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[Zum Zeugen gewandt:]

Sie sind 1933 nun auch Reichsstatthalter von Thüringen geworden. Wie kamen Sie zu diesem Amt?

SAUCKEL: Ich wurde von dem damaligen Reichspräsidenten, Feldmarschall von Hindenburg, zum Reichsstatthalter von Thüringen bestellt.

DR. SERVATIUS: Welche Anweisungen haben Sie damals bekommen bei Übernahme des Amtes?

SAUCKEL: Ich habe bei Übernahme des Amtes als Reichsstatthalter die Weisung bekommen, eine neue Thüringische Regierung zu bilden, da der Reichsstatthalter aus den Geschäften der Verwaltung eines deutschen Landes sich heraushalten sollte...

DR. SERVATIUS: Sie brauchen nicht diese technischen Einzelheiten zu erzählen, sondern ich meine, welchen politischen Auftrag haben Sie erhalten?

SAUCKEL: Ich habe den politischen Auftrag erhalten als Reichsstatthalter, Thüringen im Rahmen der Reichsgesetze und der geltenden Reichsverfassung zu betreuen und die Einheit des Reiches zu gewährleisten.

DR. SERVATIUS: War unter den Worten »Einheit des Reiches zu gewährleisten« eine Art Vergewaltigung anderer zu verstehen, insbesondere der Behörden Thüringens?

SAUCKEL: Nein, die Behörden haben ja weiter bestanden.

DR. SERVATIUS: Nun war in Ihrer Hand das Amt des Gauleiters und das des Reichsstatthalters vereinigt. Was hatte das für ein Ziel?

SAUCKEL: Beide Ämter waren in ihren Apparaturen streng getrennt. Auf der Reichsstatthalterseite amtierten Beamte, und auf der Gauleiterseite waren Angestellte der Partei. Beide Ämter wurden streng getrennt voneinander geführt, wie es in jedem anderen Staat der Fall ist, wo Männer von Parteien zugleich Parteiämter innehaben oder Führer sind und diese Ämter auch gleichzeitig ausüben.

DR. SERVATIUS: Also einen Auftrag, das eine Amt durch das andere aufzusaugen, hatten Sie nicht bekommen?

SAUCKEL: Habe ich nicht bekommen. Die Aufgaben waren vollständig verschieden.

DR. SERVATIUS: Waren Sie SA-Mann?

SAUCKEL: Ich war niemals SA-Mann...

VORSITZENDER: Ich glaube, Sie sprechen zu schnell für die Dolmetscher.

DR. SERVATIUS: Waren Sie SA-Mann?

SAUCKEL: Ich war selbst niemals SA-Mann. Ich war SA-Ehren-Obergruppenführer.

DR. SERVATIUS: Wie bekamen Sie dieses Amt?

SAUCKEL: Das kann ich nicht sagen, ich bekam es ehrenhalber.

DR. SERVATIUS: Sind Sie von Himmler zum SS- Obergruppenführer ernannt worden?

SAUCKEL: Nein, ich bin vom Führer ehrenhalber zum SS-Obergruppenführer ohne jeden Verdienst und ohne jede Funktion geworden.

DR. SERVATIUS: Waren Sie Mitglied des Reichstages?

SAUCKEL: Jawohl, von 1933 ab.

DR. SERVATIUS: Haben Sie als Reichstagsmitglied etwas über den Kriegsbeginn vorher erfahren; sind Sie unterrichtet worden?

