HOME

<< Zurück
|
Vorwärts >>

[Dem Vorsitzenden wird die Stelle bezeichnet.]

VORSITZENDER: Aber, Oberjustizrat Smirnow, es müssen doch in dem Dokument irgendwelche Worte stehen, die das, was Sie sagen, andeuten.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Ich nehme an, daß das Mißverständnis durch die ungenaue Übersetzung hervorgerufen ist. Ich habe Ihre Aufmerksamkeit nur auf den Namen Rauff lenken wollen. Wenn Sie sich erinnern, wurden später gerade an Rauff alle Berichte über die Ihnen bereits bekannten Gaswagen gerichtet.

VORSITZENDER: Wie heißt er?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Rauff, Herr Vorsitzender. Sein Name ist auf diesem Plan bereits 1938 angegeben worden, und ich wollte nur Ihre Aufmerksamkeit ergebenst darauf lenken.

VORSITZENDER: Oberst Smirnow! Der Gerichtshof möchte gerne Photokopien dieses Dokuments haben.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender, wir haben zehn Photokopien.

VORSITZENDER: Wir nehmen an, daß Sie das Dokument dem Zeugen vorlegen und ihn darüber verhören werden.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender, der Zeuge hat es schon.

Ich möchte dem Zeugen folgende Frage stellen: Sagen Sie, Zeuge, hatten denn die Vertrauensmänner des SD nicht eine Liste von Leuten aufgestellt, die später entweder vernichtet oder durch Schwerarbeit entkräftet werden sollten?

HOEPPNER: Wird die Frage in Bezug auf dieses Dokument gestellt?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: In Bezug auf dieses Dokument und auf das, was Sie darüber wissen.

HOEPPNER: Ob Listen aufgestellt worden sind, weiß ich nicht.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Ich bitte nun...

VORSITZENDER: Der Zeuge hat noch nicht geantwortet. Wollen Sie die Frage beantworten?

HOEPPNER: Ich habe gesagt, ob derartige Listen aufgestellt worden sind, weiß ich nicht.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Ich bitte, mir zu gestatten, ein zweites deutsches Dokument vorzulegen, das nicht mehr die leitenden Männer des SD betrifft.

VORSITZENDER: Oberjustizrat Smirnow! Wir haben Sie gebeten, einige Fragen an den Zeugen zu richten, damit dieses Planschema erläutert wird. Wir haben bloß das Schema gesehen. Haben Sie keine Fragen dazu zu stellen?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender, ich werde diese Fragen gleich stellen.

[Zum Zeugen gewandt:]

Haben Sie dieses Schema vor sich?

HOEPPNER: Die Photokopie des handschriftlich geschriebenen Schemas?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Nein, ich spreche von dem Schema, das mittels Photokopien vervielfältigt ist. Man wird Ihnen sofort das Original vorlegen.

[Dem Zeugen wird das Dokument übergeben.]

Kennen Sie die Namen der Referenten, die in diesem Schema verzeichnet sind?

HOEPPNER: Jawohl.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Wer war Jost?

HOEPPNER: Jost war Amtschef III Auslandsnachrichtendienst im damaligen SD-Hauptamt. Er war dann der erste Amtschef VI Auslandsnachrichtendienst.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Auf alle Fälle war er 1938 Mitglied des SD?

HOEPPNER: Jawohl, er gehörte der SS-Sonderformation SD an und war Zentralabteilungsleiter III im SD-Hauptamt.

VORSITZENDER: Einen Augenblick. Sie haben uns doch gesagt, daß die SS mit dem SD überhaupt keine Verbindung hatte, und jetzt erzählen Sie uns, daß dieser Mann der Chef der SS-Abteilung SD war?

HOEPPNER: Dann muß irgendeine falsche Übersetzung durchgekommen sein.

Herr Vorsitzender! Darf ich die Antwort nochmals wiederholen?

VORSITZENDER: Ja, wiederholen Sie Ihre Antwort.

