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[Der Vorsitzende unterbricht für einige Augenblicke die Ausführungen des Verteidigers.]

VORSITZENDER: Fahren Sie fort.

RA. PELCKMANN: Für die weitere Behauptung, daß nämlich die Masse der SS-Mitglieder von derartigen verbrecherischen Zielen der SS gewußt habe und auch verbrecherische Taten einzelner Mitglieder oder bestimmter Gruppen der Masse der SS bekannt waren, hat sie keinen Beweis geführt, sondern sie hat nur behauptet, das ergebe sich aus den Umständen, das sei selbstverständlich. Ich halte es nur für gerecht, fair und billig, wenn zusätzlich zu den Erklärungen der SS-Mitglieder, die ich in großer Masse in Affidavits vorlegen werde, durch indirekten Beweis -und deren Beweiswert von der Anklagebehörde bestritten werden könnte, weil es sich ja um die Betroffenen selbst, um SS-Mitglieder handelt – ich halte es, wie gesagt, nur für gerecht und billig, wenn vor das Tribunal außerdem der Zeuge Rauschning kommt, der einzige meiner Zeugen, der sich nicht in automatischem Arrest befindet und der zudem das Hohe Gericht direkt informieren soll, abgesehen von diesen wenigen fünf Zeugen der SS, die hier erscheinen werden, die einen verhältnismäßig hohen Rang in der SS bekleiden und deshalb ein allgemeines Wissen haben, denen aber auch entgegengehalten werden könnte, ihre Bekundungen seien ja nicht recht glaubwürdig.

Ich muß zu der Person und Erheblichkeit der Aussage Rauschnings noch kurz etwas sagen: Er war, wie schon vorgetragen, Senatspräsident von Danzig und SS-Standartenführer. Er hatte Hitlers volles Vertrauen bis 1936. Dann kam der Bruch mit Hitler. Er emigrierte und betätigte sich im Ausland in außergewöhnlich starker Weise publizistisch. Er warnte dauernd durch seine in der Welt bekanntgewordenen Bücher vor Hitler und seinen Plänen. Er hat auch heute noch in der Welt den Ruf, das Hitler-System und seine schuldigen Mitglieder nicht zu verteidigen und zu schützen. In seinen zahlreichen Gesprächen mit Hitler hatte er erfahren – und damit komme ich zum Kern meines Beweisantrages:

Erstens: Daß Hitler wenigstens in den Jahren 1936/1937 nicht beabsichtigte, die jüdische Bevölkerung auszurotten, und er hat dafür eine eingehende Begründung gegeben. Der Einwand des Herrn Anklagevertreters, daß es nicht möglich sei, die Absichten Hitlers kennenzulernen, wird wohl nicht ganz ziehen, denn das muß ja gerade die Aufgabe des Gerichts sein, die Absichten Hitlers zu erkennen in den springenden Punkten der Anklage; und wenn die Absichten Hitlers erkannt worden sind, dann kann man darauf vielleicht auf das Wissen der Masse der Mitglieder der Organisationen schließen. Und wir kennen natürlich nur Indizien und müssen, wenn es möglich ist, direkte Beweise für solche Absichten Hitlers erhalten und werten. Und die hat Rauschning in Gesprächen mit ihm erhalten können. Einen besseren Zeugen für die Absichten kann man, glaube ich, nicht bitten.

Zweitens hat er erfahren, daß – der weitere Punkt meines Beweisantrages – daß Hitler...

VORSITZENDER: Dr. Pelckmann! Warum glauben Sie, daß Rauschning in der Lage wäre, solche Aussagen zu machen?

RA. PELCKMANN: Weil ich seine Bücher kenne.

VORSITZENDER: Ja, wenn dies aber in seinen Büchern steht, was soll es dann aber nützen, ihn das, was darin steht, noch einmal sagen zu lassen?

