für Konzentrationslager, »Lagerstatuten«, die im Jahre 1941 in Berlin herausgegeben worden sind. Die von mir zitierte Stelle wird der Gerichtshof auf Seite 244 des Dokumentenbuches finden. Im dritten Abschnitt der Anweisung ist zum Beispiel unter dem Titel »Prügelstrafe« folgendes ausgesagt:

Ich zitiere den dritten Abschnitt der »Prügelstrafen«:

»Es können verabfolgt werden 5 bis 25 Schläge, und zwar auf das Gesäß und das Kreuz. Die Anzahl der Schläge werden vom Lagerkommandanten vorgeschrieben und von ihm in die betreffende Rubrik der Strafverfügung eingetragen.«

Ich wollte mich jetzt auf ein Dokument beziehen, das aber dem Gerichtshof von unserem amerikanischen Kollegen bereits als L-89 vorgelegt worden ist, und das ich daher infolge der mir vom Gerichtshof gegebenen Weisungen übersehen möchte, um weiter fortzufahren.

Um eine »verschärfte Vernehmung«, besser gesagt, um ein Verhör unter Anwendung von Folter rechtsgültig zu machen, wurden besondere Formulare von den zuständigen Polizeibehörden herausgegeben. Ich lege dem Gerichtshof ein Originalformular für eine solche »verschärfte Vernehmung« vor und bitte, dieses den Akten als Beweis hinzuzufügen. Ich lege es als Dokument USSR-254 vor. Dieses Dokument ist eine Anlage zum Bericht der Jugoslawischen Regierung. Dieses Formular ist, wie aus der ihm beigefügten Beglaubigung ersichtlich ist, in den deutschen Archiven von der jugoslawischen Armee erbeutet worden. Ich werde dieses Formular nicht mit eigenen Worten erläutern, sondern den Bericht der Jugoslawischen Regierung auf Seite 21, letzter Absatz unten, zitieren. Die Stelle befindet sich im Dokumentenbuch auf Seite 256, letzter Absatz. Ich beginne mit dem Zitat:

»Um die tierische Unbarmherzigkeit, die bei der Durchführung des Vernichtungsplanes angewandt wurde, klarer zu charakterisieren, überreichen wir dem Gerichtshof noch ein anderes Originaldokument, das in den deutschen Archiven in Jugoslawien erbeutet wurde. Es ist ein ›Blanko-Formular‹ der sogenannten ›verschärften Vernehmung‹ der Opfer der faschistischen Verbrecher. Solche Verhöre wurden in Slowenien von den Organen der Sicherheitspolizei und des SD durchgeführt.

Auf der ersten Seite des ›Formulars‹ schlägt die Polizeibehörde vor, eine bestimmte Person der ›verschärften Vernehmung‹ zu unterwerfen. Auf der zweiten Seite billigt der verantwortliche SS-Offizier ein derartiges Verhör. Die Antwort auf die Frage, welcher Art diese ›verschärfte Vernehmung‹ sein soll, finden wir in der folgenden Anweisung:

Die verschärfte Vernehmung muß darin bestehen, daß... Es soll ein Protokoll des Verhörs geführt werden. Man kann einen Arzt hinzuziehen.‹

Die Erwähnung eines Arztes und seine Gegenwart bei der Vernehmung läßt keinen Zweifel daran, daß das Verhör eigentlich aus physischen Folterungen bestand. Die Tatsache, daß für ein derartiges Verhör gedruckte Anweisungen vorhanden waren, zeigt deutlich, daß diese verbrecherischen Methoden in größtem Umfang angewandt wurden.

Der Reichsführer-SS sah sehr wohl solche Fälle vor, in denen die Opfer während des Verhörs versuchen könnten, ihr Leben durch Selbstmord zu beenden.

Der Führer der SS hat deswegen nicht nur erlaubt, sondern hat den absoluten Befehl gegeben, den Verhafteten Hände und Füße zu binden, oder ihnen Ketten anzulegen.

Ich lege dem Gerichtshof als Dokument USSR-298 die Photokopie einer Anleitung des Chefs der Deutschen Polizei unter dem Aktenzeichen 202/43 vom 1. Juni 1943 vor.

Das Dokument ist von der Außerordentlichen staatlichen Kommission beglaubigt. Ich verlese den Text. Das Dokument stammt vom 1. Juni 1943. Ich zitiere nur den Text:

Betrifft: Verhinderung von Fluchtfällen bei Vernehmungen.

