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[Zum Zeugen gewandt:]

Sehen Sie sich bitte dieses Dokument an. Es ist eine Denkschrift über Ihre Vorschläge zur Personalbesetzung der Reichskommissariate im Osten und der politischen Zentralstelle in Berlin Sie wurde am 7. April 1941 verfaßt. Ich nehme an, das war nur wenige Tage, nachdem Hitler mit Ihnen über Ihre neue Ernennung im Osten gesprochen hatte, höchstens vier oder fünf Tage später. Stimmt das? Wollen Sie diese Frage beantworten?

ROSENBERG: Jawohl.

MR. DODD: In dieser Denkschrift empfehlen Sie den Gauleiter Lohse, und wir wissen aus Dokumenten und dem Beweismaterial, daß er auch ernannt wurde. Das entspricht doch den Tatsachen?

ROSENBERG: Jawohl.

MR. DODD: Gut. Wir kommen nun zur nächsten Seite im englischen Text; es handelt sich um den Absatz, der mit den Worten beginnt:

»Hinzu kommt noch, daß sich eventuell die Notwendigkeit ergibt, nicht nur Petersburg, sondern auch Moskau militärisch zu besetzen. Diese Besetzung wird wohl einen gänzlich anderen Charakter tragen als in den Ostseeprovinzen, in der Ukraine und im Kaukasus. Sie wird auf die Niederhaltung jeglichen russischen und bolschewistischen Widerstandes ausgerichtet sein und einer durchaus rücksichtslosen Persönlichkeit bedürfen, sowohl seitens der militärischen Vertretung als auch der eventuellen politischen Führung. Die Aufgaben, die sich hieraus ergeben, brauchen jetzt nicht aufgezeichnet zu werden. Falls nicht eine dauernde Militärverwaltung vorgesehen ist, empfiehlt der Unterzeichnete als Reichskommissar in Moskau den Gauleiter von Ostpreußen, Erich Koch.«

Haben Sie Koch als besonders rücksichtslosen Mann für diesen Posten im April 1941 vorgeschlagen? Ja oder nein?

ROSENBERG: Jawohl.

MR. DODD: Einen Augenblick, Sie haben gestern schon sehr viel geredet, geben Sie mir heute auch einmal Gelegenheit dazu.

Es ist derselbe Mann, dessen ausgeprägte Rücksichtslosigkeit Sie, wie Sie vor einer Minute behauptet haben, erst erkannt hätten, nachdem er all diese furchtbaren Untaten in der Ukraine begangen hatte. Es ist jedoch ganz klar, daß Ihnen dies bereits im April 1941 bekannt war. Stimmt das? Welche Antwort können Sie darauf geben?

ROSENBERG: Das stimmt ja nicht, das steht ja nicht hier. Ich habe erklärt, ich kenne auch Aufsätze von Koch aus dem Jahre 1933/34, wo er eine besondere Vorliebe für das russische Wesen hatte. Ich kannte Koch als eine mit Initiative in Ostpreußen wirkende Persönlichkeit, und ich mußte erwarten, daß im Zentrum, in Moskau und der Umgebung, die härtesten Anforderungen gestellt werden, denn hier war der bolschewistische Schwerpunkt, und es würden hier die härtesten Widerstände unter Umständen entstehen. Außerdem wollte ich Koch nicht im Ostland und nicht in der Ukraine haben, weil ich dort keine solchen Widerstände glaubte befürchten zu müssen. Koch verehrte einerseits das russische Wesen, andererseits aber war er ein wirtschaftlich mit Initiative sich einsetzender Mann. Und schließlich wußte ich, daß er derartig unterstützt wurde, daß irgendeine Arbeit für ihn im Osten sowohl seitens des Führers als auch des Reichsmarschalls vorgesehen war.

MR. DODD: Da Sie also einen rücksichtslosen Mann suchten, haben Sie Koch schon im April 1941 vorgeschlagen.