SAUCKEL: Ich bin über den Kriegsbeginn, über außenpolitische Entwicklungen vorher niemals unterrichtet worden. Ich erinnere mich lediglich, daß wir plötzlich – es mag in den Tagen zwischen dem 24. August und Ende August gewesen sein – zu einer Reichstagssitzung nach Berlin berufen wurden. Diese Reichstagssitzung wurde damals abgesagt, und wir wurden danach zum Führer bestellt, Gauleiter und Reichsleiter. Es war aber eine Anzahl wohl schon abgereist, so daß der Kreis nicht vollständig war. Die Unterredung oder die Ansprache Hitlers hat nur kurze Zeit gedauert Er sagte etwa, die Reichstagssitzung könne nicht stattfinden, da die Dinge noch in der Entwicklung seien. Er sei überzeugt, daß es zu keinem Kriege käme. Er hoffe auf die kleine Lösung und verstand, so wie ich ihn verstehen mußte, darunter eine Lösung ohne die 1921 verlorenen Teile von Oberschlesien. Er sagte, dessen erinnere ich mich genau, Danzig würde deutsch werden, und außerdem würde Deutschland eine mehrgleisige Eisenbahnlinie sowie eine reichsautobahnähnliche Straße mit Geländestreifen rechts und links bekommen. Wir sollten nach Hause fahren und den Reichsparteitag vorbereiten, auf dem er uns wiedersehen wolle.

DR. SERVATIUS: Hatten Sie enge Beziehungen zum Führer?

SAUCKEL: Ich habe persönlich, soweit ich den Führer kannte, ihn sehr verehrt. Ich habe aber keine näheren persönlichen Beziehungen zu ihm gehabt, die man als persönlich bezeichnen kann. Ich hatte mit ihm eine Anzahl Unterredungen, die sich auf die Führung meines Gaues, insbesondere auf die Förderung der thüringischen Kulturstätten in Weimar, Eisenach und in Meiningen bezogen, die er förderte, und später häufigere Zusammenkünfte wegen meines Amtes als Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz.

DR. SERVATIUS: Darauf können wir später kommen. Was waren Ihre Verbindungen zu den Reichsleitern?

SAUCKEL: Die Verbindungen zu den Reichsleitern, die waren nicht anders als wie zum Führer, dienstliche, parteilicher Art. Persönlich nähergestanden... ich kann nicht sagen, daß ich irgendeinen persönlichen Verkehr gepflogen habe.

DR. SERVATIUS: Ihre Verbindung mit den Reichsministern, wie stand es damit?

SAUCKEL: Meine Verbindung zu den Reichsministern war rein dienstlicher Natur und sehr selten.

DR. SERVATIUS: Zur Wehrmacht?

SAUCKEL: Ich habe nicht die Ehre gehabt, deutscher Soldat sein zu können infolge meiner Gefangenschaft im ersten Weltkrieg. Und in diesem Weltkrieg hat es mir der Führer verweigert, meine Pflicht als Soldat tun zu können.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Sie haben nun eine Reihe von Stellungen und Ämtern gehabt. Sie kennen die Reichsminister und Reichsleiter. Erklären Sie doch einmal, warum Sie nun damals in das U-Boot gestiegen sind.

SAUCKEL: Ich hatte den Führer verschiedentlich schriftlich gebeten, mich bei der Wehrmacht melden zu dürfen, um einmal in einen Dienstgrad als einfacher Soldat eintreten zu können. Er hat mir dies verweigert. Ich habe dann heimlich meine Vertretung geregelt und bin auf das U-Boot des Kapitäns Salmann, mit dessem Einverständnis. Denn ich wollte als ehemaliger Seemann und nun in hoher Stellung befindlicher Politiker diesen braven U-Bootmännern einen Beweis meiner Kameradschaft und meines Verständnisses und meiner Pflicht geben. Außerdem hatte ich zehn Kinder, für die ich als Vater ja auch mich einzusetzen hatte.

DR. SERVATIUS: Ich möchte nun in einer Reihe von Fragen zu Ihren Tätigkeiten sprechen. Haben Sie einer Gewerkschaft angehört?

SAUCKEL: Nein.

DR. SERVATIUS: Kennen Sie die Ziele der deutschen Gewerkschaften?

SAUCKEL: Jawohl, die kenne ich.

DR. SERVATIUS: Waren das wirtschaftliche oder politische?

