[Zum Zeugen gewandt:]
Sie haben nach dem Anschlag auf Hitlers Leben vor Ihrem Stabe eine Rede gehalten, nicht wahr? Sind dies die Aufzeichnungen über Ihre Ansprache vom 24. Juli?
JODL: Das habe ich noch nie gesehen, ich sehe es zum ersten Male. Es ist mir unbekannt geblieben, daß darüber eine Aufzeichnung gemacht wurde.
MR. ROBERTS: Gehen wir der Reihenfolge nach. Haben Sie vor Ihrem Stabe kurz nach dem Attentatsversuch auf Hitler am 24. Juli 1944 eine Rede gehalten?
JODL: Jawohl, sogar noch mit verbundenem Kopf.
MR. ROBERTS: Zweitens: Ist das Dokument, das Sie vor sich haben, ein Dokument, das aus Ihren Akten stammt? Schauen Sie sich den Einband an, wenn es notwendig ist.
JODL: Ich nehme es an. »Wehrmachtführungsstab – Kriegstagebuch« steht darüber. Es werden wahrscheinlich Aufzeichnungen von Major Schramm sein.
MR. ROBERTS: Lassen Sie mich mit dem Anfang dieser Aufzeichnungen beginnen. Können Sie sich an Ihre Worte noch erinnern? Haben Sie folgendermaßen begonnen:
»Der 20. Juli war der schwärzeste Tag, den die deutsche Geschichte bisher gesehen hat und wird es vielleicht für alle Zukunft bleiben.«
JODL: Das ist sehr wohl möglich, ja.
MR. ROBERTS: Warum war es ein schwarzer Tag für Deutschland? Weil jemand versucht hat, einen Mann zu ermorden, der, wie Sie jetzt zugeben, ein Mörder war?
JODL: Soll ich vielleicht in dieser Situation, wo ich von einem eigenen Kameraden – mit vielen Gegnern des Systems zusammen – in einer feigen, hinterlistigen Weise in die Luft gesprengt werde, das auch noch anerkennen? Das war für mich nach diesem Eindruck das Furchtbarste, was passiert ist. Wenn der Mann mit einer Pistole den Führer erschossen hätte und sich gestellt hätte, das wäre etwas anderes gewesen. Diese Methode war für mich das Abschreckendste, was es für einen Offizier geben kann; und unter dem Eindruck dieser Erlebnisse, die wirklich zu den schlimmsten gehörten, die ich kenne, habe ich das gesagt, und ich halte es auch heute aufrecht.
MR. ROBERTS: Ich will mich nicht mit Ihnen streiten. Aber glauben Sie etwa, daß es eine feigere Tat war, als diese fünfzig amerikanischen Soldaten, die in Norditalien landeten, um ein militärisches Ziel zu zerstören, wie Hunde zu erschießen?
JODL: Auch das war ein Mord, darüber ist kein Zweifel. Aber es ist nicht Aufgabe der Soldaten, den Richter zu spielen über ihren Oberbefehlshaber. Möge das die Geschichte tun oder ein Gott im Himmel.
MR. ROBERTS: Gut. Ich will nur noch drei Fragen an Sie stellen.
Euer Lordschaft! Ich werde auf Seite 2 des Dokuments lesen, ungefähr zehn Zeilen von oben. Es beginnt mit »Der Führer...«
[Zum Zeugen gewandt:]
Ich werde es langsam verlesen, vielleicht können Sie das wiedererkennen:
»Der Führer hat dies und anderes ignoriert, und nun wollten die Attentäter ihn als einen ›Despoten‹ beseitigen.«
Erinnern Sie sich, dieses oder ähnliches gesagt zu haben? Finden Sie die Stelle?
»Der Führer hat dies und anderes ignoriert, und nun wollten die Attentäter ihn als einen ›Despoten‹ beseitigen.«
Erinnern Sie sich daran?
»Dabei haben sie selbst erlebt, daß der Führer nicht mit Gewalt zur Macht kam, sondern getragen durch die Liebe des deutschen Volkes.«
Erinnern Sie sich, das gesagt zu haben?
JODL: Ja, das ist doch richtig. Er ist, durch die Liebe des deutschen Volkes getragen, zur Macht gekommen. Was ich dabei erlebt habe, das ist ungeheuerlich. Er wäre beinahe erdrückt worden durch diese Liebe des Volkes und der Soldaten.
MR. ROBERTS: Getragen durch... Verzeihung, sind Sie fertig? Ich wollte Sie nicht unterbrechen.
JODL: Mit diesem Punkte, ja.
MR. ROBERTS: »Getragen durch die Liebe des deutschen Volkes.« Sie haben die SS vergessen, die Gestapo und die Konzentrationslager für politische Gegner, nicht wahr?
JODL: Ich habe Ihnen gesagt, wie wenig – leider – wie wenig ich über all diese Dinge wußte, so gut wie nichts. Natürlich hat das alles ein anderes Gesicht, wenn man jetzt diese Tatsachen weiß.
MR. ROBERTS: Schön. Ich lege Ihnen jetzt mein letztes Dokument vor.
Euer Lordschaft! Es ist ein neues Dokument, 1776-PS; ich lege es als GB-494 vor.