[Das Gericht vertagt sich bis
2. August 1946, 10.00 Uhr.]
1 Dieser Satz ist in dem Originaldokument nicht enthalten.
Einhundertdreiundneunzigster Tag.
Freitag, 2. August 1946.
Vormittagssitzung.
[Der Zeuge Hoeppner im Zeugenstand.]
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Zeuge! Ich bitte Sie, mir zu erklären, ob ich einige Ihrer gestrigen Aussagen richtig verstanden habe. Antworten Sie kurz mit Ja oder Nein.
Sie haben behauptet, daß der SD nichts mit der Ausarbeitung der Angriffspläne zu tun hatte und sogar nichts von ihnen wußte. Stimmt das?
HOEPPNER: Jawohl.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sie sagten ferner, daß der SD in den Jahren 1934 bis 1939, das heißt in der Zeit, in der das RSHA aufgebaut wurde, mit Angelegenheiten befaßt war, die von exekutiver Polizeiarbeit weit entfernt waren und hauptsächlich wissenschaftlichen Forschungscharakter trugen. Ist das richtig?
HOEPPNER: Von wissenschaftlichen Fragen habe ich nicht gesprochen.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Nein, ich spreche von wissenschaftlichem Forschungscharakter. Sie haben sich gestern so ausgedrückt. Stimmt das?
HOEPPNER: Ich habe ausgeführt, daß der Sicherheitsdienst zwei Aufgabenteile hatte, einmal die lebensgebietsmäßige nachrichtendienstliche Arbeit und zum zweiten die mehr statistische und forschungsmäßige Tätigkeit gegen andere Weltanschauungen.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Das ist klar. Ich danke Ihnen. Weiter haben Sie ausgeführt, daß der SD mit den Verbrechen gegen den Frieden und gegen die Menschlichkeit nichts zu tun hatte. Stimmt das?
HOEPPNER: Jawohl.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ja.
Herr Vorsitzender! Ich bitte um die Erlaubnis, ein deutsches Originaldokument aus den Akten des SD-Hauptamtes vorzulegen. Es ist ein Dokument, das von der Roten Armee in der SD-Verwaltung in Berlin erbeutet worden ist und sich auf die Pläne des Einfalls in die Tschechoslowakei bezieht.
Wollen Sie mir folgen, Zeuge, während ich aus der russischen Übersetzung zitiere.
[Das Dokument wird dem Zeugen überreicht.]
»Geheime Reichssache Berlin, den Juni 1938... Betr.: Einsatz des SD im Falle CSR. Für den Fall von Verwicklungen zwischen dem Deutschen Reich und der CSR muß ein notwendig werdender Einsatz des SD vorbereitet werden.«
Ich lasse den nächsten Absatz aus und fahre fort:
»Eine bis in alle Einzelheiten gehende Bearbeitung und die mobmäßige Aufstellung der Einsatzstäbe müßte nach grundsätzlicher Genehmigung...« (Dokument USSR-509).
VORSITZENDER: Halt – Sie haben ein Datum – Juni 1938 – erwähnt; ich sehe das hier in meinem Dokument nicht.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: 1938, doch.
VORSITZENDER: Am Kopf meines Exemplars steht dieses Datum nicht. Vielleicht an einer anderen Stelle?
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Wir haben Abschriften zweier Dokumente, die hier verlesen wurden, eingereicht. Ich glaube, das Mißverständnis liegt darin, daß Sie ein anderes Dokument vor sich haben, als das von mir verlesene.
VORSITZENDER: Entweder habe ich ein ganz anderes Dokument vor mir oder es fehlen einige Teile. Ein Datum steht auf diesem Dokument nicht.
Bitte fahren Sie fort.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich zitiere:
»Der SD folgt, wenn möglich, unmittelbar hinter der einmarschierenden Truppe und übernimmt analog seinen Aufgaben im Reich die Sicherung des politischen Lebens und gleichzeitig damit soweit als möglich die Sicherung aller für die Volkswirtschaft und damit zwangsläufig für die Kriegswirtschaft notwendigen Betriebe.