HOEPPNER: Jost war Zentralabteilungsleiter III Auslandsnachrichtendienst im damaligen SD-Hauptamt. Er war später der erste Amtschef VI Auslandsnachrichtendienst, der Vorgänger von dem bereits vor Gericht vernommenen Gruppenführer Schellenberg.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ist Ihnen der Name Ehrlinger bekannt?

HOEPPNER: Jawohl.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Wer war Ehrlinger?

HOEPPNER: Ich kenne Ehrlinger erst aus einer späteren Zeit. Er war der letzte Amtschef I des Reichssicherheitshauptamtes.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Demnach war er auch Mitglied des SD?

HOEPPNER: Er gehörte auch der SS-Sonderformation SD an.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ist Ihnen der Name Rauff bekannt?

VORSITZENDER: Die Übersetzung sagte, daß er ein Mitglied des SS-SD war.

HOEPPNER: Er gehörte der SS-Sonderformation SD an, über die gestern ausführlich gesprochen wurde. Das war der Zusammenschluß der SS-Angehörigen im Sicherheitsdienst, Staatspolizei und Kriminalpolizei, das heißt nicht alle Angehörigen dieser Staffel, sondern nur soweit sie SS-Angehörige waren, dazu ehrenamtliche Mitarbeiter, die SS-Angehörige waren und Beamte von anderen Sparten, die mit der Sicherheitspolizei zusammenarbeiteten, zum Beispiel der Zollgrenzschutz, Zollfahndung, später auch eine größere Zahl Landräte und so weiter.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Darf ich fortfahren, Herr Vorsitzender?

VORSITZENDER: Bitte, fahren Sie fort.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ist Ihnen der Name Rauff bekannt?

HOEPPNER: Jawohl.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Was war Rauff damals?

HOEPPNER: Rauff hat damals die Aufsicht über die Kraftwagen des Sicherheitsdienstes gehabt, soweit ich mich heute entsinnen kann. Ich möchte betonen, daß ich damals mit der Zentrale in Berlin unmittelbare Verbindung nicht hatte, da nach der damaligen Organisation des SD-Hauptamtes zwischen den Unterabschnitten und dem Hauptamt die Oberabschnitte eingeschaltet waren, die im September 1939 weggefallen sind.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Die Amerikanische Anklagevertretung war so freundlich, mir die Dokumente zu übergeben, die dem Gerichtshof bereits vorgelegt worden sind und aus denen hervorgeht, daß die Befehle bezüglich der Gaswagen später an Rauff gerichtet wurden. Ich überreiche jetzt diese Dokumente. Sie sind bereits vorgelegt worden, und ich übergebe sie nur, damit Sie sich daran erinnern können.

Nun bitte ich Sie, Zeuge, sich die eingekreisten »Einsatzkommandos« unten auf dem Schema anzusehen. Sind Ihnen die dort verzeichneten Namen bekannt?

HOEPPNER: Ich weiß jetzt nicht, welche Namen Sie meinen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich spreche von den Kreisen unten, Einsatzkommando 2, 3, 8, 9 und so weiter. Haben Sie es gefunden?

HOEPPNER: Ist das ein anderes Dokument?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Nein, es ist dasselbe Dokument.

HOEPPNER: Auf meinem handschriftlichen Dokument sind derartige Kreise nicht verzeichnet. Es handelt sich um ein anderes Dokument, das an einem anderen Schreiben hängt.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Bitte sehen Sie sich diese »Einsatzkommandos« an. Kennen Sie irgendeinen Namen in diesen Kreisen?

HOEPPNER: Auf das Dokument, was an dem Schreiben hängt, was von Obersturmführer Scheidler unterschrieben ist.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Kennen Sie diese Namen, Zeuge? Kannten Sie insbesondere Gottschalk?

HOEPPNER: Nein.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Dr. Lehmann?

HOEPPNER: Nein.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Schulze?

HOEPPNER: Ich nehme an, daß es sich da um eine Namensverwechslung handelt, daß das Schulz heißen soll.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ja, Schulz, ganz richtig.

HOEPPNER: Nein, hier steht Schulze.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Das ist ein Druckfehler.

HOEPPNER: Schulz kenne ich.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: War er Mitarbeiter des SD?