RA. PELCKMANN: Seine Bücher stellen natürlich nur einen ganz kleinen Extrakt seines Gesamtwissens dar, und seine Bücher hat er ja nicht geschrieben im Hinblick auf den Prozeß. Die Kernfragen, wie sie von der Anklage herausgestellt sind, kann der Zeuge jetzt ganz anders beantworten, als wenn sie aus Zitaten aus seinem Buch aus dem Zusammenhang gerissen werden.

VORSITZENDER: Wenn ich Sie recht verstehe, sagen Sie doch, der einzige Grund, warum Sie glauben, er könne die Fragen beantworten, sei das, was Sie aus seinen Büchern kennen. Sie wissen aber doch darum noch nicht, ob er mehr aussagen kann, als in seinen Büchern steht.

RA. PELCKMANN: Natürlich weiß ich das nicht, aber es spricht eine Vermutung dafür, und meine Annahme, daß er es wohl tun könnte, beruht hier auf Erfahrungen. Ich glaube nicht, daß ich etwas Außerordentliches verlange. Von einem Mann, der sich so intensiv von 1933 bis 1936 mit Hitler und dem Nazismus beschäftigt hat, und der sich dann darüber in späteren Jahren Gedanken gemacht hat, und der dann mit ausländischen Persönlichkeiten über dieses System diskutierte, nehme ich an, daß er viel mehr weiß, als in diesen Büchern steht, und andererseits habe ich noch folgende Gründe für meinen Antrag:

Die Anklagebehörde hat für ihre Belastungen Zitate aus den Büchern Rauschnings gebraucht. Diese Zitate kommen Affidavits gleich. Die Anklagebehörde wäre ebensogut in der Lage gewesen, über die betreffenden Stellen aus Rauschnings Buch sich Affidavits beschaffen zu können, die seine Behauptungen vielleicht noch etwas mehr detailliert hätten.

Nach der Prozeßordnung, die sich das Hohe Gericht gab, bin ich berechtigt, Zeugen, die Affidavits für die Anklagebehörde abgegeben haben, hier für das Kreuzverhör zu laden. Ich glaube, daß, wenn...

VORSITZENDER: Ich bin mir nicht bewußt, daß eine derartige Regel für Zeugen in den Vereinigten Staaten besteht. Soweit überhaupt eine Regel bestand, war die einzige die, daß Leute, die hier in Deutschland waren und die Affidavits abgegeben haben, zum Kreuzverhör hierher gebracht werden könnten. Diese Regel wurde nie auf Leute in den Vereinigten Staaten oder in einem anderen Land außerhalb Deutschlands angewandt. Der Fall des Herrn Messersmith ist ein Beispiel dafür, und es gibt keinen einzigen Fall, daß jemand hierher gebracht wurde, außer vielleicht der Zeuge Dahlerus.

RA. PELCKMANN: Angesichts der Bedeutung, die dieser Spruch und die Anklage gegen die Masse der SS-Mitglieder hat und im Hinblick auf die Tatsache, daß ich vielleicht im Gegensatz zu den Einzelangeklagten nur Mitglieder der Organisationen als Zeugen vorladen kann – und das ist nur eine ganz beschränkte Art –, glaube ich, das Hohe Gericht bitten zu dürfen, diesen Zeugen als einzigen Zeugen, der über den Dingen steht und der hier dem Gericht etwas über die Zustände dieser Zeit und seine Auffassung darüber sagen kann, daß das Hohe Gericht diesen einzigen Zeugen hierherbringen könnte, denn technische Schwierigkeiten dürften wohl in diesem Prozeß von Weltbedeutung – ich sage dies in voller Überzeugung – keine Rolle spielen.

Der Zeuge soll weiter sagen, daß es Hitlers bewußte Politik war, die deutsche Masse wie das Ausland über seine eigentlichen Pläne und Absichten zu täuschen, zum Beispiel über die Kriegsabsichten. In ganz intimen Gesprächen mit Rauschning hat sich Hitler darüber geäußert und beinahe lustig gemacht, wie es ihm gelänge, die Leute, nicht nur das Ausland, sondern gerade seine Landsleute, an der Nase herumzuführen.

Diese Fragen sind erheblich im Sinne des Beweisbeschlusses.

