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[Zum Zeugen gewandt:]

Das ist noch eines Ihrer Schreiben, ein Schreiben mit dem Kopf: »Ahnenerbe, Inst. für wehrwissenschaftl. Zweckforschung.« Sie waren Leiter dieses Instituts, nicht wahr?

SIEVERS: Ja, ich war der Reichsgeschäftsführer.

MAJOR ELWYN JONES: Es ist datiert vom 21. Juni 1943 und als »Geheime Reichssache« bezeichnet; gerichtet:

»An das Reichssicherheitshauptamt, Amt IV B 4, z. Hd. SS-Obersturmbannführer Eichmann.

Betrifft: Aufbau einer Sammlung von Skeletten.

Unter Bezugnahme auf dortiges Schreiben vom 25. 9. 1942... und die zwischenzeitlich in obiger Angelegenheit geführten persönlichen Besprechungen wird mitgeteilt, daß der mit der Ausführung obigen Sonderauftrages beauftragte Mitarbeiter der hiesigen Dienststelle, SS-Hauptsturmführer Dr. Bruno Beger, die Arbeiten am 15. 6. 1943 im KL Auschwitz wegen der bestehenden Seuchengefahr beendet hat.

Insgesamt wurden 115 Personen...«

Ich möchte hier für einen Augenblick unterbrechen. Was für eine Art von Experimenten wurde denn zum Zwecke der Skelettsammlung an diesen Menschen durchgeführt? Was für Experimente waren das, Zeuge?

SIEVERS: Anthropologische Vermessungen.

MAJOR ELWYN JONES: Bevor sie ermordet wurden, wurden sie anthropologisch vermessen. Das war alles, nicht wahr?

SIEVERS: Und Abdrücke wurden von den Leuten genommen.

MAJOR ELWYN JONES: Es nimmt doch nicht viel Zeit in Anspruch, anthropologische Messungen vorzunehmen, Zeuge, oder Abdrücke zu nehmen? Das wissen Sie doch. Es sind doch auch noch andere Experimente als Messungen und Abdrücke mit den unglücklichen Opfern Ihrer Wissenschaft gemacht worden, nicht wahr?

SIEVERS: Ich kenne die Durchführung dieser Art in Auschwitz nicht; ich weiß nur, daß anthropologische Vermessungen durchgeführt wurden, ich weiß nicht, wie lange solche Arbeiten dauerten.

MAJOR ELWYN JONES: Ich fahre jetzt mit Ihrem Brief fort, der es klar macht, daß es noch weit Schlimmeres gegeben haben mußte als anthropologische Vermessungen:

»Insgesamt wurden 115 Personen, davon 79 Juden, 2 Polen, 4 Innerasiaten und 30 Jüdinnen bearbeitet. Diese Häftlinge sind z. Zt. getrennt nach Männern und Frauen in je einem Krankenbau des KL Auschwitz untergebracht und befinden sich in Quarantäne.

Zur weiteren Bearbeitung der ausgesuchten Personen ist nunmehr eine sofortige Überweisung an das KL Natzweiler erforderlich, was mit Rücksicht auf die Seuchengefahr in Auschwitz beschleunigt durchgeführt werden müßte. Ein namentliches Verzeichnis der ausge suchten Personen ist beigefügt.

Es wird gebeten, die entsprechenden Anweisungen zu erteilen.

Da bei der Überweisung der Häftlinge nach Natzweiler die Gefahr der Seucheneinschleppung besteht, wird gebeten, umgehend zu veranlassen, daß seuchenfreie und saubere Häftlingskleidung für 85 Männer und 30 Frauen von Natzweiler nach Auschwitz gesandt wird.

Gleichzeitig muß dafür Sorge getragen werden, für die 30 Frauen kurzfristig im KL Natzweiler Unterbringungsmöglichkeit zu schaffen.«

Das ist Ihr Schreiben.

Wenn Ihr ganzes Interesse an diesen Unglücklichen sich nur auf anthropologische Messungen und auf die Sicherstellung ihrer ausgemergelten Knochen erstreckt hat, warum haben Sie sie dann nicht schnurstracks getötet? Sie müssen doch Experimente an ihnen vorgenommen haben, durch deren Ergebnisse Sie Entdeckungen machen wollten, nicht wahr?

