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[Pause von 10 Minuten.]

VORSITZENDER: Dr. Servatius! Der Gerichtshof schätzt die Weise, in der Sie die Dokumente behandeln; aber trotzdem, behandeln Sie nicht Dinge, die Sie eigentlich in Ihrer Schlußansprache erörtern sollten?

DR. SERVATIUS: Ich werde aber in meinem Schlußvortrag nur kurz diese Fragen streifen. Sie müssen ja zunächst einmal überhaupt vorgetragen sein. Es hat sich ja schon als sehr nützlich erwiesen, gerade in der Frage...

VORSITZENDER: Was die formelle Vorlage oder das Beweisangebot anlangt, kann dies kürzer gehalten werden. Wenn Sie sich im Schlußwort mit dem Inhalt der Dokumente beschäftigen, ist es nicht notwendig, Zeit zu verschwenden und den Inhalt von jedem Dokument anzugeben, wenn Sie die Dokumente als Beweisstücke vorlegen. Wenn Sie sich demnach in Ihrer Schlußansprache ihrem Ziel entsprechend ausführlich damit beschäftigen werden, hieße das, daß Sie es zweimal bringen würden.

DR. SERVATIUS: Es kommen dieselben Fragen noch einmal bei den Affidavits, die ich vorlegen werde. Es läßt sich nicht vermeiden, das Thema hier vor dem Gericht nun wenigstens einmal zu besprechen, denn nachher in meinem Schlußvortrag werde ich ja sehr kurz sein und nur stichwortartig darauf Bezug nehmen. Ich hatte nicht vor...

VORSITZENDER: Ich erwarte von Ihnen, daß Sie die Dokumente jetzt in der Beweisaufnahme vorlegen, ohne sich mit dem Inhalt zu beschäftigen und daß Sie dann den Inhalt in Ihrem Schlußwort behandeln.

DR. SERVATIUS: Ich habe meinen Schlußvortrag soweit fertig und habe ihn gerade in diesen Fragen sehr kurz gefaßt mit Rücksicht darauf, daß ich annahm, hier das Wesentliche vortragen zu können. Ich hatte anfangs mich anders eingestellt, wie damals gesagt wurde, man solle die Unterlagen einreichen, einführen und im Schlußvortrag darauf kommen. Dann wäre mein Schlußvortrag ganz anders ausgefallen, als er jetzt aufgebaut ist.

VORSITZENDER: Sicher werden Sie den Gerichtshof zu unterstützen suchen, indem Sie sich so kurz als möglich halten werden.

DR. SERVATIUS: Jawohl!

Das Dokumentenbuch II beginnt mit dem Dokument 60 und befaßt sich zunächst mit den Fragen des Zwangs, ein Amt anzunehmen. Es ist zunächst eine grundlegende Anordnung, wonach jeder Parteigenosse zur Mitarbeit verpflichtet ist und herangezogen werden kann. Das nächste befaßt sich mit der gleichen Frage und das Dokument 62 bestätigt wiederum, daß man neben der beruflichen Tätigkeit verpflichtet ist, in der Partei zu arbeiten. Und das ist wesentlich, daß Parteigenossen, die sich ohne Angabe wirklich stichhaltiger Gründe weigern, Parteiämter zu übernehmen, damit den Interessen der Partei zuwiderhandeln und parteigerichtlich zu bestrafen sind.

Das nächste Dokument zeigt, daß in dem staatlichen Gesetz zur Sicherung der Einheit von Staat und Partei diese Pflichtverletzung vom Staat bestraft wird. Da heißt es in Paragraph 5:

»Außer den sonst üblichen Dienststrafen können auch Haft und Arrest verhängt werden.«

Es ist das von Bedeutung, weil hier der physische Zwang einsetzt in der Form von Arrest.

Das nächste Dokument macht die Satzungen der Partei zum öffentlichen Recht. Das ist Dokument 63. Auf Seite 77 ist nun die praktische Folgerung gezogen. Wer den Bestrebungen zuwiderhandelt, kann wegen Interesselosigkeit aus der Partei ausgeschlossen werden.

Das nächste Dokument, Nummer 8, Seite 78, zeigt ein Urteil, wo dies tatsächlich geschieht, weil jemand ein Amt nicht übernehmen will. Auf Seite 82 ist die amtliche Entlassung bestätigt; sie ist im Berufungsurteil gemildert aus dem Ausstoß in eine Entlassung.

Das Dokument 64 enthält eine Entscheidung des Obersten Parteigerichts, wonach jemand ausgeschlossen wird, weil er absichtlich seine Sache schlecht gemacht hat, um den Ausschluß zu erreichen, um die Abberufung von seinem Posten zu erreichen.

Von besonderer Bedeutung ist das Dokument 65. Dort heißt es:

»Der Ausschluß aus der Partei ist die höchste Strafe... Sie bedeutet für den Betroffenen, wie... Reichsleiter Buch wiederholt betont hat, heute unter Umständen Verlust der Existenz und Verlust jedes persönlichen Ansehens.«

Man weiß, daß eine Strafe, eine feste Strafe von noch so langer Dauer, einmal zu Ende geht. Aber der Verlust der Existenz bedeutet hier, daß der Ausgestoßene mit seiner Familie nicht mehr in Arbeit und Brot kommt.

In Dokument 66 sind die Folgerungen gezogen für Beamte, die ausgeschlossen worden sind. Die Ernennung kann rückgängig gemacht werden. Dann kommen verschiedene Dokumente, die diesen Zwang, der auf die Beamten und Angestellten von verschiedenen Regierungsstellen ausgeübt wird, bestätigen; es wird Dokument 67, von der Bayerischen Landesregierung, also nicht von der Partei, das androht was geschieht, wenn jemand ein Amt nicht annimmt.

