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[Pause von 10 Minuten.]

DR. HORN: Welche Überlegungen veranlaßten Hitler und Sie, neben Japan in den Krieg gegen die USA einzutreten?

VON RIBBENTROP: Nach der Nachricht von Pearl Harbor mußte der Führer sich entscheiden; der Wortlaut des Dreier-Paktes besagte, daß wir Japan nur im Falle eines Angriffs auf Japan selbst beistehen sollten. Ich ging zum Führer, legte ihm die Rechtslage auseinander und habe ihm dabei gesagt, daß natürlich wir diesen neuen Kampfgenossen gegen England begrüßen, aber daß dadurch auch ein neuer Gegner entstanden sei oder entstehen würde, vielmehr, wenn wir den USA den Krieg auch nunmehr erklären. Der Führer entschied dann, daß bereits die USA gegen unsere Schiffe schösse und damit praktisch den Kriegszustand hergestellt habe. Es sei also nur noch eine Frage der Form, oder jedenfalls sei wohl dieser praktisch offizielle Kriegszustand jederzeit durch einen Zwischenfall zu erwarten. Auf die Dauer wäre es nicht möglich, daß dieser Zustand, wie er jetzt dort im Atlantik herrsche, ohne einen deutsch-amerikanischen Krieg weitergehen könnte.

Er beauftragte mich dann, eine Note zu entwerfen, die er selbst noch änderte, und dem amerikanischen Vertreter seine Pässe auszuhändigen.

DR. HORN: Wie war in der Folgezeit die Zusammenarbeit des Auswärtigen Amtes während des Krieges mit Deutschlands Verbündeten?

VON RIBBENTROP: Die Zusammenarbeit war mit Italien natürlich eng, das heißt, praktisch mußten wir im weiteren Verlauf des Krieges dort mehr oder weniger die militärischen Dinge selbst dirigieren, jedenfalls mitdirigieren.

Mit Japan war die Zusammenarbeit eine sehr schwierige, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil wir uns mit den Japanern nur durch die Luft unterhalten konnten, mit der Japanischen Regierung. Wir hatten Verbindung wohl ab und zu durch U-Boote, aber eine gemeinsame Kriegsführung oder eine gemeinsame politische Führung des Krieges war nicht gegeben. Ich glaube, daß in diesem Punkte das Wort des amerikanischen Generals Marshall richtig ist – daß hier eine irgendwie enge strategische Zusammenarbeit und Planung irgendwelcher Art nicht stattgefunden hat; tatsächlich war dies auch nicht der Fall.

DR. HORN: Wie war die Zusammenarbeit mit Italien?

VON RIBBENTROP: Das sagte ich eben schon. Die Zusammenarbeit mit Italien war natürlich eine sehr enge, aber sie war schwierig, weil sehr viele heterogene Einnüsse hier zusammenwirkten, und weil Italien von Anfang an sich als ein sehr schwacher Bundesgenosse nach jeder Richtung erwiesen hatte.

DR. HORN: Warum haben Sie im Laufe des Rußlandfeldzuges Hitler verschiedentlich zu Teil-Friedensschlüssen geraten?

VON RIBBENTROP: Es war in Moskau eine gewisse Vertrauensatmosphäre zwischen der Sowjetregierung und uns hergestellt worden, zwischen Stalin, Molotow und mir, die sich auch auf den Führer ausstrahlte. Ich weiß, daß der Führer zum Beispiel mir mal gesagt hat, daß Stalin, den er als einen der ganz Großen der Geschichte bezeichnete, und dessen Schaffung der Roten Armee als ganz groß bezeichnete, sagte, daß er Vertrauen in Stalin habe, aber man wisse ja nicht, was kommen könne. Die Machtentfaltung sei ungeheuer groß und ungeheuer stark. Es ist nun daher sehr schwierig gewesen, zu wissen, wann man überhaupt mit Rußland und wie man mit Rußland noch mal zu einer Einigung kommen könnte. Ich habe immer durch Diplomaten und andere Kanäle versucht, gewisse Fühlungen zu halten, weil ich immer noch glaubte und hoffte, daß man die Beziehungen, daß man doch zu einem Frieden irgendwie kommen könnte, der Deutschland im Osten entlasten, indem es dann seine Kräfte im Westen konzentrieren könnte, der vielleicht sogar dann zu einem allgemeinen Frieden führen könnte. In diesem Bestreben habe ich zum erstenmal im Jahre – im Winter 1942, dem Führer den Vorschlag gemacht – das war vor Stalingrad –, eine Einigung mit Rußland herbeizuführen, und zwar nach der englisch-amerikanischen Landung in Afrika, die ich mit großer Besorgnis betrachtete. Adolf Hitler – ich traf ihn damals im Zuge in Bamberg – lehnte aber sehr kategorisch diesen Frieden, einen solchen Friedensfühler ab, weil er glaubte, daß das nur geeignet sei, wenn das- bekannt würde, Defaitismus zu erzeugen und so weiter. Ich hatte ihm damals vorgeschlagen, auf einer sehr moderierten Basis mit Rußland zu einem Frieden zu kommen.

Zweitens habe ich dem Führer nochmals geraten zu einem solchen Frieden in einem langen schriftlichen Exposé, im Jahre 1943, das war, glaube ich, nach dem italienischen Zusammenbruch. Der Führer war damals auch aufgeschlossen für einen solchen Frieden und skizzierte schon eine gemeinsame eventuelle Demarkationslinie, die man finden konnte, sagte mir aber, er wolle mir am nächsten Tage Nachricht beziehungsweise Bescheid geben. Am nächsten Tage habe ich aber dann von ihm keine Autorisation bekommen. Ich glaube, daß der Führer wohl der Auffassung war, daß eine Überbrückung des Nationalsozialismus mit dem Kommunismus sehr schwierig wäre, und daß ein solcher Friedensschluß wohl nur einen Waffenstillstand bedeuten würde.

