[Das Gericht vertagt sich bis
21. Februar 1946, 10.00 Uhr.]
Vierundsechzigster Tag.
Donnerstag, 21. Februar 1946.
Vormittagssitzung.
GERICHTSMARSCHALL: Der Angeklagte Heß wird wegen Krankheit der heutigen Sitzung fernbleiben.
GENERAL RUDENKO: Ich möchte dem Herrn Vorsitzenden bekanntgeben, daß wir gemäß dem dem Gerichtshof vorliegenden Plan der Russischen Anklagevertretung und mit Erlaubnis des Gerichtshofs nunmehr zur Beweisvorlage über den Abschnitt übergehen, der betitelt ist: »Zerstörung und Plünderung von kulturellen und wissenschaftlichen Einrichtungen, Klöstern, Kirchen und anderen religiösen Einrichtungen, sowie die Zerstörung von Städten und Dörfern.«
Die Beweise, die diesen Teil unserer Anklage betreffen, werden vom Staatsjustizrat II. Klasse, M. Y. Raginsky, vorgelegt werden.
STAATSJUSTIZRAT II. KLASSE M. Y. RAGINSKY, HILFSANKLÄGER FÜR DIE SOWJETUNION: Meine Herren Richter! Unter den zahlreichen und sehr schweren Kriegsverbrechen der Hitler-Verschwörer, Verbrechen, die ausführlich im dritten Abschnitt der Anklageschrift dargelegt sind, nehmen die gegen die Kultur verübten Verbrechen einen besonderen Platz ein. In diesen Verbrechen zeigt sich die ganze Abscheulichkeit und der ganze Vandalismus des deutschen Faschismus.
Die Hitler-Verschwörer betrachteten die Kultur des Geistes und der Menschlichkeit als ein Hindernis für die Ausführung ihrer unaussprechlichen Greueltaten gegen die Humanität und entledigten sich dieser Hindernisse mit der ihnen eigenen Grausamkeit.
Gleichzeitig mit der Vorbereitung ihrer Wahnsinnspläne zur Erlangung der Weltherrschaft und zugleich mit der Entfesselung und Ausführung ihrer Raubkriege arbeiteten die Hitler-Verschwörer auch einen Vernichtungsfeldzug gegen die Weltkultur aus. Sie träumten davon, Europa in die Zeit seiner Beherrschung durch die Hunnen und Teutonen zurückzuversetzen und versuchten, die Menschheit wieder zurückzuwerfen.
Es ist nicht notwendig, die zahlreichen Aussprüche der faschistischen Rädelsführer über dieses Thema zu verlesen. Ich will nur auf einen Ausspruch Hitlers zurückkommen, der in Rauschnings Buch auf Seite 80 zitiert ist und den die Anklagevertretung der Sowjetunion bereits dem Gerichtshof vorgelegt hat. Hitler erklärte:
»Wir sind Barbaren und wollen Barbaren sein. Das ist ein Ehrentitel.«
Im Namen der Anklage Vertretung der Sowjetunion beabsichtige ich, dem Gerichtshof Beweismaterial darüber vorzulegen, auf welche Weise die Angeklagten diese Weisungen Hitlers in die Tat umgesetzt haben, die in der Zertrümmerung kultureller Einrichtungen, im Raub und in der Zerstörung von Kulturschätzen, und in der Erstickung des nationalen kulturellen Lebens der Völker in den zeitweise von den deutschen Armeen besetzten Gebieten wie der Sowjetunion, Polens, der Tschechoslowakei und Jugoslawiens bestanden haben.
Ich will dem Gerichtshof Beweise vorlegen, auf welche Weise die Hitleristen den Raub kultureller Schätze vorbereiteten und entwarfen, wie der sogenannte »Einsatzstab Rosenberg« sich lange vor dem verräterischen Überfall auf die Sowjetunion auf die Plünderungen vorbereitete, wie die räuberische Tätigkeit des Angeklagten Rosenberg in engem Zusammenhang mit Göring, Heydrich und dem Oberkommando stand, und wie diese Plünderungen getarnt wurden.
Es ist nun allgemein bekanntgeworden, zu welch unerhörten Lügen und Provokationen die Hitleristen ihre Zuflucht nahmen, um ihre Verbrechen zu tarnen.
Sie brachten Millionen von Menschen in den von ihnen errichteten Vernichtungslagern um und sprachen gleichzeitig in ihren Anordnungen von »Reinigung« und »Siebung«. Während sie kulturelle Kostbarkeiten plünderten und zerstörten, versteckten sie sich hinter den Worten »Materialsammlung« und »Problemstudien« und nannten schamlos sich selbst »Kulturträger«.
Die Hitler-Verschwörer versuchten, die Bevölkerung der von ihnen besetzten Gebiete in rechtlose Sklaven zu verwandeln und zerstörten zu diesem Zweck die nationale Kultur dieser Völker.
Die Zerstörung der nationalen Kultur der slawischen Bevölkerung, insbesondere die der russischen, ukrainischen und weißrussischen Völker, die Zerstörung von Nationaldenkmälern, Schulen, und der Literatur, sowie die Zwangsgermanisierung der Völker folgte der deutschen Besetzung mit der gleichen verbrecherischen Gesetzmäßigkeit wie die Plünderungen, Vergewaltigungen, Brandstiftungen und Massenmorde.
Ich übergehe, Herr Vorsitzender, den Rest von Seite 3 und 4 meines Vortrags und wende mich dem zweiten Teil auf Seite 5 meiner Darlegung zu.
Wie bereits von mir angedeutet, war die Vernichtung der nationalen Kultur der Bevölkerung der besetzten Gebiete ein wesentlicher Bestandteil des allgemeinen Planes der Hitler-Verschwörer zur Aufrichtung ihrer Weltherrschaft.
