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[Zum Zeugen gewandt:]

Können Sie dem Gerichtshof sagen, ob diese »Nichteinberufenen«, ungefähr 64000, – oder ob eine gewisse Anzahl von ihnen – Polizeidienst ausübten?

REINECKE: Nach meiner Auffassung muß es sich bei den Zahlen, die hier in diesem Dokument angegeben sind, um die Angehörigen der Allgemeinen SS handeln, die weder einberufen waren noch sonstige Tätigkeit ausübten, also in der Heimat ihrem Zivilberuf, das heißt ihrem wirtschaftlichen Einsatz und so weiter nachgingen.

MAJOR ELWYN JONES: War die letzte Kategorie »Einberufen zu sonstigem Einsatz«, 19254, das Personal der Einsatzkommandos?

REINECKE: Das ist vollkommen ausgeschlossen, denn das Personal der Einsatzkommandos bestand nur aus wenigen hundert Mann. Es muß unter dem Begriff des »sonstigen Einsatzes« hier irgendeine andere Funktion gemeint sein, die ich im Augenblick nicht übersehen kann.

MAJOR ELWYN JONES: Sie können sehen, daß die Gesamtzahl der Waffen-SS mit 594443 angegeben wird. Ich bitte Sie nun, sich Seite 24 anzusehen.

VORSITZENDER: Herr Elwyn Jones! Wie hoch ist die Gesamtzahl?

MAJOR ELWYN JONES: Die Gesamtzahl ist: SS – insgesamt 794941.

VORSITZENDER: Ja, aber was bedeutet das zweite deutsche Wort?

MAJOR ELWYN JONES: »Insgesamt«, Euer Lordschaft.

VORSITZENDER: »Insgesamt«, ach so.

MAJOR ELWYN JONES: [zum Zeugen gewandt] Wenn Sie sich Seite 24 ansehen, so werden Sie finden, daß die Gesamtstärke der Waffen-SS in Höhe von 594443 in verschiedene Kategorien aufgeteilt ist:

Zuerst die »Feldtruppenteile« 368654; sodann, wie ich sehe, »Neuaufstellungen und Auffrischungen« 21365; dann als nächste Kategorie: »Ausbildungs- und Ersatztruppenteile« 127643; »Schulen« 10822.

Dann folgen: »Sonstige dem SS-Führungshauptamt unmittelbar unterstehende Einheiten und Dienststellen« 26544; und dann: »Angehörige der Waffen-SS in den Hauptämtern« 39415, woraus sich eine Gesamtzahl von 594443 ergibt.

Wer waren diese 26544 »Sonstige dem SS-Führungshauptamt unmittelbar unterstehende Einheiten und Dienststellen«? War dies das Personal der Einsatzkommandos?

REINECKE: Ich muß meine Antwort von gerade eben wiederholen. Um das Personal des Einsatzkommandos kann es sich bei dieser Zahl unter keinen Umständen handeln, weil das Personal der Einsatzkommandos mit der SS an sich nichts zu tun hatte, sondern von den Dienststellen der Exekutive, vor allem auch von der Polizei, gestellt wurde. Diese Zahl von 26544 SS-Angehörigen müssen Angehörige von Dienststellen und Einheiten gewesen sein, die sich nicht in den Hauptämtern befanden, andererseits auch nicht an der Front kämpften, sondern sich im Reichsgebiet bei irgendwelchen...

MAJOR ELWYN JONES: Zeuge! Wollen Sie sich Seite 28 dieses Dokuments ansehen; dort steht, wie die 39415 auf Seite 24 als »Angehörige der Waffen- SS in den Hauptämtern« bezeichneten Leute verwendet wurden. Es beginnt: »SS-Hauptamt: 9349«, dann werden die Waffen-SS-Männer im »Rasse- und Siedlungshauptamt« der SS mit 2689 aufgezählt.

Das war doch das Amt, das Himmler unterstand, von dem Sie gestern sagten, es habe überhaupt nichts mit der Waffen-SS zu tun gehabt. Und dann als drittes das »SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt« – das ist doch das WVHA, nicht wahr? – mit 24091 Waffen-SS-Männern.