ROSENBERG: Dieser Ausdruck betrifft hier eine Initiative und natürlich auch die Ansicht, daß er bolschewistische Widerstände mit Rücksichtslosigkeit bekämpfen würde. Aber nicht in dem Sinne, daß er fremdes Volkstum unterdrücken oder fremde Kulturen ausrotten will.

MR. DODD: Die Wahrheit ist, daß Sie im Hinblick auf die Ukraine irgendeine eigentümliche Absicht verfolgten, und daß Sie schon jemand anderen für diesen Posten vorgesehen hatten. Aber Koch war Ihnen als schlechter Schauspieler bekannt, und Sie wollten ihn in einem anderen Teile Rußlands eingesetzt sehen, nicht wahr?

ROSENBERG: Nein, ich wollte für die Ukraine den Staatssekretär Backe oder meinen Stabsleiter Schickedanz haben, wie aus diesem Dokument ersichtlich ist. Staatssekretär Backe, weil er nämlich ein Kaukasus- Deutscher ist und russisch spricht und das ganze südliche Gebiet kennt und wahrscheinlich hier sehr gut hätte arbeiten können. Ich bekam ihn nicht, es ist mir Koch aufgezwungen worden. Ich möchte sagen, gegen meinen persönlichen Protest in der Sitzung vom 16. Juli 1941.

MR. DODD: Wenn das Ihre Antwort ist, dann möchte ich zu diesem Punkt keine weiteren Fragen stellen. Was nun Ihr Verhalten gegen die Juden angeht, so haben Sie in Ihrer Frankfurter Rede im Jahre 1938 vorgeschlagen, sie alle müßten Europa und Deutschland verlassen. Stimmt das?

ROSENBERG: Es ist diese Redewendung gebraucht worden.

MR. DODD: Sie brauchen doch nur ja oder nein zu sagen. Haben Sie das in Ihrer Rede in Frankfurt 1938 gesagt oder nicht?

ROSENBERG: Ich kann aber doch nicht ja oder nein auf ein unrichtiges Zitat sagen.

MR. DODD: Ich glaube kaum, daß da etwas zu erklären ist; ich habe nur gefragt, ob Sie das in Ihrer Frankfurter Rede gesagt haben.

ROSENBERG: Ja, das ist im wesentlichen richtig.

MR. DODD: In Ihrer Reichsparteitagsrede, auf die Sie sich gestern bezogen haben, sagten Sie, daß Sie den Juden gegenüber eine harte Sprache gebraucht hätten. Damals nahmen Sie, wie ich vermute, gegen ihre Zulassung zu bestimmten Berufen und dergleichen Stellung. Ist das richtig?

ROSENBERG: Ich habe gestern gesagt, daß ich in zwei Reden für eine ritterliche Lösung eingetreten bin und für eine Parität eingetreten bin, und ich habe gesagt, man dürfe uns nicht vom Auslande die Diskriminierung des jüdischen Volkes vorwerfen, solange dieses Ausland die Diskriminierung unseres Volkes...

MR. DODD: Gut. Haben Sie je von der Ausrottung der Juden gesprochen?

ROSENBERG: Ich habe generell von der Ausrottung im Sinne dieses Wortes nicht gesprochen. Man muß hier die Worte wählen. Das Wort von der Ausrottung hat ja auch der britische Premierminister...

MR. DODD: Auf die Worte werden wir noch zu sprechen kommen. Sagen Sie uns nur, ob Sie es jemals ausgesprochen haben oder nicht. Sie haben es ausgesprochen nicht wahr?

ROSENBERG: Ich habe in keiner Rede in diesem Sinne...

MR. DODD: Ich meine den Sinn. Haben Sie jemals mit jemandem über die Ausrottung der Juden als eine Staats- oder parteipolitische Maßnahme gesprochen?

ROSENBERG: Es ist in einer Besprechung beim Führer über eine beabsichtigte Rede, die nicht gehalten wurde, offen über diese Frage einmal gesprochen worden, und zwar in dem Sinne, daß da jetzt ein Krieg ausgebrochen sei, diese Drohung, die ausgesprochen war, nicht mehr berührt werden solle. Diese ganze Rede ist ja auch nicht gehalten worden.