HOEPPNER: Nein, ich glaube, er war damals Staatspolizeileiter irgendwo in Norddeutschland.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Kennen Sie Biermann?

HOEPPNER: Persönlich nicht. Ich habe aber den Namen gehört.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Was war er?

HOEPPNER: Bitte, ich glaube, er war damals Stapo- Leiter. Er ist später Inspektor der Sicherheitspolizei und des SD gewesen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Kennen Sie Höhnscheid?

HOEPPNER: Dr. Heinrich kenne ich nicht.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Nein, Höhnscheid?

HOEPPNER: EK 10, Einsatzkommando 10?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Nein, Einsatzkommando 4, Höhnscheid.

HOEPPNER: Kenne ich nicht.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Hofmann?

HOEPPNER: Nein.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Aber ich vermute, daß Sie Stahlecker kennen?

HOEPPNER: Dem Namen nach, persönlich nicht.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Aber Sie kennen die Stellung, die er innehatte?

HOEPPNER: Ich glaube, er war damals Inspekteur der Sicherheitspolizei oder Stabspolizeileiter oder Oberabschnittsführer. Ich kann mich nicht genau entsinnen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Und wer war Günther?

HOEPPNER: Günther war zu damaliger Zeit, wenn ich mich recht entsinne, Inspekteur in Berlin.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Inspekteur des SD, nicht wahr?

HOEPPNER: SD-Inspekteure gab es zu dieser Zeit noch gar nicht, es gab zu dieser Zeit nur Inspekteure der Sicherheitspolizei.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Ich habe keine weiteren Fragen über die Tabelle zu stellen. Darf ich zum nachfolgenden Dokument übergehen?

VORSITZENDER: Einen Augenblick. Diese Worte »EK« in dem Kreis unten bedeuten vermutlich Einsatzkommando? Und wollen Sie dem Gerichtshof sagen, was der Sinn dieser Tabelle ist? Welche Organisation soll hier dargestellt werden?

HOEPPNER: Entschuldigung, hier ist die Übersetzung nicht durchgekommen.

VORSITZENDER: Welche Organisation soll durch diese Tabelle dargestellt werden?

HOEPPNER: Ich nehme an, daß es die Vorbereitung eines Planes des Gruppenführers Heydrich ist, die ihm unterstellten Dienststellen der Sicherheitspolizei und des SD bei eventuellen Verwicklungen mit der Tschechoslowakei in den Einsatz zu bringen. Die Abkürzung »EK« wird Einsatzkommando bedeuten. Es sind ja dann tatsächlich auch später, als der Einmarsch in die Tschechoslowakei erfolgt ist, Einheiten der Sicherheitspolizei und des SD mit in die Tschechoslowakei eingerückt, die ebenso wie die Einsatzkommandos und Einsatzgruppen etwa im Osten mobile Einheiten waren, Einheiten ganz eigener Art, die neu aufgestellt waren, ganz neue Aufgaben hatten und dann später übergegangen sind... später aufgelöst worden sind, als dann eingerichtet wurden: Staatspolizeistelle Prag, SD-Abschnitt Prag...

VORSITZENDER: Es interessiert mich nicht, ob sie später aufgelöst worden sind. Heydrich, nehme ich an, war der Befehlshaber des gesamten SD, nicht wahr?

HOEPPNER: Jawohl, Heydrich war Chef des SD- Hauptamtes und gleichzeitig Chef der Sicherheitspolizei in Personalunion.

VORSITZENDER: War Stahlecker ein Mitglied des Nachrichtendienstes des SD, von dem Sie gerade sprechen?

HOEPPNER: Ich kann es nicht mit Genauigkeit sagen. Wenn ich mich recht entsinne, war Stahlecker damals in irgendeiner Funktion in Ostpreußen.

VORSITZENDER: Ich dachte, Sie hätten eben gesagt, daß Stahlecker in Berlin war?

HOEPPNER: In Ostpreußen damals. In Berlin war meiner Ansicht nach Günther. Der Name war vorhin auch genannt worden.

VORSITZENDER: Ja. Also war er ein Mitglied des SD-Nachrichtendienstes?