Zur Erreichung dieses Zwecks wird die Aufteilung des Landes in vorläufige Oberabschnitte und Unterabschnitte«, – ich lasse den nachfolgenden Teil des Satzes aus – »diese unterteilt in Außenstellen, vorgeschlagen, um den für den Einsatz bestimmten SD-Angehörigen« – ich lenke Ihre Aufmerksamkeit auf die Worte SD-Angehörigen – »sofort ihren Wirkungs- u. Aufgabenbereich zuteilen zu können.«
Beweist denn dieses Dokument nicht, daß der SD nicht nur über die Angriffspläne gut unterrichtet war, sondern daß er auch aktiv an deren Ausarbeitung teilgenommen hat?
Ich habe gefragt, Zeuge: Beweist nicht der Abschnitt, den ich verlesen habe, daß der SD nicht nur über die Angriffspläne unterrichtet, sondern daß er auch aktiv an ihrer Ausarbeitung beteiligt war?
HOEPPNER: Darf ich zunächst zu dem Dokument etwas sagen?
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich möchte Sie bitten, kurz zu antworten – ja oder nein?
HOEPPNER: Aus dem Dokument ergibt sich, daß es sich nur um einen Entwurf handelt.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Wir werden später darüber sprechen, und ich glaube, Sie werden sich überzeugt haben, daß es sich jetzt um etwas anderes handelt. Geht denn aus dem Auszug, den ich verlesen habe, nicht hervor, daß der SD über die Angriffspläne vollauf unterrichtet und daran beteiligt war?
HOEPPNER: Ich habe gestern bereits ausgeführt, daß der Inlandsnachrichtendienst und Auslandsnachrichtendienst zwei verschiedene Organisationen sind. Der Inlandsnachrichtendienst...
VORSITZENDER: Zeuge! Es interessiert uns nicht, was Sie gestern gesagt haben. Wir wollen Ihre Antwort heute hören. Ihnen ist eine Frage gestellt worden, die Sie mit Ja oder Nein beantworten können. Erklärungen können Sie später abgeben.
HOEPPNER: Das Dokument hat mit dem Inlandsnachrichtendienst nichts zu tun.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Dann bitte ich Sie, sich Seite 3 des Dokuments anzusehen: Sie haben gestern ausgesagt, daß der SD mit der Besetzung der Einsatzkommandos nichts zu tun hatte. Ich verlese Ihnen einen kurzen Abschnitt. Vielleicht werden Sie darin auch die Antwort auf das Vorhergehende finden. Ich zitiere:
»II. Besetzung der Dienststellen: Die Besetzung der Dienststellen hat nach folgenden Gesichtspunkten zu erfolgen:
1. nach den Gesichtspunkten des SD selbst« Beweist denn nicht...
VORSITZENDER: Einen Augenblick, Sie lesen zu schnell, der Dolmetscher kann nicht folgen.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich danke, Herr Vorsitzender, ich werde langsamer sprechen.
Beweist denn der verlesene Abschnitt nicht, daß die Dienststellen der Einsatzkommandos nach Gesichtspunkten des SD vervollständigt wurden. Es heißt hier:
»Die Besetzung der Dienststellen hat nach den Gesichtspunkten des SD zu erfolgen.«
HOEPPNER: Ich bitte um Entschuldigung. Es ist anscheinend mißverständlich übersetzt worden. Die Frage gab eben keinen Sinn.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Meines Erachtens ist der Sinn vollkommen klar. Es heißt hier: »Die Besetzung der Dienststellen hat nach folgenden Gesichtspunkten zu erfolgen: 1. nach den Gesichtspunkten des SD selbst«.
Sehen Sie sich den Text des Dokuments an.
HOEPPNER: In meinem Text steht nichts davon, daß Organe des SD vervollständigt werden sollen.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Haben Sie die Stelle gefunden?
HOEPPNER: Jawohl.
VORSITZENDER: Auf welche Worte beziehen Sie sich jetzt?