SIEVERS: Nein, von Experimenten ist mir nichts bekannt; solche sind auch nacht gemacht worden.

MAJOR ELWYN JONES: Was geschah mit der Skelettsammlung? Wo wurde sie zusammengestellt?

SIEVERS: Die Überführung ist nach Natzweiler erfolgt und die weitere Bearbeitung lag in den Händen von Professor Hirt.

MAJOR ELWYN JONES: Was geschah mit den Leichen, nachdem SS-Professor Hirt und die anderen SS-Leute diese Menschen ermordet hatten? Wohin wurden sie transportiert?

SIEVERS: Ich nehme an, daß sie in die Anatomie nach Straßburg gebracht wurden.

MAJOR ELWYN JONES: Hegen Sie keinen Zweifel daran, Zeuge? Sie scheinen sehr zu zögern, es zuzugeben. Haben Sie keinen Zweifel?

SIEVERS: Nun, ich habe darüber keinen Bericht gesehen und keinen bekommen.

MAJOR ELWYN JONES: Sie hatten doch schließlich etwas mit der Verfügung über die Skelette und Leichen zu tun, nicht wahr? Hatten Sie irgend etwas mit der endgültigen Verfügung über diese Leichen zu tun? Ich verstehe, daß die Beantwortung dieser Frage für Sie schwierig ist.

SIEVERS: Nein. Das lag in den Händen von Professor Hirt. Ich bin gar nicht in Straßburg oder Natzweiler in diesem Zusammenhang gewesen.

MAJOR ELWYN JONES: Haben Sie nicht irgendwann einmal irgendwelche Vorschläge gemacht, was mit der Sammlung geschehen solle?

SIEVERS: Das war viel später, als die Frage auftauchte der Besetzung von Straßburg und über den Verbleib der Sammlung.

MAJOR ELWYN JONES: Was haben Sie dann getan, Zeuge?

SIEVERS: Ich glaube, eine Besprechung hat stattgefunden – ich kann nicht genau sagen mit wem – zur Herbeiführung einer Entscheidung Himmlers, wo die Sammlung untergebracht werden solle.

MAJOR ELWYN JONES: Waren Sie bei dieser Besprechung anwesend?

SIEVERS: Mit Himmler habe ich nicht über die Sache dann gesprochen.

MAJOR ELWYN JONES: Haben Sie irgendwelche Vorschläge gemacht, was mit den von Ihnen in Straßburg gesammelten Leichen geschehen solle? Hatten Sie irgendwelche Vorschläge zu machen?

SIEVERS: Das kann ich nicht mehr sagen. Ich erinnere mich nicht mehr.

MAJOR ELWYN JONES: Versuchen Sie doch, sich daran zu erinnern. Ich bin sicher, Sie wissen es. Es war 1944. Es ist noch nicht so lange her. Ich bin sicher, daß es noch sehr lebhaft in Ihrem Gedächtnis haften muß.

SIEVERS: Es tut mir leid; ich kann Ihnen keine genaue Antwort geben, weil ich mich nicht erinnere.

MAJOR ELWYN JONES: Welche Vorschläge haben Sie in Bezug auf diese Leichen in Straßburg gemacht, als die alliierten Armeen sich Straßburg näherten und der Tag der Abrechnung für Sie kam? Erzählen Sie das dem Gerichtshof.

SIEVERS: Ich sagte, daß ich eine Entscheidung von Himmler angefordert habe, was mit dieser Sammlung werden sollte. Es handelte sich um eine Angelegenheit, die aus Besprechungen und Ideen zwischen Himmler und Hirt entstanden ist, in die ich hineingezogen wurde durch die verwaltungsmäßige und technische Abwicklung der Angelegenheit, und infolgedessen konnte darüber allein auch nur Himmler entscheiden, was damit werden sollte.

MAJOR ELWYN JONES: Ich habe Ihnen wieder eine Gelegenheit gegeben, sich vor Meineid zu schützen. Sehen Sie sich Dokument NO-088 an.

Seite 15 in Euer Lordschaft Dokumentenbuch. Es wird GB-578.