Das nächste Dokument, Nummer 68, ist eine Abschrift eines Erlasses des Ministeriums des Innern, das auch in diesem Sinne ist. Der Beamte muß nachweisen, wo er tätig ist und wie er sich aktiv in der Partei betätigt; falls es nicht geschieht, ist zu berichten.

Das Dokument 69 befaßt sich mit dem Lehrpersonal. Es ist der Staatsminister für Unterricht und Kultus aus Oberfranken und Mittelfranken. Lehrkräfte, die unangenehm auffallen, sind namentlich zu benennen, heißt es dort.

Dokument 70: Der Reichsminister der Finanzen macht auch die Eignung für eine Beförderungsstelle davon abhängig, daß in der Partei mitgearbeitet wird.

Das Dokument 71 handelt vom Austritt und Ausschluß von Beamten und sagt, daß man nicht Beamter bleiben kann, wenn man aus der Partei ausgetreten ist. Zum mindesten muß der Beamte damit rechnen, daß seine Beförderung zurückgestellt wird. Bormann bittet darum, ihm gleichzeitig das Urteil über den Ausschluß des Betreffenden aus der Partei mitzuteilen.

Es kommt das Dokument 72 bezüglich der Fachämter. Es wird hier betont, daß die den Hoheitsträgern in ihren Stäben zugeteilten Fachämter unpolitisch zu führen sind.

Das Dokument 73 trennt heraus aus den Stäben die Beamten des Reichsschatzmeisters, die mit Finanzkontrolle und Buchführung zu tun haben.

Das Dokument 74 zeigt wieder den getrennten Aufbau des Finanzwesens von dem eigentlichen politischen Wesen.

In Dokument 75 wird die Finanzverwaltung von der politischen Parteiverwaltung getrennt und die Entlassung der Finanzfachleute aus dem Stab der Gauleitung angeordnet.

In Dokument 75 ist gesagt, daß die Kassenwarte nur dem Gauschatzmeister verantwortlich sind und seinen Anweisungen zu folgen haben.

Dokument 76 befaßt sich mit Strafanzeigen, die auch wieder von der Finanzabteilung selbständig gegen alle Angehörigen der politischen Stäbe gemacht werden können.

Dokument 77 zeigt die Aufgliederung der Ämter in den Stäben; dort wird unterschieden zwischen politischer Führung, Verwaltung und Parteigericht.

Dokument 78 behandelt wieder die Abtrennung der Gauschatzmeister und Kassenleiter, Dokument 79 wiederum das Thema Aufgliederung innerhalb des Stabes in verschiedene Verantwortungsbereiche.

Dokument 80 verbietet Eingriffe von Parteistellen in das Parteigerichtsverfahren.

Das Dokument 81 ist insofern von Bedeutung, als die Parteigerichte außerhalb der Parteiorganisation gestellt werden und selbständig sind. Das führt dazu, daß die Parteirichter keine »Politischen Leiter« sind.

Auch das Dokument 82 behandelt die Stellung des Parteirichters. Es heißt dort: »Er ist nur dem Führer unterstellt.« Also kein »Politischer Leiter«.

Die nächsten Dokumente befassen sich mit der Kirchenfrage. Zunächst der Kommentar von Feder zum Parteiprogramm. Dort ist zu Kultur gesagt, daß man Angriffe auf das Christentum als plump und taktlos vermeiden soll. Er betont zum Schluß: »Die Partei steht auf dem Boden des Christentums.«

Dokument 84 ist deswegen von Bedeutung, weil es nun im einzelnen als Parteikommentar betont, wie zur Kirchenfrage praktisch gestanden wird und sagt hier in Punkt 27 und 29 volle Religions- und Gewissensfreiheit, Schutz des Glaubensbekenntnisses, Unterdrückung und Fernhaltung von Glaubenslehren zu, die dem deutschen Sittlichkeitsgefühl zuwiderlaufen und so weiter.

Im Dokument 85 richtet sich die Partei aber gegen den sogenannten Wotanskult und lehnt ihn entschieden ab.

Das Dokument 86 verbietet ein staatliches Eingreifen in den Meinungskampf der Kirche; insbesondere soll jedes polizeiliche Eingreifen, wie Schutzhaft, polizeiliche Beschlagnahme und ähnliches unterbleiben. Das ist ein Dokument aus dem Jahre 1933.

Das Dokument 87 schließt an eine Erklärung des Reichsbischofs Müller an und verbietet den Gewissenszwang. Es ist eine Verfügung von Heß aus dem Jahre 1933. Aus dem Jahre 1935 stammt eine Anordnung von Heß, die sich auch gegen den Kirchenstreit wendet und besagt, daß man sich jeglicher Einmischung in derartigen Fragen zu enthalten hat und daß Einzelaktionen gegen Kirchen untersagt sind.

Das Dokument 89 ist ein Rundschreiben aus den Parteianordnungen aus dem Jahre 1937 und vertritt eine gleichmäßige Behandlung aller Konfessionen und ordnet an, daß die Partei sich aus allen konfessionellen Gruppen heraushält und richtet sich auch gegen die Weltanschauungsgemeinschaften »Deutsche Glaubensbewegung« und »Deutsche Gotterkenntnis« (Haus Ludendorff).

Dokument 90 betrifft »Nationalsozialistische Feiern« und richtet sich gegen den Versuch, einen Ersatz für Gottesdienste zu schaffen durch Ausstattung eigener Feiern.

