[Zum Zeugen gewandt:]
Das ist von Ihnen unterschrieben, nicht wahr? Es behandelt den Bruch der Genfer Konvention.
Sagen Sie mir bitte, ob Sie es unterschrieben haben? Ist das Ihre Unterschrift?
Bitte, beantworten Sie meine Frage. Ist das Ihre Unterschrift?
JODL: Ja, am Schlusse ist meine Unterschrift.
MR. ROBERTS: Dort findet man die Unterschrift ja gewöhnlich. Es ist vom 21. Februar 1945 und der Bogen, auf dem es geschrieben ist, trägt Ihren eigenen Briefkopf. Es heißt dort:
»Am 23. Februar durch Chef WFSt dem Führer vorgelegte Vortragsnotiz.
Folgende Fragen waren zu prüfen:«
Euer Lordschaft! Ich will nicht alles verlesen. Wenn der Zeuge mir folgen will, bin ich bereit, alle von ihm gewünschten Stellen zu verlesen. Es handelt sich hier um, eine Besprechung der verschiedenen Vorzüge und Nachteile, die aus einer Ablehnung der verschiedenen internationalen Abkommen erwachsen würden von einem – und ich glaube dem Zeugen nicht unrecht zu tun, wenn ich dies sage – eher zweckbestimmten als moralischen Standpunkt aus.
JODL: Das ist durchaus richtig, jawohl; denn es drehte sich für mich nur darum, einen Erfolg beim Führer zu haben. Danach ist dieses Dokument abgefaßt.
MR. ROBERTS: Ich möchte nun den letzten Absatz verlesen.
Euer Lordschaft! Es ist auf der letzten Seite, in einem Ihrer Dokumente, ganz unten.
»C.) Vorschlag OKW.
Im gegenwärtigen Zeitpunkt überwiegen jedenfalls die Nachteile eines Lossagens von den bisher noch geübten Bindungen die Vorteile bei weitem.
So falsch wie es 1914 war, allen Staaten, die uns schon lange mit Krieg überziehen wollten, unsererseits feierlich den Krieg zu erklären und damit nach außen die ganze Kriegsschuld auf uns zu nehmen, und so falsch es war, den notwendigen...«
beachten Sie das Wort »notwendigen«
»... Durchmarsch durch Belgien 1914 als eigene Schuld zu gestehen, so falsch wäre es jetzt, sich öffentlich von den übernommenen völkerrechtlichen Verpflichtungen loszusagen und damit wieder nach außen als die Schuldigen dazustehen.
Das Festhalten an den eingegangenen Verpflichtungen bedingt keineswegs, daß wir uns irgendwelche Beschränkungen, die die Kriegführung beeinträchtigen, auferlegen müssen. Versenkt zum Beispiel der Engländer ein Lazarettschiff, muß dies wie bisher propagandistisch ausgeschlachtet werden. Das hindert keineswegs als Repressalie sofort ein englisches Lazarettschiff zu versenken und dann darüber ebenso wie die Engländer das Bedauern, daß es aus Versehen geschehen sei, auszusprechen.«
Das ist nicht sehr ehrenhaft, nicht wahr?
JODL: Dazu kann ich nur sagen, das war die Methode, die allein einen Erfolg beim Führer erreichen konnte, und dieser Erfolg ist dadurch eingetreten. Wenn ich mit moralischen Argumenten gekommen wäre oder mit rein rechtlichen, dann hätte er gesagt: »Lassen Sie mich mit dem dummen Geschwätz in Ruhe« und hätte diese Tatsache, die Kündigung, durchgeführt. Aber diese Dinge haben ihm zu denken gegeben. Das war der Grund, warum er es nicht durchführte.
Also Sie müssen mir schon zubilligen, daß ich nach fünfeinhalb Jahren die Taktik, wie man etwas Gutes erreichen und etwas Böses verhindern konnte, am besten kannte. Auf den Erfolg kam es an, und den habe ich erreicht.
MR. ROBERTS: Aber sehen Sie doch einmal, Sie bedauern hier die Tatsache, daß man im Jahre 1914 der Welt die Wahrheit gesagt habe. 1914, haben Sie gesagt, hat man Verträge nur als einen Papierfetzen bezeichnet. Jetzt sagen Sie: Wie schade war es, daß man der Welt im Jahre 1914 die Wahrheit gesagt hat. Wir hätten ihnen etwas Unwahres sagen sollen und dann würden wir möglicherweise jetzt einen besseren Ruf haben.
JODL: Das war eine Argumentation, die der Führer sehr oft gebrauchte. Wenn man seine Argumentationen in dieser Form immer wieder gebracht hat, so war er eben geneigt, ein solches Papier eher zu lesen und zu akzeptieren. Es mußte verhindert werden, daß er es mit einem Wutanfall in die Ecke wirft und sofort die Kündigung befiehlt. Das war die Taktik, die man betreiben mußte. Wenn man das Gute nicht offen tun kann, dann ist es immer noch besser, man tut's hintenherum auf Schleichwegen als gar nicht.
MR. ROBERTS: Ich komme jetzt zu einer ganz anderen Sache. Haben Sie die Grundsätze der Nazi-Partei bewundert?
JODL: Nein.
MR. ROBERTS: Waren Sie der Ansicht, daß eine erfolgreiche. Verschmelzung der Nazi-Partei mit der Wehrmacht bestand, die die Verjüngung und den Wiederaufstieg Deutschlands nach 1933 mit sich brachte?
JODL: Es hätte sein können. Ich habe es lange Zeit gehofft, und im allgemeinen hat sich das Verhältnis auch im Laufe der Jahre, besonders im Kriege, etwas verbessert. Zu Anfang war es schlecht, sehr schlecht.
MR. ROBERTS: Sie schrieben... bitte. Ich lese jetzt, aus Ihrer Rede, Dokument L-172, Seite 290 im Dokumentenbuch Nummer 7; es ist Seite 6 in Ihren Vortragsnotizen und Seite 203 im deutschen Text:
»Daß die nationalsozialistische Bewegung und ihr Kampf um die innere Macht die Vorstufe der äußeren Befreiung von den Fesseln des Versailler Diktats bildete, brauche ich in diesem Kreise nicht auszuführen. Es liegt mir jedoch am Herzen, hier auszusprechen, wie alle einsichtigen Berufssoldaten sich darüber im klaren sind, welche bedeutsame Rolle die nationalsozialistische Bewegung für die Wiedererweckung des Wehrwillens, die Pflege der Wehrkraft und die Wiederaufrüstung des deutschen Volkes gespielt hat. Trotz aller in ihr steckenden Werte hätte die kleine Reichswehr diese gewaltige Aufgabe schon aus Mangel an Breitenwir kung nicht zu lösen vermocht. Es ist vielmehr die Synthese beider Kräfte gewesen, die der Führer angestrebt und in so glücklicher Weise verwirklicht hat.«
War das Ihre ehrliche Meinung oder nicht?
JODL:. Doch, das ist historische Wahrheit, unbestreitbare, historische Wahrheit. Die Bewegung hat das getan. Das ist sicher.
MR. ROBERTS: Gut. Dann möchte ich Ihnen das vorletzte Dokument vorlegen, das ich einreiche.
Euer Lordschaft! Das ist bis jetzt noch nicht vorgelegt worden. Es ist 1808-PS. Ich lege es als GB-493 vor.