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[Pause von 10 Minuten.]

VORSITZENDER: Erstens: Der Gerichtshof wird morgen nachmittag die Verhandlung um 4.30 Uhr beginnen.

In Bezug auf die aufgeworfene Frage ist der Gerichtshof der Ansicht, daß die Angelegenheit schon zur Genüge behandelt worden ist. Wenn aber ein besonderer Punkt vorliegt, der bisher noch nicht besprochen worden ist, kann in diesem Zusammenhange eine Frage gestellt werden.

GENERAL RUDENKO: Jawohl, Herr Vorsitzender.

Angeklagter Rosenberg! Am 2. April 1943 haben Sie einen Brief an Himmler über den Zwischenfall im Bezirk Zuman gerichtet, das heißt, über die Erschießung von Hunderten von Sowjetbürgern, weil der Platz für eine Jagd gebraucht wurde. Sie haben doch an Himmler so einen Brief geschrieben, nicht wahr? Sie haben sich auch bis Juni 1943 für diese Angelegenheit interessiert. Wie war das Ergebnis dieses Briefes?

ROSENBERG: Ich habe zunächst an den verantwortlichen Chef der Deutschen Polizei eine solche Mitteilung gemacht und mußte zunächst abwarten, was er als Verantwortlicher für die Sicherheitsmaßnahmen in der Ukraine veranlaßte. Als ich darüber keine näheren Mitteilungen erhielt, habe ich diesen Vorfall zu einer Beschwerde und Klage persönlich beim Führer gemacht.

GENERAL RUDENKO: Wann haben Sie Hitler Vortrag gehalten?

ROSENBERG: Diese Beschwerde an den Führer wurde verhandelt Mitte Mai 1943 und lag, da es eine ziemlich umfangreiche Beschwerde war, sicher schon einige Wochen vorher... also zwischen dem 2. April und dem Verhandlungstag Mitte Mai oder Ende Mai, lagen etwa 5-6 Wochen. Das ist, glaube ich, eine sehr schnelle Beschwerde; denn die Beschwerde mußte erst von Lammers und von Bormann ziemlich umfangreich geprüft werden, dann mußte der Führer sich darüber entschließen und die Richtlinien geben, und dann bin ich hinbestellt worden.

GENERAL RUDENKO: Wann ist diese Beschwerde zum letztenmal verhandelt worden?

ROSENBERG: Im Mai, zwischen Mitte und Ende Mai 1943.

GENERAL RUDENKO: Wurde die Beschwerde in Anwesenheit von Koch behandelt?

ROSENBERG: Jawohl.

GENERAL RUDENKO: Sie haben gestern dem Gerichtshof mitgeteilt, daß Koch Hitler angeblich einen Bericht der Obersten Forstverwaltung vorgelegt habe; ist das richtig?

ROSENBERG: Ja.

GENERAL RUDENKO: Und angeblich lautete diese Auskunft dahingehend, daß es ein Kampf gegen die Partisanen gewesen sei?

ROSENBERG: Nicht ganz genau so, sondern er lautete dahingehend, daß dieser Waldbezirk für notwendige Forstlieferungen für die Wehrmacht oder Verwaltung ausgenutzt werden sollte, und daß in diesen notwendig auszunutzenden Waldgebieten sehr viele unruhige Partisanen und Banden waren, und deshalb die größte Gefahr für die Arbeiterschaft in diesen Gebieten bestand, und daß es dabei zu Schießereien gegen Partisanen und Banden gekommen sei, und, weil man nicht alle überwachen konnte, eine Umsiedlung aus diesen Waldgebieten von besonderen Gruppen in südlicher gelegene Waldgebiete stattfand; und außerdem fügte Koch hinzu, daß sich diese Umgesiedelten bedankten, daß sie ein besseres Landgebiet als vorher bekommen hätten. Das war die Aufklärung, die Koch gegeben hatte.

GENERAL RUDENKO: Sie waren dafür dankbar, daß sie in einer Dezembernacht aus ihren eigenen Häusern hinausgeworfen und in einen 100 Kilometer entfernten Ort gejagt wurden, sowie dafür, daß Hunderte von ihnen erschossen wurden.

Ich will Sie noch folgendes fragen: Am 2. April 1943 haben Sie einem Schreiben an Himmler auch ein Schreiben der Obersten Forstverwaltung beigelegt. Und in diesem Schreiben wird gesagt... Ich verlese diese Stelle, Sie müssen sich an dieses furchtbare Ereignis der Erschießung von Menschen bei der Jagd noch erinnern.

In diesem Schreiben an die Forstverwaltung hieß es:

»Zweifelsohne vor allem auch unter dem jagdlichen Gesichtspunkt, ist die Evakuierung mehrerer Waldgebiete in die bei Zuman gelegenen Dörfer erfolgt.«

Das steht in der Auskunft der Forstverwaltung.