HOEPPNER: Jawohl, ich glaube, er war damals Oberabschnittsführer des SD, Oberabschnitt Berlin. Ich kann es nicht ganz mit Bestimmtheit sagen.

VORSITZENDER: Und Ehrlinger, war er auch Mitglied des SD-Nachrichtendienstes?

HOEPPNER: Ich weiß nicht, in welchem Amt Ehrlinger damals tätig war. Ich habe seinen Namen erst später gehört, als er Amtschef I wurde.

VORSITZENDER: Und Rauff?

HOEPPNER: Rauff hat damals das Kraftwagenwesen des SD-Hauptamtes unter sich gehabt. Aber auch hier kann ich nicht mit Genauigkeit aussagen...

VORSITZENDER: Und der Nachrichtendienst des SD, gehörte er dem an? War Rauff Mitglied des SD-Nachrichtendienstes?

HOEPPNER: Er leitete eine technische Abteilung im SD-Hauptamt, und dieses damalige SD-Hauptamt umfaßte sowohl den Auslandsnachrichtendienst wie den Inlandsnachrichtendienst und hatte in der damaligen Zentralabteilung I einige technische Dienststellen, die für das gesamte Amt zur Verfügung standen.

VORSITZENDER: Was war also sein Dienstbereich? Eine seiner Aufgaben war Dienst im Nachrichtendienst des SD, im Inlandsnachrichtendienst des SD?

HOEPPNER: Er hat auch für den Inlandsnachrichtendienst die Kraftwagen mit überwacht.

VORSITZENDER: Schön, aber Sie können meine Fragen mit Ja oder Nein beantworten. Gehörte es nicht zu seinen Aufgaben, für den Inlandsnachrichtendienst des SD zu arbeiten?

HOEPPNER: Im unmittelbaren Informationsdienst, soweit ich weiß, nicht. Nein, er hat lediglich für diese...

VORSITZENDER: Sie sagen also, daß er keinen Zuständigkeitsbereich, wie Sie sagen, im Inlandsnachrichtendienst des SD hatte?

HOEPPNER: Soweit ich mich entsinnen kann, hat er nur die Kraftwagen für das gesamte SD-Hauptamt zur Verfügung gestellt, auch für den Inlandsnachrichtendienst.

VORSITZENDER: Zeigt diese Tabelle nicht, daß der SD seine Transportmittel in Gemeinschaft mit der Gestapo hatte?

HOEPPNER: Die Tabelle zeigt meiner Ansicht nach nur, daß der Chef der beiden Einrichtungen für den Fall eines Einmarsches in die Tschechoslowakei aus beiden Einrichtungen Männer zum Einsatz bringen wollte.

VORSITZENDER: Und zeigen diese Dokumente nicht, daß Ihr Kommentar zum ersten Dokument ungenau war und daß dieses Dokument von Schellenberg im September 1938 zu dem Zweck benutzt wurde, den SD in der Tschechoslowakei zu organisieren?

HOEPPNER: Ich halte es für ausgeschlossen, daß dieses Dokument benutzt worden ist, denn dann wäre erstens das Datum ausgefüllt und zweitens wären die römischen Zahlen, die am Schluß des Dokuments stehen, mit abgezeichnet worden. Ob später ein anderer Entwurf gemacht worden ist, der Schellenberg vorgelegen hat, das weiß ich nicht.

VORSITZENDER: Sehen Sie, das erste Dokument trägt das Zeichen III/225. Der Brief an Dr. Best trägt auch das Zeichen III/225 und bezieht sich auf den Vorschlag, der zweifellos in diesem Dokument enthalten ist; und die Tabelle ist ebenfalls mit III/225 gekennzeichnet.