Es ist schwer festzustellen, was in diesen Plänen überwog; Zerstörung oder Plünderung. Aber außerhalb jeden Zweifels steht der Umstand, daß sowohl die Zerstörung als auch die Plünderungen auf ein Ziel ausgerichtet waren, nämlich auf die Vernichtung. Und diese Vernichtung wurde von den Deutschen überall in den von ihnen besetzten Gebieten in großem Maßstab ausgeführt:
Artikel 56 der Haager Konvention von 1907 bestimmte; ich zitiere:
»Das Eigentum der Gemeinden und der dem Gottesdienste, der Wohltätigkeit, dem Unterrichte, der Kunst und der Wissenschaft gewidmeten Anstalten, auch wenn diese dem Staate gehören, ist als Privateigentum zu behandeln.
Jede Beschlagnahme, jede absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von derartigen Anlagen, von geschichtlichen Denkmälern oder von Werken der Kunst und Wissenschaft ist untersagt und soll geahndet werden.«
Die Hitleristen haben bewußt und systematisch die im Artikel 56 festgelegten Prinzipien und Forderungen verhöhnt.
Alle Verschwörer haben sich dessen schuldig gemacht, in erster Linie jedoch der Angeklagte Rosenberg.
Rosenberg besaß eine weitverzweigte Organisation für die Plünderung von kulturellen Schätzen, zahlreiche Beamtenstäbe und Agenten.
Der »Einsatzstab Rosenberg« und Rosenbergs Stabschef Utikal waren das Zentrum, in dem alle Fäden zusammenliefen, ein Zentrum, das die verbrecherische Tätigkeit der zahlreichen, von der Hitler- Regierung und dem OKW angeregten und geleiteten Plünderungsorganisationen zusammenfaßte und dirigierte.
Durch einen Erlaß Hitlers vom 1. März 1942 wurde Rosenberg amtlich zum Leiter der Plünderung von Kunstschätzen in den besetzten Gebieten eingesetzt.
Ich beziehe mich auf Dokument 149-PS, US-369, das von der Anklagevertretung der Vereinigten Staaten am 18. Dezember 1945 dem Gerichtshof vorgelegt wurde. Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Vorsitzender, werde ich aus diesem Dokument nur zwei Absätze verlesen, Es ist auf Seite 3 des Dokumentenbuches zu finden. Ich zitiere:
»Sein« – Rosenbergs – »Einsatzstab für die besetzten Gebiete hat das Recht, Bibliotheken, Archive und sonstige weltanschauliche und kulturelle Einrichtungen aller Art nach entsprechendem Material zu durchforschen und dieses für die weltanschaulichen Aufgaben der NSDAP... beschlagnahmen zu lassen.«
Ich lasse einen Absatz weg und zitiere den letzten des gleichen Dokuments:
»Die Durchführungsbestimmungen über die Zusammenarbeit mit der Wehrmacht erläßt der Chef des Ober kommandos der Wehrmacht im Einvernehmen mit dem Reichsleiter Rosenberg.
Die notwendigen Maßnahmen innerhalb der in deutscher Verwaltung befindlichen Ostgebiete trifft Reichsleiter Rosenberg in seiner Eigenschaft als Reichsminister für die besetzten Ostgebiete.«
Dieser Erlaß Hitlers wurde, wie eindeutig aus dem Schriftstück hervorgeht, an alle Dienststellen der Wehrmacht, der Partei und des Staates geleitet.
Aber nicht der 1. März 1942 kann als Beginn der räuberischen Tätigkeit Rosenbergs betrachtet werden.
Zur Bekräftigung dieser Feststellung möchte ich einige Auszüge aus einem Schreiben Rosenbergs an Reichsleiter Bormann verlesen. Das Schreiben stammt vom 23. April 1941, Dieses Dokument wurde von der Amerikanischen Anklagevertretung am 18. Dezember 1945 vorgelegt und als US-371 vom Gerichtshof angenommen.
Dieses auf Seite 4 des Dokumentenbuches befindliche Schriftstück ist auch deswegen interessant, weil der Raub, der in dem Schreiben als »Beschlagnahmung« bezeichnet wird, vom Angeklagten Rosenberg in enger Zusammenarbeit und Fühlungnahme zwischen seinem und Himmlers Ministerium auf Grund einer schriftlichen Vereinbarung ausgeführt wurde.
Ich zitiere Auszüge von Seite 1 der russischen Übersetzung dieses Schreibens:
»Ich habe« – schrieb Rosenberg – »Ihnen Photokopie meiner Abmachung mit dem SD, die ja mit ausdrücklicher Zustimmung von Gruppenführer Heydrich zustandegekommen ist, übergeben.«
Und weiter werden Sie auf Seite 5 des Dokumentenbuches folgendes Zitat finden:
»... um die Kunstgegenstände hat es sich stets in zweiter Linie gehandelt. In erster Linie ist auf Veranlassung des Führers zweimal ein Befehl des Chefs des OKW an die besetzten Gebiete des Westens gegangen, alles wissenschaftliche und Archivgut weltanschaulicher Gegner mir für Forschungszwecke zur Verfügung zu stellen. Das ist auch in weitestem Maße und in engster Zusammenarbeit mit dem SD und den militärischen Befehlshabern geschehen.«
Die Bedeutung, welche die Hitler-Verschwörer der räuberischen Tätigkeit des Rosenbergschen »Einsatzstabes« beigemessen haben, geht aus einem Rundschreiben des Angeklagten Göring vom 1. Mai 1941 hervor, das an alle Dienststellen der Wehrmacht, der Partei und des Staates gerichtet war und den Befehl enthielt, mit dem »Einsatzstab Rosenberg« zusammenzuarbeiten. Dieses Schriftstück wurde dem Gerichtshof von unseren amerikanischen Kollegen am 28. Dezember 1945 vorgelegt und als Beweisstück US-384 angenommen.