ROSENBERG: Ich möchte bloß feststellen, daß es sich hier um einen Mitarbeiter der Forstwirtschaft in Berlin handelte, der das hinzugeschrieben hatte auf Grund seiner Berichte; und was Koch vorbrachte, war die Mitteilung des Chefs der Forstverwaltung in der Ukraine selber...

GENERAL RUDENKO: Gut, nun eine letzte Frage in diesem Zusammenhang. Glaubten Sie Koch?

ROSENBERG: Das ist, wenn ich auf Gewissen gefragt werde, schwer zu sagen, aber es war hier eine...

GENERAL RUDENKO: Ja, eben auf Gewissen, wenn Sie es wünschen.

ROSENBERG: Es war hier eine sachliche Darstellung der Forstverwaltung mit gewesen, und ich konnte gegen diese Darstellung, die begründet war, keinen Einspruch erheben und mußte mir sagen, daß ich mich in dieser Beschwerde eben geirrt habe.

GENERAL RUDENKO: Sie haben keinen Einspruch erhoben, ich verstehe. Ich werde ein Zitat von Ihnen verlesen:

»Hunderte von Menschen aber hat man in Zuman und Umgebung unter Einsatz einer ganzen Polizeikompanie abgeknallt, ›weil sie kommunistisch eingestellt waren!‹ Kein Ukrainer glaubt das letztere, und auch die Deutschen sind über dieses Argument verwundert, denn dann hätte man zur gleichen Zeit... und wenn es schon um der Sicherheit des Landes willen geschah... auch in anderen Rayons kommunistisch verseuchte Elemente exekutieren müssen.«

Ich habe an Sie eine letzte Frage zu stellen: Sie haben dem Gerichtshof gestern wiederholt erklärt, daß Sie Ihren Abschied einreichen wollten. Sie sind noch weiter gegangen und haben sich auf Ihren Brief an Hitler vom 12. Oktober 1944 berufen, in welchem Sie um Anweisung baten, wie man weiter verfahren sollte. Mein Kollege, Herr Dodd, hat Sie daran erinnert, daß am 12. Oktober 1944 der Reichsminister der Ostgebiete gar kein Gebiet mehr hatte. Ich frage Sie aber folgendes:

Wie konnten Sie um Abschied ansuchen, Sie, der Sie einmal davon geträumt hatten, Reichsminister und Mitglied des Geheimen Kabinetts zu werden. Sie sind noch weiter gegangen, Sie haben Hitler um den Posten eines Reichsministers gebeten. Erinnern Sie sich daran?

ROSENBERG: Erstens bin ich niemals Mitglied des sogenannten Geheimen Kabinetts gewesen. Das stimmt nicht.

GENERAL RUDENKO: Gut, Sie hatten davon geträumt, ein Mitglied des Geheimen Reichskabinetts zu werden.

ROSENBERG: Ja, das ist richtig.

GENERAL RUDENKO: Und Sie hofften auch, Reichsminister zu werden?

ROSENBERG: Als die Frage akut wurde für meinen Auftrag, ist über die Form dieses Auftrages lange hin und her gesprochen worden. Dr. Lammers als Beauftragter des Führers sagte mir, der Führer beabsichtige entweder einen Reichsinspektor einzusetzen, weil er die beiden Reichskommissare...

GENERAL RUDENKO: Angeklagter Rosenberg! Um die Beendigung dieser Frage nicht hinauszuziehen, werde ich jetzt dem Gerichtshof ein Dokument vorlegen. Es ist das letzte Dokument, ein persönlicher Brief von Ihnen.

VORSITZENDER: Erstens weiß ich nicht, wie die Frage lautete, und dann unterbrechen Sie den Zeugen, bevor er die Frage beantwortet hat.

GENERAL RUDENKO: Herr Vorsitzender! Ich verfolge nur ein Ziel, nämlich, das Verhör zu verkürzen. Daher lege ich Rosenbergs Brief an Hitler vom 6. Februar 1938 vor. In diesem Brief ersucht er Hitler um das Amt eines Reichsministers. Es ist ein kurzer Brief und ich bitte um Erlaubnis, das Dokument als USSR- 117 vorzulegen.

Angeklagter Rosenberg! Ich verlese das Dokument. Es ist nicht lang:

»6. Februar 1938

Mein Führer!

Da ich Sie hier nicht sprechen konnte...«

VORSITZENDER: Das Dokument ist ins Deutsche übersetzt?

GENERAL RUDENKO: Das Original ist deutsch.

VORSITZENDER: Erstens ist es deutsch. Es ist also nicht notwendig, es ganz vorzulesen. Sie können es wie andere Dokumente vorlegen.

GENERAL RUDENKO: Sehr wohl.