Zur Verhinderung von Fluchtfällen bei Vernehmungen ordne ich an, daß in allen Fällen, in denen den Umständen nach oder im Hinblick auf die Bedeutung der Person des Festgenommenen eine verstärkte Flucht- oder Selbstmordgefahr anzunehmen ist, die zu Vernehmenden an Händen und Füßen so gefesselt werden, daß Fluchtversuche unter allen Umständen unterbunden werden. Falls vorhanden, sind Ringe oder Ketten zu verwenden.‹«

Ich habe die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf alle diese amtlichen Befehle und Erlasse der deutschen zentralen Polizeigewalten gelenkt, nicht nur, um Ihnen zu zeigen, wie die amtlichen deutschen Stellen die Anwendung von Folterungen bei den Verhören vorsahen, da dieses allgemein bekannt war und nicht weiter ausgeführt zu werden braucht, sondern, um an Hand eines der sich im Besitz der Sowjetanklage befindenden Dokumente, zu beweisen, wie die ganzen Quälereien und Mißhandlungen, denen die Verhafteten in den Polizeikammern unterworfen waren, vor sich gingen und wie sie die amtlich gutgeheißenen Maßnahmen weit übertroffen haben.

Ich lege dem Gerichtshof unter USSR-1 den Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Verbrechen der deutsch-faschistischen Okkupanten in der Gegend von Stawropol vor. Diese Untersuchung wurde unter der Leitung des bekannten Akademikers, des jetzt verstorbenen russischen Schriftstellers Alexei Nikolawitch Tolstoj vorgenommen. Der Gerichtshof wird dieses Dokument auf Seite 272 des Dokumentenbuches finden.

Ich beginne das Zitat vom ersten Absatz an. Wie der Gerichtshof sich erinnern wird, war der Akademiker A. N. Tolstoj Mitglied der Außerordentlichen staatlichen Kommission. Ich zitiere:

»Besonders grausame Folterungen der Sowjetbürger erfolgten im Gebäude der Gestapo. So wurde zum Beispiel der Bürger Philip Akimowitsch Kovaltschuk, geboren 1891, wohnhaft in Pjatigorsk, am 27. Oktober 1942 in seiner Wohnung verhaftet, bis zur Bewußtlosigkeit geschlagen, danach zur Gestapo gebracht und dort in eine Zelle geworfen. 24 Stunden später begannen die Gestapoleute ihn zu quälen und zu foltern. Geschlagen und verhört wurde er nur nachts. Zum Verhör wurde er in eine Einzelkammer geführt, in der sich besondere Folterungsvorrichtungen befanden, zum Beispiel Ketten zur Fesselung von Händen und Füßen. Diese Ketten waren in den Zementboden der Zelle eingelassen. Die Verhafteten wurden zunächst nackt ausgezogen und auf den Boden gelegt; dann wurden die Hände und Füße in Ketten gelegt. Derartigen Folterungen wurde auch der Bürger Kovaltschuk ausgesetzt. Während der Fesselung konnte er sich überhaupt nicht bewegen und lag mit dem Rücken nach oben. In einem derartigen Zustand wurde er 16 Tage lang mit Gummiknüppeln geschlagen.

Außer diesen unmenschlichen Folterungen wurde von den Gestapoleuten noch folgendes angewandt: Dem Gefesselten wurde ein breites Brett auf den Rücken gelegt und auf dieses Brett führte man mit schweren Gewichten heftige Schläge aus, denen zufolge dem Gefangenen das Blut aus Mund, Nase und Ohren floß und er das Bewußtsein verlor.

Die Folterkammer der Gestapo war so eingerichtet, daß, wenn ein Gefangener gefoltert wurde, die anderen Verhafteten, die in der Nachbarzelle saßen und auf die eigene Folterung warteten, die Folterungen und Quälereien mit ansehen mußten.

Nach der Folterung wurde der bewußtlose Gefangene beiseite geworfen, und die Gestapoleute zerrten aus der Nachbarzelle ihr nächstes Opfer, fesselten es und setzten die Folterung in der gleichen Weise fort. Die Folterkammern waren immer blutbefleckt. Das Brett, das man auf den Rücken legte, war ebenfalls voll von Blut.

