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Deportation.

Als eine weitere Beschuldigung gegen den SD hat die Anklagebehörde auf Seite 1743 des deutschen Sitzungsprotokolls vorgebracht, der SD habe an der Massenverschickung von Staatsbürgern der besetzten Länder teilgenommen, um sie für die Zwangsarbeit zu verwenden. Ferner hätten Gestapo und SD auch die Bestrafung von Zwangsarbeitern gehandhabt.

Die Anklagebehörde behauptet, daß sich die bedeutende Stellung, die neben der Gestapo der SD in der Verhaftung von Personen eingenommen habe, um sie in das Reich zur Zwangsarbeit zu bringen, aus folgenden Dokumenten ergebe: L-61, 3012-PS, 1573-PS, 1063b-PS.

Schon durch diese Dokumente ist jedoch der Beweis erbracht, daß der SD für die gesamten Maßnahmen nicht zuständig war, und sie auch nicht durchgeführt hat.

Das Dokument L-61 ist ein Brief des Angeklagten Sauckel vom 26. November 1942 an die Präsidenten der Landesarbeitsämter, in dem davon die Rede ist, daß der Chef der Sicherheitspolizei und des SD, also Heydrich, mitgeteilt habe, daß im Laute des Monats November mit der Aussiedlung von Polen im Distrikt Lublin begonnen werde. Aus dieser Mitteilung Heydrichs ergibt sich jedoch in keiner Weise, daß Heydrich für die Aussiedlung, wenn sie überhaupt durchgeführt worden ist – was in keiner Weise feststeht –, hierzu die Ämter III, VI und VII verwendet hat. Dies ist im Gegenteil unwahrscheinlich. Denn die Aussiedlung gehörte nicht zu den Zielen und Aufgaben dieser Ämter.

Das Dokument 3012-PS ist ein Schreiben des Führers des Sonderkommandos IV A an die Kommandoführer seiner Außenkommandos.

Ich habe bereits ausgeführt, daß die Einsatzgruppen gegenüber den Ämtern III, VI und VII völlig selbständige Organisationen waren. Dieses Dokument kann daher nicht als eine Belastung für eines der genannten Ämter gewertet werden.

Im übrigen ergibt sich aus dem Dokument, daß die Deportation nicht vom SD, sondern von der Sicherheitspolizei durchgeführt worden ist. Es heißt in diesem Dokument:

»Mit Rücksicht auf die augenblickliche politische Lage, vor allem in der Rüstungsindustrie in der Heimat, sind die sicherheitspolizeilichen Maßnahmen weitgehend dem Arbeitseinsatz in Deutschland unterzuordnen.«

Auch sonst ist in diesem Dokument nur von den Maßnahmen die von der Sicherheitspolizei durchzuführen sind, die Rede.

Aus dem weiteren Anklagedokument 1573-PS ergibt sich eindeutig die Zuständigkeit für die Durchführung von Maßnahmen gegen ausländische Arbeiter und ferner, daß diese Maßnahmen auch von der Staatspolizei durchgeführt worden sind. Das Dokument hat das Aktenzeichen IV. Es ist von Müller unterschrieben und lediglich an die Staatspolizeistellen gerichtet. Der SD ist nicht einmal nachrichtlich in diesem Schreiben erwähnt. Das Schreiben hätte jedoch auch an den SD gerichtet werden müssen, wenn er, wie die Anklage vorgetragen hat, für diese Maßnahmen verwendet worden wäre.