Es ist dann später von mir noch ein-, zweimal versucht worden, aber der Führer stand auf dem Standpunkt, daß zunächst ein entscheidender militärischer Erfolg errungen sein müßte, denn erst dann könne man verhandeln; sonst hätten solche Verhandlungen doch keinen Zweck.

Wenn ich nach meiner Auffassung gefragt werde, ob eine solche Verhandlung Erfolg versprochen hätte, so möchte ich sagen, daß ich das auch für sehr zweifelhaft halte. Ich glaube, daß bei der starken Haltung, die unsere Gegner eingenommen haben, vor allem England seit Ausbruch des Krieges, wohl zu keinem Augenblick wirklich die Möglichkeit gegeben war, für Deutschland zu einem Frieden zu kommen, und zwar weder mit dem Osten noch mit dem Westen. Und ich bin überzeugt, daß seit der Formulierung in Casablanca der bedingungslosen Kapitulation eine solche Möglichkeit überhaupt nicht mehr gegeben war. Meine Ansicht stütze ich nicht etwa auf lediglich abstrakte Beurteilungen, sondern auf dauernde Fühler, die durch indirekte Kanäle, allerdings oft für die Gegenseite wohl unkennbar, ausgestreckt wurden, und die die Meinung der maßgebenden Persönlichkeiten, für die Politik bestimmenden Persönlichkeiten, in diesen Ländern während der Jahre zum Ausdruck brachten. Man hatte beschlossen, diesen Waffengang zum Austrag zu bringen; ich glaube, daß der Führer wohl recht hatte, wenn er sagte, daß dies doch keinen Zweck habe.

DR. HORN: Nun zu einem anderen Gebiet; der Zeuge Lahousen hat hier ausgesagt, daß im September 1939 im Zuge Hitlers eine Besprechung stattgefunden habe, an der auch Sie teilgenommen hätten, und in der über die Entfachung eines Aufstandes in der polnischen Ukraine gesprochen worden sei? Wie kam es zu dieser Besprechung, und welches war Ihre Rolle bei dieser Besprechung?

VON RIBBENTROP: Ich entsinne mich, daß im Laufe des Polenfeldzuges der damalige Chef der Abwehr der Wehrmacht, Admiral Canaris, mich, wie er das gelegentlich tat, bei einem kurzen, ich möchte sagen persönlichen Besuch, aufsuchte; ich war damals im Führerzug in meinem Wagen. Daß der Zeuge, der hier aufgetretene Zeuge Lahousen, dabeigewesen ist, dessen entsinne ich mich nicht; sondern ich hatte den Eindruck, als ich Herrn Lahousen hier sah in diesem Saale, daß ich ihn zum erstenmal gesehen habe. Canaris kam gelegentlich zu mir, um mir zu sagen, was er auf dem Nachrichtengebiet und sonstigen Gebieten täte. Dieses Mal war es auch so, und ich glaube, es war er, der mir erzählte, daß er seine ganzen Verbindungsmänner angesetzt habe, um im Rücken der polnischen Armee bei ukrainischen und sonstigen Minoritäten einen Aufstand zu erzeugen. Irgendwelche – wie das hier behauptet wurde – Richtlinien oder Weisungen von mir hat und kann er bestimmt nicht bekommen haben, und zwar aus zwei Gründen:

Erstens hat der deutsche Außenminister niemals einer militärischen Stelle überhaupt eine Weisung geben können.

Zweitens war das Auswärtige Amt im Augenblick des Beginns des Polenfeldzuges mit diesen Fragen, ukrainischen und sonstigen Fragen überhaupt, nicht befaßt; jedenfalls ich nicht. Ich kannte sie überhaupt gar nicht im einzelnen, diese Dinge, so daß ich hätte Weisungen geben können.

DR. HORN: Von der Anklagebehörde ist hier ein Runderlaß des Auswärtigen Amtes....

VON RIBBENTROP: Ich darf vielleicht noch etwas weiteres dazu sagen. Hier ist von dem Zeugen Lahousen gesagt worden, daß ich gesagt hätte, es müßten Häuser in Flammen aufgehen oder Dörfer in Flammen aufgehen, und die Juden müßten totgeschlagen werden. Ich möchte hier ganz kategorisch versichern, daß eine solche Äußerung von mir niemals stattgefunden hat.

Canaris war damals bei mir in meinem Wagen, und es ist möglich, dessen entsinne ich mich nicht mehr genau, daß ich ihn nachher noch zwischen Tür und Angel gesehen habe. Anscheinend hat er dann Instruktionen, die auf den Führer zurückzuführen waren, bekommen, wie er sich in Polen zu verhalten hat im Hinblick auf die ukrainischen oder auf sonstige Fragen. Die Äußerung, die mir hier zugeschoben wird, ist auch völlig sinnlos, denn erstens waren es ja gerade in der Ukraine die ukrainischen Dörfer, das waren Ukrainer, die da lebten, das waren ja unsere Freunde, das waren ja gar nicht unsere Feinde. Also es wäre völlig sinnlos gewesen von mir, zu sagen, daß hier diese Dörfer in Flammen aufgehen sollten. Und zweitens, was die Frage des Judentotschlagens anbetrifft, so kann ich nur eines sagen, daß dies meiner inneren Einstellung vollkommen widersprochen hätte, und daß die Frage von Totschlagen von Juden überhaupt nicht in irgendwelchen Gehirnen oder Gedanken damals war, so daß ich zusammenfassend sagen möchte, daß dies absolut unzutreffend ist. Ich habe auch niemals eine Weisung gegeben oder geben können, oder auch nur eine Richtlinie dieser Art. Ich darf vielleicht noch hinzufügen, daß ich mich erinnere, daß, ich glaube, Herr Lahousen auch nicht ganz überzeugt war von dieser Äußerung von mir; daß ich diesen Eindruck hatte.