Die Gummiknüppel, mit denen die Verhafteten geprügelt wurden, waren rot von Blut. Die verhafteten So wjetmenschen, die dem Tode durch Erschießen geweiht waren, wurden nach unglaublichen Folterungen und Peinigungen in ein Auto getrieben, hinter die Stadt gefahren und niedergeschossen.«

Ich lasse zwei Absätze aus und fahre fort:

Barbara Iwanovna Tschaika, geboren 1912, wohnhaft in der Djerschinskistraße 31, Appartement Nummer 3, wurde während ihrer Einkerkerung im Gestapogefängnis von dem Leiter der Gestapo, Hauptmann Winz, unglaublich blutigen Folterungen ausgesetzt. Darüber berichtet die B. I. Tschaika folgendes:

»Ich wurde Verhöhnungen und Folterungen seitens des Gestapochefs, des deutschen Hauptmanns Winz, ausgesetzt. Einst wurde ich von ihm zur Vernehmung in die Folterkammer gebracht. In dieser Kammer befanden sich vier Tische, auf dem Fußboden waren ein Holzrost und zwei Becken mit Wasser, in denen sich die Lederpeitschen befanden. Von der Decke hingen zwei mit Seilen durchzogene Ringe herab, an denen die Verhafteten während der Folterungen aufgehängt wurden. Auf Befehl von Hauptmann Winz wurde ich auf einen Tisch gelegt, die Kleider wurden mir ausgezogen, und ich wurde heftig mit den Lederpeitschen geschlagen. Ich wurde zweimal geprügelt. Im ganzen erhielt ich 75 Peitschenhiebe. Meine Nieren wurden verletzt und acht Zähne wurden mir ausgeschlagen.«

Was in den Zellen von Stawropol geschah, war keine Ausnahme; gleiches ging überall vor sich. Als Beweis dafür möchte ich mich auf ein Dokument beziehen, das dem Gerichtshof unter USSR-9 vorliegt, ein Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission: »Über die Zerstörungen und Bestialitäten, die die deutsch-faschistischen Eindringlinge in der Stadt Kiew begangen haben.« Der Gerichtshof wird dieses Dokument auf Seite 238 des Dokumentenbuches, Absatz 2, Spalte 2 finden.

Ich beginne wie folgt:

»Vor der Hinrichtung fanden oft sadistische Folterungen statt: Der Archimandrit Valerian bezeugte, daß die Faschisten kranke und schwache Menschen fast zu Tode schlugen; bei Frost übergoß man sie mit kaltem Wasser, und schließlich brachte man sie in die Folterkammer der Deutschen Polizei, die sich im Kloster ›Kiewo Petschersk‹ befand.«

Ich möchte den Gerichtshof darauf aufmerksam machen, daß das Kloster »Kiewo Petschersk« eines der ältesten architektonischen Denkmäler der USSR ist. Es ist ein Heiligtum, das den Sowjetbürgern sehr am Herzen liegt, da es ein besonderes Denkmal aus der russischen Geschichte darstellt.

Die polizeiliche Folterkammer wurde gerade in diesem Kloster eingerichtet. Was aus diesem Kloster später geworden ist, wird der Gerichtshof aus den folgenden Berichten meiner Kollegen noch hören.

Die Folterungen wurden in ganz besonders grausamer Form Während der Verhöre durch die deutsch-faschistischen Angreifer in Odessa ausgeführt.

Ich beziehe mich auf ein Zeugnis der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Missetaten, die von den deutschrumänischen Eindringlingen in der Stadt Odessa und ihrer Umgebung begangen worden sind.

Dieses Dokument ist USSR-47, und ich bitte, es als unwiderlegliches Beweisstück gemäß Artikel 21 des Statuts anzunehmen. Dieses Dokument befindet sich auf Seite 282 des Dokumentenbuches, Absatz 4, Zeile 10. An dieser Stelle sind Aussagen von dem Regisseur der Filmwochenschau Krapivny angeführt. Ich zitiere diese Stelle aus dem Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission, Seite 282:

»Der Untersuchungsrichter schaltete einen Rheostat ein, der auf dem Tisch stand, und wenn der Verhörte eine Frage nicht so beantwortete, wie der Untersuchungsrichter es wünschte, so wurde der Griff des Rheostats unbarmherzig stärker geladen und der Körper des Verhörten begann zu zittern, und die Augen traten aus den Höhlen.