Das Ausmaß der Plünderungen war bereits zu dieser Zeit sehr groß. Wie Rosenberg in seinem Schreiben vom 23. April 1941 andeutet, sind bis zu diesem Zeitpunkt, April 1941, bereits 7000 Kisten geraubter Kunstschätze nach Deutschland versandt worden.
Um mit diesem Schriftstück abzuschließen, will ich mit Erlaubnis des Gerichtshofs noch einen Absatz verlesen, der auf Seite 6 des Dokumentenbuches zu finden ist. Rosenberg schrieb:
»Die Dinge sind an sich also praktisch geklärt, und die Arbeit hat ihren Gang genommen. Worum ich bat, war nur eine Bestätigung, daß die schon gefällten Entscheidungen für den Westen unter den gegebenen Umständen auch für andere besetzte oder zu besetzende Gebiete Geltung haben.«
Dieses Schriftstück, in dem die Plünderung »Arbeit« genannt wird, zeigt, daß Rosenbergs verbrecherische Tätigkeit in enger Zusammenarbeit mit dem SD und dem Oberkommando der Wehrmacht ausgeführt wurde; es zeigt schließlich, daß bereits im April 1941 die Pläne für die Plünderung von »zu besetzenden Gebieten« ausgearbeitet wurden.
Aus den Vorträgen des Hauptanklagevertreters der USSR, General Rudenko, und des Sprechers für die Anklagevertretung der Vereinigten Staaten, Herrn Alderman, ist bekanntgeworden, von welchen »zu besetzenden Gebieten« damals die Rede war. Es war der Zeitabschnitt der praktischen Durchführung der verbrecherischen Ideen der Hitleristen, die in dem sogenannten »Plan Barbarossa« niedergelegt waren. Es war der Zeitpunkt, als die deutsch-faschistischen Horden an die Grenzen der Sowjetunion geworfen wurden. Es war der Zeitpunkt des Überfalls auf die USSR.
Schließlich ist es wichtig, darauf hinzuweisen, daß der Angeklagte Rosenberg im April 1941 Utikal zum Leiter sämtlicher Arbeitsstäbe ernannte, da die »Schaffung einer solchen Funktion sich im Laufe des Krieges als nötig erweisen könnte«. In diesem Zusammenhang bezog sich Rosenberg auf die »erfolgreiche Arbeit« seines Operationsstabes in den besetzten Gebieten Westeuropas und in den Niederlanden sowie auf die dort »gewonnenen Erfahrungen«.
Diese Tatsache geht aus einer an Utikal gerichteten und von Rosenberg unterschriebenen Bescheinigung vom 1. April 1941 hervor.
Die Echtheit dieses Schriftstücks, das als 143-PS eingetragen ist, wurde von Rosenberg während eines Verhörs vom 26. September 1945 bestätigt. Ich lege dieses Dokument als USSR-371 vor.
Bei dem Bericht über die Organisation der Plünderung und Zerstörung von Kunstschätzen ist es notwendig, auf ein weiteres Ministerium hinzuweisen, in dem sich die Diplomatie mit dem Raube vereinte.
Ich habe dabei das Deutsche Auswärtige Amt im Auge.
Der Hauptankläger der USSR, General Rudenko, hat in seiner Einführungsrede dargetan, daß die auf unmittelbare Veranlassung der Deutschen Reichsregierung erfolgten Plünderungen in den besetzten Gebieten der Sowjetunion nicht nur von den Angeklagten Göring und Rosenberg und den ihnen unterstellten zahlreichen Stäben und Gruppen ausgeführt wurden, sondern, daß auch das von dem Angeklagten Ribbentrop geleitete Auswärtige Amt durch eine besondere Formation daran teilgenommen hat.
Die Gründung einer solchen Formation, des sogenannten »Bataillon Ribbentrop« und seine tätige Mitarbeit an der Plünderung von Kulturschätzen in den besetzten Gebieten der USSR, gehen aus einer schriftlichen Erklärung des Obersturmführers Dr. Förster vom 10. November 1942 hervor, der von Einheiten der Roten Armee im Gebiet von Mozdok gefangengenommen worden ist.
In seiner Erklärung berichtet Förster ebenfalls über die Aufgaben des Einsatzstabes Rosenberg in Bezug auf die Plünderungen, oder wie er es nannte, »Beschlagnahmen« von Museumsschätzen und Antiquitäten.
Ich lege dem Gerichtshof eine Photokopie dieser Erklärung als Dokument USSR-157 vor. In seiner Erklärung sagte Förster, ich zitiere:
»Im August 1941, während meines Aufenthalts in Berlin, wurde ich mit Hilfe meines alten Bekannten von der Berliner Universität, Dr. Focke, der in der Presseabteilung des Auswärtigen Amtes tätig war, von den Panzer jägern 87 zum Bataillon zur besonderen Verwendung des Auswärtigen Amtes abkommandiert. Dieses Bataillon war auf Anregung des Reichsministers des Auswärtigen, Ribbentrop, gegründet worden und unterstand ihm. Der Führer des Bataillons ist Major der Waffen-SS von Künsberg.
Die Aufgabe des Bataillons zur besonderen Verwendung besteht dann, daß sofort nach dem Fall von Großstädten vom Bataillon Kulturschätze und Gegenstände, die von großem historischen Wert sind, beschlagnahmt und sichergestellt, wertvolle Bücher und Filme ausgewählt und nach Deutschland abtransportiert werden.
