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[Zum Zeugen gewandt:]

Wir werden nun feststellen können, ob Ihnen diese Sammlung unbekannt war. Es ist ein Schreiben von Brandt an das RSHA vom 6. November 1942. Brandt war der Adjutant von Himmler. Ist das richtig?

SIEVERS: Der persönliche Referent.

MAJOR ELWYN JONES: Nun zu diesem Schreiben:

»Aufbau einer Sammlung von Skeletten in der Anatomie Straßburg.

Der Reichsführer-SS hat angeordnet, daß dem Direktor der Anatomie Straßburg, SS-Hauptsturmführer Prof. Dr. Hirt, der zugleich Leiter einer Abteilung des Instituts für wehrwissenschaftliche Zweckforschung im Amt Ahnenerbe ist, für seine Forschungen alles Notwendige zur Verfügung gestellt wird. Im Auftrag des Reichsführer-SS bitte ich deshalb, den Aufbau der geplanten Skelettsammlung zu ermöglichen. Wegen der Einzelheiten wird sich SS-Obersturmbannführer Sievers mit Ihnen in Verbindung setzen.«

Nun, dieser Sievers sind doch Sie? Ist das richtig?

SIEVERS: Jawohl.

MAJOR ELWYN JONES: Wurde mit Ihnen über Einzelheiten Fühlung genommen?

SIEVERS: Es handelt sich hier um den Ausbau der Anatomie der damals neu übernommenen Universität Straßburg, und zwar um den Neuaufbau des sogenannten Anatomischen Museums, wie es an allen Anatomien der Universitäten überall besteht.

MAJOR ELWYN JONES: Dies war also ein Stück akademischer Forschung, nicht wahr?

SIEVERS: Jawohl.

MAJOR ELWYN JONES: Woher sollten Sie die Skelette bekommen?

SIEVERS: Die Einzelheiten sollte Professor Hirt...

MAJOR ELWYN JONES: Beantworten Sie nur meine Frage, Zeuge, denn Sie wissen doch ganz genau die Antwort darauf.

Woher sollten Sie die Skelette bekommen?

SIEVERS: Sie sollten zur Verfügung gestellt werden aus Auschwitz.

MAJOR ELWYN JONES: Schauen Sie sich nun bitte ein Schreiben an, das Sie als Antwort auf Brandts Mitteilung an ihn geschickt haben und das Vorschläge enthielt, woher die Skelette kommen sollten.

Es ist Dokument NO-085, GB-574; Seite 11 des Dokumentenbuches, Euer Lordschaft, Seite 14 und 15 im deutschen Text.

Es ist ein Schreiben mit dem Briefkopf »Das Ahnenerbe« vom 9. Februar 1942, »Geheim«, an Brandt, den Adjutanten Himmlers. Das ist doch Ihr Schreiben, Zeuge? Ist das nicht Ihre Unterschrift darunter?

SIEVERS: Jawohl.

MAJOR ELWYN JONES: Ich will es ganz verlesen:

»Lieber Kamerad Brandt!

Den mit Ihrem Schreiben vom 29. 12. 41... angeforderten Bericht von Professor Dr. Hirt habe ich leider nicht eher einreichen können, da Professor Hirt inzwischen schwer erkrankte.«

Dann folgen Einzelheiten über seine Krankheit.

»Professor Hirt konnte deshalb nur einen vorläufigen Bericht abgeben, den ich Ihnen aber doch schon vorlegen möchte. Es handelt sich

1.) um seine Forschungen auf dem Gebiet der Intravitalmikroskopie, die Entdeckung einer neuartigen Untersuchungsmethodik und die Konstruktion eines neuen Forschungsmikroskops;

2.) um einen Vorschlag zur Sicherstellung der Schädel von jüdisch-bolschewistischen Kommissaren.«

Dann folgt Ihre Unterschrift, und Sie sandten dieses Schreiben und den Bericht von Professor Hirt und seine Vorschläge weiter. Hirts Bericht lautet:

»Betr.: Sicherstellung der Schädel von jüdisch-bolschewistischen Kommissaren zu wissenschaftlichen Forschungen in der Reichsuniversität Straßburg.

Nahezu von allen Rassen und Völkern sind umfangreiche Schädelsammlungen vorhanden. Nur von den Juden stehen der Wissenschaft so wenig Schädel zur Verfügung, daß ihre Bearbeitung keine gesicherten Ergebnisse zuläßt. Der Krieg im Osten bietet uns jetzt Gelegenheit, diesem Mangel abzuhelfen. In den jüdisch- bolschewistischen Kommissaren, die ein widerliches aber charakteristisches Untermenschentum verkörpern, haben wir die Möglichkeit, ein greifbares wissenschaftliches Dokument zu erwerben, indem wir uns ihre Schädel sichern.