Eine Person wurde beim Verhör an der Decke aufgehängt, die Hände auf dem Rücken zusammengebunden.... und dann wurde die Person um die eigene Achse gedreht. Nach etwa 200 Umdrehungen begann das Opfer sich in rasendem Tempo in entgegengesetzter Richtung zu drehen, während die Henker von beiden Seiten mit Gummiknüppeln auf das Opfer einschlugen, so daß es nicht nur durch das rasende Tempo, sondern auch durch die Schläge ohnmächtig wurde.«

Ich beziehe mich auf Dokument USSR-41, das Oberst Pokrowsky schon vorgelegt hatte, und zwar als Mitteilung der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Verbrechen der deutsch-faschistischen Eindringlinge im Gebiet der Lettischen Sowjet-Republik. Ich zitiere dieses Dokument auf Seite 286 des Dokumentenbuches, Rückseite, Absatz 2, Spalte 2.

Ich beginne mit dem Zitat:

»In den Lagern und Gefängnissen wurden die Gefangenen von den deutschen Henkern gefoltert und erschossen. Im Zentralgefängnis wurden die Insassen geschlagen und gemartert. Tag und Nacht erscholl in den Zellen Geschrei und Stöhnen. 30 bis 35 Personen erlagen täglich ihren Qualen, während diejenigen, die die Folter überlebten, in furchtbar entstelltem Zustand, völlig unkenntlich gemacht, blutüberströmt, mit versengten Haaren und mit zerrissenen Gliedern in die Zelle zurückkehrten. Die Opfer der Folter erhielten keinerlei ärztliche Hilfe.«

In allen Städten der Lettischen Sowjet-Republik wurden Sowjetbürger durch die Hitler-Leute Quälereien und Folterungen ausgesetzt.

Gleichlautende Aussagen wird der Gerichtshof in allen Veröffentlichungen der Außerordentlichen staatlichen Kommission finden. Ich werde daher den Gerichtshof nicht mit dem Verlesen weiterer Berichtsaussagen aufhalten. Ich glaube, daß das, was ich bisher zitiert habe, genügend ist.

Ich gehe zu dem nächsten Teil meines Berichts über: Die Hinrichtung von Geiseln.

Einige Einführungsbemerkungen: Eines der schlimmsten Verbrechen der Hitleristen in Polen, der Tschechoslowakei und Jugoslawien war das von den Deutsch-Faschisten überall eingeführte tierische System der Geiselnahme.

Dieses System wurde von den Hitleristen in allen Ländern, die sie überrannten, eingeführt. Im Osten Europas jedoch war die Form, in der die deutschen Verbrecher die Hinrichtung der Geiseln ausführten, besonders grausam. Durch die Einführung dieses Systems haben die Hitleristen alle Gesetze und Gebräuche des Krieges in den Staub getreten.

Was die Sowjetunion anbetrifft, so ist es überhaupt schwer, nur von der Ermordung der Geiseln zu sprechen, denn die Verbrechen der Hitleristen in den vorübergehend besetzten Gebieten der USSR können nicht einmal in den Rahmen dieses verbrecherischen Systems der Geiselnahme eingefügt werden. Genau so schlimm war es in Polen und ganz besonders in Jugoslawien.

In diesen Ländern haben die Hitleristen unter dem Vorwand der Geiselnahme viel größere Kriegsverbrechen begangen, deren Ziel in der Vernichtung ganzer Völker bestand.

Als kurze Auszüge aus den entsprechenden Berichten mache ich folgende Angaben über osteuropäische Länder:

Ich zitiere aus dem Regierungsbericht der Polnischen Republik.

Der Gerichtshof wird den Bericht auf Seite 128 des Dokumentenbuches, Absatz 6 finden.

»a) Eines der schlimmsten Kennzeichen der Hitlerschen Besetzung Polens war die Anwendung des Systems der Geiselnahme. Die kollektive Verantwortlichkeit, die Bezahlung einer kollektiven Geldbuße und der Handel mit Menschenleben, wurden von ihnen als die besten Methoden für die Versklavung des polnischen Volkes angesehen.

b) Hier findet man einige typische Fälle von Massenrepressalien, sie kennzeichnen die Methoden, die von den deutschen Okkupanten angewandt wurden.

c) Im November 1939 steckte ein unbekannter Mann eine mit Korn gefüllte Getreidedarre in Brand, die sich in der Gegend des Ortes Nove Miasto Lubawski befand und einem Deutschen gehörte. Daraufhin hat ein SS-Standartenführer namens Sperling den Befehl von den höheren Dienststellen erhalten, Repressalien vorzunehmen. Eine bestimmte Zahl von Polen, und zwar aus den Reihen der besonders bekannten Bürger, wurde verhaftet.