Das Bataillon zur besonderen Verwendung besteht aus 4 Kompanien. Die 1. Kompanie ist dem deutschen Expeditionskorps in Afrika, die 2. Kompanie der Armeegruppe ›Nord‹, die 3. Kompanie der Armeegruppe ›Mitte‹ und die 4. Kompanie der Armeegruppe ›Süd‹ beigegeben. Die 1. Kompanie ist vorläufig in Italien in Neapel, wo sie auf die Möglichkeit zum Übersetzen nach Afrika wartet. Der Bataillonsstab befindet sich in Berlin, Hermann-Göring-Straße 104. Das beschlagnahmte Material ist in den Geschäftsräumen der Fa. Adler, Hardenbergstraße, untergebracht.
Vor unserer Abfahrt nach Rußland übermittelte uns Major von Künsberg den Befehl von Ribbentrop, alle wissenschaftlichen Anstalten, Institute, Bibliotheken, Paläste gründlich ›durchzukämmen‹, alle Archive durchzusehen und alles, was wichtig und wertvoll ist, zu beschlagnahmen.
Aus den Berichten meiner Kameraden ist mir be kannt, daß die 2. Kompanie unseres Bataillons wertvolle Gegenstände aus den Palästen in den Vororten von Leningrad beschlagnahmte. Ich selbst war damals nicht dabei. In Zarskoje Selo beschlagnahmte die Kompanie die Ausstattung des großen Palastmuseums der Kaiserin Katharina und stellte sie sicher. Es wurden von den Wänden chinesische Seidentapeten und vergoldete, geschnitzte Verzierungen abgerissen. Die Diele, die mit künstlerischen Ornamenten versehen war, wurde auseinandergenommen und abtransportiert. Aus dem Palast des Kaisers Alexander wurden antike Möbel und eine große Bibliothek, die gegen sechs- bis siebentausend Bände in französischer Sprache und über fünftausend Bände und Manuskripte in russischer Sprache enthielt, weggebracht.«
»Die 4. Kompanie, bei der ich mich befand, beschlagnahmte in Kiew die Ausstattung des Laboratoriums des medizinisch-wissenschaftlichen Forschungsinstitutes. Die ganze Ausstattung, wissenschaftliches Material, die Dokumente und Bücher sind nach Deutschland abgesandt worden.
Reiche Beute wurde uns zuteil in der Bibliothek der Ukrainischen Akademie für Wissenschaften, wo die größten Raritäten an Manuskripten persischer, abessinischer, chinesischer Schriftkunde, russische und ukrainische Chroniken, der Wiegendruck von Büchern des ersten russischen Druckers Ivan Pjodorow und seltene Ausgaben der Werke von Schewtschenko, Mizkiewitsch und Ivan Franko aufbewahrt wurden.
Aus den Kiewer Museen, nämlich der Ukrainischen Kunst, der Russischen Kunst, der West- und Ostkunst, und aus dem zentralen Schewtschenko-Museum sind viele zurückgebliebene Ausstellungsgegenstände nach Berlin abtransportiert worden, darunter Gemälde und Porträts von Rjepin, Wereschtschagin, Fjedotov Gö, Bildwerke von Antokolski und andere Werke russischer und ukrainischer Maler und Bildhauer.
In Charkow in der Korolenkobibliothek wurden einige tausend Wertvolle Bücher in Prachtausgaben ausgewählt und nach Berlin gebracht. Die übrigen Bücher wurden vernichtet. Aus der Charkowbildergalerie sind einige hundert Bilder sichergestellt, darunter 14 Bilder von Aiwasowski, von Rjepin, viele Werke von Poljenow, Schischkin u. a. Es sind auch alte Skulpturen und das ganze wissenschaftliche Archiv des Museums weggebracht worden. Stickereien, Teppiche, Gobelins und andere Ausstellungsgegenstände haben sich die deutschen Soldaten angeeignet.«
»Es ist mir noch bekannt,« – sagte Förster in seiner Aussage – »daß beim Alfred-Rosenberg-Stab besondere Kommandos zur Beschlagnahme von wertvollen antiken Museumsgegenständen in den besetzten Gebieten des Ostens und in den Ländern Europas eingesetzt sind. An der Spitze dieser Kommandos stehen sachkundige Zivilisten.
Nach der Einnahme einer Großstadt treffen Führer dieser Kommandos in Begleitung von Fachleuten aller Art ein. Sie besichtigen Museen, Bildergalerien, Ausstellungen, Kultur- und Kunststätten, untersuchen ihren Zustand und beschlagnahmen alles Wertvolle.«
Ich lasse den letzten Absatz dieser Aussage aus.
Mit Erlaubnis des Hohen Gerichtshofs möchte ich zwei weitere Auszüge aus einem Schreiben des Reichsministers für die besetzten Gebiete vorlegen, das das Datum des 7. April 1942 trägt und im Auftrage des Ministerialrats Leibbrandt, des engsten Mitarbeiters des Angeklagten Rosenberg, unterzeichnet ist. Dieses Schreiben befindet sich in Ihrem Dokumentenbuch auf den Seiten 12 und 13 und ist am 18. Dezember vorigen Jahres als USSR-408 von der Amerikanischen Delegation vorgelegt worden. Dieses Dokument ist sehr aufschlußreich, soweit das Ausmaß der geplanten Plünderung in Betracht kommt, aber auch vom Gesichtspunkt der Tarnung der Plünderung, die darin schamlos als »Erhaltung von Kulturgütern, Forschungsmaterial und wissenschaftlichen Einrichtungen in den besetzten Ostgebieten« bezeichnet wird.
Dieses Dokument ist auch wegen der Tatsache charakteristisch, daß Rosenberg aus Furcht, daß ihm eine Beute entgehen könnte, sein eigenes Monopol für die Plünderung schafft und lediglich dem Generalquartiermeister des Heeres, mit dem, wie es im Schreiben heißt, der »Einsatzstab Rosenberg« die »Arbeit« gemeinsam durchführt, Zugeständnisse macht.