»Persönlicher Stab des Reichsführer-SS 673 Mann; SS-Personalhauptamt 170; Hauptamt SS-Obergericht 599; Dienststelle SS-Obergruppenführer Heißmeyer 553; Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums 304; Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums (Hauptamt Volksdeutsche Mittelstelle) 987.«

Daraus geht doch deutlich hervor, nicht wahr, daß die Leute der Waffen-SS in diesem schrecklichen Netzwerk von Himmlers Terrormaschine verstrickt waren.

REINECKE: Ich glaube nicht, daß das daraus hervorgeht. Ich habe gestern ausführlich dargestellt, daß die einzelnen Hauptämter kein einheitliches Oberkommando darstellten. Wenn hier zum Beispiel bei den verschiedenen Hauptämtern Angehörige der Waffen- SS erscheinen, so ist das darauf zurückzuführen, daß die dort diensttuenden Personen in das Wehrverhältnis der Waffen-SS während des Krieges einberufen wurden, weil dadurch ihre Uk-Stellung nicht notwendig wurde und sie so dem Zugriff der Wehrmacht entzogen werden konnten.

MAJOR ELWYN JONES: Alle diese Männer wurden doch unter der Waffen-SS geführt; sie waren Angehörige der Waffen-SS, sie trugen Waffen-SS-Uniformen und wurden von der Waffen-SS bezahlt. Das ist doch so, nicht wahr?

REINECKE: Das ist wohl so, das hat aber insofern eine andere Bedeutung, als sie dabei nicht, Mitglieder der Organisation, der gewachsenen Organisation, waren, sondern, wie das im Kriege vielfach der Fall war, einfach die Uniform angezogen bekamen und dementsprechend besoldet wurden. Wenn ich aus diesem Dokument, Seite 28, beispielsweise das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt nehme, mit 24091 angeblichen Waffen-SS-Angehörigen, so muß ich hierzu sagen, daß es sich hier wohl ausschließlich um die Konzentrationslager-Bewachungsmannschaften handeln kann und hieraus eben hervorgeht, daß diese Mannschaften als sogenannte nominelle Waffen-SS eben dem Wirtschafts-Verwaltungshauptamt angehängt waren, aber mit der Waffen-SS in Wirklichkeit nichts zu tun hatten.

MAJOR ELWYN JONES: Euer Lordschaft! Ich bin der Ansicht, daß das Dokument für sich selbst spricht, und ich habe keine weiteren Fragen.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof möchte gern die Übersetzungen dieser zwei Dokumente haben, auf die Sie sich beziehen.

MAJOR ELWYN JONES: Gewiß, Euer Lordschaft, sie werden eingereicht.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Ich möchte den Zeugen nicht ausführlich verhören. Ich möchte nur, daß Sie mir erlauben, eine Frage über eine Sache, die er schon gestern behandelt hat, an ihn zu richten, und zwar bezüglich eines sehr kurzen Dokuments.

VORSITZENDER: Ja, bitte sehr.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Zeuge! Habe ich Sie gestern richtig verstanden, daß es in der SS Ehrenmitglieder gab?

REINECKE: Ja.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sie haben behauptet, daß dieser Rang ihnen nur einmalig und ausschließlich deswegen verliehen wurde, um ihnen das Recht zu geben, die Uniform zu tragen. Habe ich Sie richtig verstanden?

REINECKE: Ja.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich möchte dem Zeugen einen an Himmler gerichteten Brief vorlegen, und zwar einen Brief von einem der Leute, die er gestern als Ehrenmitglieder bezeichnete. Ich bitte um Erlaubnis, dieses kurze Dokument verlesen zu dürfen; ich zitiere:

»12. Juli 1940

Berlin W 8, Wilhelmstraße 73.«

VORSITZENDER: Sagten Sie 1944 oder 1940?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: 1940, Euer Lordschaft. Es ist ein neues Dokument mit der Nummer USSR-512, ist von der Roten Armee in den Berliner Archiven gefunden worden und wird gleich dem Gerichtshof vorgelegt. Ich zitiere:

»Mein lieber Himmler! Meine Ernennung durch den Führer zum Obergruppenführer der SS hat mich sehr herzlich gefreut. Du weißt, wie ich zu Deiner SS stehe und wie ich ihren Aufbau, der Dein eigenstes Werk ist, bewundere. Ich werde es immer als eine besondere Ehre empfinden, diesem stolzen Führerkorps, das für die Zukunft unseres Großdeutschen Reiches von entscheidender Bedeutung ist, anzugehören. In treuer Freundschaft Dein Joachim Ribbentrop.«