DR. HORN: Wie stehen Sie zu dem von der Anklagebehörde vorgelegten Runderlaß des Auswärtigen Amtes, betitelt: »Die Judenfrage als Faktor der Außenpolitik im Jahre 1938?«

VON RIBBENTROP: Diesen Runderlaß habe ich hier gesehen zum erstenmal. Es ist so: Im Auswärtigen Amt gab es eine Stelle, die sich mit Parteidingen befaßte und mit weltanschaulichen Fragen. Diese Stelle hat zweifellos zusammengearbeitet mit den Stellen der Partei, die hierfür zuständig waren. Das war nicht das Amt. Ich habe den Erlaß hier gesehen. Er scheint mir durchaus in dem Sinne zu liegen, wie damals allgemein solche Erlasse zur Schulung der Beamten und so weiter herausgegeben worden sind. Es wäre sogar denkbar, daß dieser Erlaß irgendwie durch mein Büro oder was gelaufen ist, aber ich glaube, daß die Tatsache, daß ich denselben nicht unterschrieben habe, noch, glaube ich, der Staatssekretär, sondern ein Referent, vielleicht davon zeugt, daß demselben jedenfalls von mir keine besondere Bedeutung beigelegt worden sein könnte, wenn ich ihn gesehen hätte. Sollte er in meinem Büro oder irgendwie bei mir durchgegangen sein, habe ich ihn sicher nicht gelesen, weil ich solche lange Schriftstücke überhaupt grundsätzlich nicht las; sondern ich habe mir solche Schriftstücke immer in wenigen Worten von meinen Mitarbeitern unterbreiten lassen, und ich darf vielleicht dazu erwähnen, daß im Laufe der Tagesarbeit bei mir wohl jeden Tag Hunderte von Briefen einliefen, die mir zum Teil vorgetragen wurden, die ich auch, oder Erlasse, Dinge, die ich dann unterschrieben habe, und viele von diesen Dingen habe ich wohl gar nicht zur Kenntnis genommen. Aber ich möchte das auch hier erklären, es ist ganz selbstverständlich, wenn einer meiner Beamten diesen Erlaß unterschrieben hat, daß ich die volle Verantwortung für denselben übernehme.

DR. HORN: Von der Anklagebehörde ist wiederholt über die Genfer Konvention gesprochen worden. In diesem Zusammenhang fiel auch verschiedentlich Ihr Name. Wie standen Sie zur Genfer Konvention?

VON RIBBENTROP: Ich glaube – und das werden und könnten viele bestätigen –, daß von Anfang des Krieges an das Auswärtige Amt und ich immer sehr und nach jeder Richtung für die Genfer Konvention eingetreten sind. Ich möchte hinzufügen, daß wir hierbei immer ein williges Ohr – jedenfalls alle Dinge, die an mich kamen – auch bei dem Militär fanden. Daß später vielleicht in diesen oder jenen Punkten davon abgegangen worden ist, ist auf die Härte des Krieges und wohl auf die Härte des Führers zurückzuführen.

Was die Terrorflieger anbetrifft, so muß ich sagen, daß in den Jahren 1943/1944 sich die englisch-amerikanischen Luftangriffe allmählich zu einer furchtbaren Gefahr für Deutschland entwickelten. Mein erster Eindruck damals war Hamburg, und ich entsinne mich dieses Vorfalls genau, weil ich damals mit dem Führer da war und ihm die Furchtbarkeit meines Eindruckes schilderte. Ich glaube, daß niemand, der nicht mal einen, solchen Angriff oder die Resultate eines solchen Angriffs gesehen und erlebt hat, sich überhaupt ein Bild davon machen kann, was das bedeutet. Es ist ganz klar, daß deutscherseits man dauerrad, und vor allen Dingen Adolf Hitler, sich überlegte, wie man dieser Dinge Herr werden könnte.

