[Pause von 10 Minuten.]
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Sagen Sie, Angeklagter Sauckel, wie verhielten Sie sich als Generalbevollmächtigter zur Beschäftigung sowjetischer Kriegsgefangener in der deutschen Industrie? [Der Dolmetscher übersetzt: »... welche Mitarbeiter hatten Sie zur Ausnutzung...«]
SAUCKEL: Ich muß auf Ihre Frage antworten, daß ich auch zur Ausnutzung der russischen Kriegsgefangenen keine Mitarbeiter hatte, denn ich habe Kriegsgefangene nicht beschäftigt.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Und Sie haben sich um ihre Erfassung nicht gekümmert und keine Statistik geführt?
SAUCKEL: Ich habe als die zuständige vermittelnde Stelle die Verwaltungsmaßnahmen durch die Arbeitsämter oder Gauarbeitsämter durchführen lassen müssen, die dazu da waren, zwischen den Betrieben und den Stalags beziehungsweise den Generalen für das Kriegsgefangenenwesen diese Kriegsgefangenen für die Betriebe zu vermitteln.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Und was für Organisationen waren es? Welcher Art waren diese Organisationen?
SAUCKEL: Das waren die Generale für das Kriegsgefangenenwesen in den Wehrkreisen und das andere war die Organisation der Betriebe oder die Betriebe selbst über die entsprechenden Ministerien, sei es das Reichsernährungsministerium, in dem die meisten Kriegsgefangenen bei Bauern untergebracht wurden zur Arbeit oder in der gewerblichen Kriegswirtschaft.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Mit anderen Worten, Sie hatten gar nichts damit zu tun. Ich werde Sie daran erinnern...
SAUCKEL: Ich hatte über die Gauarbeitsämter und Arbeitsämter, soweit sie hier die formulare Vermittlung vorzunehmen hatten, diese einzuschließen, soweit sie nicht direkt zwischen den Betrieben und den Stalags gingen.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Ich werde jetzt einen Auszug aus Ihrem Bericht an Hitler vom 27. Juli 1942 verlesen. Es ist das Dokument 1296-PS. In diesem Auszug heißt es im Abschnitt III...
SAUCKEL: Drei oder zwei, bitte?
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Drei. Er trägt die Überschrift:
»Der Einsatz sowjetrussischer Kriegsgefangener.«
Sie schreiben darin:
»Neben dem Einsatz ziviler Arbeitskräfte habe ich den Einsatz der sowjetrussischen Kriegsgefangenen planmäßig in Zusammenarbeit mit dem OKW – Abteilung Kriegsgefangene – gesteigert.«
Und weiter:
»Auf den weiteren verstärkten und beschleunigten Abtransport einer größtmöglichen Zahl von Kriegsgefangenen von der Front zum Einsatz im Reich lege ich daher besonderen Wert.«
Ist das richtig?
SAUCKEL: Das ist richtig, und es entspricht genau meiner Darstellung, die ich vorher gegeben habe.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Nicht ganz.
SAUCKEL: Doch.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Sie haben erklärt, daß Sie in gar keinem Verhältnis zur Beschäftigung der Kriegsgefangenen in der deutschen Industrie standen, während es in Ihrem Bericht ganz anders heißt; daher frage ich Sie im Zusammenhang mit dem, was ich eben verlesen habe: Sie haben doch die Ausnutzung der sowjetrussischen Kriegsgefangenen in der deutschen Industrie im voraus geplant. Das war in Ihren Plänen vorgesehen, und darüber schreiben Sie auch in Ihrem Berichte. Ist das richtig?
SAUCKEL: Ich muß einen grundlegenden Irrtum Ihrerseits festlegen. In der ganzen Welt, ob staatlich oder privat, ist die Arbeitsvermittlung keine Organisation oder Institution, die Arbeiter ausnutzt, sondern die Arbeiter vermittelt. Ich muß diesen grundsätzlichen Irrtum feststellen. Meine Obliegenheit war, die Verbindung herzustellen, damit diese Kriegsgefangenen, die sich etwa in Stalags der besetzten Gebiete oder im Generalgouvernement befanden, von den dortigen Generalen für das Kriegsgefangenenwesen für die in Deutschland vorgesehenen landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebiete registriert und dann entsprechend gesteuert wurden. Der Einsatz zur Arbeit im Betrieb unterlag nicht meiner Aufsicht und hatte nichts mit mir zu tun.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Dann haben Sie mit anderen Worten an der Versorgung der deutschen Industrie mit sowjetischen Kriegsgefangenen teilgenommen. Ist das richtig? [Der Dolmetscher übersetzt »Versorgung« mit »Ausnutzung«.]
SAUCKEL: Das ist nicht richtig nach meinem deutschen Sprachgebrauch, wie ich Sie verstehe. Vermittlung ist etwas ganz anderes wie Ausnutzung, dazu müßten andere Herren Stellung nehmen. Ich kann nur für die Vermittlung sprechen. Die war in Deutschland staatlich. In anderen Ländern ist sie privat. Das ist der Unterschied; aber ausgenutzt habe ich keinen Menschen. Ich habe keinen einzigen Arbeiter beschäftigt als Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: War es Ihnen bekannt, daß die sowjetrussischen Kriegsgefangenen in der deutschen Kriegsindustrie eingesetzt waren?
SAUCKEL: Es war mir bekannt, daß sowjetische Kriegsgefangene in der deutschen Kriegsindustrie benutzt wurden, denn die ist sehr weitläufig und groß gewesen und umfaßte die verschiedensten Zweige.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: War Ihnen insbesondere die Anweisung des Angeklagten Keitel über den Einsatz sowjetrussischer Kriegsgefangener im Bergbau bekannt? Die Anweisung ist vom 8. Januar 1943 datiert. Wissen Sie etwas von dieser Anweisung?
SAUCKEL: Sie ist mir im einzelnen nicht gegenwärtig, ich bitte, sie mir vorzulegen.