Unter ihnen wurden 15 Geiseln ausgesucht und öffentlich von den SS-Leuten erschossen. Unter diesen Opfern waren: die zwei Brüder Jankowski, der eine ein Jurist, der andere ein Priester; der Schneider Mal kowski, der Schmied Zimny, Major der Reserve Vona, der Sohn eines Gasthofbesitzers, der Herausgeber einer Zeitung und der Priester Bronislav Dembenowsky.

d) Im Oktober 1939 haben die deutschen Machthaber eine bestimmte Anzahl Polen gefangen, und zwar in der Stadt Inovrozlaw, und als Geiseln in ein Gefängnis eingesperrt. Später führten sie diese in den Hof des Gefängnisses, verprügelten sie erbarmungslos, um sie dann nacheinander zu erschießen. Im ganzen wurden 70 Menschen getötet, darunter der Bürgermeister und sein Stellvertreter. Unter den Opfern befanden sich die hervorragendsten Persönlichkeiten der Stadt.«

Ich lasse den nächsten Satz aus und zitiere weiter:

»e) Am 7. März 1941 wurde der Filmschauspieler Igo Sym, der sich zu den Deutschen zählte, das heißt ein Volksdeutscher war, und dem die deutschen Theater in Warschau unterstellt waren, in seiner Wohnung getötet. Obwohl man die Schuldigen nicht fand, erklärte der Gouverneur von Warschau, Fischer, Sym wäre von Polen getötet worden. Er befahl, zahlreiche Geiseln zu nehmen, die Theater zu schließen und verbot der polnischen Bevölkerung, am Abend auf die Straße zu gehen. Die Geiseln wurden zur Sicherstellung der Verhaftung der Schuldigen genommen. Es wurden ungefähr 200 Menschen verhaftet. Unter ihnen Lehrer, Priester, Ärzte, Juristen und Schauspieler. Die Bevölkerung von Warschau bekam drei Tage Zeit, um die Mörder zu finden. Nach Ablauf der drei Tage sind, nachdem man den Schuldigen nicht gefunden hatte, 17 Geiseln hingerichtet worden. Unter ihnen befand sich Professor Kopec, sein Sohn, und Professor Zakrzewski.«

Ich beende mein Zitat aus dem Bericht der Polnischen Regierung und bitte den Gerichtshof, mir die Erlaubnis zu geben, einen kurzen Auszug aus dem tschechoslowakischen Regierungsbericht verlesen zu dürfen. Diese Stelle wird der Gerichtshof auf Seite 141 des Dokumentenbuches finden.

Ich beginne mit dem Zitat:

»Noch vor Anfang des Krieges wurden Tausende von tschechischen Patrioten, insbesondere katholische und protestantische Priester, Juristen, Ärzte, Lehrer usw. verhaftet. Ferner wurde in jedem Bezirk eine Liste der Personen angelegt, die man im Falle von Unruhen als Geiseln zu verhaften gedachte. Unter Unruhen waren ›Unordnungen im öffentlichen Leben und Störungen der Sicherheit‹ zu verstehen. Zu Anfang waren es nur Drohungen. Im Jahre 1940 aber erklärte Karl Frank in seiner Rede an die Führer der ›Bewegung der Nationalen Einheit‹, daß 2000 tschechische Geiseln, die sich in Konzentrationslagern befanden, erschossen würden, falls bekannte tschechische Persönlichkeiten es ablehnen sollten, eine Loyalitätserklärung zu unterschreiben. Einige Zeit später, nach dem Anschlag auf Heydrich, sind viele von diesen Geiseln hingerichtet worden.