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich beziehe mich auf Abschnitt II mit dem Titel: »Bereitstellung von geeigneten Personen aus dem Materialbestand des SD« und auf den darauffolgenden Text.
VORSITZENDER: Sie müssen langsamer lesen. Sie sagten einfach Seite 3. In unserem Exemplar steht es nun nicht auf Seite 3, sondern auf Seite 2. Wie sollen wir es finden, wenn Sie uns solche Angaben machen. Ist es Abschnitt II vom Anfang?
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Es ist der zweite Abschnitt, römisch II.
Nun, Zeuge, welche Antwort werden Sie mir über die Besetzung der SD-Dienststellen geben? Mußten denn diese nicht gemäß den Anforderungen des SD besetzt werden?
HOEPPNER: Aus dem Absatz geht nur hervor, daß verlangt wurde, daß vom Sicherheitsdienst Leute bereitgestellt werden, also daß er bereit sein solle, aber nicht, daß auf Verlangen des Sicherheitsdienstes jemand bereitgestellt werden soll.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Dann muß ich Sie bitten, sich den Abschnitt III mit dem Titel »Einsatz« anzusehen, es ist Seite 4 im russischen Text. Ich verlese diesen Abschnitt III, »Einsatz«:
»Die für den Einsatz aus dem Reiche bestimmten Gruppen« – beachten Sie das Wort Einsatzgruppen, es kommt zum erstenmal in diesem Dokument vor – »werden in einem ihrem vorgesehenen Wirkungsbereich gegenüberliegenden UA als Ablauf- oder Verteilerstellen gesammelt und erhalten dort das für sie vorliegende Material.«
Ich lasse den nächsten Absatz aus und gehe auf Seite 4 über. Ich verlese den Abschnitt unter Nummer 2. Ich zitiere gleich nach dem Worte »Wien«, das heißt nach der Aufzählung von Städten.
»2. Ist ein Bezirk feindfrei, d.h. besetzt, rücken die dafür bestimmten Besatzungen sofort nach dem Bezirkssitz ab, bzw. folgen überhaupt der einmarschierenden Truppe. Gleichzeitig rücken die für den nächstfeindwärts gelegenen Bezirk bestimmten Besatzungen mit ab, um sich dort einzufühlen.«
Wollen Sie nun ableugnen, daß es der SD war, der die ersten Einsatzgruppen vorbereitete?
HOEPPNER: Aus diesem Dokument geht nur hervor, daß vom damaligen SD-Hauptamt diese Gruppe vorbereitet wurde.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Wenn auch dieses Dokument Sie nicht überzeugt, so bitte ich Sie...
VORSITZENDER: Sie müssen langsamer vorgehen. Wir können nicht hören, was der Zeuge sagt, wenn Sie ihn unterbrechen, bevor die Übersetzung durchgekommen ist. Unter diesen Umständen können wir nichts verstehen.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender, ich werde versuchen, langsamer vorzugehen. Wenn auch dieser Abschnitt den Zeugen nicht davon überzeugt, daß der SD die Einsatzgruppen personell besetzt hat, so bitte ich ihn, sich den Abschnitt V anzusehen.
VORSITZENDER: Einen Augenblick, der Zeuge hat also etwas über Einsatzgruppen gesagt? Was haben Sie darüber gesagt?
HOEPPNER: Die Frage lautete, ob ich jetzt überzeugt sei, daß der Sicherheitsdienst die Einsatzgruppen vorbereitet habe, und ich habe darauf geantwortet...
VORSITZENDER: Sie sind gar nicht über Einsatzgruppen, sondern über den SD befragt worden.