Ich verlese den ersten Auszug aus diesem Brief. Ich zitiere:
»Mit der Erfassung und einheitlichen Bearbeitung der Kulturgüter, des Forschungsmaterials und der wissen schaftlichen Einrichtungen aus Bibliotheken, Archiven, wissenschaftlichen Instituten, Museen usw., die in öffentlichen, kirchlichen oder privaten Räumen vorgefunden werden, habe ich den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg für die besetzten Gebiete beauftragt. Der Einsatzstab beginnt, wie im Führererlaß vom 1. März 1942 erneut angeordnet, im Einvernehmen mit dem Herrn Generalquartiermeister des Heeres seine Arbeit unmittelbar nach Besetzung der Gebiete durch die kämpfende Truppe und führt sie nach Einrichtung der Zivilverwaltung im Einvernehmen mit den zuständigen Reichskommissaren bis zur endgültigen Abwicklung weiter. Alle Dienststellen meines Geschäftsbereiches ersuche ich, die Beauftragten des Einsatzstabes bei der Durchführung aller Maßnahmen weitestgehend zu unterstützen und alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen, insbesondere darüber, inwieweit bereits Gegenstände aus den besetzten Ostgebieten erfaßt und von dem bisherigen Standort weggeschafft worden sind und wo sich dieses Material zur Zeit befindet.«
Wie Sie sehen, meine Herren Richter, war die Plünderung der Bibliotheken, Archive, wissenschaftlichen Forschungsinstitute, privater als auch öffentlicher Museen und sogar der Kirchenschätze geplant. Die Tatsache, daß es sich nicht um eine »Sicherstellung der Kulturgüter«, sondern um Plünderung handelt, kann aus dem folgenden Auszug aus dem erwähnten Schreiben ersehen werden. Sie finden diese Stelle auf Seite 12 Ihres Dokumentenbuches. Ich zitiere:
»Soweit entgegen diesen Bestimmungen Beschlagnahmungen oder Abtransporte bereits stattgefunden haben, ist dies... unverzüglich dem Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, Berlin-Charlottenburg 2, Bismarckstraße 1, mitzuteilen.«
Ich werde die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs nicht mit den Namen der vielen Empfänger, an die dieses Schreiben verteilt wurde, belasten. Ich werde nur einige erwähnen, und zwar das OKH, den Reichswirtschaftsminister, den Bevollmächtigten für den Vierjahresplan, die Reichskommissare für die Baltischen Staaten und die Ukraine und so weiter.
Demnach bestätigt dieses Dokument noch einmal, daß sowohl Göring als auch Funk und die Vertreter des OKH eine aktive Rolle bei der Plünderung spielten.
Die unschätzbaren Kunstwerke, die aus den besetzten Ländern weggeschafft wurden, verbrachte man nach Deutschland, das von den Hitleristen in eine Räuberhöhle verwandelt wurde.
Die Außerordentliche staatliche Kommission stellte fest, daß im Januar 1943 der Oberbefehlshaber der ersten Panzerarmee, General der Kavallerie Mackensen, in Gegenwart des Chefs der Propagandaabteilung der ersten Panzerarmee, Müller, aus dem Museum für Gemälde und plastische Kunst in Rostow, das in die Stadt Pjatigorsk verlegt und in dem Gebäude des Lermontowmuseums untergebracht worden war, die wertvollen Gemälde von Ribera, Rubens, Murillo, Jordaens, Wereschtschagin, Korovin, Kramskoj, Polenov, Rjepin, Lagorio, Ajwasowsky, Schischkin und Skulpturen von Donatello sowie andere Ausstellungsstücke fortgenommen hat.
Diese Feststellung, meine Herren Richter, wurde als Beweisstück USSR-37 vorgelegt. Mit Ihrer Erlaubnis möchte ich nur einen Absatz auf Seite 5 des Dokuments verlesen. Das Zitat befindet sich auf Seite 18 Ihres Dokumentenbuches. Ich zitiere:
»Das Rostower Museum der Bildenden Künste wurde von dem Oberbefehlshaber der ersten Panzerarmee, General der Kavallerie Mackensen, und dem Chef der Propaganda-Abteilung der ersten Panzerarmee, Müller, ausgeplündert und nach Deutschland abtransportiert.«
Aus der eidesstattlichen Erklärung des Bevollmächtigten der Polnischen Regierung, des Herrn Stephan Kurowsky, geht hervor, daß der Angeklagte Frank bei der Plünderung der Kunstschätze des Polnischen Staates daneben auch das Ziel der persönlichen Bereicherung verfolgte.
Bilder, Porzellan und andere Kunstwerke aus den geplünderten Museen in Warschau und Krakau, besonders aus dem Wawelschloß wurden auf das Landgut des Angeklagten Frank verschleppt.
Die eidesstattliche Erklärung, die ich erwähnte, ist ein Anhang zum Bericht der Polnischen Regierung und wird dem Gerichtshof als USSR-302 vorgelegt. Dieses Dokument befindet sich in Ihrem Dokumentenbuch auf den Seiten 19 und 20.
Das Dokument, das die Nummer 055-PS trägt, stellt ein Schreiben von dem Leiter der Führungsgruppe P 4 des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete vom 14. September 1944 dar. Es enthält Hinweise darüber, wohin die geplünderten Kunstgegenstände verbracht worden sind und wo sie aufbewahrt werden.