SAUCKEL: Die Ziele der deutschen Gewerkschaften waren, so wie ich sie als Arbeiter kennengelernt habe, politische Ziele. Und es gab eine Reihe verschiedener Gewerkschaften, die verschieden politisch orientiert waren. Und das habe ich als ein großes Unglück angesehen. Ich habe erlebt in der Werkstatt als Arbeiter die Auseinandersetzung unter den Gewerkschaften zwischen den christlich-sozialen Gewerkschaften und den roten Gewerkschaften, zwischen den syndikalistischen, anarchistischen Gewerkschaften und den kommunistischen Gewerkschaften.

DR. SERVATIUS: Nun sind in Ihrem Gau die Gewerkschaften aufgelöst worden. Sind die Gewerkschaftsführer damals verhaftet worden?

SAUCKEL: Nein.

DR. SERVATIUS: Haben Sie die Auflösung der Gewerkschaften gebilligt?

SAUCKEL: Die Auflösung der Gewerkschaften damals lag in der Luft, Diese Frage ist auch in der Partei eine lange Zeit diskutiert worden, und man war sich über die Stellung und über die Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Art der Gewerkschaften durchaus nicht einig. Aber es mußte eine Lösung gefunden werden deshalb, weil ja die Gewerkschaften, die wir auflösten oder die der Führer oder Dr. Ley auflöste, politisch verschieden orientiert waren. Es gab aber von da ab ja nur noch eine Partei in Deutschland, und es war notwendig, die nun eigentlichen Aufgaben der Gewerkschaften, ihre notwendigen Aufgaben, die für jeden Beruf und für jedes Arbeitertum unentbehrlich notwendig sind – als solche erkenne ich sie voll an –, einer eindeutigen Lösung zuzuführen.

DR. SERVATIUS: War der Zweck der Auflösung der Gewerkschaften nicht, die Widersacher zu beseitigen, die sich einem Angriffskrieg entgegenstellen wollten?

SAUCKEL: Ich kann aus vollstem Gewissen sagen, daß sich in jenen Jahren niemand von uns irgendwie mit dem Gedanken eines Krieges befaßt hat. Wir hatten so große Nöte zu beseitigen, daß wir nur glücklich sein konnten, wenn im Frieden ein deutsches Wirtschaftsleben wieder in Gang gebracht werden konnte und der deutsche Arbeiter, der ja der Leidtragende in dieser furchtbaren Depression im höchsten Maße war, wieder zu Arbeit und Brot kam.

DR. SERVATIUS: Haben die Mitglieder der Gewerkschaften durch die Auflösung wirtschaftlichen Schaden erlitten?

SAUCKEL: In keiner Weise. Mein eigener Schwiegervater, der ja Gewerkschaftler war, es heute noch ist, bei dem ich mich immer wieder erkundigt habe, den ich nie überredet habe, in die Partei einzutreten – er war Sozialdemokrat – er ist auch nicht in die Partei eingetreten, aber er hat mir bestätigt, auch als er alt wurde und nicht mehr arbeitsfähig war, daß die Deutsche Arbeitsfront auf der einen Seite alle Verpflichtungen, die ihm als alten Gewerkschaftler auf Grund seiner langjährigen Gewerkschaftszugehörigkeit zustanden, nicht vorenthalten, sondern in vollem Maße zugute kommen ließ. Auf der anderen Seite hat der deutsche Staat, da ja in Deutschland die Alters-, Invalidenversicherung, Unfallversicherung und so weiter vom Staat getragen wurden und organisiert sind, der nationalsozialistische Staat ihm diese Rechte voll garantiert und ausbezahlt.

DR. SERVATIUS: In Ihrem Gau sind doch alle Kommunisten festgenommen worden, nachdem die Partei die Macht erlangt hatte?

SAUCKEL: Nein, in meinem Gau sind meines Wissens nur die Kommunisten festgenommen worden, die aktiv gegen den Staat gearbeitet haben.

DR. SERVATIUS: Und was geschah mit diesen?

SAUCKEL: Sie wurden von der Staatspolizei verhaftet, verhört und je nach Befund festgehalten.