HOEPPNER: Ich wurde gefragt, ob der Sicherheitsdienst die Einsatzgruppen vorbereitete, und ich habe gesagt, daß es sich aus dem Dokument ergibt, daß das SD-Hauptamt diese Gruppen vorbereitet hat.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: [zum Zeugen gewandt] Ich bitte Sie, Abschnitt V, »Vorbereitungen«, vorzunehmen. Ich verlese:
HOEPPNER: Jawohl.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Ich möchte den fünften Abschnitt, der die Überschrift »Vorbereitungen« trägt, verlesen, es ist römisch V. Ich zitiere:
»Vorbereitungen. 1. Abgrenzung der Arbeitsgebiete des SD und der Gestapo.
a) im Reich
b) im besetzten Gebiet
Vorschlag: Maßnahmen im Reich stehen unter Leitung der Gestapo, SD wirkt mit.
Maßnahmen im besetzten Gebiet stehen unter Leitung eines höheren SD-Führers. Den einzelnen Einsatzstäben werden Stapo-Beamte beigegeben.
Wichtig ist, daß bei Gestapo soweit als möglich gleiche Vorbereitungen, Schulungen, Materialauswertung usw. getroffen werden wie bei SD.«
Zeugt es nicht davon, daß es gerade der SD war, dem die führende Rolle bei den Einsatzkommandos oblag, die ihre verbrecherische Tätigkeit unter der Führung von SD-Beamten durchführten?
HOEPPNER: Von verbrecherischer Tätigkeit habe ich nichts gelesen, und zur Frage des Sicherheitsdienstes muß ich auf die erste Antwort verweisen, daß es mit dem Inlandsnachrichtendienst nichts zu tun hat.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Hier heißt es SD...
VORSITZENDER: Der Mann war mit seiner Antwort noch nicht fertig. Wir kennen seine Antwort nicht. Bitte wiederholen Sie.
HOEPPNER: Von verbrecherischen Maßnahmen habe ich nichts im Dokument gelesen. Ich sagte vorhin schon, daß das Dokument mit dem Inlandsnachrichtendienst nichts zu tun hat.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Hier heißt es SD. Können Sie denn den hier gebrauchten Ausdruck bestreiten?
HOEPPNER: Das Wort SD ist vieldeutig.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Aber hier wird dieses Wort, wie mir scheint, im selben Sinne angewandt, wie es von den sozusagen größten Fachleuten auf diesem Gebiet gebraucht wird, den Beamten des SD-Hauptamtes. Ich nehme an, daß diese Leute sich in den Fachausdrücken auskannten.
HOEPPNER: Jawohl, aber vom Auslandsnachrichtendienst.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sehen Sie sich bitte die Fortsetzung dieses Zitats an, Abschnitt 2. Überschrift:
»Aufbau einer M-Kartei im SD-Hauptamt III 225
a) Sammlung und Auswertung des gesamten bei den SD-OA. vorhandenen Materials zentral bei III 225.
b) Anlage zweier Ortskarteien für jeden Bezirk. Ein Exemplar bleibt bei der Zentrale, das Doppel wird dem für den im betreffenden Bezirk vorgesehenen Einsatzstab... übergeben.«
Ich unterbreche hier und bitte Sie, dem Punkt c) besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
»c) Kartei schon bei Anlage vom Referenten mit Vermerken wie: Verhaften, auflösen, beobachten, Beschlagnahmen, Amtsenthebungen, Polizeiaufsicht, Paßentzug usw. versehen.«
Finden Sie nicht, daß, wenn der SD-Referent auf der Kartei des vorgesehenen Opfers die Worte »verhaften, auflösen« vermerkt, er dadurch am Verbrechen gegen den Frieden und am Verbrechen gegen die Menschlichkeit teilnimmt?
HOEPPNER: Ich kann nur immer wiederholen, daß das Dokument mit dem SD-Inlandsnachrichtendienst nichts zu tun hat.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Gut. Habe ich Sie gestern richtig verstanden, als Sie eine direkte Verbindung zwischen dem SD und der SS ableugneten?
HOEPPNER: Jawohl.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich bitte, auf den Schluß dieses Dokuments, letzter Abschnitt Nummer VII, zu achten. Ich verlese:
»Notwendig ist die z. V.-Stellung eines Verbandes der SS-Verfügungstruppe oder der Totenkopfverbände zur besonderen Verwendung.«
Wollen Sie noch immer die Verbindung zwischen SD und SS-Einheiten, sowie der Tätigkeit der Einsatzkommandos ableugnen?