Ich muß noch erwähnen diesen fürchterlichen Angriff auf Dresden damals, und ich würde bitten, wenn der Gerichtshof es wünscht, hier einen Zeugen benennen zu dürfen; das ist der damalige Dänische Gesandte, Richard, der diesen Angriff selbst miterlebt und mir zwei Tage später geschildert hat. Es war daher ganz klar, daß die Terrorfliegerfrage vom Führer irgendwie gelöst werden wollte. Unsere Auffassung stand dem insofern entgegen, als wir diese Lösung im Rahmen der Genfer Konvention wünschten, oder daß wir jedenfalls eine Lösung wollten, die dann der Gegenseite ganz offen publiziert werden könnte. Mein Standpunkt, den ich verschiedentlich ausgedrückt hatte, – obwohl mein Ressort ja nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar an der Frage interessiert war, das heißt, wir waren nicht interessiert an der Abwehr selbst, das war ja eine militärische, polizeiliche und innerpolitische Frage, sondern wir waren interessiert im Hinblick auf die Genfer Konvention, – war der, daß wenn man in dieser Frage etwas täte, man eine offizielle Verlautbarung herausgeben sollte, in der angekündigt würde eine Definition des Terrorfliegerbegriffes und in der gesagt würde, daß diese Terrorflieger, die eines Angriffs auf Zivilbevölkerung überführt seien, beziehungsweise verdächtig seien, vor Kriegsgerichte gestellt würden. Diese Maßnahme sollte, oder diese vorbereitende Maßnahme sollte dann aber Genf offiziell notifiziert und über die Schutzmächte auch den Feinden notifiziert werden. Wenn die Flieger dann von dem Kriegsgericht als schuldig dieses bewußten Angriffes befunden würden, sollten sie abgeurteilt werden; wenn nicht, sollten sie in den normalen Kriegsgefangenenstatus zurückgehen. Es ist nun praktisch dann nicht dazu gekommen, daß auf diesem Gebiete – oder aber mein Vorschlag war es nicht, sondern eine Äußerung, eine Ansicht, die ich Hitler ein-, zweimal in Unterredungen mitteilte – daß sie praktisch nicht zu einer Auswirkung kamen, weil es praktisch zu einer Definition dieses Angriffs nicht kommen konnte. Es ist dann, glaube ich, noch die Sprache gewesen von einer Unterredung, die in Kießheim stattgefunden haben soll, und in der ich mich für einen weitergehenden Vorschlag oder so etwas ähnliches eingesetzt haben soll. Diese Unterredung selbst hat nach meiner klaren Erinnerung nicht stattgefunden. Ich glaube auch – jedenfalls entsinne ich mich nicht –, daß ich zu diesem Zeitpunkt zumindest mit Himmler, mit dem ich damals nicht gut stand, oder mit Göring, den ich selten sah – überhaupt über diese Frage gesprochen habe. Ich glaube daher, daß es möglich ist, daß im Laufe eines Staatsbesuches in Kleßheim wie das öfters war, allgemein beim Führer irgendwie ein Gespräch über diese Dinge stattgefunden hat; das weiß ich aber nicht mehr. Eines weiß ich, daß, wenn von einem weitergehenden Vorschlag von mir gesprochen worden sein kann, dann ist das, kann das nur auf folgendes zurückzuführen gewesen sein: Es war damals, es stand zur Diskussion, das entsinne ich mich, daß eine klare Definition dieses Angriffs der Terrorflieger gefunden werden sollte, und es waren Vorschläge, glaube ich, von verschiedenen Seiten erörtert worden, wonach bestimmte Kategorien von Angriffen als Terrorangriffe bezeichnet werden sollten; ich glaube, Bordwaffenangriffe und solche. Es ist nun möglich, daß diese Notiz, oder was es war, so entstanden ist, daß praktisch der Betreffende meine Auffassung kannte, der eben eine umfassende Lösung finden wollte – wenn man zu einer käme –, die dann offiziell irgendwie mit der Genfer Konvention übereinstimmen oder jedenfalls mit Genf offiziell aufgenommen werden sollte.

Es ist dann hier noch vorgelegt worden in diesem Zusammenhang ein Dokument, nämlich ein Vorschlag eines Gutachtens, glaube ich, des Auswärtigen Amtes in dieser Frage. Dieses Gutachten, ich weiß es jetzt nicht mehr genau, wie es entstanden ist, ob es auf meinen Befehl erfolgt ist, oder ob es auf Rücksprachen mit den beteiligten Wehrmachtsstellen erfolgte, die einmal die Auffassung des Auswärtigen Amtes wissen wollten, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß die Wehrmacht immer großen Wert darauf legte, unsere Auffassung bezüglich der Genfer Konvention genau zu kennen. Ich entsinne mich aber dieses Gutachtens und auch, daß dasselbe mir vorgelegen hat. Es ist nun gesagt worden, ich hätte das gebilligt. Ich glaube, Einzelheiten desselben würden zu weit führen; das ist aber nicht zutreffend, sondern ich entsinne mich, daß ich damals dieses Gutachten als eine wichtige Angelegenheit, die ich nicht allein entscheiden könnte, dem Führer unterbreiten ließ, und ich glaube, daß der Führer dann, oder ich entsinne mich ziemlich genau, daß der Führer damals sagte, daß dies Unsinn sei, und daß daher dieses Gutachten beim Führer also nicht auf fruchtbaren Boden irgendwie gefallen ist. Im weiteren Verlauf haben wir dann nur gehört, weil wir ja nur mittelbar interessiert waren, daß es zu irgendeinem Befehl des Führers oder etwaiger Wehrmachtsstellen auf diesem Gebiet nicht gekommen ist, weil die Wehrmacht genau der gleichen Auffassung in dieser Frage war wie wir. Im einzelnen genau weiß ich das allerdings nicht. Ich kann aber eins hier absolut sagen, und das ist, daß mir im Laufe – oder seitdem diese Frage der Terrorfliegerbekämpfung schwebte – nicht ein einziger Fall von Lynchjustiz jemals bekanntgeworden ist. Daß sie stattgefunden haben, habe ich erst hier gehört.

DR. HORN: Neulich trat der Zeuge Dahlerus hier auf. Seit wann kennen Sie Dahlerus?

VON RIBBENTROP: Ich habe nach meiner Auffassung Herrn Dahlerus hier zum erstenmal gesehen. Es ist natürlich denkbar, daß ich ihn irgendwann mal zufällig oder von weitem, oder zufällig in der Reichskanzlei und so weiter gesehen haben könnte bei einem seiner anscheinend vielfachen Besuche beim Führer, aber entsinnen tue ich mich seiner nicht; und als ich ihn hier sah, hatte ich den Eindruck, daß ich ihn zum ersten Male sähe.

DR. HORN: Hatten Sie Einwirkungsmöglichkeit auf Gästeflugzeuge der Reichsregierung?

VON RIBBENTROP: Nein. Eine solche Einwirkungsmöglichkeit hatte ich nicht.

DR. HORN: Noch eine andere Frage: Was stand Ihnen als Außenminister an Grundstücken dienstlich zur Verfügung?