Dieses Schreiben ist adressiert: »An den Herrn Reichsminister, über den Chef des Führungsstabes Politik, im Hause.« Es betrifft: »Rückgeführte Kunstgegenstände aus der Ukraine«. Dieses Schreiben befindet sich in Ihrem Dokumentenbuch auf Seite 21. Ich lege dieses Schreiben als dokumentarisches Beweismaterial, als USSR-372, vor und verlese den Text dieses Schreibens:
»Der Reichskommissar für die Ukraine hat die aus Kiew und Charkow zurückgeführten Gemälde und Kunstgegenstände in Ostpreußen an folgenden Bergungsorten untergebracht:
1. Domäne Richau bei Wehlau,
2. Herrenhaus Wildenhoff, (Besitzer Graf Schwerin).«
Ich verlese den Text des Briefes weiter:
»Es handelt sich um 65 Kisten, über deren Inhalt ein genaues Verzeichnis in der Anlage beigefügt wird. Von weiteren etwa 20 Kisten, 57 Mappen und einer Rolle Gravüren bestehen bisher keine Inventarverzeichnisse. Unter den Gemälden befinden sich eine große Anzahl ältester Ikonen, Werke bekannter Meister, deutscher, niederländischer und italienischer Schulen des 16., 17. und 18. Jahrhunderts, sowie Arbeiten der besten russischen Künstler des 18. und 19. Jahrhunderts. Insgesamt umfassen die Bestände die wertvollsten Stücke aus öffentlichem ukrainischem Kunstbesitz, die selbst nach oberflächlicher Schätzung Werte von vielen Millionen darstellen. Darüber hinaus müssen sie als einzige Sammlung dieser Art von internationalem Ruf auf deutschem Hoheitsgebiet von Bedeutung sein.«
Ich lasse den letzten Absatz des Schreibens aus, da er keine wesentliche Bedeutung hat.
Zu der uns interessierenden Frage zitiere ich einen Auszug aus Seite 2 des Schreibens von Rosenberg, aus dem ich bereits ein Zitat verlesen habe. Diese Stelle ist auf Seite 5 Ihres Dokumentenbuches. Ich zitiere; Rosenberg schrieb:
»Im Zuge dieser Beschlagnahmungen haben wir naturgemäß auch andere Kulturgegenstände, darunter wertvolle Kunstgegenstände, und, um diese nicht zu zersplittern, hat der Chef des Oberkommandos des Heeres auf meine Bitte und auf Befehl des Führers veranlaßt, daß diese Kunstgegenstände von mir katalogisiert und für den Führer gesichert werden.«
Meine Herren Richter! Sie haben über die Einstellung Hitlers zu fremdem Eigentum, zu den Kunstschätzen in den von den Deutschen besetzten Ländern, gehört. Diese Episode ist im Bericht der Tschechoslowakischen Regierung enthalten, der dem Gerichtshof vorgelegt wurde und aus dem gestern ein Auszug verlesen worden ist. Ich finde es deshalb für nötig, dieses Dokument nochmals zu zitieren. Es muß aber bemerkt werden, daß nicht nur Hitler, sondern auch Göring ein eifriger Anhänger derartiger »Anschaffungen« war.
Meine Herren Richter! Sie haben ebenfalls gestern gehört, wie Göring in Frankreich wertvolle Gobelins erwarb. Jedoch »erwarb« Göring nicht nur Gobelins. Darüber schrieb er in einem seiner Briefe an Rosenberg. Hier beziehe ich mich auf Dokument 1985-PS, das ich dem Gerichtshof als USSR-373 vorlege. Sie finden dieses Schriftstück auf den Seiten 156 bis 158 Ihres Dokumentenbuches.
Göring schrieb, daß er durch Tausch und Kauf, durch Geschenke und Testamentsvermächtnisse vielleicht die bedeutendste Privatsammlung zumindest in Deutschland, wenn nicht in Europa, besitze.
Das Dokument, das dem Gerichtshof vorliegt, ist die Kopie eines maschinengeschriebenen Briefes, der eine Reihe von Korrekturen mit Tinte enthält, die offenbar von Görings Hand stammen. Diese Kopie wurde zusammen mit anderen Briefen Görings durch Einheiten der amerikanischen Armee erbeutet, wofür dem Gerichtshof seinerzeit von unseren amerikanischen Kollegen die entsprechende Bestätigung vorgelegt wurde.
Dieses Dokument, meine Herren Richter, zeigt in bemerkenswerter Weise die Natur der »Anschaffungen«, die Göring machte und bestätigt auch Ribbentrops Beteiligung an der »Erhaltung« der Kulturschätze in den besetzten Gebieten.
Aus diesem Grunde werde ich mit Ihrer Erlaubnis einige Auszüge aus diesem Dokument verlesen. Es handelt sich um einen Auszug von Seite 1 dieses Briefes. Ich zitiere:
»Ich habe nach dem vielen Hin und Her« – so schrieb Göring an Rosenberg – »es außerordentlich begrüßt, daß eine Stelle zur Sammlung der Dinge endlich berufen wurde, obgleich ich darauf hinweisen muß, daß auch noch andere Stellen sich hier auf Vollmachten des Führers berufen, so vor allen Dingen der Reichsaußenminister, der schon vor mehreren Monaten ein Rundschreiben an alle Stellen schickte, in denen er u. a. Befugnisse für das besetzte Gebiet hat, und die Sicherstellung der Kulturgüter als ihm übertragen mitteilte.«
Ich zitiere einen Auszug von Seite 2 dieses Brief es, letzter Absatz:
»Damit nun keine falsche Vorstellung aufkommt, bezüglich der Dinge, die ich für mich beanspruchen wollte, und die ich durch Kauf teils erworben habe und teils erwerben möchte, will ich Ihnen hierzu folgendes mitteilen:
1. Ich besitze heute bereits durch Kauf, Geschenk, Te stamentsvermächtnisse und Tausch vielleicht die bedeutendste Privatsammlung, zumindest in Deutschland, wenn nicht in Europa.«
Ich lasse einen Absatz aus und zitiere die nächsten Punkte 2 und 3. Punkt 2 behandelt die Aufzählung dessen, was Göring erwerben möchte; es handelt sich um:
2. »eine sehr umfangreiche und hochwertige Sammlung der Holländer aus dem 17. Jahrhundert,«
und Punkt 3 behandelt:
3. »eine verhältnismäßig kleine aber sehr gute Sammlung der Franzosen aus dem 18. Jahrhundert, und schließlich eine Sammlung italienischer Meister.«
Nun haben Sie gehört, meine Herren Richter, wie »das persönliche materielle Interesse der Soldaten im Kriege« in der Praxis ausgesehen hat. All dies stellt unwiderruflich fest, wie systematisch die Hitleristen einen Plünderungs- und Raubzug unternommen haben und wie jedermann, angefangen vom gemeinen Soldaten bis zu den verbrecherischen Führern von Hitler- Deutschland, an der Plünderung beteiligt war.
