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[Zum Zeugen gewandt:]

Am 23. März wurde das Gesetz über die Sondergerichte erlassen. Was haben Sie hierzu zu erklären?

VON PAPEN: Auch diese Sondergesetze, Sondergerichtsgesetze, sind kein Novum. Ich selbst als Reichskanzler hatte am 9. August 1932 ein solches Gesetz erlassen und stützte mich dabei bereits auf eine Verordnung des Kabinetts Brüning vom 6. Oktober 1931. In revolutionären Zeiten müssen politische Straftaten alsbald rechtskräftig zur Urteilung gebracht werden.

DR. KUBUSCHOK: Ich verweiße auf Dokument 27, Seite 89 des ersten Urkundenbuches und verweise insbesondere auf die Einleitung vor Paragraph 1, aus der sich ergibt, daß sich diese Notverordnung auf die Brüningsche Notverordnung von 1931 stützt.

[Zum Zeugen gewandt:]

Am 1. April 1933 wurde der Judenboykott durchgeführt. War dies eine Regierungsmaßnahme, haben Sie hieran irgendwelchen Anteil gehabt?

VON PAPEN: Die Behauptung des Dr. Goebbels, das Kabinett habe dieser Maßnahme zugestimmt, ist völlig falsch. Im Gegenteil, auf Veranlassung des Kabinetts hatte Hitler die öffentlichen Erklärungen vom 10. und vom 12. März abgegeben, die durch meinen Anwalt in den Dokumenten überreicht werden, und wenn die Anklage mein Telegramm, das ich am 25. nach Neuyork schickte, eine »white lie of the greatest magnitude« nennt, so kann ich auch hier nur sagen, daß das vollkommen unbegründet ist. Die öffentlichen Erklärungen Hitlers gaben uns und mußten uns die Sicherheit geben, daß solche Ausschreitungen nicht mehr stattfinden könnten, und in diesem Glauben habe ich das Telegramm abgesandt. Es wäre doch unverständlich, wenn ich am 25. ein Telegramm nach Neuyork schicke...

VORSITZENDER: Ich glaube, Dr. Kubuschok, Ihre Frage lautete: Hat der Angeklagte an diesen Maßnahmen teilgenommen? Ich weiß nicht, was er antwortet. Er antwortet bereits seit einigen Minuten, aber ich weiß nicht, was.

Die Frage war: Haben Sie teilgenommen? Und ich weiß nicht, was er beantwortete.

VON PAPEN: Ich habe gesagt, daß die Behauptung von Goebbels, das Kabinett hat diesem Judenboykott zugestimmt, eine Lüge ist.

VORSITZENDER: Warum antworten Sie nicht direkt? Haben Sie daran teilgenommen oder nicht?

VON PAPEN: Nein, wir haben nicht daran teilgenommen.

DR. KUBUSCHOK: Ich verweise auf Dokument 33, Seite 113, Erklärung Hitlers vom 10. März, letzte zwei Zeilen:

»Belästigungen einzelner Personen, Behinderungen von Autos oder Störungen des Geschäftslebens haben grundsätzlich zu unterbleiben.«

Auf der gleichen Seite 113, letzter Satz des vorletzten Absatzes, Erklärung Hitlers vom 12. März:

»Wer es von jetzt ab versucht, durch Einzelaktionen Störungen unseres Verwaltungs- oder des geschäftlichen Lebens herbeizuführen, handelt bewußt gegen die Nationale Regierung.«

VORSITZENDER: Dr. Kubuschok! Ich wollte den Angeklagten nicht daran hindern, dem Gerichtshof zu sagen, was er wegen seines Telegramms an die New York Times getan hat, aber in erster Linie wollte ich, daß er Ihre Frage beantwortet.

Wenn er im Zusammenhang mit dem Telegramm an die New York Times noch etwas hinzufügen will, lassen Sie ihn das tun.

DR. KUBUSCHOK: Also ich bitte, diese Frage bezüglich der New York Times wieder aufzunehmen.