VON RIBBENTROP: Es ist neulich von dem britischen Herrn Anklagevertreter hier behauptet worden, ich hätte früher eins und später sechs Häuser besessen. Ich möchte hier vor diesem Gerichtshof dies klarstellen. Ich war durch eigene Arbeit – nachdem ich mein ganzes Vermögen seinerzeit verloren hatte in Amerika – wieder zu einem wohlhabenden Mann geworden; als solcher und außerdem hatte ich Möglichkeiten, und auch durch Verwandte, meine Frau, Geldmittel. Ich habe mir im Jahre 1922/1923 ein Haus in Berlin-Dahlem gebaut und verschiedene Grundstücke dazu gekauft, wo wir viele Jahre gewohnt haben. Ich habe ferner mir im Jahre 1934 – ich möchte betonen, daß dies mit politischer Betätigung überhaupt nichts zu tun hat, sondern ich fing meine Tätigkeit ja damals überhaupt erst an – aus einer kleinen Erbschaft, glaube ich, die meine Frau gemacht hatte und aus etwas Geld, das ich hatte, nur ein kleines Besitztum, namens Sonnenburg bei Berlin, mit einem kleinen Haus erworben.

Die anderen, oder ich möchte sagen, seit diesem Zeitpunkt habe ich nicht einen Quadratmeter Besitztum irgendwo in Deutschland oder sonstwo erworben. Die hier von dem britischen Herrn Anklagevertreter erwähnten anderen Häuser – da handelt es sich um das sogenannte Schloß Fuschl, das durch den Empfang verschiedener ausländischer Staatsmänner im Krieg wohl etwas bekanntgeworden ist. Es handelt sich hier nicht um ein Schloß, sondern um einen Turm, einen alten Jagdturm der Erzbischöfe von Salzburg, das mir der Führer zur Verfügung gestellt hatte, weil er wünschte, daß, wenn er auf dem Obersalzberg sei, ich nicht im Hotel wohne, das immer sehr besetzt war, ich mußte meine Mitarbeiter ja mitbringen, sondern daß ich ein Dach über dem Kopfe hätte. Dieser Besitz Fuschl hat niemals mir persönlich gehört, sondern dies war eine sogenannte Stiftung des Auswärtigen Amtes, die ausschließlich dem Staate gehörte und von diesem auch unterhalten wurde. Was die ehemaligen Besitzer dieses Schlosses oder dieses Turmes anbetrifft, so möchte ich sagen, daß ich dieselben niemals kannte, sondern nur deren Namen; über dieselben kann ich sonst nichts sagen. Ich habe nur gehört, daß im Rahmen von Beschlagnahmungen, die damals in Österreich von politischen Gegnern erfolgt worden sind, glaube ich, auch dieses Haus mit von der Reichsregierung beschlagnahmt worden ist.

Das zweite Haus, das hier erwähnt wurde, war ein Haus in – ich glaube – der Slowakei. Hier handelte es sich um ein drittes Haus im Sudetenland, das früher einem Grafen Czernin gehört haben sollte. Auch dies glaube ich klarstellen zu können. Es handelt sich um folgendes: Der Führer hatte mir erlaubt, für die Einladung ausländischer Staatsmänner, um mit ihnen etwas informeller sprechen zu können, Jagden gelegentlich abzuhalten. Ich war auch Jäger. Und da hat das Auswärtige Amt, das heißt die Reichsregierung, im Sudetenland einige Bauernjagden gepachtet und dazu ein Haus, das etwas repräsentativen Charakter hat, glaube ich, für ein paar Jahre gemietet, nicht einmal gekauft, ich glaube nur gemietet. Dasselbe traf zu für eine Jagd in der Slowakei. Ich glaube, diese Jagd, die gehörte uns überhaupt nicht, sondern es hatte die Slowakische Regierung mir jedes Jahr für ein paar Tage zur Verfügung gestellt, um dort einen Hirsch zu schießen. Es war ein Jagdhaus, in dem ich ein oder zweimal zwei oder drei Tage zugebracht habe, was überhaupt nichts irgendwie mit meinen Eigentumsverhältnissen zu tun hat.

Ein weiterer Punkt ist erwähnt worden: Ein Haus, namens Tanneck. Ich darf erwähnen, daß ich dieses Haus, das, glaube ich, im Rheinland lag, überhaupt niemals gesehen habe. Es ist ein kleines Häuschen nach der mir gewordenen Schilderung gewesen, in dem, glaube ich, der Futtermeister wohnte, der eine Anzahl Pferde betreute. Ich war früher Kavallerist und für Pferde interessiert, die vom Staate damals in Frankreich von Aga Khan, dem bekannten Rennstallbesitzer, gekauft worden waren in der Normandie, weil dieses Material sonst dort zugrunde gehen würde. Die Pferde sind nach ihrem vollen Werte, möchte ich gleich hierbei betonen, ich habe darauf immer ausdrücklichen Wert gelegt, bezahlt worden, was Aga Khan, glaube ich, gern bestätigen wird; und sie sind dann nach Deutschland gebracht worden mit vollem Einverständnis des Führers, der allerdings für Pferde nicht viel übrig hatte, aber meinen Standpunkt verstand; und dieselben sollten später in einem gemeinsamen Gestüt, mit dem staatlichen Gestüt Grabitz der Reichsregierung vereinigt werden.

Wenn der Gerichtshof es erlaubt, möchte ich noch sagen, daß über meine persönlichen Verhältnisse meine Verteidigung entsprechende Zeugenaussagen unterbreiten wird. Ich habe damals die Weisung gegeben, daß ich am Ende meiner Ministerschaft keine Mark mehr haben will als am Anfang, mit Ausnahme von zwei Dotationen, die der Führer mir gegeben hat, die aber auch größtenteils, oder zum Teil jedenfalls, glaube ich, schon wieder vom Staat im Rahmen des Staatsetats von mir verbraucht wurden.