Was die Arbeitserziehungslager anbetrifft, so ergibt sich aus dem Anklage-Dokument 1063b-PS eindeutig, daß hierfür ausschließlich die Sicherheitspolizei zuständig ist. Es heißt in diesem Dokument:

»Der Reichsführer-SS hat genehmigt, daß außer den Konzentrationslagern, die dem SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt unterstehen, auch weiterhin Arbeitserziehungslager errichtet werden dürfen, für die ausschließlich die Sicherheitspolizei zuständig ist.«

Die Anklagebehörde hat in der Sitzung vom 12. Dezember 1945 (Band III, Seite 506) einen Geheimbefehl Hitlers vom 20. Februar 1942 (Dokument 3040-PS) betreffend Ostarbeiter und die gegen sie anzuwendenden Zwangsmaßnahmen überreicht und behauptet, dieser Befehl sei an die Sicherheitsdienst-Polizeioffiziere, die es niemals gegeben hat, erlassen worden. Der Sicherheitsdienst hatte keine Offiziere. Offiziere hatte nur die Polizei. Aus dem Inhalt des genannten Dokuments ergibt sich eindeutig und zweifelsfrei, daß für diese Maßnahme ausschließlich die Geheime Staatspolizei zuständig war.

Es heißt in diesem Dokument:

»Disziplinlosigkeit, zu der auch pflichtwidrige Arbeitsverweigerung und lässiges Arbeiten gehören, wird ausschließlich von der deutschen Staatspolizei bekämpft. Die leichteren Fälle werden von dem Leiter der Bewachung nach Weisung der staatspolizeilichen Leitstellen erledigt. In schweren Fällen... hat die staatspolizeiliche Leitstelle mit ihren Mitteln einzugreifen.«

Zu dem von Dr. Wilhelm Höttl abgegebenen Anklage-Affidavit (Dokument 2614-PS) habe ich das Ergänzungs-Affidavit SD-37, und das Affidavit Gahrmann, SD-38, vorgelegt.

Ich berufe mich darüber hinaus zum Nachwels dafür, daß der SD an der Deportation in keiner Weise beteiligt war, zunächst auf die Aussage des Zeugen Ehlich vor der Kommission, sowie das Affidavit SD-56 von Fromm und das Affidavit SD-54 von Laube. Das Affidavit Fromm widerlegt insbesondere auch das Anklagedokument L-61.

Für Frankreich hat ferner der Zeuge Knochen bekundet, daß der SD an der Deportation nicht beteiligt war.

Aus dem Anklagedokument 1063-PS ergibt sich ferner, daß auch die Arbeitserziehungslager nicht dem SD, Amt III, VI oder VII, unterstanden. In diesem Dokument heißt es ausdrücklich, daß für die Arbeitserziehungslager ausschließlich die Sicherheitspolizei zuständig sei. Ich verweise insbesondere hier auf die Aussage des Zeugen Albath vor der Kommission, der dies bestätigt hat.

Ich habe ferner 276 eidesstattliche Erklärungen vorgelegt, in denen Angehörige des SD für die Zeit von 1939 bis 1945 für die ehemals von Deutschland besetzten Gebiete von Elsaß, Rußland, Polen, Frankreich, Belgien, Italien, Jugoslawien, Tschechoslowakei und das gesamte Reichsgebiet bekundet haben, daß der SD bei der Deportation zur Zwangsarbeit sowie bei der Beaufsichtigung von Zwangsarbeitslagern nicht verwendet worden ist.

Was die Ämter VI und VII anbetrifft, so verweise ich insoweit auf die eidesstattlichen Erklärungen von Schellenberg (Affidavit SD-61) und von Dittel (Affidavit SD-63), aus denen sich ergibt, daß auch diese Ämter bei der Deportierung nicht mitgewirkt und keine Zwangsarbeiter beaufsichtigt haben.

Ferner wird im Trial-Brief gegen die SS III G ausgeführt: Einwanderungszentralen werden errichtet, um Evakuierungen unter Kontrolle des Chefs der Sipo und des SD und des Leiters des RSHA durchzuführen. Hierzu wird von der Anklagebehörde auf Dokument L-49, eidesstattliche Erklärung von Otto Hoffmann verwiesen.

Insoweit nehme ich auf die Zeugenaussage Dr. Ehlich und auf das Affidavit Sandberger (Affidavit SD-64) Bezug.