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[Zum Zeugen gewandt.]

Ich wollte wissen, ob jetzt, nachdem Sie diesen Eintrag gelesen haben, Ihre Erinnerung an diese Vorgänge damals zurückkommt.

SIEVERS: Jawohl.

RA. PELCKMANN: Und dann schildern Sie sie bitte.

SIEVERS: Die Tätigkeit der Abteilung...

VORSITZENDER: Einen Augenblick. Herr Pelckmann! Sie müssen sich vor allen Dingen darüber klar sein, daß der Zweck des Rückverhörs ist, Dinge, die im Kreuzverhör vorgekommen sind, klarzustellen oder zu widerlegen. Das ist doch der einzige Zweck des Rückverhörs. Zweitens: Aus der Tatsache, daß der Zeuge ins Kreuzverhör genommen worden ist, um zu beweisen, daß gewisse brutale und ungesetzliche Experimente von dieser Institution ausgeführt worden sind, folgert der Gerichtshof nicht, daß diese Institution nichts anderes tat. Wir haben nicht die Absicht, hier lange Zeit zu sitzen, um noch alles andere zu erfahren, was dieses Institut noch getan hat. Alles, was Ihr Rückverhör bezwecken sollte, ist, die Tatsache, daß gesetzwidrige Experimente gemacht wurden, zu widerlegen, oder Zweifel, die bezüglich dieser ungesetzlichen Experimente auftauchen könnten, zu beseitigen, nicht aber uns hier zu zeigen, daß man noch andere Sachen getan hat.

RA. PELCKMANN: Herr Zeuge! Sind, nachdem Rascher verhaftet worden ist, nach Ihrer Kenntnis weiterhin unmenschliche Experimente vorgenommen worden?

SIEVERS: Nein.

RA. PELCKMANN: Nicht?

SIEVERS: Nein, Dr. Plötner hat sie ja, wie ich vorhin ausführte, ausdrücklich abgelehnt.

RA. PELCKMANN: Ja, wissen Sie nach dieser Zeit von anderen unmenschlichen Experimenten?

SIEVERS: In dem Zusammenhang mit dem Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung, also da, wo ich Einblick hatte, nicht.

RA. PELCKMANN: Sie sagen, Sie hatten in das Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung Einblick? Welche Persönlichkeiten der SS hatten in diese Experimente Einblick?

SIEVERS: Nur solche, die von Himmler dazu persönlich beauftragt waren, ganz wenige...

RA. PELCKMANN: Wie viele mögen es etwa gewesen sein? Es kommt auf fünf oder zehn nicht an.

SIEVERS: Ich will es hoch schätzen, zehn bis zwanzig.

RA. PELCKMANN: Liefen diese Anordnungen unter Geheimschutz, das heißt unter dem höchsten Geheimschutz, teilweise als »Geheime Kommandosache« oder als »Geheime Reichssache«?

SIEVERS: Jawohl. Unter diesen beiden höchsten Geheimhaltungsstufen.

RA. PELCKMANN: Können Sie daher aus eigener Kenntnis sagen, ob Sie es für möglich halten, daß die Masse der SS-Leute von diesen Dingen gewußt hat?

SIEVERS: Es ist ganz unmöglich, daß sie davon gewußt haben können.

RA. PELCKMANN: Können Sie sich erinnern, daß der Freiherr von Eberstein, als er von diesen Experimenten Raschers erfuhr, ganz empört und entsetzt war, daß so etwas vorkommen konnte? Haben Sie daran eine persönliche Erinnerung?

SIEVERS: Jawohl, denn ich mußte mich bei ihm in dieser Angelegenheit persönlich melden. Er war außerordentlich aufgebracht bei dieser Unterredung und erzählte von Dingen, die er im Zusammenhang mit der Verhaftung Raschers gehört habe und die auch mich auf das tiefste erschütterten. Er begann in seiner Erregung mir Vorwürfe zu machen und war dann sehr erstaunt, daß Himmler engste persönliche Beziehung allein zu Rascher hatte und daß all die Anweisungen von Himmler unmittelbar kamen.

RA. PELCKMANN: Das genügt, danke.

VORSITZENDER: Nun, können Sie die Bemerkung, die Sie machen wollten, in fünf Minuten abschließen?

SIEVERS: Ich brauche nicht länger.

VORSITZENDER: Gut, dann fahren Sie fort.

SIEVERS: In dem vorigen Kreuzverhör wurde mir vorgeworfen, ich hätte natürlich persönlich gar keine Bedenken gehabt bezüglich dieser Menschenversuche. Ich muß dem energisch widersprechen. Mein Gewissenskonflikt war außerordentlich groß und nicht beruhigt durch die vorhin im Eingang meiner Erklärung bereits gegebenen Versicherungen von Himmler. Ich besprach mich deshalb mit dem Leiter unserer Geheimorganisation mit dem Ergebnis, daß weitere Weigerung erstens mir persönlich den Kopf gekostet hätte, da nur noch eine offene Demonstration übriggeblieben wäre; zweitens, daß dies die davon Betroffenen in keiner Weise geschützt oder ihnen geholfen hätte. Die Arbeiten wären auf jeden Fall so oder so durchgeführt worden. Ich habe jedoch dann, was ein anderer nicht getan und gewagt hätte, insgeheim, wo es immer nur möglich war, durch stille Sabotage verhindert, was zu verhindern war. Meine mehrfachen Angebote an Hand meiner geheimen Aufzeichnungen und Unterlagen, die vorliegen in mehreren hundert Seiten Eintragungen, die Dr. Pelckmann eben hier nachgewiesen hat, sind vergeblich gewesen. Auch jetzt verbietet mir die Zeit, hier ein weiteres Bild der Zusammenhänge davon zu entwickeln und die Hintergründe darzustellen. Ich habe diese Versuche persönlich abgelehnt und nicht gefördert. Ich habe die Rolle gespielt, wie sie etwa ein Syndikus einer Universität auszuführen hat, der allen Professoren und Institutsleitern gleicherweise in allen wirtschaftlichen, finanziellen und verwaltungsmäßigen Fragen zur Verfügung zu stehen hat und muß deshalb die Frage nach meiner Glaubwürdigkeit und meiner persönlichen Einstellung zurückweisen. Gerade die vorgelegten Dokumente erweisen, was ich zu diesen Dingen in der Kommissionsvernehmung ausgesagt habe, wie Dr. Pelckmann eben noch einmal feststellte, Wenn meine Glaubwürdigkeit angezweifelt werden sollte hinsichtlich meiner illegalen Tätigkeit, so steht dazu der Leiter der Geheimabteilung, Dr. Hilscher, zur Verfügung, der jetzt in Nürnberg anwesend ist. Ich danke.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird jetzt eine Pause einschalten.