DR. SERVATIUS: Haben Sie in Ihrem Gau Kreisleiter gehabt, die einer früheren gegnerischen Partei angehört haben?

SAUCKEL: Die Tätigkeit der Partei war eine werbende. Unsere intensivste Werbung war ja die Werbung politischer Gegner. Ich bin sehr stolz, daß in meinem Gau sehr viele Arbeiter, zahlreiche ehemalige Kommunisten und Sozialdemokraten Ortsgruppenführer und Parteifunktionäre geworden sind und gewonnen werden konnten.

DR. SERVATIUS: Aber sind nicht zwei Kreisleiter von der extremen Linken von Ihnen eingesetzt worden?

SAUCKEL: Es ist ein Kreisleiter von der extremen Linken eingesetzt worden. Ebenso war, neben einer ganzen Anzahl anderer Führer, der Gaubetriebsobmann der DAF ein langjähriger Angehöriger äußerst linksstehender Richtungen.

DR. SERVATIUS: Wie sind Sie nun persönlich mit Ihren politischen Gegnern verfahren?

SAUCKEL: Die politischen Gegner, die nicht gegen den Staat gearbeitet haben, sind in meinem Gau weder behelligt noch beeinträchtigt worden.

DR. SERVATIUS: Kennen Sie den sozialistischen Abgeordneten Fröhlich?

SAUCKEL: Der sozialistische Abgeordnete August Fröhlich war mein stärkster und konsequentester Gegner. Er war Führer der thüringischen Sozialdemokraten und langjähriger sozialdemokratischer Ministerpräsident des Landes Thüringen. Ich habe ihn als Gegner sehr geachtet. Er war ehrenhaft und bieder. Ich habe ihn am 20. Juli 1944 durch meine persönliche Initiative aus seiner Haft entlassen lassen, weil er auf der Liste der Verschwörer des 20. Juli gestanden hat, ich achtete ihn aber persönlich so, daß ich trotzdem um seine Freilassung gebeten habe und dieselbe auch erreichte.

DR. SERVATIUS: Sind Sie mit anderen Gegnern in gleicher Weise verfahren?

SAUCKEL: Ich habe einen mir bekannten Zentrumspolitiker meiner Heimatstadt Schweinfurt ebenso aus der Haft entlassen lassen.

DR. SERVATIUS: In Ihrem Gaubereich lag das Konzentrationslager Buchenwald. War das von Ihnen angelegt worden?

SAUCKEL: Dieses Lager Buchenwald ist auf folgende Weise entstanden: Der Führer, der des Weimarer Theaters wegen des öfteren nach Weimar gekommen war, hatte angeregt, ein Bataillon der Leibstandarte nach Weimar legen zu lassen. Da die Leibstandarte ja als ein Eliteregiment angesehen wurde, war ich damit nicht nur einverstanden, sondern erfreut, denn in einer solchen Stadt wie Weimar freut man sich, wenn man eine Garnison bekommt. Es wurde dann vom Lande Thüringen, von der Thüringischen Regierung, auf Bitte des Führers ein Gelände in dem Ettersburger Wald nördlich der Abhänge, abgelegen von der Stadt, bereitgestellt.

Nach einiger Zeit ließ mich allerdings Himmler wissen, daß er nicht ein Bataillon der Leibstandarte nach Weimar bringen könne, da er dieses Regiment nicht teilen könne, sondern einen neuaufgestellten Totenkopfverband, und Himmler sagte, das sei dasselbe. Erst wieder eine Weile später erklärte Himmler, als das Gelände schon dem Reich eingeräumt war, er müsse nun in diesem sehr geeigneten Gelände eine Art Konzentrationslager mit diesen Totenkopfverbänden zusammen unterbringen. Ich widersprach dem zunächst, weil ich überhaupt ein Konzentrationslager für die Stadt Weimar und ihre Tradition nicht für gegeben hielt. Er hat aber, ich meine Himmler, jede Diskussion auf Berufung seiner Stellung abgelehnt, und so ist dort weder zur Freude von mir noch der Weimarer Bevölkerung dieses Lager entstanden.