Dasselbe muß nun auch über die Zerstörung der Kulturschätze gesagt werden.
Verordnungen und Weisungen über die Zerstörung von Kulturschätzen kamen von den Führern Hitler- Deutschlands und von den höchsten Befehlshabern der Wehrmacht.
Ich werde als Beweismittel den Befehl des Kommandeurs der 6. deutschen Armee zitieren, der von Generalfeldmarschall von Reichenau unterzeichnet ist und von Hitler gebilligt wurde. Der Befehl trägt den Titel: »Verhalten der Truppen im Ostraum«. Dieser Befehl ist dem Gerichtshof als USSR-12 unterbreitet worden. Im Gegensatz zu der Gewohnheit der Hitleristen enthält dieser Befehl unverhüllte Weisungen über die Zerstörung und Vernichtung der Kultur in den besetzten Gebieten.
Mit Ihrer Erlaubnis werde ich nur einen Absatz dieses Befehls zitieren. Er befindet sich auf Seite 161 Ihres Dokumentenbuches. Ich zitiere:
»Die Truppe hat nur soweit ein Interesse an Löscharbeiten, als notwendige Truppenunterkünfte erhalten werden müssen...«
Alles übrige solle zerstört werden. Keine historischen oder künstlerischen Gebäude im Osten seien von irgendwelchem Wert.
Ich werde Ihnen noch ein weiteres Dokument zitieren, das beweist, daß die Zerstörungen und Plünderungen von Kulturschätzen, die von Hitleristen überall in den besetzten Gebieten ausgeführt wurden, von der Hitler-Regierung angeregt und angeordnet waren.
Ich denke dabei an das Beweismaterial, das der Angeklagte Frank durch die Eintragungen in sein Tagebuch geliefert hat, deren Auszüge dem Gerichtshof bereits als USSR-223 unterbreitet worden sind. In Band 1 des Frankschen Tagebuches, Seite 38, dies entspricht Seite 169 in Ihrem Dokumentenbuch, befindet sich eine Eintragung vom 4. Oktober 1939 mit folgendem Inhalt; ich zitiere:
»Berlin: Besprechung mit dem Führer. Der Führer besprach mit dem Herrn Generalgouverneur die Gesamtlage, billigte die Arbeit des Generalgouverneurs in Polen, insbesondere die Niederiegung des Schlosses in Warschau und den Nichtwiederaufbau dieser Stadt, die Überführung der Kunstschätze.«
Ich bin der Ansicht, daß die Dokumente, die soeben vorgelegt und zitiert wurden, vollkommen genügen, um folgende Schlußfolgerungen zu ziehen:
a) Die Plünderung und Zerstörung von Kulturschätzen der Völker in den durch die Deutschen besetzten Gebieten fand im Einklang mit vorher ausgearbeiteten und sorgfältig vorbereiteten Plänen statt.
b) Die Plünderung und Zerstörung von Kulturschätzen wurde von der faschistischen Regierung und dem deutschen Oberkommando der Wehrmacht geleitet.
c) Die Teilnehmer an dieser Verschwörung, die die tätigste Rolle in der Organisierung der Plünderung und Zerstörung von Kulturschätzen spielten, waren die Angeklagten Rosenberg, Ribbentrop, Frank und Göring.
Ich gehe nun zum nächsten Teil der Darstellung über, der betitelt ist: »Zerstörung und Plünderung von Kulturschätzen in der Tschechoslowakei, Polen und Jugoslawien«.
Ich berichtete dem Gerichtshof bereits über die allgemeinen Pläne der Hitler-Verschwörer für die Abtötung nationalen und kulturellen Lebens in den von ihnen besetzten Ländern.
Nunmehr komme ich zu dem Bericht über die konkrete Durchführung der verbrecherischen Pläne der Hitler-Verschwörer in der Tschechoslowakei, in Polen und Jugoslawien.
Ich werde mich nur mit solchen unwiderlegbaren Beweisen befassen, die aus den amtlichen Berichten der Regierungen der Tschechoslowakei, Polens und Jugoslawiens bestehen, die dem Gerichtshof bereits von der Sowjetischen Anklagevertretung unterbreitet worden sind.
Ich werde einige Teile der hier in Betracht kommenden Abschnitte dieses Berichts zitieren, soweit sie sich direkt auf das von mir besprochene Thema beziehen und soweit sie noch nicht von meinen Kollegen angeführt wurden.
Ich komme jetzt zu den Auszügen aus dem Bericht der Tschechoslowakischen Regierung. Diese Auszüge befinden sich auf Seite 81 bis 88 Ihres Dokumentenbuches. Ich zitiere von Seite 81.
»K. H. Frank, der im März 1939 zum Staatssekretär und Vertreter des Reichsprotektors von Neurath ernannt, und im August 1943 Staatsminister und Chef des deutschen Vollzugsausschusses im Protektorat wurde, äußerte: ›Die Tschechen sind zu nichts gut als zu Arbeitern und Bauern‹. K. H. Frank antwortete einer tschechischen Abordnung, die im Jahre 1942 die Wiedereröffnung der tschechischen Universitäten und Hochschulen forderte: ›Wenn der Krieg von England gewonnen wird, werdet Ihr Eure Schulen allein aufmachen. Wenn Deutschland gewinnt, wird eine Volksschule mit 5 Klassen gut genug für Euch sein.‹«
Die Deutschen besetzten alle Hochschulen und wissenschaftlichen Institute.