Hinsichtlich der Judenfrage verweise ich auf die Behauptung der Anklage, daß ein konsequenter Weg vom Parteiprogramm zu dem Vernichtungslager in Auschwitz führt. Das Parteiprogramm sah nach Auffassung der Masse der Mitglieder nur eine Regelung der Judenfrage nach dem Minoritätenstatut vor, noch etwas verschärft durch die Nürnberger Gesetze von 1935. Aber was darüber auch diskutiert wird, wäre wohl noch kein Menschlichkeitsverbrechen. Wenn nachgewiesen würde, daß in dieser Zeit Hitler tatsächlich nicht die Absicht hatte, über dieses Programm hinauszugehen, dann ließe sich die Behauptung der Anklage nicht mehr halten. Wenn Hitlers Haltung von damals bewiesen wird, dann kann auch die SS und der einfache SS-Mann, der diesem Programm beitrat, auch kein anderes Programm haben.

Zum zweiten Punkt: Irreführung des deutschen Volkes. Hier ergibt sich erstens: Heute, nachdem wir wissen, was los war – aus den verschiedensten Dokumenten –, wir brauchen nur die Reichstagsrede über den Friedenswillen Hitlers zu lesen oder die Begründung für den Mord am 30. Juni 1934. Aber es wäre doch schlagend, wenn ein Zeuge sagt, Hitler habe ihm anvertraut, es sei sein Prinzip, die Deutschen über seine wahren Absichten zu täuschen. Demgegenüber müßte die Staatsanwaltschaft beweisen, daß gerade die SS sich nicht täuschen ließ, daß die SS im Einvernehmen mit Hitler wußte, was er wirklich wollte.

VORSITZENDER: Dr. Pelckmann! Der Gerichtshof wollte von Ihnen keine grundsätzliche Argumentation über den ganzen Fall hören. Es handelt sich ja nur um die Frage, ob dieser Herr Rauschning von den Vereinigten Staaten hierher gebracht werden soll.

RA. PELCKMANN: Wenn die Erheblichkeit seiner Aussagen nicht bestritten wird, dann verstehe ich sehr wohl...

VORSITZENDER: Dr. Pelckmann! Wir haben Ihren schriftlichen Antrag vor uns, aber Sie gehen auf viele Punkte ein, die im Antrag gar nicht erwähnt werden.

RA. PELCKMANN: Natürlich kann ich in den Antrag nicht alles schreiben, was ich möchte. Dieser Antrag enthält natürlich nur meine hauptsächlichsten Punkte, erstens Judenfrage, zweitens Täuschen der Deutschen und drittens der SS-Leute.

VORSITZENDER: Wir haben Ihnen die Ansicht des Gerichtshofs zu verstehen gegeben, daß wir der Meinung sind, daß Sie sich mit dem Antrag genügend beschäftigt haben, aber wir wollen keine grundsätzliche Argumentation darüber hören.

RA. PELCKMANN: Ich habe nur versucht, die Erheblichkeit meiner drei Beweispunkte darzulegen. Wenn die Erheblichkeit also unterstellt werden kann, dann glaube ich, nur so viel sagen zu können: Ein einziger Zeuge, der außerhalb der SS steht, der allerdings früher einmal wie das wahrheitsgemäß...

VORSITZENDER: Sie haben das schon gesagt, Dr. Pelckmann; der Gerichtshof hat Sie völlig verstanden.

RA. PELCKMANN: Herr Vorsitzender! Möchten Sie keine Antwort auf die Frage, warum von der Regel, einen Zeugen von Amerika zu bringen, abgewichen werden soll? Möchten Sie darauf keine Antwort?

VORSITZENDER: Sie haben die Argumente hierzu bereits vorgebracht.

Wir werden jetzt den SD behandeln.

MR. DODD: Herr Vorsitzender! Der Verteidiger des SD hat nur um zwei Zeugen gebeten, und die Anklage hat keine Einwände dagegen. Es erscheint uns als eine angemessene Anzahl.

Da ich schon hier stehe, darf ich mich wohl mit den Anträgen für die Reichsregierung und das OKW beschäftigen?