Das nächste Dokument, Nummer 91, zeigt die praktischen Folgerungen daraus, daß jemand, der ein Kirchenamt annimmt, nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann, sondern unbehelligt bleiben muß.

Dokument 92 behandelt den Reichsarbeitsdienst und sagt, daß keine Behinderung des einzelnen erfolgen darf. Es richtet sich nur dagegen, daß geschlossen zugunsten einer Konfession aufgetreten wird.

Es ist dann die Rede von der Behandlung der Theologiestudenten und Vermeiden jeder Polemik in Kirchenfragen im Arbeitsdienst.

Das Dokument 93 betrifft das Buch »Mythus«, und eine nähere Lektüre ergibt, daß es nicht den parteiamtlichen Unbedenklichkeitsvermerk bekommen hat.

Das Dokument 94 bezieht sich auf die Frage des Lynchens. Es wird hier verwiesen auf die Maßnahme der Japaner, die Flieger zum Tode verurteilt haben, die dort Bombardierungen vorgenommen hatten. Es wird hier ein gleiches Denken für Deutschland abgelehnt. Das ist aus dem Jahre 1942.

Das Dokument 95 befaßt sich mit der Behandlung von Kriegsgefangenen und sagt, sie müßten genügend zu essen bekommen, die Behandlung muß zwar streng, aber nicht roh sein, gerecht und anständig.

Dokument 96 betrifft den Einsatz von Ostarbeitern, und zwar ist es ein Rundschreiben der Reichspropagandaleitung, das auch den Politischen Leitern zugänglich wird und sagt, daß sie korrekt behandelt werden müssen und so ernährt und vernünftig behandelt werden müssen; »Sie dürfen nicht mit Kriegsgefangenen verwechselt werden«.

Dokument 97 betrifft konfessionelle Versorgung dieser Ostarbeiter und sagt, daß orthodoxe Geistliche eingesetzt werden können.

Das Dokument 98 behandelt die Frage des Eingriffs bei schwangeren Ostarbeiterinnen. Es ist eine vertrauliche Information der Parteikanzlei und sagt, daß nur mit Zustimmung der betreffenden Arbeiterin eine derartige Unterbrechung vorgenommen werden darf. Nur auf Wunsch der Schwangeren kann die Schwangerschaft unterbrochen werden.

Das Dokument 99 betrifft die Schutzhaft und sagt, daß diese schärfste Maßnahme nur nach einwandfreier Klärung des Sachverhalts und der Schuldfrage geschehen darf, und es muß erwartet werden, daß sie nur in wirklich dringenden Fällen, in begründeten Fällen, beantragt wird. Es ist gerichtet an die Kreisleiter.

Das Dokument 100 behandelt die Betreuung der Angehörigen von politischen Häftlingen und der Häftlinge selbst nach ihrer Entlassung. Es ergibt sich die seltsame Tatsache, daß die Angehörigen der politischen Häftlinge, die in Konzentrationslagern sind betreut werden in wirtschaftlicher und politischer Weise und daß nach der Rückkehr eine wirtschaftliche Betreuung der entlassenen KZ-Häftlinge erfolgen soll.

Dokument 101 wendet sich in der Judenfrage gegen die Gerüchte und sagt: Terroraktionen gegen die Juden sind zu vermeiden als Provokation, damit die Möglichkeit besteht, gegen die Greuel- und Boykottpropaganda im Auslande anzugehen und sie Lügen zu strafen.

Das nächste Dokument ist insofern von Bedeutung, als von der Anklage die Verbrauchergenossenschaften hervorgehoben worden sind, die im Zusammenhang mit den Gewerkschaften überführt wurden.

Damit ist das Dokumentenbuch II durchgesprochen. Es sind noch einige Anträge genehmigt worden. Der eine ist als Dokument 59a vorgelegt. Es besagt, daß Himmler nur den parteimäßigen Rang eines Reichsleiters hat, aber selbst kein Reichsleiter ist, was rechtlich von Bedeutung werden kann.

Dann ist ein Dokument zugelassen aus einem Leitzordner der Geheimen Staatspolizei der Staatspolizeistelle Düsseldorf über erfolgte Mißhandlung ausländischer Arbeiter. Es ist dort die Züchtigung, Freiheitsberaubung und Mißhandlung untersagt, und es wird auf das Urteil eines Sondergerichts hingewiesen, durch welches Wachpersonal eines Lagers wegen Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung zur Gefängnisstrafe von nicht unter vier Monaten verurteilt wurde. Damit habe ich die Dokumente selbst vorgetragen. Ich komme dann zu den Affidavits, die genehmigt worden sind.

VORSITZENDER: Wollen Sie jetzt die Affidavits behandeln?

DR. SERVATIUS: Jawohl, Herr Präsident!

Es liegt dem Gericht eine Liste vor, in der diese 64 genehmigten Affidavits aufgeführt sind. Ich möchte an Hand dieser Liste vorgehen.

Es ist das Affidavit Nummer 1, das übersetzt worden ist. Ich darf es dem Gericht überreichen. Das Dokument ist bisher nur in englischer Sprache vorhanden. Es ist ein Affidavit eines 60 Jahre alten Landgerichtsdirektors in Regensburg, der Blockleiter war und darüber aussagt, wie er dieses Amt übernehmen mußte und was dort zu tun war. Er führt das im einzelnen auf. Er äußert sich auch über die Bedeutung des Organisationsbuches, das ja insofern eine Rolle spielt, als daraus viele Schlüsse hergeleitet werden über den Umfang der Organisation und über die Tätigkeit der einzelnen Mitglieder. Es kehrt häufig wieder, daß dieses Buch nur ein Entwurf war, der eine Arbeitsgrundlage geben sollte, aber keine endgültige parteiamtliche Lösung darstellte.

