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[Dem Zeugen wird das Dokument übergeben.]

GÖRING: Das ist richtig.

JUSTICE JACKSON: Darin wird Ihnen über die Plünderung jüdischer Geschäfte, die Verhaftung von 174 Personen wegen Plünderung, die Zerstörung von 815 Läden, die Zerstörung oder Vernichtung durch Brand von 171 Wohnungen berichtet, und es wird erklärt, daß dies nur einen Teil des tatsächlichen Schadens darstelle; 101 Synagogen wurden in Brand gesetzt und weitere 76 vollkommen zerstört. Außerdem wurden 11 Gemeindehäuser, Friedhofkapellen und ähnliche Gebäude in Brand gesetzt und 3 weitere vollkommen zerstört. 20000 Juden sowie 7 Arier und 3 Ausländer wurden verhaftet. Die Letzteren wurden zu ihrer eigenen Sicherheit festgenommen. 36 Tote wurden gemeldet, und die Zahl der Schwerverletzten, betrug ebenfalls 36. Die Toten und Verletzten waren Juden. Ein Jude wird noch vermißt. Unter den getöteten Juden befand sich ein polnischer Staatsbürger, unter den Verletzten waren zwei Polen.

Diesen Bericht bekamen Sie ungefähr am 11. November 1938, ist das richtig?

GÖRING: Das ist richtig. Das ist gerade der Bericht, von dem ich gesprochen habe, und den ich angefordert habe von der Polizei, weil ich wissen wollte, was bis dahin nun geschehen war.

JUSTICE JACKSON: Richtig. Der Bericht trägt die Bemerkung: »Generalfeldmarschall hat Kenntnis genommen. Es ist nichts zu veranlassen.«

GÖRING: Das ist so nicht richtig, hier steht:

»Generalfeldmarschall hat Kenntnis genommen. Es ist nichts zu veranlassen« von einer anderen Stelle, weil ich selbst ja die Veranlassung vorgenommen habe.

JUSTICE JACKSON: Sie wissen, daß es nicht stimmt, daß von irgendeiner anderen Stelle Schritte unternommen werden sollten?

Ich stelle Ihnen die direkte Frage, ob Sie dem Gericht die Wahrheit sagen, wenn Sie erklären, daß keine Schritte durch irgend jemand anderen zu unternehmen waren.

GÖRING: Dies ist ein Vermerk von meiner Dienststelle oder Adjutantur, daß von dieser Seite nichts unternommen wird, weil ich betont habe: »die Sache nehme ich selbst in die Hand.« Ich bin nämlich mit diesem Bericht zum Führer gegangen.

JUSTICE JACKSON: Gut. Haben Sie vom Obersten Parteirichter der Nazi-Partei einen Bericht, der München, den 13. Februar 1939 datiert ist, erhalten, in dem das Vorgehen der Partei in dieser Angelegenheit behandelt wird?

GÖRING: Das ist richtig, sehr viel später habe ich diesen Bericht bekommen.

JUSTICE JACKSON: Und damals...

Ich ziehe die Frage zurück. Das geht aus den Daten der Dokumente hervor. Sie bestätigten dem Parteigenossen Buch den Empfang dieses Dokuments?

GÖRING: Das ist auch richtig.

JUSTICE JACKSON: Und nur das Parteigericht hat wegen dieser Ausschreitungen Verfahren eingeleitet? Stimmt das?

GÖRING: Nicht vollständig, einige wurden auch vor das Gericht gestellt, das steht auch in dem Bericht.

JUSTICE JACKSON: Ich bitte, daß man ihm den Bericht zeigt, Dokument 3063-PS. Er wird nicht als Beweismittel vorgelegt. Da das Dokument anscheinend im Augenblick nicht vorliegt, bitte ich Sie, nach dem Gedächtnis auszusagen.

GÖRING: Ich weiß es ziemlich genau.

JUSTICE JACKSON: Das habe ich mir gedacht.

GÖRING: Nein, weil es mir hier vorgelegt worden ist.

JUSTICE JACKSON: Ja, es wurde Ihnen nicht vorenthalten.