VORSITZENDER: Die Reichsregierung sollte doch, wie wir annahmen, heute gar nicht behandelt werden.

MR. DODD: Wir haben heute vormittag einen Antrag für einen Zeugen erhalten.

VORSITZENDER: Ach ja, richtig. Also nehmen Sie Stellung zu diesem Zeugen!

MR. DODD: Bezüglich des OKW hat die Verteidigung der angeklagten Organisation sechs Zeugen beantragt, und unser Standpunkt ist, daß dies mindestens zweimal so viel sind wie nötig. Ungefähr drei Zeugen hier vorzuführen, wäre viel angemessener. Wir wollen keinen besonders vorziehen und haben gegen keinen der drei einen Einwand. Ich höre aber, daß von Rundstedt, von Brauchitsch und von Manstein von der Verteidigung vorgezogen werden, und wir haben gegen diese Auswahl keinen Einwand, aber wir sind gegen sechs Zeugen, weil das zu viele sind und weil alle schon vor der Kommission vernommen worden sind.

Was den Antrag für die Gestapo betrifft, so wurden nur zwei Zeugen beantragt, Best und Hoffmann, und wir haben gegen das Erscheinen dieser beiden Zeugen keinerlei Einwand.

VORSITZENDER: Die Namen Karl und Heinz sind doch wohl Vornamen?

MR. DODD: Ja, soviel ich weiß, Herr Vorsitzender.

Ich bin mir aber nicht klar darüber, Herr Vorsitzender, ob Sie wollen, daß ich mich jetzt mit der Reichsregierung beschäftige. Soll ich unsere Stellungnahme zu dem einen Zeugen angeben?

VORSITZENDER: Ich glaube, ja. Sie können sich jetzt damit beschäftigen, wenn Sie bereit sind. Dr. Kubuschok...

MR. DODD: Jedenfalls hat er nur einen Zeugen beantragt, und wir haben gegen ihn keinen Einwand. Es ist der Zeuge Schlegelberger.

VORSITZENDER: Danke, gut, Herr Dodd.

Wenn die Verteidiger des SD, der Gestapo und der Reichsregierung nichts sagen wollen, hält es der Gerichtshof nicht für nötig, sie zu hören.

Dann wollen wir den Verteidiger für das OKW, Dr. Laternser, hören.

Bitte, Dr. Laternser!

DR. LATERNSER: Ich bin bei der Bedeutung der gegen die militärische Führung erhobenen Anklage überzeugt, daß die gestellten Anträge auf Vernehmung von sechs Zeugen gerechtfertigt sind. Um die Frage, ob die militärische Führung verbrecherisch war oder nicht, überhaupt entscheiden zu können, muß das Gericht als erkennende und entscheidende Instanz sich vorher ein persönliches Bild und einen persönlichen Eindruck einiger dieser militärischen Führer verschaffen. Kann man annehmen, daß das Gericht bei Anhörung von nur wenigen der unter den angeklagten Personenkreis, 129, fallenden Personen das richtige Bild erhalten hat? Ich möchte das unbedingt verneinen.

VORSITZENDER: Können Sie mir sagen, wieviel der 129 Personen wir hier vor dem Gerichtshof schon vernommen haben?

DR. LATERNSER: Vor diesem Gericht, Herr Vorsitzender? Vor der Kommission sind sieben Mitglieder gehört worden. Es stehen noch zwei weitere aus.

VORSITZENDER: Ich sagte nicht vor der Kommission, ich sagte hier vor dem Gerichtshof.

DR. LATERNSER: Ich habe bei Gelegenheit des Auftretens verschiedener Personen, die unter die Gruppe fallen, Fragen gestellt, und ich nehme an, daß es sich um fünf bis sechs Personen gehandelt haben wird.