Das Dokument 2 ist nicht übersetzt. Es befindet sich im Protokoll vom 16. Juli 1946 vor der ersten Kommission. Es ist die Aussage eines Kriminalobersekretärs aus München, der auch seine Aufnahme schildert, wie er zunächst als unzuverlässig abgelehnt wird als Blockleiter, später aber eingesetzt wird. Der Sinn der Vorlage ist der, zu zeigen, daß es keine wichtigen politischen Ämter waren, die nur einem sogenannten Hoheitsträger übertragen werden sollten. Zu den einzelnen Fragen äußert sich der Zeuge.

Das Affidavit Nummer 3 ist von der gleichen Sitzung der Kommission. Es ist ein kaufmännischer Angestellter, der acht Jahre lang Blockleiter war.

Dann kommt das Affidavit Nummer 4, auf der gleichen Seite. Es ist dies ein Melkermeister, der in einem kleinen Landstädtchen tätig war, 10 Jahre als Blockleiter, und ein früherer Anhänger der Gewerkschaften. Er äußert sich zu der Frage der Spitzeltätigkeit; auch berührt er die Frage der Einwohnerkartei und die Aufträge, die er bekam.

Affidavit Nummer 5 stammt von einem 72 Jahre alten Schlossermeister in Wiesbaden, der lange Jahre Blockleiter und später Zellenleiter war. Er äußert sich über die Frage des Bespitzelns und sagt, daß es unklug gewesen wäre und Mißtrauen und Ablehnung geschaffen hätte. Er äußert sich auch über den Grund des Beitritts in die Partei und schildert dann die Personenklasse, aus der sich diese Block- und Zellenleiter zusammensetzten: Schneider, Schlosser, Zimmermeister, Gastwirte und ähnliches.

Ich komme nun zum Affidavit 6, das übersetzt worden ist. Es ist die Aussage eines Behördenangestellten aus Stuttgart; es gibt Aufschluß über die Vorkriegsverhältnisse und nimmt in übersichtlicher Weise Stellung zu den verschiedenen Punkten, die für die Frage des Blockleiters von Bedeutung sind.

Das Affidavit Nummer 7 ist nicht übersetzt. Dieser Zeuge ist Kriegsblockleiter und Diplomingenieur. Er nimmt Stellung zu der bekannten Kartei und schildert eindrucksvoll, was der Blockleiter in der dortigen Gegend zu tun hatte, vom Einsammeln der Parteibeiträge bis zum Entfernen des Schnees, wo er im allgemeinen Interesse mit tätig sein mußte.

Das Dokument 10 ist eine Aussage eines Maurerpoliers, der sich über das Verhältnis zur Kirche äußert im Bezirk Köln und sagt, daß bei Gründung der Zelle alles strenggläubige evangelische Christen waren, daß der Pfarrer Mitglied der Partei war und daß auch in der Nachbarschaft Theologen als Redner auftraten, daß alles sich geändert habe mit dem Jahre 1935, mit dem Auftreten der Deutschen Christenbewegung.

Das Dokument 11 ist wieder übersetzt. Es stammt von einem Kreisleiter, also von einem beruflichen Angestellten aus dem Kreis Köln und Euskirchen. Er äußert sich zu der Haushaltskartei.

Ich habe übersprungen ein Dokument Nummer 9, das aus Brake in Oldenburg stammt und in allgemeiner Weise Stellung nimmt.

Ich beziehe mich auf das Affidavit 16 und muß mich insofern korrigieren, als ich wiederholt diese Affidavits als Dokumente bezeichnet hatte, was zu Irrtümern Veranlassung geben könnte. Die Dokumente sind in den Dokumentenbüchern, während die Affidavits besonders numeriert sind.

Das Affidavit 12 stammt von einem Maschinenschlosser, der in der Metallarbeitergewerkschaft organisiert war, und 200 Blockleiter kennt. Er sagt vor allen Dingen zu der Frage der Bestätigung und Ernennung zum Politischen Leiter aus und sagt, daß es kaum geschehen sein wird.

Das Affidavit Nummer 18 stammt von einem Zellenleiter in Bremen, der Verwaltungsoberinspektor war. Es befaßt sich mit der Frage des Druckes zur Übernahme des Amtes und sagt, daß er Fragebogen ausfüllen mußte, die zu den Personalakten genommen wurden.

Das Affidavit 19 stammt von einem Block- und Zellenleiter aus Hamburg; es befaßt sich mit der Frage, ob Hoheitsträger oder nicht und führt im einzelnen die Tatsachen an, die zur Beurteilung dienen können.

Das Affidavit 20 stammt aus Berlin und zeigt die dortige Tätigkeit in der Großstadt, Einkassierung von Winterhilfsbeiträgen und sonstigen Beiträgen, Verteilung von Aufrufen, Sammlungen und ähnlichen Dingen. Es befaßt sich auch mit der Frage der Auskünfte über einzelne Personen und der Durchführung; er sagt, wenn negative Beurteilungen gemacht worden sind, die auf dem Dienstwege angefordert wurden, wäre eine eingehende Untersuchung von oben erfolgt auf die Richtigkeit von Beschuldigungen.

Dokument 12 stammt aus Berlin-Hessenwinkel, das ist die Sowjetzone. Es ist ein Verlagsbuchhändler, der dort eine klare Übersicht gibt über die Verhältnisse, die in seinem Bereich geherrscht haben.

