HOME

<< Zurück
|
Vorwärts >>

[Zum Zeugen gewandt:]

Äußern Sie sich bitte zu dem Ergebnis der Wahlen des 5. März 1933.

[Zum Gerichtshof gewandt:]

Ich darf hierbei auf das Dokument Nummer 98 verweisen, in dem ich ein Schema über die Entwicklung der Wahlergebnisse in den fraglichen Jahren gegeben habe.

VON PAPEN: Diese Wahl ist von einer ganz entscheidenden Bedeutung für die spätere Entwicklung geworden. Zunächst darf ich feststellen, daß diese Wahl eine wirklich freie Wahl war, denn sie wurde durchgeführt mit den alten Funktionären der Republik, und daß sie frei war, beweist auch der Umstand, daß die Stimmen der Kommunisten und der Sozialdemokraten keinerlei Abnahme erfahren haben. Ich persönlich hatte damit gerechnet, daß die NSDAP einen Wahlerfolg haben werde. Im November 1932 hatte ich ihr 36 Mandate abgenommen, und ich rechnete damit, daß sie diese wieder aufholen würde. Ich hatte auch gehofft, daß mein eigener Wahlblock einen großen Erfolg haben würde. Ich konnte hoffen, daß das Land die Notwendigkeit verstehen würde, ein inneres Gegengewicht zu bilden. Das alles war nicht der Fall...

VORSITZENDER: Die Zahlen genügen uns. Wir können daraus unsere eigenen Schlußfolgerungen ziehen. Wir können die Zahlen selbst sehen. Es ist unnötig, sie alle zu erklären und zu kommentieren. Wir müssen uns mit weitaus wichtigeren Dingen befassen.

DR. KUBUSCHOK: Schildern Sie, Herr Zeuge, das Zustandekommen des Ermächtigungsgesetzes vom 23. März 1933.

VON PAPEN: Das Ermächtigungsgesetz war aus der Notwendigkeit geboren, eine ruhige Arbeitsperiode für die Durchführung der wirtschaftlichen Maßnahmen zu haben. Zunächst waren Verhandlungen mit dem Zentrum gewesen, um einen einjährigen Waffenstillstand im Parlament zu erreichen. Die Verhandlungen waren gescheitert. Also ergab sich die Notwendigkeit dieses Gesetzes, das auch manche Parallelen in der Vergangenheit hatte. Dieses Gesetz ist von der Anklage sehr scharf als ein Beweis für die Conspiracy hervorgehoben worden. Ich darf daher betonen, daß ich selbst bemüht gewesen bin, eine gewisse Kontrolle sicherzustellen, indem ich das »Vetorecht« des Reichspräsidenten aufrechtzuerhalten wünschte. Indessen geht aus dem Kabinettsprotokoll vom 15. März hervor, daß der Staatssekretär Meißner die Mitwirkung des Reichspräsidenten nicht für erforderlich hielt.

DR. KUBUSCHOK: Ich verweise auf Dokument 25, das identisch ist mit Exhibit US-578. Hierbei verweise ich auf die Stellungnahme Papens in der Kabinettssitzung und auf die eben erwähnte Stellungnahme des Staatssekretärs Meißner,

»Meißner, Staatssekretär des Präsidial-Kabinetts, des Kabinetts des Reichspräsidenten, dessen vorzüglicher Mitarbeiter.«

Ich verweise weiterhin auf Dokument 23, und zwar deswegen, weil sich aus der Aufzählung der Notverordnungen ergibt, daß in der damaligen Notzeit nicht die Möglichkeit bestand, mit Reichstagsgesetzen zu regieren, und daß das Ermächtigungsgesetz einen Ersatz für diese sich ständig wiederholenden Notverordnungen bilden sollte.

Ich bitte, mich noch berichtigen zu dürfen. – Die Stellungnahme des Staatssekretärs Meißner ist im Dokument 91 enthalten, US-Exhibit 578.

[Zum Zeugen gewandt:]

Am 21. März 1933 wurde ein Amnestiegesetz erlassen, das von der Anklage als ein absolutes Novum hervorgehoben wurde.

Was haben Sie zu diesem Gesetz zu sagen?

VON PAPEN: Die Anklage nennt dieses Gesetz: »Sanction of political murder«. Ich habe dazu folgendes zu sagen: Das Gesetz wurde erlassen durch eine Notverordnung des Reichspräsidenten, nicht durch das Kabinett, und es war ein natürlicher Abschluß einer revolutionären Epoche von sieben Wochen. Es gibt sehr viele Parallelen aus der Vergangenheit zu solchen Amnestien; zum Beispiel das Gesetz vom 21. Juli 1922 der jungen deutschen Republik umfaßt in seiner Amnestie auch den Mord.

DR. KUBUSCHOK: Ich verweise auf Dokument 28, Seite 99 des Urkundenbuches 1. Dies enthält das Gesetz vom 21. Juli 1922, das abschließt die Periode der staatlichen Unruhe aus dem Jahre 1920 und 1921. Ich verweise weiterhin auf Seite 100 des Dokuments 28, das das erwähnte Gesetz vom 20. Dezember 1932 enthält.