DR. SERVATIUS: Hatten Sie nun später mit der Verwaltung des Lagers etwas zu tun?

SAUCKEL: Ich habe mit der Verwaltung dieses Lagers nie etwas zu tun gehabt. Die Thüringische Regierung versuchte damals, auf die baulichen Pläne einen Einfluß zu gewinnen in der Weise, daß die thüringische Baupolizei die hygienischen Anlagen dieses Lagers vorschreiben wollte. Das ist von Himmler unter seiner Berufung, daß er ein eigenes Bauamt hätte und dieses Gelände nun Reichsgelände sei, abgelehnt worden.

DR. SERVATIUS: Haben Sie das Lager einmal besucht?

SAUCKEL: Ich habe dieses Lager ein einziges Mal, nach meiner Erinnerung Ende 1937 oder Anfang 1938, mit einer italienischen Kommission besucht und besichtigt.

DR. SERVATIUS: Haben Sie dort Mißstände festgestellt?

SAUCKEL: Ich habe dort keine Mißstände festgestellt. Ich habe die Unterkünfte angesehen. Ich bin selbst ja fünf Jahre in Gefangenschaft gewesen und war deshalb interessiert. Ich muß gestehen, daß zur damaligen Zeit zu Anständen an sich kein Grund vorlag. Es waren die Unterkunftsräume in Tages- und Nachträume geteilt. Die Betten hatten blauweiß überzogene Wäsche. Die Küchen, Waschanlagen, Abortanlagen waren einwandfrei, so daß der italienische Offizier oder die Offiziere, die es mit besichtigten, sagten, daß sie in Italien ihre eigenen Soldaten nicht besser unterbringen könnten.

DR. SERVATIUS: Haben Sie nun später von den Vorgängen in diesem Lager erfahren, die hier vorgebracht worden sind?

SAUCKEL: Ich habe von diesen Vorgängen, wie sie hier vorgetragen worden sind, nichts erfahren.

DR. SERVATIUS: Haben Sie etwas mit der Räumung des Lagers am Ende des Krieges zu tun gehabt, bevor die amerikanische Armee einrückte?

SAUCKEL: Ich habe, als mir der Oberbürgermeister von Weimar mitteilte, daß beabsichtigt sei, die Evakuierung des Lagers. Buchenwald durchzuführen, und die Wachen dieses Lagers zum Kampf gegen die amerikanischen Truppen mit einzusetzen, das auf das schärfste abgelehnt. Da ich keinerlei Befehlsgewalt über dieses Lager hatte, mit Himmler aus verschiedenen Gründen meines anderen Amtes erhebliche Differenzen hatte und mit ihm nicht reden wollte, habe ich in Berlin die Führerwohnung angerufen und darum gebeten, daß unter allen Umständen eine Evakuierung oder ein Rückmarsch von Gefangenen in das Gebiet östlich der Saale unmöglich, Unsinn, verpflegungsmäßig nicht durchführbar sei und habe verlangt, daß dieses Lager ordnungsgemäß den amerikanischen Besatzungstruppen übergeben werden müsse. Ich habe die Antwort erhalten, daß der Führer Himmler anweisen würde, diesem meinem Wunsch zu entsprechen. Ich habe dann kurz einigen meiner Mitarbeiter und dem Oberbürgermeister dies mitgeteilt und habe dann Weimar verlassen.

DR. SERVATIUS: Der Zeuge Dr. Blaha hat ausgesagt, Sie wären auch in dem Konzentrationslager Dachau gewesen, gelegentlich einer Besichtigung.

SAUCKEL: Nein, ich bin nicht im Konzentrationslager Dachau gewesen. Ich habe auch, nach meiner Erinnerung, nicht an dem Gauleiterbesuch 1935 in Dachau teilgenommen. Ich habe unter keinen Umständen an einer Besichtigung in Dachau teilgenommen, wie sie Dr. Blaha hier geschildert hat und habe infolgedessen vor allem keine Werkstätten oder sonst dergleichen besichtigt.