Bei der Bemessung der Anzahl der zu hörenden Personen bitte ich weiter berücksichtigen zu wollen: Die Verteidigung der Organisationen ist hinsichtlich der Benennung reiner Zeugen, die den Gegenbeweis zu vielen einseitig dargestellten Beschuldigungen der Anklage liefern könnten, durch den Beschluß des Gerichts besonders stark beschränkt; denn nach diesem Beschluß können Zeugen nur nach vorheriger Anhörung vor der Kommission vor diesem Gericht vernommen werden, obwohl in jedem anderen Strafverfahren über viele Punkte umfangreiche Zeugenvernehmungen stattfinden würden. Hierdurch ist der Kreis der Zeugen von vornherein bestimmt und abhängig von dem Tätigkeitsumfang der Kommission.

Herr Präsident! Damit ich in die Lage versetzt werde, dem Gericht das von der Verteidigung für erforderlich gehaltene persönliche Bild des angeklagten Personenkreises zu vermitteln, möchte ich folgenden praktisch sicher gangbaren Vorschlag unterbreiten: Das Gericht möge für den von mir vertretenen Personenkreis – und zwar nur für diesen, weil ich nicht berechtigt bin, entsprechende Anträge für andere Organisationen zu stellen – eine Zeitdauer festlegen, innerhalb deren ich vor diesem Gericht das rechtliche Gehör von Zeugen durchführen kann. Die Einteilung der zugebilligten Zeit müßte dann der Verteidigung überlassen bleiben, die innerhalb der vom Gericht festgesetzten Zeitdauer nach ihrem Ermessen die beantragten sechs Zeugen über gewisse Punkte vernehmen könnte. Ich würde sogar bei der vom Gericht festzusetzenden Zeitdauer nur zwei Drittel der Zeit in Anspruch nehmen, um ein Drittel der Anklagebehörde für die Durchführung des Kreuzverhörs zur Verfügung zu stellen. Ich möchte damit, Herr Präsident, nur erreichen, den nach meiner Meinung wichtigsten Punkt beweisen zu können, nämlich den persönlichen Eindruck der unter die Anklage fallenden Personen. Ich nehme an, daß das Gericht hiergegen keine Bedenken tragen wird.

Als weitere Anregung für das Organisationsverfahren gebe ich noch folgende Punkte der Erwägung des Gerichts anheim...

VORSITZENDER: Dr. Laternser! Ich möchte mich vergewissern, daß ich Sie richtig verstehe. Sie schlagen vor, daß der Gerichtshof eine gewisse Zeit für die Zeugen des OKW festsetzen soll und daß Sie dann als Verteidiger zum Verhör dieser Zeugen zwei Drittel der Zeit und die Anklagebehörde das restliche Drittel für ihr Kreuzverhör verwenden sollten. Stimmt das?

DR. LATERNSER: Jawohl. Ich bin damit einverstanden, daß ich in dieser Zeit dann soviel Zeugen der beantragten Zahl vernehmen kann, wie in meinem Belieben steht.

VORSITZENDER: Wieviel Zeit schlagen Sie vor, Dr. Laternser?

DR. LATERNSER: Diese Frage ist sehr schwer für mich zu beantworten.

VORSITZENDER: Es ist doch Ihr Vorschlag. Der Gerichtshof möchte von Ihnen wissen, wieviel Zeit Sie vorschlagen.

DR. LATERNSER: Anderthalb bis zwei Tage im ganzen.

Ich möchte noch zwei weitere Anregungen dem Gericht geben, die in diesem Zusammenhang auch einige Bedeutung haben werden: Sämtliche vor Gericht erscheinenden Zeugen sind bereits vor der Kommission vernommen; die Protokolle liegen dem Gericht vor, die Stellung gleicher Fragen wäre diesmal sicher kumulativ. Wie soll die Vernehmung dieser Zeugen dann vorgenommen werden können, um Unterbrechungen zu vermeiden? Aus dieser Sachlage heraus gewinnt mein eben vorgebrachter Vorschlag an Bedeutung und scheint auch die eben aufgezeigten Schwierigkeiten zu beheben. Wenn man das hinzunimmt, müßte meines Erachtens das Gericht meinem Vorschlag folgen können. Zum Schluß möchte ich noch anregen, daß auch das Gericht eine Bestimmung treffen wird und muß über die Handhabung des letzten Wortes für die angeklagten Organisationen. Das ist alles.