MR. DODD: Wann wollten Sie denn die Rede halten, ungefähr zu welchem Zeitpunkt?

ROSENBERG: Im Dezember 1941.

MR. DODD: Dann haben Sie Ihrer Rede Bemerkungen über die Ausrottung der Juden hinzugefügt, nicht wahr? Ja oder nein?

ROSENBERG: Ich habe schon gesagt, daß dieses Wort nicht die Bedeutung hat, die Sie ihm eben unterlegen.

MR. DODD: Zu der Bedeutung des Wortes kommen wir noch. Ich wollte nur wissen, haben Sie in der Rede, die Sie im Dezember 1941 im Sportpalast halten wollten, den Ausdruck »Ausrottung der Juden« verwendet? Sie können darauf ganz einfach antworten.

ROSENBERG: Das mag sein, ich erinnere mich nicht, ich habe selbst den Wortlaut dieses Entwurfes nicht mehr gelesen. In welcher Form das ausgesprochen wurde, vermag ich nicht mehr zu sagen.

MR. DODD: Nun, vielleicht können wir Ihnen behilflich sein. Ich lasse Ihnen Dokument 1517-PS, US- 824 überreichen. Dies ist ebenfalls eine Aufzeichnung von Ihnen über eine Unterredung beim Führer am 14. Dezember 1941; aus dem ersten Absatz geht klar hervor, daß Sie und Hitler eine Rede besprochen haben, die Sie im Sportpalast in Berlin halten sollten. Im zweiten Absatz finden Sie folgende Worte:

»Über die Judenfrage sagte ich, daß die Anmerkungen über die New Yorker Juden vielleicht jetzt nach der Entscheidung etwas geändert werden müßten. Ich stände auf dem Standpunkt, von der Ausrottung des Judentums nicht zu sprechen. Der Führer bejahte diese Haltung und sagte, sie hätten uns den Krieg aufgebürdet und sie hätten die Zerstörung gebracht, es sei kein Wunder, wenn die Folgen sie zuerst träfen.«

Sie sagen, daß Sie hinsichtlich der Bedeutung dieses Wortes Schwierigkeiten hätten, und ich frage Sie nun über die Bedeutung des Wortes »Ausrottung«. Kennen Sie das deutsch-englische Standard-Wörterbuch von Cassell? Ich nehme an, Sie kennen es. Ist Ihnen dieses Wort bekannt, haben Sie je davon gehört?

ROSENBERG: Nein.

MR. DODD: Dann wird es Sie sicher interessieren. Wollen Sie dem Gerichtshof die Bedeutung des Wortes »Ausrottung« vorlesen?

ROSENBERG: Dazu bedarf ich nicht eines fremden Wörterbuches, um auszudeuten, was in deutscher Sprache das Wort: »Ausrottung« in vielen Bedeutungen meinen kann. Man kann eine Idee ausrotten, man kann ein Wirtschaftssystem ausrotten, man kann eine soziale Ordnung ausrotten und man kann in letzter Konsequenz auch eine Gemeinschaft ausrotten, gewiß, das sind eben die vielen Möglichkeiten, die in diesem Wort enthalten sind. Dazu brauche ich kein englisch-deutsches Wörterbuch. Übersetzungen aus der deutschen Sprache in die englische Sprache sind so oft falsch. Gerade im letzten Dokument, das Sie mir vorgelegt haben, hörte ich wieder die Übersetzung des Wortes: »Herrenrasse«. In dem Dokument steht von der »Herrenrasse« gar nichts, sondern es wird von einem falschen »Herrenmenschentum« gesprochen. Es wird scheinbar hier immer alles anders übersetzt.

MR. DODD: Gut. Das interessiert mich nicht. Wir wollen nur die Bedeutung des Wortes »Ausrottung« feststellen. Sie stimmen also mit mir überein, daß »ausrotten« »fortwischen« oder »abtöten« bedeutet. Das ist der Ausdruck, den Sie in Ihrer Besprechung mit Hitler gebraucht haben.