DR. HORN: Noch eine letzte Frage: Sahen Sie während Ihrer außenpolitischen Tätigkeit gangbare Wege, die Deutschland zugestandenen, aber theoretisch gebliebenen Revisionsaussichten zu verwirklichen?

VON RIBBENTROP: Das war ja die große Schwierigkeit, aus der letzten Endes dieser ganze Krieg entstanden ist. Adolf Hitler wollte, und das hat er mir sehr oft gesagt, nach Lösung der von ihm als vital erkannten Probleme in Europa einen sozialen Idealstaat aufbauen; er wollte Bauten errichten und so weiter. Das war sein Ziel. Nun standen der Verwirklichung dieser von dem Führer als vital bezeichneten Ziele außerordentliche Schwierigkeiten gegenüber durch das, ich möchte sagen, erstarrte System, politische System, sowohl europäisches, wie vielleicht Weltsystem, das damals aufgerichtet worden ist.

Wir haben ja doch – vor allen Dingen – auch vor mir schon lange der Führer, dann ich in seinem Auftrag – daher kann ich, glaube ich, der Kronzeuge dafür sein – immer wieder versucht, diese Dinge auf diplomatischem, friedlichem Wege zu lösen. Ich habe mich viele Nächte mit dem Völkerbund beschäftigt, Tag und Nacht mit dem Paragraph 19 der Völkerbundsatzung; aber die Schwierigkeit lag ja eben gerade darin, daß der Führer nicht in der Lage war, oder zu der Überzeugung kam, daß es einfach nicht möglich sei, auf dem Verhandlungswege – ohne zumindest eine starke Wehrmacht im Rücken zu haben - überhaupt irgend etwas durchzusetzen. Und der Fehler lag meiner Ansicht nach darin, daß es eben tatsächlich wohl beim Völkerbund den Paragraphen 19, einen sehr guten Paragraphen gab, den wir alle gern unterschrieben haben und hätten, oder haben und auch durchgeführt hätten, aber die praktischen Institutionen, um nun diesem Paragraphen die lebendige Wirklichkeit zu verleihen, die fehlten, die waren einfach nicht vorhanden. Und daher ergab sich allmählich die Situation, daß die Mächte – und das ist auch an sich natürlich –, die für diese – ich möchte sagen – Erstarrung – diesen Status-quo-Zustand bestehen lassen wollten-sich jedem deutschen Schritt widersetzten, daß dies wieder beim Führer Reaktionen hervorrief, bis es dann schließlich so dazu kam, und zur großen Tragik möchte ich sagen, daß über eine Frage, wie Danzig und der Korridor, die verhältnismäßig leicht zu lösen gewesen wäre, dieser große Krieg entstanden ist.

DR. HORN: Ich habe keine weiteren Fragen.

VORSITZENDER: Herr Dr. Horn! Ich glaube kaum, daß wir das Verhör des Zeugen heute fortsetzen können. Der Gerichtshof wäre jedoch Ihnen und der Anklagebehörde für Unterstützung hinsichtlich Ihrer Dokumente dankbar, wenn Sie uns sagen könnten, wie es mit Ihren Dokumenten augenblicklich steht. Vielleicht kann uns die Anklagevertretung sagen, wie weit sie imstande gewesen ist, in diese Dokumente Einsicht zu nehmen, seit sie übersetzt sind, ob sie sich hat entscheiden können, gegen welche Dokumente sie Einspruch erheben und welche Dokumente sie zur Vorlage als Beweismittel zulassen will. Können Sie uns sagen, wie es augenblicklich steht? Welche und wieviele Dokumente sind übersetzt?

DR. HORN: Ein Herr der Britischen Anklagevertretung hat mir heute morgen gesagt, daß das englische Dokumentenbuch bis Montag völlig fertig sein wird, und daß ich mich dann mit ihm zusammensetzen kann, um die Frage der zulässigen Urkunden mit ihm zu besprechen. Und er stellte mir in Aussicht, daß dann von der Britischen Anklagedelegation aus alles weitere mit den übrigen Anklagedelegationen geregelt wird, so daß ich also am Dienstag in der Lage wäre, meine restlichen Urkunden vorzulegen, und ich glaube, in zwei, drei Stunden könnte diese Arbeit erledigt sein. Ich würde in der Hauptsache diese Urkunden gruppenweise vorlegen und auch nicht allzuviel davon verlesen, sondern nur dem Gerichtshof erklären, aus welchem Grunde ich bitten würde, diese Urkunden zur amtlichen Kenntnis zu nehmen.

VORSITZENDER: Sie haben gesagt, daß es höchstens zwei oder drei Stunden dauern würde, Ihre Dokumente zu erläutern, sobald Sie sich mit der Anklagebehörde geeinigt haben? Nicht wahr?

DR. HORN: Ja.

VORSITZENDER: Haben Sie außer dem Angeklagten Zeugen vorzuladen?

DR. HORN: Nein. Ich möchte nur ein Affidavit von dem von mir genannten Zeugen, Legationsrat Gottfriedsen, vorlegen, das die wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Reichsaußenministers und jetzigen Angeklagten von Ribbentrop, klarlegt. Gottfriedsen war der offiziell beauftragte Mann im Auswärtigen Amt, der die dienstlichen Einkünfte des Reichsaußenministers verwaltete und im übrigen auch weitestgehend über die privaten Vermögensverhältnisse unterrichtet ist, insbesondere sowohl über den privaten wie dienstlichen Grundbesitz des Reichsaußenministers und des Außenministeriums Auskunft geben kann. Ich habe diese Auskünfte in Form von einigen Fragen in einem Affidavit aufgenommen. Falls von der Staatsanwaltschaft gegen dieses Affidavit keine Bedenken und kein Einspruch erhoben werden, lege ich keinen Wert auf den Zeugen Gottfriedsen. Wenn die Staatsanwaltschaft ihn wünscht, würde ich ihn dann über den Inhalt, über die Substanz des Affidavits hören.