Eine typische Methode des faschistischen Polizeiterrors war die Drohung mit Repressalien gegen die Direk toren der Fabriken im Falle einer Arbeitsstockung. Auf diese Weise wurde im Jahre 1939 von der Gestapo eine Versammlung der Direktoren und Lagervorsteher der verschiedenen Industriefirmen einberufen. Die Gestapo erklärte ihnen, daß, falls es einen Streik gebe, sie erschossen werden würden. Als sie die Gestapo verließen, mußten sie folgende Erklärung unterschreiben:

Ich nehme zur Kenntnis, daß ich sofort erschossen werde, falls die Fabrik ohne einen triftigen Grund, die Arbeit einstellt.‹

In ähnlicher Weise hatten die Lehrer in den Schulen für die Loyalität ihrer Schüler einzustehen. Viele Lehrer wurden nur deshalb verhaftet, weil die Schüler ihrer Schulen dabei erwischt wurden, als sie antideutsche Schlagworte an die Mauern schrieben, oder verbotene Bücher lasen.«

Ich unterbreche hier ein Zitat aus dem Bericht der Tschechoslowakischen Republik und beginne mit dem Teile, der sich mit der Hinmordung der Geiseln in Jugoslawien befaßt. Ich verlese einige Worte zur Einführung.

Diese verbrecherischen Hinrichtungen der friedlichen Bürger in Jugoslawien hatten eine besondere Entwicklung erfahren. Was hier geschah, kann nicht mehr »Hinrichtung der Geiseln« genannt werden, obwohl alle amtlichen deutschen Dokumente, die dem Gerichtshof später vorgelegt werden sollen, es so nennen.

Im Grunde haben aber die Hitler-Verbrecher unter dem Vorwand der Hinrichtung von Geiseln ein Regime der terroristischen und im großen Maßstab angelegten Vernichtung der friedlichen Bevölkerung verwirklicht. Es wurde gemordet, nicht nur wenn irgendjemand etwas verbrochen hatte, sondern lediglich, wenn die Hitleristen glaubten, es könnte irgendetwas verbrochen werden. Ich verlese einen Auszug aus dem Bericht der Jugoslawischen Republik, der dies bestätigt. Der Gerichtshof findet ihn auf Seite 259 des Dokumentenbuches, Absatz 1; ich zitiere:

»Die Ermordung von Geiseln.

Die Ermordung von Geiseln war eines der Mittel, die von den militärischen Organen der Wehrmacht und der Reichsregierung zum Zwecke der Massenvernichtung der jugoslawischen Bevölkerung angewandt wurden.

Die Jugoslawische staatliche Kommission für die Feststellung der Kriegsverbrechen besitzt zahlreiche konkrete Einzelheiten und Originalbeweise aus deutschen Archiven.«

Hier lege ich Ihnen nur eine beschränkte Zahl solcher Einzelheiten und Beweise vor. Diese sollten jedoch genügen, um die Ermordung von Geiseln als Teil des allgemeinen Planes des systematischen nazistischen Verbrechens darzulegen. Außerdem wird in dem Bericht der Jugoslawischen Regierung ein Befehl des Kommandanten der sogenannten »Gruppe West« des Generals Brauner wie folgt zitiert:

»In dem von den Partisanen ergriffenen Bezirk bleibt das Nehmen von Geiseln aus allen Teilen der Bevölkerung als einziges Einschüchterungsmittel.«

Um das Ausmaß der Verbrechen der Hitleristen in Verbindung mit der Ermordung von Geiseln zu bestätigen, legt die Jugoslawische Regierung dem Gerichtshof einige Dokumente vor, die ich jetzt mit der Bitte, diese als Beweisstück anzunehmen, überreiche.

Ich übergebe dem Gerichtshof folgende Dokumente:

1. Unter USSR-261 die beglaubigte Photokopie einer »Bekanntmachung« des kommandierenden Generals und Oberbefehlshabers Serbien vom 25. Dezember 1942, in der er die Erschießung von fünfzig Geiseln mitteilt.

2. Unter USSR-319 die beglaubigte Photokopie einer »Bekanntmachung« desselben Kommandierenden vom 19. Februar 1943, in der er die Erschießung von vierhundert Geiseln, die am selben Tag in Belgrad stattgefunden hatte, mitteilt.

3. Unter USSR-320 lege ich die beglaubigte Photokopie der »Bekanntmachung« der Bezirkskommandantur in Pozarevac vom 3. April 1943 vor, in der die Erschießung von fünfundsiebzig Geiseln mitgeteilt wird.

4. Unter USSR-321 lege ich dem Gerichtshof die beglaubigte Photokopie der »Bekanntmachung« desselben Bezirkskommandanten von Pozarevac vom 16. April 1943 vor, in der die Erschießung von dreißig Geiseln mitgeteilt wird.