ROSENBERG: Hier habe ich wieder andere Übersetzungen gehört, die wieder neue deutsche Worte gebracht haben, so daß ich nicht feststellen kann, was Sie im Englischen damit ausdrücken wollen.

MR. DODD: Ist Ihre hier vorgebrachte scheinbare Unfähigkeit, sich mit mir über dieses Wort zu einigen, tatsächlich Ihr voller Ernst, oder wollen Sie nur Zeit verschwenden? Wissen Sie nicht, daß es in diesem Gerichtssaal viele Leute gibt, die deutsch sprechen und wissen, daß das Wort »fortwischen« »aus der Welt schaffen« bedeutet?

ROSENBERG: Es bedeutet »überwinden« einerseits, es bedeutet die Anwendung nicht auf Einzelpersonen, sondern auf juristische Personen, auf bestimmte geschichtliche Überlieferungen. Es ist ja auch auf der anderen Seite dieses Wort auf das deutsche Volk gemünzt worden, und wir haben ja auch nicht geglaubt, daß nunmehr daraus die Konsequenz gezogen würde, 60 Millionen Deutsche zu erschießen.

MR. DODD: Ich will Sie daran erinnern, daß diese Rede, in der Sie das Wort »Ausrottung« gebrauchten, etwa sechs Monate nachdem Himmler an Höß, der als Zeuge hier vernommen worden ist, den Befehl zum Beginn der Ausrottungsaktion gegen die Juden gegeben hatte, verfaßt worden ist. Das entspricht doch den Tatsachen, nicht wahr?

ROSENBERG: Nein, das stimmt nicht; denn Adolf Hitler hat in seiner Reichstagserklärung erklärt, wenn hier ein neuer Weltkrieg durch diese Angriffe der unterstützten Emigranten beginnen würde, die Folge davon auch eine Vernichtung und eine Ausrottung sein würde.

Das ist als Folge und als eine politische Drohung aufgefaßt worden, und offenbar habe ich auch eine ähnliche politische Drohung vor dem Ausbruch des Krieges mit Amerika gebraucht, und als nun dieser Krieg ausgebrochen war, habe ich offenbar gesagt, da die Sache so gekommen ist, es hätte keinen Zweck, überhaupt davon zu sprechen.

MR. DODD: Die Juden wurden doch tatsächlich damals und später in den besetzten Ostgebieten ausgerottet, nicht wahr?

ROSENBERG: Da darf ich vielleicht zum Wortlaut sagen:

Es ist auch hier von der Ausrottung des Judentums die Rede; »Judentum« und »der Juden« ist ja auch noch ein Unterschied.

MR. DODD: Ich habe Sie eben gefragt, ob zu jenem Zeitpunkt und später in den besetzten Ostgebieten, die unter Ihrer Verwaltung standen, Juden tatsächlich ausgerottet wurden. Wollen Sie mit Ja oder Nein antworten?

ROSENBERG: Jawohl, ich habe ja gestern darüber ein Dokument zitiert.

MR. DODD: Ja, und dann haben Sie dem Gerichtshof gesagt, oder besser, versucht ihn glauben zu machen, daß das von der Polizei durchgeführt wurde, ohne daß Ihre Leute damit etwas zu tun gehabt hätten, nicht wahr?

ROSENBERG: Ich habe von einem Zeugen gehört, daß ein Gebietskommissar an diesen Dingen in Wilna beteiligt gewesen sein soll, und ich habe von einem weiteren Zeugen gehört, daß in anderen Städten die Mitteilung kam, daß die Polizei das durchführen würde. Und aus Dokument 1184 habe ich entnommen, daß ein Gebietskommissar sich auf jede Art und Weise gesträubt hat und Protest gegen diese sogenannte »Schweinerei« erhoben hat.

MR. DODD: Dr. Leibbrandt war Ihnen unterstellt. Er leitete die Abteilung II in Ihrem Ministerium für die besetzten Ostgebiete, nicht wahr?

ROSENBERG: Eine Zeitlang, ja.

MR. DODD: Ich will Ihnen jetzt zum zweitenmal Dokument 3663-PS, US-825 zeigen lassen.