Das Affidavit 17 stammt aus Dresden und zählt die Tätigkeit des Blockleiters in einfachen Dingen und ähnlichem Kleinkram auf. Er befaßt sich mit der Gegenüberstellung von Angehörigen der Ortsgruppenstäbe und Block- und Zellenleiter und stellt fest, daß die Block- und Zellenleiter weniger einflußreich waren als die Angehörigen der Ortsgruppen. Schließlich ist noch ein Affidavit 21 aus Eisenach, das sich auch mit der Frage befaßt; Verhalten zur Bevölkerung, Vertrauen gewinnen, tadelloses Benehmen, nicht schikanieren, Bespitzelung ist verboten.

Affidavit 13 stammt von dem Gauorganisationsleiter des Gaues München-Oberbayern und befaßt sich mit dem Beweiswert des Organisationsbuches, von dem ich schon vorher sprach, also über Fragen der Hoheitsträger und Befugnisse der einzelnen. Es sagt, daß besonders übertrieben in dem Buche die Ansichten und Pläne über Blockleiter und Zellenleiter seien, die dort aus propagandistischen Gründen herausgestellt werden als die wichtigsten Leute der Partei.

Es folgen dann noch drei Affidavits über Block- und Zellenleiter; da ist Nummer 14, die Aussage eines Amtsgerichtsrats, der sich auch mit den hoheitlichen Befugnissen befaßt. Dann ein Bauer aus Westfalen, der zum Bürgermeister gewählt worden war. Er erklärt ebenfalls zur Frage der Hoheitsrechte, daß sie bei den Block- und Zellenleitern nicht vorhanden waren und daß Spitzel- und Verschwörungsdienst niemals stattgefunden hätten.

Nummer 15 ist das Affidavit eines hauptamtlichen Kreisleiters aus Nürtingen. Er gibt einen Überblick über die Block- und Zellenleiter in seinem Kreis, über die Zusammensetzung: 40 Prozent Industriearbeiter, 20 Prozent Landwirte mit Klein- und Kleinstbetrieben und 20 Prozent Angehörige freier Berufe und des Beamtenstandes. Er befaßt sich dann mit den Aufgaben; das Austragen von Lebensmittelkarten sei das wichtigste gewesen. Das Organisationsbuch erklärt er als eine vom »Grünen Tisch« aus verfaßte Niederschrift.

Das Affidavit 24 von Karl Hederich ist übersetzt. Es behandelt die Frage der Zahl der Politischen Leiter, die ich ja beim Vortragen der Dokumente schon einmal berührt habe. Dieser Zeuge war in der Reichsleitung der Partei tätig und stellvertretender Vorsitzender der parteiamtlichen Prüfungskommission für das Schrifttum. Er hatte auch das statistische Material zu bearbeiten und zusammenzufassen. Er ist also über die Fragen, die er in seinem Affidavit behandelt, gut unterrichtet. Er weist gegenüber der Angabe, daß nur 600000 Personen erfaßt wurden, in seinem Affidavit nach, daß die Zahl der Politischen Leiter in Wirklichkeit mindestens 1500000 Mann betrug. Er betont dabei, daß die Zahl sehr niedrig gegriffen sei und daß er berücksichtigt habe, daß zuweilen eine Person gleichzeitig mehrere Ämter verwaltet hat.

Das Affidavit 25 ist Kommissionsbericht 1. Es befaßt sich mit der Bedeutung des Organisationsbuches, dessen Terminologie jetzt hier im Verfahren ein Fundament bildet. Er sagt, daß er mit dem Referenten des Verfassers des Buches wiederholt gesprochen habe; das ist der Zeuge Mehnert, und dieser habe erklärt, das Buch gebe nicht die tatsächlichen Verhältnisse wieder, sondern man wolle es in der Zukunft so aufbauen.

Es folgt Affidavit 26 von Förtsch. Das ist der frühere Gauorganisationsleiter München-Oberbayern. Auch er sagt, daß das Buch ein theoretisches Werk war. Das Affidavit 27 ist ein zweites Affidavit von dem eben genannten Hederich aus der Reichsleitung, wo ebenfalls die Bedeutung dieses Organisationsbuches im einzelnen erläutert wird auf Grund der persönlichen Kenntnis des Zustandekommens des Buches.

Das Affidavit Nummer 28 ist ein zweites Affidavit von dem Gauorganisationsleiter München-Oberbayern, Förtsch, der hier zu der Frage Stellung nimmt: »Was ist das ›Korps der Politischen Leiter‹?« und dann erklärt, daß man streng unterscheiden muß zwischen Dienststellung und Dienstrang und sagt, daß nur ein Bruchteil der Leute, die ein Amt in der Partei hatten, auch zu »Politischen Leitern« ernannt wurden. Als Beispiel führt er an, daß im Gau München-Oberbayern schätzungsweise etwa 20 Prozent von Leuten, die Parteiämter bekleideten, »Politische Leiter« waren, die übrigen 80 Prozent niemals dazu ernannt wurden. Wenn man also auf diese rechtliche Seite abstellt, muß ein erheblicher Abstrich an den Zahlen gemacht werden. Er weist dann darauf hin, daß die Verleihung des Titels »Politischer Leiter« und die Übertragung des Amtes von verschiedenen Dienststellen erfolgte.

Das Affidavit Nummer 29 stammt von einem Zeugen Davidts und bestätigt, daß die Redner, Reichsredner, Gauredner und Kreisredner selbst keinen Politischen-Leiter-Rang hatten.