DR. SERVATIUS: Bekamen Sie als Gauleiter dann keine dienstlichen Meldungen über die Vorgänge in den Konzentrationslagern, das heißt die Befehle über die Gauleitung, die nach oben gingen und umgekehrt, die von oben kamen und an das Lager gingen?

SAUCKEL: Nein, ich bekam über und für das Lager Buchenwald weder eine Anweisungsberechtigung noch Berichte. Das war nicht nur meine persönliche Einstellung, sondern die Einstellung erfahrener, alter Gauleiter, daß es das größte Unglück verwaltungsmäßig bedeuten mußte, als Himmler schon im Jahre 1934/1935 dazu überging, die Exekutive von der allgemeinen, inneren Verwaltung zu trennen. Es haben hierüber ständige Beschwerden vieler Gauleiter und deutscher Länderverwaltungen stattgefunden. Sie waren erfolglos; denn zuletzt hat ja Himmler sogar die Gemeindefeuerwehren dem Reichsinstanzenzug seiner Polizei eingegliedert.

DR. SERVATIUS: Hatten Sie nun in Weimar persönliche Beziehungen zur Polizei und zur SS?

SAUCKEL: Ich hatte persönliche Beziehungen zur SS und zur Polizei in keiner Weise. Ich hatte dienstliche Beziehungen insoweit, als Gewerbepolizei und die Gemeindepolizei der kleinen Gemeinden noch in der Verwaltung, der inneren Verwaltung, des Landes Thüringen geblieben waren.

DR. SERVATIUS: Hatte denn die Polizei nicht ihren Hauptsitz in Weimar in Ihrer Nähe?

SAUCKEL: Nein, das war ja das unsinnige der damaligen Entwicklung, daß wir, wie ich es dem Führer gegenüber einmal ausgeführt habe, von einem Parteien- und von einem Länder-Staat in einen Ressort- Staat übergewechselt waren. Die Reichsministerien hatten sich sehr stark entwickelt, ihre Ressortgrenzen ziemlich voneinander abgeschnitten, und die einzelnen, gebietlichen Ressorts der verschiedenen Verwaltungen stimmten nicht überein. Bis 1934 hat Thüringen in seinem Innenministerium eine eigene, selbständige Polizeiverwaltung gehabt. Ab dieser Zeit ging der Sitz des Höheren SS- und Polizeiführers nach Kassel über, so daß auch Himmler, im Gegensatz zur übrigen staatlichen Organisation und zur übrigen Parteiorganisation, neue Gebiete für seine Polizei schuf, indem er das in Mitteldeutschland dadurch zum Ausdruck brachte, daß beispielsweise der Höhere SS- und Polizeiführer für Weimar und für das Land Thüringen in Kassel saß, für den preußischen Teil des Gaues Thüringen, also für die Stadt Erfurt, die 20 Kilometer von Weimar weg liegt, daß der Höhere SS- und Polizeiführer und die Provinzialverwaltung in Magdeburg saß. Daß wir mit einer solchen Entwicklung als Gauinstanzen in keiner Weise einverstanden waren und daß hieraus bei erfahrenen Verwaltungsleuten großer Unwille herrschte, ist auf der Hand liegend.

DR. SERVATIUS: Die Frage ist die, ob Sie mit diesen Stellen nun zusammengearbeitet haben, und ob Sie mit den zuständigen Beamten in regem Freundschaftsverkehr standen und infolgedessen wissen mußten, was in Buchenwald vor sich ging.

SAUCKEL: Im Gegenteil, es war ein ständiger Kampf. Es war eine gegenseitige Abschließung der einzelnen Organisationen, in einer solchen Zeit einer Weltentwicklung höchst unglücklich und für ein Volk unvorteilhaft und für eine Verwaltung unmöglich.

DR. SERVATIUS: Haben in Ihrem Gau Judenverfolgungen stattgefunden?