VORSITZENDER: Herr Dodd! Der Gerichtshof würde Sie gerne zu den Vorschlägen von Dr. Laternser hören.

MR. DODD: Jawohl, Herr Vorsitzender. Wir haben unseres Wissens eine Liste der Leute aufgestellt, die als Mitglieder der Organisationen oder der Gruppen vor der Kommission erschienen sind, sowie derjenigen, die vor dem Gerichtshof selbst erschienen sind. Ich habe eben gesagt, daß alle die, die noch nicht erschienen sind, zum Beispiel von Brauchitsch – der ja erscheinen sollte, und ob er gestern erschienen ist, weiß ich nicht –, jedenfalls in ein oder zwei Tagen hier sein werden.

Bei dem Vorschlag von Dr. Laternser, daß er eine gewisse Zeit zugewiesen erhalten soll und in dieser Zeit soviel Zeugen rufen lassen kann, wie er möchte, sehen wir zwei Schwierigkeiten. Vor allem scheint es uns, daß es von ihm nicht allzu großzügig ist, uns ein Drittel der Zeit zuzuweisen. Möglicherweise brauchen wir für so eine große Zahl von Zeugen mehr Zeit. Jedenfalls möchten wir nicht in der Weise beschränkt werden, daß wir nur ein Drittel seiner Zeit zur Verfügung bekommen. Wenn wir Zeugen innerhalb einer bestimmten Zeit vernehmen sollen, ist anzunehmen, daß ein großer Teil dieser Zeit vor dem Gerichtshof mit Sachen in Anspruch genommen werden wird, die bereits vor der Kommission ausführlich behandelt worden sind. Alle diese Zeugen wurden ja vor der Kommission schon vernommen, und Dr. Laternser hatte voll und ganz die Möglichkeit, sie vor der Kommission zu verhören und kreuzzuverhören, und es erscheint ganz unnötig, den Gerichtshof mit so einer großen Anzahl von Zeugen zu belasten.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof möchte wissen, ob es einen Unterschied machen würde, wenn die Anklagebehörde genau so viel Zeit zugewiesen erhalten würde wie Dr. Laternser?

MR. DODD: Nun, etwas Unterschied würde es schon machen; offen gesagt, habe ich diesen Punkt nicht für so wichtig gehalten.

VORSITZENDER: Vielleicht gibt es noch einen anderen Punkt, der hierbei von Belang ist. Der Gerichtshof möchte wissen, wie man Ihrer Meinung nach der Schwierigkeit begegnen könnte, daß es unnötig erscheint, die geladenen Zeugen ihre ganze vor der Kommission gemachte Aussage hier nochmals machen zu lassen oder nur die Themata, auf die schon vor der Kommission eingegangen wurde, zu berühren; der Gerichtshof möchte wissen, wie diese Schwierigkeit behoben werden soll.

MR. DODD: Wir haben über dasselbe Problem bereits nachgedacht, und wir haben angenommen, daß die Zeugen, die vor der Kommission erschienen und vernommen worden sind, dieselben Sachen nicht nochmal vor dem Gerichtshof behandeln sollen. Sonst würden ja die Verhandlungen vor der Kommission fast sinnlos sein, und wir könnten ebensogut daran gehen, die Protokolle der Kommissionsverhandlungen hier vorzulesen. Wir hatten das so verstanden, daß die Zeugen etwas Neues zu ihren Aussagen vor der Kommission hinzuzufügen hätten. So haben wir es aufgefaßt.

VORSITZENDER: Natürlich, ich glaube, Dr. Laternser hat mehrmals gesagt, daß er der tatsächlichen Anwesenheit der Zeugen große Wichtigkeit beimißt, damit der Gerichtshof sie sehen und sich ein eigenes Urteil über ihre Glaubwürdigkeit bilden kann.

MR. DODD: Ja, wie ich es verstand, war dies einer der Gründe, aber drei Mitglieder...