Die praktische Durchführung der reibungslosen Beschaffung und Sicherstellung dieses Schädelmaterials geschieht am zweckmäßigsten in Form einer Anweisung an die Wehrmacht, sämtliche jüdisch-bolschewistischen Kommissare in Zukunft lebend sofort der Feldpolizei zu übergeben. Die Feldpolizei wiederum erhält Sonderan weisung, einer bestimmten Stelle laufend den Bestand und Aufenthaltsort dieser gefangenen Juden zu melden und sie bis zum Eintreffen eines besonderen Beauftragten wohl zu behüten. Der zur Sicherstellung des Materials Beauftragte (ein der Wehrmacht oder sogar der Feldpolizei angehörender Jungarzt oder Medizinstudent, ausgerüstet mit einem Pkw nebst Fahrer) hat eine vorher festgelegte Reihe photographischer Aufnahmen und anthropologischer Messungen zu machen und, soweit möglich, Herkunft, Geburtsdaten und andere Personalangaben festzustellen. Nach dem danach herbeigeführten Tode des Juden, dessen Kopf nicht verletzt werden darf, trennt er den Kopf vom Rumpf und sendet ihn, in eine Konservierungsflüssigkeit gebettet, in eigens zu diesem Zweck geschaffenen und gut verschließbaren Blechbehältern zum Bestimmungsort. An Hand der Lichtbildaufnahmen, der Maße und sonstigen Angaben des Kopfes und schließlich des Schädels können dort nun die vergleichenden anatomischen Forschungen, die Forschungen über Rassenzugehörigkeit, über pathologische Erscheinungen der Schädelform, über Gehirnform und -größe und über vieles andere mehr beginnen.

Für die Aufbewahrung und die Erforschung des so gewonnenen Schädelmaterials wäre die neue Reichsuniversität Straßburg ihrer Bestimmung und ihrer Aufgabe gemäß die geeignetste Stätte.«

War das der Bericht, den Sie an Brandt weitergeschickt haben?

SIEVERS: Ja, das ist der Bericht von Professor Hirt.

MAJOR ELWYN JONES: Wie wurde bei dieser Skelettsammlung von Lebenden verfahren?

SIEVERS: Das kann ich im einzelnen nicht genau sagen. Ich habe bei früheren Vernehmungen darauf hingewiesen, daß zu dieser Angelegenheit Professor Hirt selbst befragt werden solle... müsse.

MAJOR ELWYN JONES: Nun, Zeuge. Ich möchte Ihnen noch eine Gelegenheit geben, die Wahrheit zu sagen.

Sie werden diesem Gerichtshof doch nicht erzählen, Sie hätten nicht gewußt, welche Fortschritte diese Schädel- und Skelettsammlung gemacht hat?

SIEVERS: Das geht aus dem Bericht hervor. Es sind dann Personen für diese Aufgabe auf Anordnung Himmlers zur Verfügung gestellt worden.

MAJOR ELWYN JONES: Wer hat die Aktion in die Tat umgesetzt? Hatten Sie damit etwas zu tun? Mit der Sammlung der Leichen?

SIEVERS: Nein, überhaupt nichts. Ich weiß auch nicht, auf welche Weise die ganze Angelegenheit entstand, da ich den unmittelbaren Briefwechsel und die Besprechungen, die zwischen Himmler und Hirt früher vorausgehend stattgefunden haben, nicht kenne. Hirt war ein alter...

MAJOR ELWYN JONES: Zeuge! Ich habe Ihnen eine Gelegenheit gegeben, sich vor Meineid zu bewahren; Sie haben sie nicht wahrgenommen.

Nun schauen Sie sich das nächste Dokument, NO- 086, an, Seite 13 des Dokumentenbuches. Es wird GB-575, wieder ein Schreiben von Ihnen, ein anderes Schreiben von Ihnen an den Adjutanten Himmlers, als »Geheim« bezeichnet, vom 2. November 1942. In Ihrem Dokumentenbuch Seite 13, Euer Lordschaft:

»Lieber Kamerad Brandt!

Wie Sie wissen, hat der Reichsführer-SS seinerzeit angeordnet, daß SS-Hauptsturmführer Professor Dr. Hirt für seine Forschungen alles bekommen soll, was er braucht. Für bestimmte anthropologische Untersuchungen – ich berichtete dem Reichsführer-SS auch bereits darüber – sind nun 150 Skelette von Häftlingen bezw. Juden notwendig, die vom KL Auschwitz zur Verfügung gestellt werden sollen. Es ist dazu nur noch erforderlich, daß das Reichssicherheitshauptamt eine offizielle Anweisung des Reichsführer-SS erhält, die aber auch Sie im Auftrag des Reichsführer-SS erteilen können.«

Nun, Sie hatten die Angelegenheit schon mit Himmler besprochen, nicht wahr, Zeuge? Sie waren doch sein Agent für die Sammlung dieser lebenden Menschen, um sie in Skelette zu verwandeln?

SIEVERS: In dieser Form stimmt das nicht. Die ganze Angelegenheit erstreckte sich über einen so langen Zeitraum, daß, da ich immer nur mit Einzelheiten zu tun hatte, ich den Zusammenhang jetzt nicht in der Eile rekonstruieren kann.

MAJOR ELWYN JONES: Ich bin sicher, daß Sie keine Eile haben, ihn zu rekonstruieren, wie Sie es sicher tun sollten. Zum zweiten Male sind Sie in dieser Sache unter Eid, und ich möchte doch eine gewisse Andeutung von Ihnen, daß Sie wissen, was ein Eid bedeutet. Sie sind doch ein gebildeter Mann.

Schauen Sie sich das nächste Dokument an, NO- 089, um Ihr Gedächtnis aufzufrischen, wie groß Ihr Abstand von der Sache war. Es wird GB-576.

VORSITZENDER: Es kam 089 durch. Meinen Sie 089?

MAJOR ELWYN JONES: NO-089, Seite 16 Ihres Dokumentenbuches, Euer Lordschaft.