HOEPPNER: Aus diesem Absatz ergibt es sich jedenfalls nicht.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Was müssen wir denn diesem Absatz entnehmen?
HOEPPNER: Aus diesem Absatz ist lediglich zu verstehen, daß, falls eine solche Einsatzgruppe zum Einsatz kommt, eine Truppe der SS-Verfügungstruppe mit beigegeben werden soll. Wenn der Verband irgendeiner anderen zivilen Dienststelle in dieses Land einmarschiert wäre und ihr wäre ein militärischer Verband beigegeben, dann ist daraus auch nicht auf eine Verbindung zwischen diesem militärischen Verband und der zivilen Dienststelle zu schließen. Ich darf aber nochmals wiederholen, daß das Gesamtdokument, wie sich aus der Abzeichnung ergibt, lediglich der Entwurf eines Hilfsreferenten, der nicht einmal über den Referenten, ich betone nochmals, daß es sich aus der Abzeichnung dieses Dokuments ergibt, daß es der Entwurf eines Hilfsreferenten ist, der nicht einmal vom Referenten mitgezeichnet worden ist, geschweige denn vom Abteilungsleiter, Zentralabteilungsleiter, Amtschef oder Hauptamtschef.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Also ist Ihrer Meinung nach das Dokument, das Ihnen überreicht wurde, nur ein Entwurf?
HOEPPNER: Es ist der Entwurf des Hilfsreferenten III/225, der am 29. Juni 1938, wie sich aus meiner Photokopie ergibt, abgezeichnet hat; der Abteilungsleiter III/22 hat bereits nicht mitgezeichnet, der Zentralabteilungsleiter III/2 hat ebenfalls nicht mitgezeichnet, der Amtschef III hat ebenfalls nicht mitgezeichnet.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Klar. Herr Vorsitzender! Um diese Aussage des Zeugen zu widerlegen, bitte ich Sie, sich das Schreiben anzusehen, das von Walter Schellenberg, dem Leiter der Zentralabteilung, unterschrieben ist. Aus diesem Originalschema geht hervor, daß sogar die Leiter der Einsatzkommandos ernannt wurden.
HOEPPNER: Darf ich einen Satz dazu sagen?
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Moment bitte, lassen Sie mich lesen...
VORSITZENDER: Einen Augenblick bitte, Oberjustizrat Smirnow. Der Gerichtshof möchte, daß Sie von der Stelle im Abschnitt V, wo Sie stehengeblieben sind, weiter verlesen, damit das Dokument jetzt sofort übersetzt werden kann. Sie sind bei der Stelle stehengeblieben, wo über die Karteien gesprochen wird und am Ende des zweiten Absatzes...
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender. Soll ich mit Punkt b oder c beginnen?
VORSITZENDER: Mit Ziffer 3.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl. »Die Anlage zweier Ortskarteien für jeden Bezirk.«
VORSITZENDER: Das meine ich nicht. Sie haben Abschnitt V, römisch V, bis zum Ende der Ziffer 2 gelesen, dessen letzte Worte lauten: »Paßentzug usw.«. Die nächste Ziffer ist 3, arabisch 3: »Das in wirtschaftlicher...«
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ganz richtig.
VORSITZENDER: Wir wollen das ganze Dokument von da ab.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender:
»3. Das in wirtschaftlicher und politischer Beziehung nötige Material wird, soweit noch nicht vorhanden, beschleunigt beschafft,
4. Kartenmaterial, Nachschlagewerke, Büromaterial desgl.
5. Die für den Einsatz vorgesehenen SD-Angehörigen und V-Männer werden geschult, und zwar hinsichtlich der allgemeinen Verhältnisse der CSR, sowie in sprachlicher Beziehung. Es dürfte jedoch zweckmäßig erscheinen, nur die für die UA als Außenstellenleiter und Betriebsführer vorgesehenen Personen zu schulen, um den Personenkreis, der Kenntnis von den Vorbereitungen erhält, nicht zu groß werden zu lassen.