HOEPPNER: Ja, ich nehme an, daß dann irgendein anderer Entwurf gemacht worden ist, denn das ist ja auch Monate später. Dieser Entwurf ist mit ziemlicher Sicherheit nicht herausgegangen, sonst müßten unter allen Umständen die römischen Zahlen abgezeichnet sein. Im übrigen hat dieses damalige Aktenzeichen III nichts mit dem späteren Amt III zu tun – denn die Abteilung, aus der das angeklagte Amt III hervorgegangen ist, war die Zentralabteilung II/2.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Im Zusammenhang mit der Antwort des Zeugen, daß er nicht wisse, ob die Vertrauensmänner des SD Listen von Personen aufstellten, die vernichtet werden oder zwangsweise mobilisiert oder in Konzentrationslager eingeliefert werden sollten, bitte ich um die Erlaubnis, ein anderes kurzes Dokument vorzulegen, das sich auf ein anderes Land, und zwar auf Polen, bezieht und das die Richtlinien des Blockstellenleiters des SD in Polen für die Vertrauensmänner darstellt. Ich bitte, dieses Dokument verlesen zu dürfen.

HOEPPNER: Darf ich noch einen Satz sagen? In meinem Dokument stand nichts von Vernichtung und auch nichts von Konzentrationslagern.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Dieses Dokument wird Ihnen gleich vorgelegt.

Darf ich den Text dieses Dokuments vorlesen, Herr Vorsitzender? Es ist das Dokument USSR-522. Ich zitiere:

»Sicherheitsdienst des Reichsführers SS, Blockstelle Mogilno. Mogilno, den 24. August 1943.

An die V. M.

Betr.: Namhaftmachung von Polen.

Ich habe mehrmals hingewiesen, daß es notwendig ist, auf Polen jetzt besonders Obacht zu geben. Ich gebe im Folgenden die Rede des Reichsführers-SS Himmler vom 15. März 1940 (Lagerkommandantensitzung im ehemaligen Polen) wieder und ersuche, mir dementsprechend alle Polen unverzüglich namhaft zu machen.

Aus der Rede des Reichsführer-SS:

... Es ist daher erforderlich, daß alle unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihre Haupt- und vordringliche Aufgabe darin sehen, alle gewissenlosen Polenführer festzustellen, damit diese unschädlich gemacht werden! Sie als Lagerführer wissen ja am besten, wie diese Aufgabe durchgeführt werden soll.

Alle Fachleute der polnischen Abstammung sollen in unserer Kriegsindustrie ausgenutzt werden. Dann verschwinden alle Polen aus der Welt.

In dieser verantwortlichen Arbeit müssen sie das Polentum schnell in den vorgeschriebenen Etappen ausrotten. Ich gebe allen Lagerkommandanten meine Vollmacht...‹

... Die Stunde der Bewährung jedes einzelnen Deutschen rückt immer näher. Es ist daher erforderlich, daß die große Deutsche Nation die Hauptaufgabe darin sieht, alle Polen zu vernichten...‹

Ich erwarte von allen meinen V.-Männern, daß die polnischen Miesmacher und Defaitisten mir unverzüglich gemeldet werden. Für diese Aufgabe sollen auch Kinder und alte Menschen eingesetzt werden, die sehr große Rolle wegen der Meinung einer Freundlichkeit gegen Polen ausspielen können.‹

(Aus der Rede Himmlers vom 15. März 1940.)

Heil Hitler!

(Unterschrift unleserlich)

SS-Hauptsturmführer«

Interessant ist es, daß Sie die Tatsache leugnen, die Mitarbeiter des SD in den besetzten Ländern seien direkt angewiesen worden, Namenslisten von Personen anzufertigen, die vernichtet werden sollten.

HOEPPNER: Ja, ich leugne das insbesondere deshalb, weil ich über die Echtheit dieses Dokuments eine Erklärung nicht abgeben kann.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Dieses Dokument ist von der polnischen Armee in Mogilno in den Archiven des SD erbeutet worden.

HOEPPNER: Ich halte den Ausdruck »Lagerkommandantensitzung« zum Beispiel für vollständig unmöglich, weil ich überhaupt nicht wüßte, worauf sich das beziehen soll. Auch ist mir unerklärlich, was »polnische Miesmacher oder Defaitisten« bedeuten soll in diesem Zusammenhang, denn das ist ja völlig selbstverständlich, daß die Polen darauf hofften, daß Deutschland den Krieg verliert.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Bitte, keine Propagandareden gegen Polen zu halten. Ich ersuchte Sie, mir zu sagen, ob Sie den Druck des SD auf seine Vertrauensleute, Namenslisten von Polen, die vernichtet werden sollten, anzufertigen, noch immer ableugnen wollen?