Es folgt dann Affidavit Nummer 30. Das ist ein Schreiben des Alfons Schaller, Kreisleiter in Köln. Er befaßt sich mit der bekannten Kartei, die im Gau Köln-Aachen üblich war und erklärt sie durch die dortigen Verhältnisse, daß die großen Karteien durch Fliegerangriffe vernichtet waren, man daher eine völlige Aufstellung bei den unteren Stellen haben wollte, sagt aber, daß sie praktisch nicht ausgeführt worden seien, diese Karteien.

Das Affidavit Nummer 31 ist von einem Richard Schaller und befaßt sich mit den politischen Beurteilungen und sagt vor allem, daß die Stellen unterhalb der Kreisleitung solche Beurteilungen nicht abgeben konnten.

Es ist dann hier ein Dokument des Gauleiters Sprenger von der Anklage vorgelegt worden als Dokument D-728. Ich habe damals die Echtheit des Dokuments bestritten, und verschiedene Zeugen haben sich dazu geäußert. Hier ist ein Affidavit eines Mannes, der Adjutant dieses Gauleiters war und jahrelang als Gaugeschäftsführer mit ihm zusammengearbeitet hat. Er erklärt, daß nach seiner persönlichen Kenntnis von der Art der Briefe diese unmöglich von der Quelle herstammen, der sie zugeschrieben werden und nimmt in seinem Affidavit die Erklärung anderer Leute auf, die ihn ebenso unterrichtet haben.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Herr Vorsitzender! Ich bin sehr daran interessiert, daß der Vortrag der Anklage sich nur auf Dokumente stützt, die, soweit es überhaupt menschenmöglich ist, nicht angefochten werden können. Um einen Streit über das Dokument zu vermeiden, zieht es die Anklage vor, sich nicht auf dieses Dokument zu stützen, das hier eben behandelt wird.

DR. SERVATIUS: Herr Vorsitzender! Wenn ich recht verstanden habe, wird dann das Dokument Sprenger, D-728, zurückgezogen?

VORSITZENDER: Jawohl! Sie können fortfahren.

DR. SERVATIUS: Ich kann dann das Affidavit Nummer 33 übergehen, das sich mit dem Sprenger-Dokument befaßt.

Das Affidavit Nummer 34 stammt von einem Oberlandesgerichtsrat, der Vorsitzender eines Obersten Parteigerichts war, und er gibt zu seiner Stellung an, daß die Parteirichter nicht »Politische Leiter« waren, daß später aber 1943 im Organisationsbuch eine gewisse Änderung eintrat, durch die sie der Partei genähert wurden.

Herr Vorsitzender! Darf ich zu dem zurückgezogenen Dokument D-728 dann den Antrag stellen, daß dieses Dokument, das damals verlesen worden ist, aus dem Protokoll gestrichen wird?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Herr Vorsitzender! Ich habe keinen Einwand. Wenn ich dieses Dokument zurückziehe, ziehe ich es natürlich vollkommen aus dem Protokoll zurück.

DR. SERVATIUS: Ich komme nun zu den Fachämtern...

VORSITZENDER: Fahren Sie fort, Herr Dr. Servatius!

DR. SERVATIUS: Ich komme nun zu den Affidavits, die sich mit den Fachämtern in den Stäben der Hoheitsträger befassen. In den Stäben der Hoheitsträger sind verschiedene Gruppen von Ämtern, die eigentlichen politischen Führungsämter, dann die, Parteiverwaltung und schließlich die Berufs- und Fachämter. Diese Fachämter sind zwar angeschlossen und disziplinär mit ihrem Personal den Hoheitsträgern unterstellt, bekommen aber ihre Anweisungen unmittelbar von den Reichsleitern.

Ich beginne mit dem Affidavit Nummer 35 eines Gauschulungsleiters Schön in Mainfranken. Er befaßt sich mit dem Lehrstoff der Schulungsarbeit, Frage Kirchenaustritt, und sagt zu diesem Punkt, daß der Kirchenaustritt verboten war, daß er mit Planung von Kriegs- und Humanitätsverbrechen nicht irgendwie in Berührung gekommen ist und schildert im übrigen die Tätigkeit seines Amtes.

Das Affidavit Nummer 36 stammt von dem Hauptstellenleiter Kultur im Gaupropagandaamt, Gau Niederschlesien, Dr. Schulz. Er sagt hier im einzelnen darüber aus, welche Informationen man über den Kriegsbeginn bekam und daß alles überraschend und plötzlich geschah. Dann gibt er Auskunft über die Einrichtung der DAF und seine Propagandatätigkeit. Wesentlich ist, sagt er, daß nur 4 Prozent der Leute im Amt hauptamtlich tätig waren, 96 Prozent ehrenamtlich, und er sagt, daß 70 Prozent den christlichen Konfessionen angehörten.

Die nächste Gruppe ist die Parteiverwaltung. Da ist ein Affidavit 37 eines Paul Künzler aus der Finanzverwaltung. Er bestätigt die ausschließliche Beschäftigung mit verwaltungs- und finanztechnischen Aufgaben und das Heraushalten aus allen politischen Aufgaben.

Die dritte Gruppe der Fachverwaltungen setzt sich so zusammen: Es sind die fachlichen Verbindungsleute der Parteigliederungen, dann die Berufsvertretungen, dann kommen die allgemeinen Fachämter und Fachberater und schließlich die Ämter der Wohlfahrt und Betreuung. Zu den fachlichen Verbindungsleuten gehörten die Frauenschaft, der NS-Dozentenbund und der NS-Studentenbund. Es sind selbständige Gliederungen, die keine Verbindung zu den Hoheitsträgern durch ein Amt in deren Stäben haben. Es kommen nur die örtlichen Führer in ihrer Person als Verbindungsleute zu den Kreis- und Gauleitern zur Beratung. Es sind hier vor der Kommission vernommen worden zwei Zeuginnen, Westernacher und Paul von der Frauenschaft, vom NS-Dozentenbund ein Dr. Kutover.

