[Zum Zeugen gewandt:]
Bitte, lassen Sie Ihren Finger auf der Stelle, damit Sie sie nicht verlieren. Der nächste Satz beginnt:
»Als Drittes hat er die bisher vom Reichsmarschall befohlenen Lohnbedingungen als untragbar bezeichnet und beim Reichsmarschall erreicht, daß die Russen bis zur Hälfte des Lohnes der deutschen Arbeiter verdienen könnten.«
Übrigens, da wir gerade bei dieser Erklärung sind, was hatte denn der Reichsmarschall vorgeschlagen?
SAUCKEL: Es haben vor meinem Dienstantritt – darüber habe ich meinem Verteidiger gegenüber ausführlich ausgesagt – Verordnungen des Ministerrats bestanden über die Lohnregelungen, und ich habe diese Lohnregelungen ständig verbessert, und zwar viermal, soweit ich das durchsetzen konnte innerhalb meiner Amtszeit.
VORSITZENDER: Das ist keine Antwort auf die Frage. Die Frage war: Was hat der Reichsmarschall als Lohn für diese Arbeiter vorgeschlagen? Sie können das beantworten.
SAUCKEL: Der Reichsmarschall hat mir gegenüber keine Vorschläge gemacht, sondern ich habe Regelungen bei meinem Amtsantritt vorgefunden, die ich für ungenügend gehalten habe.
MR. DODD: Erzählen Sie uns darüber etwas mehr. Was verstehen Sie unter »ungenügend«; Sie sprachen hier auch von »untragbar«? Wie war die Lage bezüglich der Löhne als Sie Ihr Amt antraten?
SAUCKEL: Ich habe schon gestern bei meiner Vernehmung durch meinen Verteidiger gesagt und in einem Beispiel dargelegt, daß ein Ostarbeiter, als ich mein Amt antrat, etwa bei einer Lohnhöhe von 60 Pfennig in der Stunde nach Abzug seiner Verpflegung und Unterbringung etwa RM. 4.50 in bar ausbezahlt bekommen hat. Das habe ich abgeändert nach meinem Amtsantritt, die Barauszahlung, die freien Beträge, verdoppelt. Der Zweck der Anordnungen, die vor mir bestanden haben, war wohl aus Währungsgründen und dergleichen geschaffen, um einen zu hohen Umlauf freier Beträge dort zu verhüten. Das ist mir nicht näher bekannt.
MR. DODD: Dieses Beweisstück, Herr Vorsitzender, wird US-881. Ich habe dann keine weiteren Fragen.
[Dr. Ballas, in Stellvertretung von Dr. Horn für den Angeklagten Ribbentrop.]
DR. WALTER BALLAS, STELLVERTRETENDER VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN RAEDER: Ich habe einige Fragen an den Zeugen zu stellen. Sie haben gestern im Kreuzverhör über eine französische Diplomaten-Organisation, die unter dem Französischen Botschafter Scapini eingerichtet war, gesprochen, die für die in Deutschland befindlichen Franzosen aufgezogen wurde. Ist es richtig, daß diese Organisation auf Wunsch des Angeklagten von Ribbentrop aufgezogen wurde?
SAUCKEL: Auf beiderseitigen Wunsch und beiderseitige Vereinbarungen. Wir haben beide dieselben Interessen gehabt; das ist richtig.
DR. BALLAS: Können Sie mir die Gründe angeben, die von Ribbentrop zur Aufziehung dieser Organisation veranlaßten?
SAUCKEL: Die Gründe, die hierzu veranlaßten, waren meines Erachtens, eine Verständigung der deutschen und französischen Bevölkerung auf diese Weise herbeizuführen, indem eine besonders sorgfältige Betreuung der in Deutschland arbeitenden Franzosen gewährleistet sein sollte.
DR. BALLAS: Diese Diplomaten-Organisation war zugleich zuständig für die Behandlung der französischen Kriegsgefangenen? Können Sie angeben, welche Gründe es waren, die das Deutsche Auswärtige Amt zu einer solchen, während des noch bestehenden Kriegszustandes zwischen Deutschland und Frankreich ungewöhnlichen Einrichtung bestimmte?
SAUCKEL: Es waren Besprechungen zwischen der Französischen Regierung des Marschalls Pétain und der Deutschen Regierung, und die beiden Völker versuchten sorgfältig, eine Verständigung herbeizuführen.
DR. BALLAS: Deswegen diese ungewöhnliche Maßnahme, die sich auf Kriegsgefangene bezog?
SAUCKEL: Nicht allein deswegen. Ich erachtete es mit als eine besondere Notwendigkeit und darf dazu erwähnen, daß diese Organisation später geteilt oder ergänzt worden ist, indem neben Herrn Scapini, der sich den französischen Kriegsgefangenen besonders widmete, ein Herr Broehne sich besonders für die französischen Zivilarbeiter eingesetzt hat.
DR. BALLAS: Ist es richtig, daß der Angeklagte von Ribbentrop im Rahmen des Auswärtigen Amtes eine Organisation aufgezogen hatte, um für die Betreuung ausländischer Arbeiter laufend aus den von Deutschland besetzten Gebieten Künstler, Vortragende, Zeitungen, Bücher und so weiter kommen zu lassen, um diese Arbeiter als Freunde einer Verständigung mit Deutschland nach Hause zurückkehren zu lassen?
SAUCKEL: Es war der Zweck einer Vereinbarung, die vom Herrn Reichsaußenminister unter Beteiligung des Propagandaministeriums, der Deutschen Arbeitsfront und meiner Dienststelle eingerichtet worden ist, um durch ausländische Künstler, Künstlerinnen und Vortragende die Freizeit der ausländischen Arbeiter auszugestalten. Es sind auch in großem Maße zu diesem Zwecke russische Künstler in Deutschland gewesen. Es hatte auch den Zweck, Bibliotheken und Zeitschriften der Heimatländer zu ermöglichen.
DR. BALLAS: Danke sehr, ich habe keine weiteren Fragen.
DR. SERVATIUS: Herr Präsident! Zur Richtigstellung des zeichnerischen Irrtums in dem Dokument 1 will ich nur eine Bestätigung von dem Zeugen haben.