VORSITZENDER: Außer der Tatsache, daß man die Zeugen persönlich sehen würde und sich seine Meinung über ihre Glaubwürdigkeit bilden könnte, könnte er auch die Aussagen zusammenfassen.

MR. DODD: Ja, das denke ich auch. Natürlich, über vier Mitglieder der Gruppen sind wir noch im Ungewissen und auch über zwei Mitglieder des OKM und über von Brauchitsch und Milch – und auch über eine Menge anderer.

VORSITZENDER: Danke sehr.

MR. DODD: Bezüglich des zur Zeiteinteilung gemachten Vorschlags, den ich gemacht habe, möchte ich wiederholen, daß ich ihn nicht für sehr wichtig halte. Ich weiß, daß wir uns im Kreuzverhör auf wichtige Dinge beschränken können, aber ich denke trotzdem daß wir, wie der Gerichtshof gesehen hat, diese Zeiteinteilung selten eingehalten haben.

VORSITZENDER: Ich halte es nicht für nötig, weitere Argumente darüber zu hören. Wir werden Ihren Vorschlag erwägen und weitere Argumente, Dr. Laternser, sind unnötig, es sei denn, Sie möchten etwas ganz Neues vorbringen. Der Gerichtshof wird über Ihre Vorschläge beraten.

Wir werden jetzt die Politischen Leiter behandeln.

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Die Gruppe »Politische Leiter« hat sieben Zeugen beantragt. Zwei von ihnen sind die Gauleiter Kaufmann und Wahl, ein Kreisleiter Meyer-Wendeborn, ein Ortsgruppenleiter Wegscheider; Blockleiter Hirth und zwei Fachleute vom Stab der Hoheitsträger, nämlich ein landwirtschaftlicher Fachmann, der ebenfalls Politischer Leiter war, und Hupfauer, der Politischer Leiter in der DAF war. Die Anklagebehörde hat keinen Einwand gegen diese Zeugen, aber sie glaubt, daß damit nicht alles vollständig erschöpft werden kann. Und vielleicht würde es für das Gericht von Nutzen sein, wenn ich die wichtigsten Zeugen und die, auf welche verzichtet werden kann, vorschlagen würde.

VORSITZENDER: Wahrscheinlich möchten die Verteidiger ihre eigene Auswahl treffen.

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Euer Lordschaft. Das erkenne ich vollkommen an, ich wollte ja nur dem Gerichtshof behilflich sein.

VORSITZENDER: Ja, indem Sie angeben, welche Ihnen am wichtigsten erscheinen.

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Ja.

VORSITZENDER: Ja, vielleicht könnten Sie das tun.

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Der Blockleiter Hirth sollte bestimmt gehört werden. Er ist der einzige Vertreter der Blockleiter. Zeuge Hupfauer sollte gehört werden, weil er die Sachverständigen dieser Stäbe repräsentiert. Über diese bestehen hoch immer gewisse Streitfragen. Auch repräsentiert er eine Anzahl Politische Leiter, die in der Deutschen Arbeitsfront selbst Mitglieder waren. Von den Gauleitern haben Kaufmann und Wahl Erfahrung. Kaufmann kommt aus einer Industriegegend und Wahl aus einer Agrargegend, und soviel ich weiß, würde, wenn einer bevorzugt werden soll, Dr. Servatius Kaufmann vorziehen.

Außer Gauleiter Wahl vertreten noch der Ortsgruppenleiter Wegscheider und der Landwirt Mohr Agrargegenden, und, Euer Lordschaft, ich würde ergebenst vorschlagen, daß da bestimmt drei Zeugen überflüssig sind. Ihre Aussagen betreffen wirklich ziemlich das gleiche Thema; die Anklage würde, offen gesagt, den Zeugen Wahl vorziehen. Aber ich bringe das nur vor, um zu erklären, daß sie alle aus Agrargegenden kommen, und vielleicht würde einer, bestimmt aber zwei ausreichen.