5. Die beglaubigte Photokopie einer Bekanntmachung des Militärbefehlshabers von Belgrad vom 14. Oktober 1943, in der er von der Erschießung von einhundert Geiseln berichtet.

Es ist das Dokument USSR-322.

Ich fahre mit dem Zitat aus dem Bericht der Jugoslawischen Regierung fort:

»Die planmäßige Erschießung der Geiseln kann aus folgenden Angaben ersehen werden. Diese sind von der Jugoslawischen staatlichen Kommission für die Feststellung der Kriegsverbrechen unter Benutzung des aus den beschlagnahmten deutschen Archiven gesammelten Materials zusammengestellt worden. Die Angaben beziehen sich lediglich auf Serbien.

Am 3. Oktober 1941 wurden in Belgrad:

450 Geiseln erschossen,

am 17. Oktober 1941 wurden in Belgrad:

200 Geiseln erschossen,

am 27. Oktober 1941 wurden in Belgrad:

50 Geiseln erschossen,

am 3. November 1941 wurden in Belgrad:

100 Geiseln erschossen.

Andere Angaben zeigen uns eine fürchterliche Anhäufung dieser Verbrechen im Laufe der Zeit:

Am 12. Dez. 1942 wurden in Kraguevatz:

10 Geiseln erschossen,

am 12. Dez. 1942 wurden in Kraguevatz:

10 Geiseln erschossen,

am 15. Dez. 1942 wurden in Brusch:

30 Geiseln erschossen,

am 17. Dez. 1942 wurden in. Petrovatz:

50 Geiseln erschossen,

am 20. Dez. 1942 wurden in Brusch:

10 Geiseln erschossen,

am 25. Dez. 1942 wurden in Petrovatz:

50 Geiseln erschossen,

am 26. Dez. 1942 wurden in Brusch:

10 Geiseln erschossen,

am 26. Dez. 1942 wurden in Petrovatz:

250 Geiseln erschossen,

am 27. Dez. 1942 wurden in Kraguevatz:

25 Geiseln erschossen.«

Ich glaube, man kann sagen, wie auch die Jugoslawische Regierung es zum Ausdruck gebracht hat, daß man solche Zahlen ohne Ende fortführen könnte.

Ich fahre mit dem Zitat fort:

»Die Erschießung der Geiseln wurde als Regel in barbarischer Weise durchgeführt. Meistens wurden die Opfer gruppenweise hintereinander aufgestellt und mußten in der Reihe warten und Augenzeuge der Hinrichtung der vorhergehenden Gruppen sein. So wurden sie nacheinander vernichtet.«

Ich übergebe ferner dem Gerichtshof ein weiteres Dokument, USSR-205. Es ist ein Polizeibericht der Quisling-Regierung des Milan Neditsch. In ihm wird von einer Erschießung von 310 Geiseln am 11. Dezember 1941 in Leskovatz gesprochen, von denen 293 Zigeuner waren. Ich fahre mit dem Zitat aus dem Bericht der Jugoslawischen Regierung fort:

»Indem sie die verschiedenen Orte beaufsichtigten und die Zigeuner ausfragten, fand die Kommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen Angaben über die Methoden der Geiselerschießungen in Leskovatz.«

Bevor ich dieses Zitat fortführe, lege ich das Dokument, auf das sich die Jugoslawische Regierung beruft, unter USSR-226 vor und bitte, es als Beweisstück anzunehmen. Die Jugoslawische Regierung führt folgende Zeilen aus dem Dokument an:

»Am 11. Dezember 1941, von 6.00 Uhr früh bis 4.00 Uhr nachmittags, führten die Deutschen auf ihren Lastwagen die verhafteten Geiseln an den Fuß des Berges Hisar, und zwar mit zusammengebundenen Händen in Gruppen zu je 20 Mann. Von hier wurden sie über den Berg auf die andere Seite gejagt... Dort wurden sie an neu aufgeworfenen Gräben aufgestellt, erschossen und dann in die Gräben geworfen.«

VORSITZENDER: Ich glaube, es dürfte Zeit zur Vertagung sein. Oberst Smirnow, der Gerichtshof erkennt wohl die Versuche an, die Sie machen, um unnötige Einzelheiten auszulassen und Ihren Vortrag abzukürzen. Der Gerichtshof hofft, daß Sie während der Vertagung Ihre Bemühungen in dieser Richtung fortsetzen werden.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Selbstverständlich, Herr Präsident.