Also erstens meldete das Parteigericht, ich zitiere:

»Die mündlich gegebenen Weisungen des Reichspropagandaleiters sind wohl von sämtlichen anwesenden Parteiführern so verstanden worden, daß die Partei nach außen nicht als Urheber der Demonstrationen in Erscheinung treten, sie in Wirklichkeit aber organisieren und durchführen sollte.«

War das der Bericht des Parteigerichts?

GÖRING: Das Parteigericht hat als sein Untersuchungsergebnis festgestellt, daß die Propagandaabteilung Dr. Goebbels' diese Anweisung gegeben hat. Ich darf fragen, es handelt sich doch, glaube ich, um einen Bericht aus den Märztagen des Jahres 1939 oder April?

JUSTICE JACKSON: Das Datum ist der 13. Februar 1939.

GÖRING: Jawohl, das ist richtig, also das Untersuchungsergebnis nach diesem Ereignis.

JUSTICE JACKSON: Richtig.

Hat Ihnen das Parteigericht als Ergebnis dieser Ausschreitungen nicht auch berichtet, daß das Oberste Parteigericht sich die Untersuchung der Tötungen, schweren Mißhandlungen und Sittlichkeitsverbrechen vorbehalten hat und den Führer bitten will, die Verfahren gegen alle Personen, die das Parteigericht nicht irgendwelcher Ausschweifungen für schuldig befunden hat, einstellen zu lassen?

GÖRING: Das ist richtig.

JUSTICE JACKSON: Und das Parteigericht bestand aus Gauleitern und Gruppenführern der Partei?

GÖRING: Das Parteigericht wechselte ja. Ich kann in diesem Augenblick nicht sagen, ohne das Dokument zu besitzen, wer das Parteigericht in diesem Falle war. Ich sehe soeben, daß ich es bekomme.

JUSTICE JACKSON: Ich verweise Sie auf Seite 4, unten, wo in dem Bericht steht: »Gauleiter und Gruppenführer der Gliederungen haben als Schöffen bei den Verhandlungen und Entscheidungen mitgewirkt.«

GÖRING: Jawohl, es ist selbstverständlich, daß die Geschworenen des Parteigerichts immer aus diesen Kategorien je nach Wichtigkeit genommen wurden. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, ich wußte nicht, welche Namen hier beteiligt waren.

JUSTICE JACKSON: Das Parteigericht erklärte fünf Personen für schuldig, stimmt das?

1. Ein Parteimitglied wurde eines Sittlichkeitsverbrechens und der Rassenschande schuldig gesprochen und aus der Partei ausgeschlossen. Stimmt das?

GÖRING: Und dem Strafgericht überstellt. Im letzten Absatz.

JUSTICE JACKSON: Stimmt. Ein anderes Parteimitglied, Fall 2, wurde der Rassenschande verdächtigt und aus der Nazi-Partei ausgeschlossen.

GÖRING: Wegen verdächtigter Rassenschande und Diebstahl ausgeschlossen und dem staatlichen Gericht überstellt.

JUSTICE JACKSON: Ja, und Nummer 2, Gustav, wurde aus der Partei und der SA wegen Diebstahls ausgeschlossen, richtig?

GÖRING: Sie sind bei Nummer 3, ja?

JUSTICE JACKSON: Nummer 2, Gustav, der Vorname wurde erwähnt.

GÖRING: Gustav ist der Vorname, Gerstner. Jawohl, wegen Diebstahls, ebenfalls wegen Verdachts der Rassenschande dem staatlichen Gericht überstellt.

JUSTICE JACKSON: Nummer 3 befaßt sich mit zwei Ausschließungen von Parteimitgliedern wegen Sittlichkeitsverbrechens gegen eine Jüdin; sie befinden sich jetzt in Schutzhaft. Ist das richtig?

GÖRING: Aus der nationalsozialistischen Partei ausgeschlossen und in Schutzhaft gegeben. Diese sind ebenfalls später dem Gericht überstellt worden, das weiß ich genau.

JUSTICE JACKSON: Und jetzt kommen wir zu Fall vier und fünf. Der erste, ein Parteimitglied und Mitglied der SA erhielt eine Verwarnung und wurde wegen Disziplinwidrigkeit, nämlich der Tötung des jüdischen Ehepaares Selig entgegen gegebenem Befehl, mit dreijähriger Aberkennung der Ämterfähigkeit bestraft. Stimmt das?