Als Affidavit 38 folgt ein Affidavit einer Frau Künast, Gauabteilungsleiterin im Mütterdienst in Berlin. Sie sagt, daß sie der Gaufrauenschaftsleitung unmittelbar unterstellt war und keine Berührung mit dem Gauleiter oder einem seiner Mitarbeiter hatte.

In Affidavit 39 sagt eine Ärztin aus, Dr. med. Hildegard Brauns. Sie schildert die Tätigkeit der Kreisfrauenschaftsleiterin in Wesermünde und die Art der Besprechungen und sagt, daß bei den anschließenden Besprechungen, die nicht reine Frauenfragen betrafen und nur den engeren Stab umfaßten, die Frauen den Raum verlassen mußten und daß sie zu politischen Aufgaben niemals herangezogen wurden.

Zu der Gruppe Berufsvertretungen gehören die Lehrer, Beamten, Techniker, Ärzte und Rechtswahrer. Für die Lehrer und Erzieher kann ich noch kein Affidavit vorlegen. Aus technischen Gründen war es mir nicht möglich.

Für Beamte habe ich das Affidavit 40 von einem Dr. Schenk, das auch bestätigt, daß an den Besprechungen der Hoheitsträger mit ihren Stabsoffizieren diese Gruppen nicht teilnahmen, und er sagt, daß seit 1943 das Amt für Beamte stillgelegt wurde, weil ihre Arbeit als unwichtig betrachtet wurde.

Dann für das Kreis- und Gauamt für Technik habe ich hier ein Affidavit. Es ist von dem Kreisamtsleiter für Technik aus Köln, Schöneberger, der seine Tätigkeit schildert. Er war in rein fachlicher Weise beschäftigt mit Energiewirtschaft, Bau- und Verkehrswesen und ähnlichem. Er sagt, daß er nur soweit zugezogen wurde, als es sich um fachliche Aufgaben technischer Art handelte.

Affidavit 42 stammt vom Gauamtsleiter für Technik, Gau Pommern, Mackels, der sich in gleichem Sinn äußert wie der vorige Zeuge und betont, daß alle Arbeit unentgeltlich und nebenberuflich geleistet werden mußte.

Es folgt das Amt für Volksgesundheit. Hierzu Affidavit 43 von einem Dr. Sassé, Leiter des Kreisamts für Volksgesundheit in Iserlohn. Er sagt, daß die örtlichen Führer des Nationalsozialistischen Ärztebundes gleichzeitig Leiter dieser Gauämter für Volksgesundheit waren. Er schildert, daß er zu fachlicher Arbeit herangezogen wurde und daß bei den Beratungen und Besprechungen des engeren Stabes auch diese Ärzte herausgelassen wurden, so daß sie eine politische Orientierung nicht hatten.

Es kommen dann die Aufgaben der Rechtsämter. Es ist Affidavit 44 von einem Kreisrechtsamtsleiter in Augsburg, Dr. Steinhauser. Er befaßt sich mit der Aufgabe des Rechtswahrerbundes und sagt, daß die Rechtsämter, die dem Stab angeschlossen waren, keine politische Bedeutung hatten, da sie 1942 bereits als nicht kriegswichtig aufgelöst wurden.

Die weiteren Gruppen sind die Fachämter und Fachberater, die Obmänner der DAF, die Vertreter von Handwerk und Handel, das Amt für Agrarpolitik, das Amt für Kommunalpolitik, die Wirtschaftsberater, die Beauftragten für Rassenpflege. Dazu lege ich vor Affidavit 45 von einem Kreisobmann der DAF aus Neu-Ulm, namens Haller. Er schildert im einzelnen, was die DAF-Obmänner zu tun hatten und welches ihre Stellung war, und betont, daß ausschließlich soziale Arbeit in seinem Bereich die Gesamttätigkeit ausmachte.

Für das Amt Handwerk und Handel kann ich kein Affidavit vorlegen, da kein Zeuge hier verfügbar war.

Es folgt das Affidavit 46, das von dem früheren Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft, dem Reichsbauernführer Darré, abgegeben ist. Er befaßt sich eingehend mit dem Aufbau des Reichsnährstandes und gibt Klarheit darüber, wieweit ein Bauernführer in der Partei tätig war oder zum Reichsnährstand gehörte, und stellt heraus, daß der Reichsnährstand eine starke Unabhängigkeit von der Partei hatte und eine selbständige Berufsorganisation war, die sich bis 1942 weitgehende Selbständigkeit von der Partei erhalten konnte. Im einzelnen nimmt er zu verschiedenen Fragen Stellung, im besonderen zu der Einstellung gegenüber der Kirche von seiten der Bauernschaft.

Ich komme dann zu dem Amt für Kommunalpolitik. Hierzu habe ich zwei Affidavits, eines von Dr. Planck vom Amt für Kommunalpolitik in Nürnberg. Er sagt, daß die Partei sich mit der sogenannten Menschenführung befaßte, während für die Fachaufgaben der Kommunalpolitik Fragen reiner Rechts- und Verwaltungstätigkeit nach der Gemeindeordnung...

VORSITZENDER: Dr. Servatius! Ich weiß nicht, ob Sir David Maxwell-Fyfe uns heute abend auf die Abschnitte in Görings Aussage verweisen wollte. Vielleicht wollte er das tun. Es wäre wohl besser, jetzt abzubrechen. Es dürfte uns kaum möglich sein, die ganze Zusammenfassung dieser Affidavits noch zu beenden.