SAUCKEL: Nein.

DR. SERVATIUS: Wie ist es denn mit den Judengesetzen gewesen und mit ihrer Durchführung?

SAUCKEL: Die Judengesetze wurden in Nürnberg verkündet. An sich gab es in Thüringen sehr wenig Juden.

DR. SERVATIUS: Sind keine Übergriffe vorgekommen im Zusammenhang mit den bekannten Vorfällen, die hier wiederholt zum Gegenstand der Debatte geworden sind, im Anschluß an die Ermordung des Botschaftsrats vom Rath in Paris?

SAUCKEL: Die Vorkommnisse in Thüringen sind mir im einzelnen nicht in Erinnerung. Ich sagte schon, es hat in Thüringen nur wenig Juden gegeben. Die Gauleiter waren damals in München und hatten auf diese Entwicklung ja gar keinen Einnuß, denn das geschah ja in der Nacht, als die Gauleiter alle in München waren.

DR. SERVATIUS: Die Frage ist die, was ist bei Ihnen im Gau Thüringen geschehen, und was haben Sie darauf veranlaßt?

SAUCKEL: In Thüringen mag in einigen Orten eine Fensterscheibe oder sonst dergleichen eingeworfen worden sein. Ich kann das im einzelnen nicht sagen, ich kann Ihnen nicht einmal sagen, wo und ob es in Thüringen Synagogen gegeben hat.

DR. SERVATIUS: Zu Ihren Vermögensverhältnissen eine Frage. Sie haben vom Führer zu Ihrem 50. Geburtstag eine Dotation bekommen. In welcher Höhe?

SAUCKEL: Ich habe zu meinem 50. Geburtstag, im Oktober 1944, überraschenderweise durch einen Adjutanten des Führers einen Brief des Führers bekommen. In diesem Brief lag ein Scheck in Höhe von 250000 Reichsmark. Ich habe dem Adjutanten gesagt, daß ich dies unmöglich annehmen könnte, weil ich sehr überrascht sei, und der Adjutant des Führers – es war der kleine Bormann, der alte Bormann, also nicht der Reichsleiter Bormann – sagte mir, der Führer wüßte genau, daß ich weder ein Vermögen noch irgendwelchen Grundbesitz hätte, und es wäre dies ein Rückhalt für meine Kinder; ich möchte den Führer nicht kränken. Ich habe, als dieser Adjutant sehr schnell weg war, einen meiner Mitarbeiter und Freunde, den thüringischen Staatsbankpräsidenten Demme, zu mir gebeten Er ist leider als Zeuge als unerheblich abgelehnt worden...

VORSITZENDER: Ich glaube, es genügt zu wissen, ob er das Geld schließlich angenommen hat oder nicht.

DR. SERVATIUS: Lassen wir diese Frage. Wo ist das Geld geblieben?

SAUCKEL: Ich habe dieses Geld durch diesen Staatsbankpräsidenten auf ein Sperrkonto in der Thüringer Staatsbank gebracht.

DR. SERVATIUS: Was hatten Sie sonst für Einnahmen aus Ihren Ämtern?

SAUCKEL: Ich hatte aus meinen Ämtern nur die Einnahme des Gehaltes eines Reichsstatthalters.

DR. SERVATIUS: Wie hoch ist das?

SAUCKEL: Das Gehalt eines Reichsministers, ich kann es Ihnen nicht genau sagen, ich habe mich darum nicht gekümmert, war ungefähr 30000 Mark.

DR. SERVATIUS: Und welches Vermögen besitzen Sie heute außer dieser Dotation auf diesem Sperrkonto?

SAUCKEL: Ich habe keinerlei Vermögen gespart und keinerlei Vermögen besessen.

DR. SERVATIUS: Damit wäre ich am Ende dieser allgemeinen Fragen und würde jetzt zu den Fragen über den Arbeitseinsatz kommen.

VORSITZENDER: Wir werden jetzt die Sitzung unterbrechen.