Ich gehe über zu dem Zitat auf Seite 83:
»Sie bemächtigten sich sofort der wertvollsten Apparate, Instrumente und wissenschaftlichen Einrichtungen in den besetzten Instituten. Die wissenschaftlichen Bibliotheken wurden systematisch und methodisch geplündert. Wissenschaftliche Bücher und Filme wurden zerrissen oder fortgebracht, die Archivakten des Akademischen Senates, der höchsten Universitätsbehörde, wurden zerrissen oder verbrannt, und die Kartotheken zerstört und in alle Winde zerstreut.
Aufhebung der tschechischen Schulen....
K. H. Frank ordnete im November 1939 persönlich die Schließung der Höheren technischen Bildungsanstalten an. Universitätsstudenten, die noch ihre Freiheit besaßen, war die Ausübung eines geistigen Berufes untersagt und sie wurden aufgefordert, sich innerhalb von 48 Stunden eine manuelle Beschäftigung zu suchen, andernfalls sie in Arbeitslager nach Deutschland gesandt würden.
Die Schließung der Universitäten wurde durch die Schließung der großen wissenschaftlichen Bibliotheken und aller Einrichtungen, die den von der Universität ausgeschlossenen Studenten geistige Nahrung hätten bieten können, verschlimmert. Die Bibliothek der Universität Prag war in Zukunft nur noch für Deutsche zugänglich.
Unterdrückung des wissenschaftlichen Lebens.
Die Schließung der tschechischen Universitäten und Hochschulen war nur der erste Schritt zu einer völligen Unterdrückung des gesamten tschechischen wissenschaftlichen Lebens; Die Gebäude der wissenschaftlichen Anstalten wurden entweder den deutschen Universitäten und Hochschulen oder deutschen Militär- oder Zivilbehörden übergeben. Die Deutschen führten alle wissenschaftlichen Instrumente und Bücher und sogar ganze Laboratorien mit der Begründung nach Deutschland, daß die Tschechen sie nicht mehr benötigen würden. Die zahlreichen Kunstwerke, Bilder, Statuen und seltene Manuskripte, die aus der Bibliothek der Prager Universität und aus Privatsammlungen gestohlen wurden, lassen sich weder zählen noch kann ihr Wert geschätzt werden. Soweit es sich bei dem gestohlenen Gut nicht um Bruchstücke handelte, wurden die wissenschaftlichen Sammlungen auch an deutsche Schulen weitergegeben.«
Ich gehe jetzt über zu Seite 86 des tschechischen Berichts und zitiere:
»Hunderte von tschechischen Volks- und Mittelschulen wurden 1939 geschlossen. Die systematische Abschaffung der tschechischen Schulen erfolgte während des ersten Kriegsjahres mit einer derartigen Schnelligkeit, daß Ende 1940 von 20000 tschechischen Lehrern 6000 arbeitslos waren. Im September 1942 wurden 60 Prozent der tschechischen Volksschulen von den Deutschen geschlossen. Alle tschechischen Bücher, die während des republikanischen Regimes veröffentlicht worden waren, sind beschlagnahmt worden und die Verherrlichung von Groß-Deutschland und seinem Führer bildete die Grundlage des Unterrichts in den tschechischen Volksschulen. 1939 war die Anzahl der Schüler, denen der Besuch tschechischer Mittelschulen gestattet worden war, im Vergleich zu 1938 um 50 Prozent gesunken. Ende 1942 waren etwa 70 Prozent der tschechischen Mittelschulen geschlossen worden. Mädchen waren vollständig vom Besuch der Mittelschulen ausgeschlossen. Kindergärten für Kinder zwischen 3 bis 6 Jahren waren völlig germanisiert und beschäftigten nur deutsche Lehrer.
Andere Verbrechen gegen die Kulturdenkmäler:
In vielen Städten sind die ›Masaryk-Häuser‹, die hauptsächlich Bibliotheken und Säle zur Vorführung von Lehrfilmen, Konzerten und Theaterstücken enthielten, beschlagnahmt und in Baracken oder Büros für die Gestapo umgewandelt worden. Die Denkmäler, die sie enthielten, manchmal von großem künstlerischen Wert, wurden beschädigt und zerschlagen und in den meisten Fällen vollständig zerstört.... Eine Anzahl von Denkmälern in Prag, darunter Bileks ›Moses‹ und Mardjatkas ›Gedenkstein für die gefallenen Legionen‹, wurden eingeschmolzen....
In einem Erlaß vom Herbst 1942 wurden alle Universitätsbibliotheken aufgefordert, die gesamten alten Drucke tschechischer Werke und Erstausgaben den Deutschen zu übergeben. Die Sammlungen im Nationalmuseum wurden geplündert und die Galerie Moderner Kunst, die eine einmalige Sammlung tschechischer Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts sowie einige Kostbarkeiten ausländischer (hauptsächlich französischer) Kunst enthielt, wurde geschlossen.
Die Kronjuwelen der ehemaligen tschechischen Könige mußten Heydrich ausgeliefert werden.
Literatur:
Übersetzungen von klassischen und modernen Werken englischer, französischer und russischer Verfasser wurden aus dem Umlauf gezogen. Die Werke zeitgenössischer tschechischer Verfasser wurden der schärfsten Zensur unterworfen. Die Deutschen lösten viele führende Verlagsanstalten auf.«
VORSITZENDER: Das ist eine gute Gelegenheit, eine Pause einzuschalten.