Beabsichtigen Sie das zu tun, Sir David?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich wollte Euer Lordschaft dahingehend unterrichten, daß wir in dem Verhör des Angeklagten Göring keine Abschnitte finden konnten. Hie und da kommt es vor. Ich hoffe, daß wir sie nicht übersehen haben. Aber wir haben es ganz durchgesehen, und wir können nichts finden.

VORSITZENDER: Nun, dann...

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Herr Vorsitzender! Dies beläßt den Antrag von Dr. Stahmer in folgender Lage: Das erwähnte Dokument ist NO-008 (GB-586). Es ist ein Brief des Zeugen Sievers und enthält folgenden Satz:

»Wie ich Ihnen berichtete, liegt die leitende Durchführung der Versuche in den Händen des Direktors des hygienischen Institutes der Reichsuniversität Straßburg, Professor Dr. Haagen, Oberstabsarzt und beratender Hygieniker bei einer Luftflotte, der dazu durch den Reichsmarschall, Präsident des Reichsforschungsrates, beauftragt wurde.«

Das ist der maßgebende Punkt. Die Lage ist so: Als Feldmarschall Milch aussagte, wurden ihm Briefe vorgelegt, die das Dokument 343-PS betrafen; der zweite, datiert vom 31. August, besagt, daß er mit großem Interesse von den Berichten von Dr. Rascher und Dr. Romberg erfahren hätte...

»Ich bin über die laufenden Versuche unterrichtet. In nächster Zeit werde ich diese beiden Herren bitten, vor meinen Herren einen Vortrag mit Filmvorführung zu halten.«

Euer Lordschaft werden sich daran erinnern, daß der Feldmarschall Milch gesagt hat, er handelte nur als Unterzeichner für seine eigene ärztliche Inspektion in der Luftwaffe, als er diese Briefe unterschrieb, und er könne sich an nichts erinnern. Herr Vorsitzender, das war das Ergebnis der Beweisaufnahme.

Von den Verfügungen des Gerichtshofs kommen zwei in Betracht. Die eine wurde erlassen als der Gerichtshof entschied, es solle so gehandhabt werden, daß die Schlußreden der Angeklagten noch vor der Beweisaufnahme für die Organisationen stattfinden sollten. Der Gerichtshof hat am 31. Mai verfügt, daß den Angeklagten erlaubt werden solle, den Gerichtshof auf irgendwelche neuen Umstände hinzuweisen, die sich aus der Anhörung der Organisationen ergäben und die ihrer Verteidigung behilflich sein könnten. Und, Herr Vorsitzender, der Gerichtshof hatte vorher allgemein verfügt, daß gewisse Unterabschnitte seiner Anordnung vom 23. Februar die Befugnis des Gerichtshofs nicht einschränken sollen, zu gestatten, in Ausnahmefällen einen Angeklagten zu einer weiteren Vernehmung wieder aufzurufen, wenn es nach Ansicht des Gerichtshofs im Interesse der Gerechtigkeit als notwendig erscheint.

Herr Vorsitzender! Die Anklagebehörde zögert natürlich, dem Gerichtshof auch nur anzudeuten, was ein Ausnahmefall ist und was in einem besonderen Fall das Interesse der Gerechtigkeit erfordert. Aber sie möchte zwei Punkte hervorheben, einen, der sich speziell auf diesen Antrag bezieht und einen anderen ganz allgemeinen. Der spezielle Punkt zu diesem Antrag ist, daß es ja natürlich bekannt war, daß, als der Angeklagte Göring den Zeugenstand betrat, diese Briefe vorhanden waren, und daß sein Stellvertreter, Feldmarschall Milch, gesagt hatte, daß die ärztliche Inspektion der Luftwaffe sich mit diesen Experimenten befaßte und deshalb mit der SS in Verbindung stand. Herr Vorsitzender! Soweit wir herausfinden können, wurde die Sache nachher nicht mehr weiter verfolgt. Deshalb hatte auch damals der Angeklagte Kenntnis von der allgemeinen Lage, wenn auch nicht – und hier stimme ich mit Dr. Stahmer überein – gerade von diesen Experimenten über Fleckfieber. Herr Vorsitzender! Der allgemeine Punkt, den die Anklagebehörde herausstellen möchte, ist der, daß dieses Verfahren sich auf Ausnahmefälle beschränken sollte, wo das Interesse der Gerechtigkeit dies ganz klar erfordert. Es wäre zu bedauern, wenn dieses Verfahren eines nochmaligen Verhörs allgemein angewandt würde oder wenn es wegen irgendwelcher Punkte, die nicht von großer Wichtigkeit sind, angewandt würde. Euer Lordschaft erinnern sich gewiß, daß nach der englischen Regelung das Verfahren nur Anwendung findet, wenn es sich um »ex improviso«-Fälle im strengsten Sinne handelt. Wie ich bereits sagte, kann die Anklagebehörde nicht behaupten, daß diese Fleckfieberangelegenheit nicht ex improviso ist, aber die allgemeinen Umstände der Experimente wurden dem Angeklagten zur Kenntnis gebracht, ehe er aussagte; deshalb kann dieser Punkt auch nicht als unvorausgesehen erscheinen. Ich glaube nicht, daß die Anklagebehörde in dieser Sache dem Gerichtshof noch weiter behilflich sein kann.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird darüber beraten. Am Montag wird der Gerichtshof bis 1.00 Uhr tagen. Nach 1.00 Uhr wird er eine geschlossene Sitzung abhalten.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich danke sehr.