Sonst habe ich keinen Zeugen für den Angeklagten von Ribbentrop. Ich wäre also mit Präsentierung meiner Dokumente dann mit dem Fall Ribbentrop fertig, soweit er die Verteidigung angeht.

VORSITZENDER: Ich bitte die Anklagebehörde, uns ihre Ansicht hierzu zu sagen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Euer Lordschaft! Was die Englische Anklagevertretung betrifft, wir haben bisher sechs Dokumentenbücher gehabt, ich glaube bis zum Dokument 214, ungefähr zwei Drittel der Dokumente, die Dr. Horn vorzulegen wünscht. Wir konnten bisher die Dokumente bis zu Nummer 191 durchgehen. Ich habe eine Liste zusammengestellt – ich kann dem Gerichtshof und Herrn Dr. Horn je eine überreichen – der Dokumente, gegen die wir Einspruch erheben, mit kurzen Erklärungen dazu. Ich glaube, daß wir gegen etwa 70 bis 80 Dokumente Einspruch erheben, die zwischen 45 und 191 liegen; vielleicht sind es etwas mehr. Die Sowjet-Delegation ist, glaube ich, in der Lage, ihre Einsprüche ebenfalls vorzulegen, die praktisch ganz mit den unsrigen übereinstimmen, obwohl sie unabhängig vorbereitet wurden. Herr Champetier de Ribes hat mindestens zwei Gruppen von Dokumenten, gegen die er Einspruch zu erheben wünscht. Ich glaube, Herr Dodd läßt mir mehr oder weniger freie Hand in diesem Punkt und will in Übereinstimmung mit dem Standpunkt der Britischen Delegation vorgehen.

Dies ist der derzeitige Stand der Dinge. Es wird wohl das beste sein, wenn ich eine sehr summarische Liste der Einwendungen vorlege, die ich bisher vorzubringen habe.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof würde gern wissen, Sir David, wie die Anklagebehörde zu der Übersetzung der Dokumente steht. Sie erinnern sich, daß der Gerichtshof verfügt hat, daß die Anklagebehörde – wenn möglich – gegen Dokumente Einspruch erheben sollte, bevor sie übersetzt sind, um unnötige Übersetzungsarbeiten zu vermeiden, und daß im Falle einer Meinungsverschiedenheit zwischen Anklagevertretung und Verteidigung die Angelegenheit dem Gericht vorgetragen werden sollte. Wir waren der Meinung, daß über eine große Zahl von Dokumenten auf diese Weise eine Einigung erzielt, und Zeit und Arbeit der Übersetzung gespart werden kann.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja. Die Schwierigkeit, die wir mit diesen Dokumenten hatten, liegt darin, daß wir uns die größte Mühe gegeben haben, unsere Ansicht nach dem Inhaltsverzeichnis zu bilden. Es ist aber sehr schwer, sich aus einer kurzen Beschreibung eines Dokuments von ungefähr anderthalb Zeilen eine Meinung zu bilden. Es kann aber sein, daß dies am praktischesten wäre, obwohl es schwierig ist. Falls die Anklagevertretung ein Inhaltsverzeichnis der Dokumente erhielte, in dem diese so gut wie möglich beschrieben sind, und die Anklagevertretung ihre Einwände auf Grund dieses Inhaltsverzeichnisses erheben und das Gericht von entstandenen Differenzen erführe, ehe die Dokumente übersetzt sind, so würde ich annehmen – ich fürchte, ich kann das nur versuchsweise ausdrücken –, daß es sich lohnte, dies zu versuchen. Andernfalls würde es wie in diesem Falle zu dieser schrecklichen Stockung in der Übersetzungsabteilung des Gerichts durch eine Riesenmenge von Dokumenten kommen, gegen die wir schließlich vielfache Einwendungen machen werden. Das hält dann natürlich wieder die Übersetzung der Dokumente auf, die zu den nachfolgenden Verfahren gehören. Ich würde also gern – und ich glaube, daß meine Kollegen mich hierin unterstützen werden – den Versuch machen, wenn der Gerichtshof glaubt, daß es so durchgeführt werden kann, meine Einwendungen auf einer Liste der Dokumente vorzulegen und versuchen, ob wir zu einem Ergebnis kommen, so daß die Übersetzung aller Dokumente vermieden werden kann.

VORSITZENDER: Würde es der Anklagevertretung helfen, wenn die Verteidigung ihr alle Dokumente in deutscher Sprache überreichte, mit einem vollständigen Inhaltverzeichnis in englisch, und daß dann ein Mitglied der Anklagevertretung, das mit der deutschen Sprache vertraut ist, diese Dokumente in deutscher Sprache lesen und die Anklagevertretung auf diese Art ihre Entschlüsse fassen kann? Könnte das der Anklagevertretung helfen? Sie würde dann nicht nur das Inhaltsverzeichnis haben, um auf die Art der Dokumente zu schließen, sondern die Dokumente würden ihr in deutscher Sprache vorliegen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das wäre eine große Hilfe, besonders wenn die wichtigeren Stellen besonders unterstrichen würden.