Meyer-Wendeborn ist ein erfahrener Kreisleiter aus einer Industriegegend und behandelt weitgehend das gleiche Thema wie Gauleiter Kaufmann, und der Gerichtshof könnte vielleicht erwägen, nur einen davon zu hören, wenn er glaubt, die gegenwärtige Zahl sei zu groß.

Ich glaube nicht, daß ich dem Gerichtshof noch weiterhin irgendwie behilflich sein kann.

DR. SERVATIUS: Herr Vorsitzender! Ich habe zwei Gauleiter benannt; einen aus dem Industriegebiet, das ist der Zeuge Kaufmann, und Zeuge Wahl aus ländlichen Gebieten, in der Nähe von Augsburg. Ich glaube, es wäre wichtig, einen Eindruck von diesen beiden Typen von Gauleitern zu bekommen, von denen der eine 20 Jahre und der andere 17 Jahre in der Partei tätig war und beide Politische Leiter waren. Die Beurteilung ihrer Tätigkeit auf einer so großen Fläche und über eine so lange Zeit kann nur erlangt werden, wenn man aus der oberen Spitze zwei Leute hört. Ich würde daher bitten, nach Möglichkeit beide mir zu bewilligen. Ich möchte den Zeugen...

VORSITZENDER: Dr. Servatius! Ich möchte Sie hinsichtlich der Gauleiter Kaufmann und Wahl zweierlei fragen. Haben diese beiden, Kaufmann und Wahl, nicht genau das gleiche Thema schon vor der Kommission behandelt?

DR. SERVATIUS: Ja, ich möchte aber das Thema teilen und Kaufmann fragen über die Beziehungen nach oben zur Reichsregierung, und Wahl über die Verhältnisse nach unten zu Kreis- und Ortsgruppen. Ich kann das aber beschränken auf einen Zeugen; das Thema wird dann größer.

VORSITZENDER: Sie meinen, daß Sie sie vor der Kommission darüber nicht befragt haben?

DR. SERVATIUS: Ja, aber auch so, getrennt.

VORSITZENDER: Noch etwas: Wieviel Gauleiter haben wir vor dem Gerichtshof schon gehört?

DR. SERVATIUS: Ich nehme an drei oder vier, ich kann es nicht genau sagen. Sie sind aber nicht über dieses Thema befragt worden mit Rücksicht darauf, daß es hier den eigentlichen Gegenstand der Beweisaufnahme gestört hätte, wenn man auf solche Einzelheiten eingegangen wäre.

VORSITZENDER: Fahren Sie fort und kommen Sie zu den anderen Punkten.

DR. SERVATIUS: Die nächsten Zeugen sind für Kreis, Ortsgruppe und Block, und ich glaube, man muß in jeder Ebene einen Zeugen haben, der über die dortigen Verhältnisse aussagen kann. Die Aussagen werden sich überschneiden, man wird sie dann kürzen können, so daß die Vernehmung unter Umständen kurz wird, so daß man nicht ins Breite zu gehen braucht. Aber es ist doch wichtig, aus jeder Schicht einen Zeugen zu haben.

VORSITZENDER: Könnten Sie dem Gerichtshof schätzungsweise angeben, wie lange das Verhör dieser sieben Zeugen dauern wird?

DR. SERVATIUS: Mit einem Tag werde ich bestimmt fertig sein. Es hängt davon ab, wie die Beweisaufnahme durchgeführt werden soll. Ich nehme an, daß es sich um eine kurze Zusammenfassung handelt und um eine grundsätzliche Aufklärung von nur wenigen Fragen.

Dann sind noch zwei Zeugen: Hupfauer und Mohr. Der eine ist aus der Deutschen Arbeitsfront aus der Industriegegend, der andere ist vom Reichsnährstand und kann über die ländlichen Agrarverhältnisse aussagen und im allgemeinen beide über die Stellung der Fachämter, die keine politischen Führungsämter waren, um damit zu unterstreichen die Trennung der unpolitischen von den politischen Führern.

Das sind die Ausführungen, die ich zu machen habe.

VORSITZENDER: Danke schön. Der Gerichtshof wird sich nun vertagen.