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[Das Dokument wird dem Zeugen überreicht.]

»Daß die 15jährigen eingezogen werden, mag militärisch nötig sein, wird aber für die Siegeszuversicht der deutschen Bevölkerung zu einer schweren Belastung. Die Tatsachen, die das deutsche Volk sieht, sind folgende:

1. Die ursprüngliche Inaussichtstellung eines kurzen Krieges ist nicht in Erfüllung gegangen.

2. Die in Aussicht gestellte schnelle Niederringung Englands durch die Luftwaffe ist nicht erfolgt.

3. Die Ankündigung, daß Deutschland von feindlichen Luftangriffen bewahrt bleiben würde, hat sich nicht erfüllt.

4. Die wiederholte Feststellung, daß die russische Widerstandskraft endgültig gebrochen sei, hat sich nicht bewahrheitet.

5. Die Belieferung Rußlands mit alliiertem Rüstungsmaterial und die Mannschaftsreserven Rußlands haben vielmehr zu dauernden schweren Gegenangriffen gegen unsere Ostfront ausgereicht.

6. Der anfänglich siegreiche Vormarsch gegen Ägypten ist nach wiederholten Ansätzen bis jetzt gescheitert.

7. Die als unmöglich hingestellte Landung der Alliierten in West- und Nordafrika ist trotzdem eingetroffen.

8. Der außerordentlich große Schiffsraum, der für diese Landung erforderlich war, hat gezeigt, daß unsere U- Bootwaffe trotz ihrer großen Erfolge zur Verhinderung dieser Transporte nicht ausgereicht hat.

Dazu kommt die jedem Volksgenossen sichtbare Einschränkung in der Zivilversorgung, im Verkehrswesen, im Rüstungsmaterial, im Arbeitseinsatz. Die Einziehung der 15jährigen wird die Bedenken verstärken, wie ei gentlich dieser Krieg beendet werden soll.«

Können Sie das Datum, an dem Sie diesen Brief bekommen haben, genauer festlegen, als Sie es bereits getan haben?

GÖRING: Ich kann nur immer wieder sagen, daß hier der 3. November steht, daß aber das Jahr fehlt. Wenn mir ein Exemplar gegeben würde, wo das Jahr darauf steht, könnte ich genau antworten. Ich habe neulich gesagt, ich nehme aus meiner Kenntnis der Ereignisse an, daß es sich entweder um den November 1944 oder den November 1943 handeln muß. Aber es steht ja hier leider nicht. Ich kann nur lesen, 3. November. Das Jahr fehlt.

JUSTICE JACKSON: Wissen Sie, wann Schacht ins Konzentrationslager eingewiesen wurde? Wissen Sie, wann das war?

GÖRING: Nicht genau, aber jetzt, wo Sie mich daran erinnern, kann ich sagen, daß dieser Brief sicherlich nicht 1944 geschrieben worden ist, denn im November 1944, glaube ich, war Herr Schacht schon im Konzentrationslager; also muß er aus dem November 1943 stammen.

JUSTICE JACKSON: Und er wurde, kurz nachdem er diesen Brief an Sie geschickt hatte, ins Konzentrationslager eingewiesen; ist das richtig?

GÖRING: Nein, das ist nicht richtig.

JUSTICE JACKSON: Wie lange ist er noch auf freiem Fuß geblieben?

GÖRING: Der Brief stammt vom 3. November, wie wir eben feststellten, 1943. Von der Verhaftung Schachts hörte ich erst nach dem Attentat auf den Führer und meiner wenige Tage später erfolgten Rückkehr nach einer längeren Krankheit, also erst im September 1944. Ein Zusammenhang mit diesem Brief und seiner Verhaftung besteht nicht im geringsten, denn als ich mich nach dieser Verhaftung erkundigte, wurde mir einwandfrei gesagt, sie erfolgte im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944.

JUSTICE JACKSON: Haben Sie als Oberbefehlshaber der Luftwaffe mit dem Reichsführer-SS, dem Reichsjugendführer und dem Reichsminister für die besetzten Ostgebiete ein Abkommen getroffen über die Aushebung jugendlicher Russen, Ukrainer, Weißrussen, Litauer und Tartaren im Alter von 15 bis 20 Jahren? Haben Sie mit Himmler und Rosenberg darüber irgendein Abkommen getroffen?

GÖRING: Ob ich persönlich ein solches Abkommen getroffen habe, glaube ich nicht. Meine Dienststelle, das ist durchaus möglich und wahrscheinlich.

JUSTICE JACKSON: Sie haben gestern oder vorgestern, ich glaube es war am Freitag, folgendes ausgesagt. Ich will Ihr Gedächtnis etwas auffrischen, es handelt sich um die Frage von Beschlagnahmen:

»Nun zur Frage, ob nur Staatseigentum beschlagnahmt worden ist. Soweit ich weiß, ja. Bei Privateigentum, wie hier in Staatsberichten vorgetragen wurde, könnte ich mir denken, daß im kalten Winter 41/42 von deutschen Soldaten Pelzstiefel oder Filzstiefel oder Schafpelze da und dort den Einwohnern abgenommen worden sind; das ist durchaus möglich. Im großen gab es aber kein Privateigentum, infolgedessen war kein solches zu beschlagnahmen.«

Ich glaube, Sie haben ferner noch gesagt, daß Sie bei der Besetzung fremder Gebiete niemals etwas weggenommen haben, nicht einmal eine Schraube oder einen Bolzen. Können Sie sich an diese Aussage erinnern?

GÖRING: Sehr genau.

JUSTICE JACKSON: Behaupten Sie das jetzt immer noch?

GÖRING: Selbstverständlich.

JUSTICE JACKSON: Ich werde Ihnen jetzt das Dokument EC-317 zeigen lassen. Dies ist eine »Geheime Kommandosache« vom 7. September 1943. Stimmt das?