6. Freistellung der vorgesehenen Leute vom Heeresdienst.
7. Aufstellung eines Planes a) zur Durchführung der unter III 5) genannten Aufgaben. b) Zur rechtzeitigen Benachrichtigung der unter III 5, sowie unter II 1d und II 2c vor dem Einmarsch, um sich rechtzeitig durch Unsichtbarmachung der Verhaftung und Verschleppung entziehen und ihren Aufgaben gerecht werden zu können.
8. Rechtzeitige Beschaffung der nötigen Ausweise für das Kriegsgebiet zum Erhalt von freier Fahrt und bevorzugtem Quartier, da gleichzeitig Arbeitsräume.«
Wünschen Sie, Herr Vorsitzender, daß ich auch den Abschnitt VI verlesen soll?
VORSITZENDER: Jawohl.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich lese Abschnitt VI:
»VI. Allgemeines: Es wird vorgeschlagen, nach Möglichkeit nur militärisch ausgebildete Leute zu nehmen, da
1) in evtl. der ersten Zeit mit Franktireur- oder Partisanenkämpfen zu rechnen ist,
2) deshalb eine Bewaffnung – Karabiner, Pistole, Handgranate, Gasmaske evtl. LMG nötig ist und
3) die Verhältnisse im Kriegsgebiet ein dementsprechendes Verhalten überhaupt verlangen.
VII....«
VORSITZENDER: Sie haben VII bereits vorgelesen. Bitte gehen Sie doch auf Abschnitt III 5 zurück, welchen Sie, glaube ich, noch nicht verlesen haben, das aber eben erwähnt war.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender, es ist Abschnitt III 5. Ich zitiere:
»Aufstellung besonderer V-Männer (vorzeitig), aus den unter II 1d genannten in CSR lebenden Deutschstämmigen, welche den inneren Schutz von lebenswichtigen Betrieben zur Verhütung von Sabotageakten durch tschech. Stellen, also deren Erhaltung zu übernehmen haben. (Militärische äußere Bewachung davon unabhängig.)«
VORSITZENDER: Bitte gehen Sie jetzt auf Paragraph II 2a zurück »Bereitstellung von geeigneten Personen...«
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender. Ich beginne das Zitat, Abschnitt II 1a.
VORSITZENDER: Einen Augenblick bitte. Ist der Übersetzer fertig?
DOLMETSCHER: Jawohl.
VORSITZENDER: Die Dolmetscher sollen sich lieber die Originaldokumente beschaffen und die Stellen lesen, die ich ihnen angeben werde.
Ich glaube, Sie können fortfahren, Oberjustizrat Smirnow, denn die Übersetzungsabteilung wird die Sache nochmals nachprüfen und wird die Protokolle mit den Originaldokumenten vergleichen, so daß eventuelle...
Sie lasen vorhin gerade Abschnitt II 2a, beginnend mit den Worten: »Bereitstellung von geeigneten Personen...«
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Das ist richtig. Gestatten Herr Vorsitzender, daß ich fortfahre?
VORSITZENDER: Ja.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich verlese Abschnitt II 1a:
»Außer den aktiven SD-Angehörigen muß auch auf ehrenamtliche Mitarbeiter zurückgegriffen werden, da die deutschen Dienststellen nicht entblößt werden dürfen und u. U. für andere Grenzen die gleichen Maßnahmen getroffen bezw. Besatzungen bereitgestellt werden müssen.
b) Die Maßnahme zu II 1a ist weiter notwendig, weil es unzweckmäßig sein dürfte, aus den Grenzabschnitten für die Besetzung Leute herauszuziehen, da diese ohnedies mit erhöhter Tätigkeit zu rechnen haben.«
VORSITZENDER: Ich glaube nicht, daß Sie das zu lesen brauchen.