GÖRING: Das ist richtig.

JUSTICE JACKSON: Und im letzten Falle erhielt der Schuldige eine Verwarnung und wurde mit Aberkennung der Ämterfähigkeit auf die Dauer von drei Jahren bestraft wegen Erschießung eines sechzehnjährigen Juden nach beendeter Aktion entgegen gegebenem Befehl. Stimmt das?

GÖRING: Das ist richtig.

JUSTICE JACKSON: Jetzt kommen wir zu den Fällen der Tötung von Juden, in denen die Untersuchungen eingestellt, oder nur geringe Strafen verhängt wurden. Ich will das nicht im einzelnen durchgehen. Aber es ist Tatsache, daß durch das Oberste Parteigericht nur leichte Strafen für die Tötung von Juden verhängt wurden. Ist das richtig?

GÖRING: Das ist richtig.

JUSTICE JACKSON: Jetzt bitte ich Sie, Seite 8 aufzuschlagen.

GÖRING: Einen Augenblick, bitte.

JUSTICE JACKSON: Nun beachten Sie die Sprache, die in den Fällen 3-16 angewendet wird.

GÖRING: Welche Seite?

JUSTICE JACKSON: Neun, glaube ich. Das Oberste Parteigericht ersucht den Führer, die Verfahren bei den staatlichen Strafgerichten zu unterdrücken.

GÖRING: »Niederzuschlagen«, das ist nicht unterdrücken. Es kann ein Strafverfahren niedergeschlagen werden, das ist in Deutschland etwas anderes als unterdrücken.

JUSTICE JACKSON: Also, erklären Sie uns Ihre Auffassung und sagen Sie uns, was es ist. Was heißt ein Verfahren niederschlagen? Bedeutet das, daß es beendet ist?

GÖRING: Das bedeutet es, aber Niederschlagen eines Verfahrens kann nur angeordnet werden von einer Stelle, die dazu berechtigt ist, also der Führer kann Verfahren auf dem Amnestiewege jederzeit niederschlagen. Das Kabinett konnte jederzeit einen Beschluß fassen, ein Verfahren niederzuschlagen. Unterdrückung eines Verfahrens wäre eine illegale Handlung. Niederschlagen ist ein juristischer Fachausdruck in Deutschland für Aussetzen.

JUSTICE JACKSON: Und noch eine weitere Frage. Es wurde Ihnen in dem gleichen Bericht ferner gemeldet, ich verweise auf Seite 11:

»Auch die Öffentlichkeit weiß bis auf den letzten Mann, daß politische Aktionen, wie die des 9. November, von der Partei organisiert und durchgeführt sind, ob dies zugegeben wird, oder nicht. Wenn in einer Nacht sämtliche Synagogen abbrennen, so muß das irgendwie organisiert sein und kann nur organisiert sein von der Partei.«

Das stand auch in dem Bericht des Obersten Parteigerichts, nicht wahr?

GÖRING: Ich habe es noch nicht gefunden, die Seiten stimmen mit meinen nicht überein.

JUSTICE JACKSON: Dann wollen wir jetzt suchen, damit wir uns darüber ganz einig sind. Seite 11, es fängt vielleicht ganz unten auf Seite 10 an.

GÖRING: Ja, ich habe es jetzt gefunden.

JUSTICE JACKSON: Habe ich es einigermaßen richtig übersetzt?

GÖRING: Das ist richtig.

VORSITZENDER: Wäre es jetzt nicht ein geeigneter Zeitpunkt für eine Pause? Aber wollen Sie nicht, bevor wir eine Pause eintreten lassen, diese Dokumente, die Sie dem Zeugen vorgelegt haben und die noch nicht Beweismittel sind, als Beweismittel vorlegen?

JUSTICE JACKSON: Ja, dies soll geschehen, ich werde es tun.

VORSITZENDER: Ich glaube 3575-PS ist schon gestern vorgelegt worden, aber nicht direkt als Beweismittel, und 3063-PS heute, außerdem noch ein weiteres Dokument, dessen Nummer ich nicht habe.

JUSTICE JACKSON: Ich danke Ihnen, daß Sie mich darauf aufmerksam gemacht haben.