HOEPPNER: Jawohl, das leugne ich.

VORSITZENDER: Welcher Beweis liegt dafür vor, daß dieses Dokument im Hauptquartier des SD erbeutet worden ist?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Es ist nicht im Hauptquartier des SD gefunden worden; das ist Ihnen nicht richtig übersetzt worden.

VORSITZENDER: Das eben ist nicht durchgekommen.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Es ist nicht im Hauptquartier des SD gefunden worden, man hat nicht richtig übersetzt. Dieses Dokument wurde durch die polnische Armee...

VORSITZENDER: Was mir übersetzt wurde, war, daß das Dokument von der polnischen Armee im SD-Hauptquartier gefunden wurde, stimmt das?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Stimmt genau, im SD-Stab, in der Blockstelle Mogilno in Polen, jedoch nicht im Zentralhauptquartier.

VORSITZENDER: Ich sagte nicht im Zentralhauptquartier, ich wollte nur wissen, was für Beweise dafür vorliegen, daß dieses Dokument im Hauptquartier des SD gefunden worden ist?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Gestatten Sie mir, die Erklärung der Polnischen Delegation verlesen zu dürfen. Darin heißt es:

»Hiermit bestätigen wir, daß das beiliegende Dokument in deutscher Sprache vom 24. August 1943 Instruktionen der Sicherheitspolizei, Reichsführer-SS in Mogilno enthält, darin einen Auszug der Rede Himmlers. Dieses Dokument stellt eine vollständige und genaue Photokopie des Originals dar, welches von der Hauptkommission zur Untersuchung der deutschen Kriegsverbrechen in Polen beschafft wurde. Das Original befand sich in einem Umschlag, auf dessen oberer linken Ecke folgendes steht:

Landrat des Kreises Mogilno, Regierungsbezirk Hohensalza.‹«

Außerdem ist da noch ein Zettel:

»Einschreiben Mogilno, Wartheland 272, mit dem Poststempel 24. August 1943, adressiert an...«

VORSITZENDER: Oberst Smirnow! Es tut mir leid, ich habe den Anfang Ihrer Ausführungen nicht gehört. Woraus haben Sie eben zitiert?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich zitiere das Beglaubigungsschreiben der Polnischen Delegation zu diesem Dokument. Das Dokument ist uns von der Polnischen Delegation übergeben worden.

VORSITZENDER: Und wie identifizieren Sie gerade dieses Dokument? Sehen Sie, wir haben ein Dokument vorliegen, aus dem nicht ersichtlich ist, was es mit dieser Beglaubigung zu tun hat. Ich meine, was ist sein Zusammenhang mit dieser Beglaubigung?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Soeben erhalte ich einen Zettel aus der Dokumentenabteilung, worin mir mitgeteilt wird, daß dem Gerichtshof das Originaldokument vorgelegt und deswegen die Beglaubigung nicht beigefügt worden ist, dagegen liegt diese Beglaubigung hier bei meinem Dokument bei. Ich bitte, dieses Versehen entschuldigen zu wollen. Die Beglaubigung wird Ihnen überreicht.

VORSITZENDER: Ach so – und durch diese Bescheinigung, die Sie haben, wird die Übersetzung ins Russische beglaubigt, die beiden Exemplare des Dokuments. Stimmt das?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich habe gestern selbst diese Dokumente geprüft, und hier ist es ebenfalls beglaubigt.

VORSITZENDER: Oberst Smirnow! Sie müssen diese Beglaubigung als Beweismittel vorlegen, um ganz klar zu machen, daß es wirklich dieses Dokument ist, das im Hauptquartier des SD in Mogilno gefunden worden ist. Das muß diesem Dokument beigefügt werden.

Hat dieses Exhibit eine Nummer bekommen? 522 nicht wahr?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ja, USSR-522, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Wir werden also die Beglaubigung anheften, und dann werden wir es uns ansehen können.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl, Herr Vorsitzender.

Ich habe keine weiteren Fragen an den Zeugen.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird sich jetzt vertagen.