VORSITZENDER: Dann könnte man wohl mit Unterstützung der Verteidigung zu einer gewissen Einigung über die Frage kommen, welche Dokumente dem Gerichtshof vorgelegt werden müssen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich glaube, das kann so gemacht werden, Euer Lordschaft.

VORSITZENDER: Sir David! Um nun das Programm für die nächsten Tage zu besprechen, so werden am Montag wahrscheinlich einige der Verteidiger Fragen an den Angeklagten Ribbentrop stellen wollen, und dann wird die Anklagebehörde vielleicht den Wunsch haben, ihn ins Kreuzverhör zu nehmen, und das wird wohl, glaube ich, den ganzen Montag andauern.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sehr wahrscheinlich, Euer Lordschaft.

VORSITZENDER: Unter diesen Umständen hätten wir also, falls das von Herrn Dr. Horn skizzierte Programm innegehalten wird, keinerlei notwendige Verzögerung. Seine Dokumente können bis Dienstag morgen von der Anklagebehörde überprüft, ihre Einsprüche dagegen dann vorgelegt sein, und er könnte dann, wie er sagt, in zwei oder drei Stunden die Dokumente durchgehen, die dem Gerichtshof zur Entscheidung überlassen bleiben.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich bin ergebenst damit einverstanden, Euer Lordschaft.

VORSITZENDER: Dann würde der Gerichtshof gern wissen, wie die Angelegenheit des nächsten Angeklagten steht. Es kann sein, daß Dienstag nach der Mittagspause der Fall Keitel zur Verhandlung kommt. Sind alle seine Dokumente in Ordnung? Soweit ich mich erinnere, sind die meisten seiner Dokumente bereits als Beweisstücke vorgelegt worden.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Viele davon.

VORSITZENDER: Ist das richtig?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Vielleicht kann uns Dr. Nelte darüber Auskunft geben.

VORSITZENDER: Gewiß, wenn er so freundlich sein will.

DR. NELTE: Herr Präsident! Ich bin jederzeit bereit anzufangen. Die Dokumente liegen vor, sind schon in der vergangenen Woche, auch soweit es sich um Affidavits handelt, der Anklagebehörde zugeleitet worden. Ich erwarte nur noch die Entscheidung der Anklagebehörde über die Frage der Erheblichkeit derjenigen Dokumente, die der Angeklagte als eigene Abhandlungen überreicht hat, und die zur Abkürzung seiner Gesamtvernehmung vorgelegt werden sollen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich habe noch keine Gelegenheit gehabt, sie selbst durchzugehen, aber wir sind grundsätzlich immer damit einverstanden, daß eine Erklärung verlesen wird, solange der Zeuge für das Kreuzverhör zur Verfügung steht. Wenn der Gerichtshof keine Einwendungen hat, hat auch die Anklagevertretung gegen diese Methode nichts einzuwenden.

VORSITZENDER: Ja. Der Gerichtshof hat keinerlei Einwendungen gegen diese Methode schriftliche Dokumente vorzulegen, vorausgesetzt, daß die Anklagebehörde keinen Einspruch dagegen erhebt, und daher kein Kreuzverhör des Zeugen nötig ist. Kann Herr Dr. Nelte uns sagen, ob die Dokumente, die er vorzulegen wünscht, soweit sie noch nicht als Beweismaterial vorgelegt sind, bereits übersetzt sind?

DR. NELTE: Sie sind von mir dem Übersetzungsbüro abgeliefert worden, die letzten zwei Dokumente vor drei Tagen. Ich nehme also an, daß die verschiedenen Anklagedelegationen die Übersetzungen inzwischen erhalten haben.

VORSITZENDER: Sir David, haben Sie die Dokumente erhalten?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nein, Euer Lordschaft, wir haben sie noch nicht erhalten.

DR. NELTE: Vielleicht sind sie noch nicht vorgelegt worden; es sind einige, etwa zwei Drittel der Dokumente, schon vor vierzehn Tagen im Übersetzungsbüro fertiggestellt gewesen, und zwar in der französischen und englischen Sprache. Ich habe dann auch der Russischen Delegation dieselben Dokumente zugeleitet, damit sie auch in die russische Sprache übersetzt werden können.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Euer Lordschaft! Es wird mir von General Mitchell mitgeteilt, daß die Dokumente übersetzt sind. Sie sind nur noch nicht verteilt.

VORSITZENDER: Sehr gut, dann sollte also im Falle des Angeklagten Keitel keine Ursache für eine Verzögerung bestehen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich glaube nicht, Euer Lordschaft.

DR. NELTE: Nein.

VORSITZENDER: Trifft das gleiche auch für den Angeklagten Kaltenbrunner zu, dessen Fall der nächste ist? Dr. Kauffmann, sind Ihre Dokumente bereits übersetzt?

DR. KAUFFMANN: Herr Präsident! Ich habe nur ganz wenige Affidavits, und es wird kein Zweifel sein, daß sie rechtzeitig in den Händen der Anklagebehörde sind.

VORSITZENDER: Einen Augenblick bitte, das heißt, daß Sie bereit sein werden zu beginnen?

DR. KAUFFMANN: Jawohl, nach Keitel, Herr Präsident!

VORSITZENDER: Ja, nach Keitel, gut. Sir David, Sie werden uns also die Einwendungen unterbreiten, die Sie gegen die Dokumente Dr. Horns machen, und auch der Anklagevertreter der Sowjetunion wird seine Einwände vorbringen?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich werde diese, soweit ich sie schon habe, sofort einreichen.

VORSITZENDER: Ja; das gleiche gilt für Herrn Champetier de Ribes, soweit er welche hat.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wenn es Euer Lordschaft genehm ist, jawohl.

VORSITZENDER: Sehr gut. Der Gerichtshof wird nunmehr die Verhandlung vertagen.