VON PAPEN: Ich kann nur noch hinzufügen, Mylord, daß es ja völlig unerklärlich gewesen wäre, wenn ich am 25. April dieses Telegramm nach Neuyork geschickt hätte in der Kenntnis, daß drei oder vier Tage später ein neuer Judenboykott auftreten würde; das ist ja völlig unsinnig.

Ich darf im übrigen darauf verweisen, daß am gleichen Tage der Herr von Neurath ein ganz ähnliches Telegramm an den Kardinal O'Connell geschickt hat.

DR. KUBUSCHOK: Geben Sie bitte eine Schilderung Ihrer Einstellung zum Judenproblem.

VON PAPEN: Meine Einstellung zum Judenproblem ist sehr kurz präzisiert. Ich habe zu dieser Frage immer in meinem Leben die Stellung eingenommen, die die katholische Kirche von ihren Mitgliedern erwartet.

Meinen Standpunkt zur Rassenfrage mit Bezug auf die nationalsozialistische Doktrin gab ich in einer Rede in Gleiwitz im Jahre 1933 vor aller Öffentlichkeit bekannt, mein Anwalt wird das Dokument übergeben.

Eine völlig andere Frage, außerhalb der grundsätzlichen Einstellung zum Judenproblem, war für mich die Frage der gewissen Überfremdung oder des überstarken Einflusses des jüdischen Elements in den Domänen, welche die öffentliche Meinung eines Volkes bilden: In der Presse, der Literatur, Theater, im Film und insbesondere im Rechtswesen. Es schien mir keine Frage, daß diese Überfremdung ungesund war und daß man sie auf irgendeine Weise korrigieren sollte.

Aber das hatte, wie gesagt, mit der Rassenfrage gar nichts zu tun.

DR. KUBUSCHOK: Ich verweise auf Dokument 16, Seite 68, in welcher ein Auszug der erwähnten, im Jahre 1934 in Gleiwitz gehaltenen Rede des Zeugen enthalten ist. Ich zitiere: Von Papen spricht hier:

»... Gegen Rassenforschung und Rassenpflege, die das Bestreben haben, die Eigenart eines Volkes möglichst reinzuhalten und den Sinn für die Volksgemeinschaft zu wecken, ist gewiß nichts einzuwenden. Diese Liebe zur eigenen Rasse wird niemals in dem Haß gegen andere Völker oder Rassen ausarten. Das ist das Entscheidende, und niemals darf diese Rassenpflege in einen Konflikt mit dem Christentum gebracht werden, denn Rasse und Christentum sind keine Gegensätze, sondern nur verschiedene Ordnungen. Das Christentum hat aus den deutschen Stämmen erst ein deutsches Volk gemacht, und es ist wahrlich nicht nötig, erst eine neue nordisch-germanische Religion zu begründen, um ein Bekenntnis zu unserem Volkstum ablegen zu können...«

Ich verweise weiterhin für das zweite von dem Zeugen erörterte Thema auf Dokument 29, Seite 103, Auszug vom 4. Juli, Tagebuch Dodd, und auf das Dokument 35, Seite 115. Dort ist ein Artikel des »Völkischen Beobachter« vom 19. August 1932 enthalten. Die Überschrift dieses Artikels lautet:

»Die Regierung Papen hat den Schutz der Juden auf ihre Fahne geschrieben.«

VORSITZENDER: Das war im August 1932? Wo steht das?

DR. KUBUSCHOK: Dokument 35, auf Seite 115. Ich verlas eben die Überschrift dieses Artikels des »Völkischen Beobachter« vom 19. August 1932.

»Die Regierung Papen hat den Schutz der Juden auf ihre Fahne geschrieben.«

Der Bericht befaßt sich mit einer Äußerung des Herrn Kareski aus Berlin als Vertreter der Jüdischen Volkspartei. Kareski war Synagogenvorsteher in Berlin. Er hat damals ausgeführt, und ich zitiere den letzten Absatz dieses Artikels:

»Glücklicherweise schütze aber die Verfassung der deutschen Republik noch die rechtliche Stellung der Juden, und die Regierung Papen habe den Schutz der Juden auf ihre Fahne geschrieben.«