Der Gerichtshof verfügt, daß die Dokumente, so wie sie ins Protokoll stenographiert worden sind, von der Übersetzungsabteilung mit dem deutschen Original verglichen werden sollen.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender, das wird noch heute getan.
VORSITZENDER: Der Gerichtshof verfügt, daß die deutschen Originaldokumente noch einmal ins Englische, Französische und Russische übersetzt werden sollen.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender.
VORSITZENDER: Wollen Sie sich dem nachfolgenden Dokument zuwenden, das irgendein Brief eines SS-Oberführers zu sein scheint. Es ist an Dr. Best gerichtet.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender. Soll ich das ganze Dokument verlesen oder nur den ersten Absatz?
VORSITZENDER: Lesen Sie bitte auf jeden Fall den ersten Absatz.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl. Es ist Seite 9, Herr Zeuge.
»III-225. An SS-Oberführer Dr. Best in Berlin. Betr. Einsatz der Geheimen Staatspolizei und des SD-RFSS in der CSR:
Der Ihnen in Vorschlag gebrachte Einsatz der Geh. Staatspolizei und des SD-RFSS, bei dem längs der CSR-Grenze 12 Detachements vorgesehen waren, erfährt infolge der inzwischen eingetretenen neuen Situation, die u. U. nur eine Abtretung der sudetendeutschen Gebiete durch die Tschechen eintreten läßt, einige Änderungen. Da einige vorgesehene Detachements nicht in das abzutretende Gebiet fallen werden, wird folgende Änderung vorgeschlagen:«
Soll ich fortfahren, Herr Vorsitzender, oder genügt das?
VORSITZENDER: Sie brauchen den Rest nicht zu lesen. Ist dieses Dokument datiert?
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Nein, Herr Vorsitzender, auf diesem Dokument befindet sich kein Datum. Jedoch ist auf einem anderen Dokument, das mir sehr wichtig erscheint, das Datum verzeichnet. Darf ich dieses Dokument verlesen?
VORSITZENDER: Was Sie jetzt sagten, ist nicht durchgekommen.
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Ich habe geantwortet, daß sich auf dem soeben verlesenen, an Dr. Best gerichteten Dokument kein Datum befindet. Das nächste Dokument ist jedoch datiert. Dieses erscheint mir äußerst wichtig, und ich bitte den Gerichtshof um Erlaubnis, es vorzulesen. Es ist ein kurzes Dokument, von Schellenberg unterschrieben.
»Berlin, den 13. September 1938. Stabskanzlei I/113. An den Amtschef III, SS-Oberführer Jost oder Vertreter im Amt. Betrifft: ›Aufstellung von Einsatzkommandos‹.« Ich lasse den folgenden Satz aus. Der Text lautet: »Im Nachgang zu obigem Vorgang wird anliegend eine Photokopie über die Aufstellung der Einsatzkommandos übersandt. Die Aufstellung ist von C. in der vorliegenden Form angeordnet. Der Leiter der Zentralabteilung I 1. a. B.: Schellenberg, SS-Hauptsturmführer.«
Herr Vorsitzender, ich bitte Sie, Ihre Aufmerksamkeit dem anliegenden Organisationsplan zu schenken, der schon damals die Organisation der Einsatzkommandos richtig wiedergab. Hier werden Einsatzkommandos, der Einsatzstab K, der Einsatzstab L und 11 Einsatzkommandos unter den leitenden Referenten des Einsatzstabes K genannt. In der zweiten Spalte oben können Sie den Namen des schon damals leitenden Fachmannes für Gaswagen, Rauff, finden, an den später alle Berichte über die Tätigkeit der hier bereits behandelten Gaswagen gerichtet wurden.
VORSITZENDER: Ich finde es auf dem Plan nicht.
ODERJUSTIZRAT SMIRNOW: Es ist die zweite Spalte. Rauff, Herr Vorsitzender.
VORSITZENDER: Sagen Sie mir genau an welcher Stelle. Können Sie uns nicht genau angeben, wo es ist?
OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Gewiß, Herr Vorsitzender, hier.