HOME

<< Zurück
|
Vorwärts >>

[Zum Zeugen gewandt:]

Wollen Sie fortfahren.

FRITZSCHE: Ich bitte um die Erlaubnis, den Inhalt ganz kurz zusammenfassen zu dürfen.

Ich sprach von den Berichten, die die deutsche Öffentlichkeit erhalten hatte, über das, was deutsche Soldaten gesehen haben bei ihrem Vormarsch in der Sowjetunion, vor allem über Gefangene in den Gefängnissen verschiedener Städte. Ich schilderte diese Dinge nicht noch einmal, sondern erinnerte nur an die damals ausgegebenen Berichte. Daraus zog ich die Folgerung: Man sehe nun ein, wie notwendig der Kampf gegen ein System sei, unter dem solche Greueltaten möglich seien. Für die Völker der Sowjetunion gebrauchte ich sogar ausdrücklich Worte des Mitgefühls und der Sympathie.

DR. FRITZ: In demselben Zusammenhang und mit derselben Tendenz zitierte die Anklage dann einen Satz aus einem Absatz Ihrer Rundfunkansprache vom 10. Juli 1941.

Herr Präsident! Das ist in dem Dokumentenbuch Nummer I die Rede vom 10. Juli 1941, ebenfalls im vollen Wortlaut auf den Seiten 14 bis 19.

[Zum Zeugen gewandt:]

Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

FRITZSCHE: In diesem Zitat, ja, in dieser ganzen Ansprache wird das noch deutlicher, als ich eben sagte. Ich verwies noch einmal auf die eben schon erwähnten Berichte, ich verwies auch auf die Schilderung von Auslandskorrespondenten, und dann teilte ich hierzu ganz offen die Stellungnahme Moskaus zu diesen Ereignissen mit und sagte ganz ehrlich: »Radio Moskau gibt an, daß diese Greueltaten Tatsachen sind, aber es behauptet, diese Greueltaten wären nicht begangen worden von Russen, sondern von Deutschen.« Gegenüber dieser Stellungnahme Moskaus trat ich sozusagen eine Flucht in die Öffentlichkeit an. Ich rief die Millionen von deutschen Soldaten zu Zeugen an, ich rief als Zeugen ihre Frauen, ihre Väter und Mütter, ich rief in feierlicher Form als Zeugen an die Bewohner der besetzten Gebiete, in denen damals Deutsche die Macht hatten und in denen sie, wie ich sagte, nur den moralischen Gesetzen der eigenen Brust unterworfen waren. Dann zog ich die Schlußfolgerung: Diese deutschen Soldaten können gar nicht die Grausamkeiten begangen haben, die da von Berlin und Moskau gleichermaßen geschildert wurden. Der Ankläger behauptete, diese Versuche, deutsche Greueltaten den Russen in die Schuhe zu schieben, seien lächerlich. Ich empfinde dieses nicht als lächerlich, ich empfinde sie als tragisch. Sie zeigen in voller Klarheit nach meiner Auffassung die ganze Ehrlichkeit und Ehrenhaftigkeit der gesamten deutschen Kriegführung, und ich glaube auch heute noch, daß Mord und Gewalttaten und Sonderkommandos nur wie ein Fremdkörper, nur wie ein Geschwür an dem moralisch gesunden Körper des deutschen Volkes und seiner Wehrmacht hafteten.

DR. FRITZ: Die Anklage zitiert schließlich eine Stelle aus Ihrer Ansprache vom 9. Oktober 1941, aus der auch an anderer Stelle ein anderes Zitat gebracht wurde.

Herr Präsident! Im Dokumentenbuch Fritzsche Nummer I ist diese Rede in vollem Wortlaut enthalten auf den Seiten 20 bis 25, und die Zitate der Staatsanwaltschaft sind zusammengefaßt in einem Dokument, in dem Dokumentenbuch Fritzsche der Staatsanwaltschaft. Ich glaube, daß das Hohe Gericht das leicht vergleichen kann.

[Zum Zeugen gewandt:]

Die Anklage folgert aus diesem Zitat, daß Sie begeisternd von der Politik der Nazi-Verschwörer gesprochen hätten bei der rücksichtslosen Ausbeutung der besetzten Gebiete. Was haben Sie dazu zu sagen?

FRITZSCHE: Von irgendeiner Rücksichtslosigkeit ist keine Rede, weder in dem Zitat, das die Anklage brachte, noch auch in dem übrigen Wortlaut der Ansprache vom 9. Oktober 1941. Ich verweise auf mein Affidavit 3469-PS, Paragraph 39, einen Paragraphen, den die Anklage ja auch selbst in fairer Weise zitierte in diesem Zusammenhang. Darüber hinaus darf ich wieder den Sinn meiner damaligen Ansprache ganz kurz zusammenfassen.

Es war die Zeit, in der deutsche Soldaten vom Schwarzen Meer bis zur Biskaya standen. Ich sprach von der Möglichkeit der Hebung der Schätze dieses riesigen Gebietes. Ich sagte, die Möglichkeiten dieses Kontinents sind so bedeutend, daß sie jeden Bedarf decken können für Krieg und für Frieden. Ich erklärte in diesem Zusammenhang, daß also eine Aushungerung durch Blockade, wie sie von 1914 bis 1918 versucht wurde, nicht mehr in Frage kommen könne. Ich sprach von den Möglichkeiten der Organisation Europas, die schon mitten im Kriege beginnen könne...

DR. FRITZ: Mitten im Kriege?

FRITZSCHE:... mitten im Kriege beginnen könne, und ich meinte damit die Organisation gleichberechtigter europäischer Nationen. Es steht außer allem Zweifel, daß ich damals nicht an rücksichtslose Ausbeutung der besetzten Gebiete dachte, sondern nur dachte an ihre politische und wirtschaftliche Gewinnung nach dem Vorübergehen des Kriegsgewitters.

DR. FRITZ: Herr Präsident! Ich komme jetzt zu einem anderen Thema, es wird vielleicht eine angenehme Zeit zur Unterbrechung sein.

VORSITZENDER: Ja.

DR. THOMA: Herr Präsident! Ich bitte, meinen Klienten Rosenberg von jetzt ab zu beurlauben, weil ich mit ihm sprechen möchte, von jetzt ab, für den heutigen Tag.

VORSITZENDER: Ja, gewiß.