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[Pause von 10 Minuten.]

MR. DODD: Herr Präsident! Ich möchte den Standpunkt der Anklagevertretung zum Antrag des Angeklagten Seyß-Inquart, ein Affidavit vorzulegen, darlegen.

Wir sind uns alle darüber einig, daß wir gegen dieses Affidavit von Seyß-Inquart Widerspruch erheben; beim Durchlesen sehen wir, daß es wirklich nur Argumente enthält; wir haben es übersetzen lassen, und es enthält nichts Neues. Es legt die Stellungnahme des Angeklagten zu einer Anzahl von Dokumenten dar, die schon im Januar als Beweismittel vorgelegt waren. Außerdem kommentiert es verschiedene Dokumente, die als Beweismittel dienten und so weiter. Es scheint uns nicht am Platze, daß die Angeklagten in diesem Stadium des Prozesses noch Derartiges vortragen dürfen. Sein Verteidiger hat sein Plädoyer gehalten, und er wird selbst ja noch Gelegenheit haben, vor dem Gerichtshof zu sprechen. Keines dieser Dinge ist unserer Meinung nach am Platze, daher sollte der Gerichtshof sie nicht mehr so spät zulassen.

In diesem Affidavit wird nun eine Frage aufgeworfen, die Frage der zwei Dokumente: 3640-PS und 3645-PS, von welchen der Angeklagte Seyß-Inquart sagt, daß sie nicht als Beweismittel vorgelegt worden seien, obgleich der französische Anklagevertreter, Herr Dubost, auf sie Bezug genommen hat. Natürlich sind Herr Dubost und Herr de Ribes und die anderen Herren der Französischen Anklagebehörde mit uns einer Ansicht, daß dies aus Versehen geschehen ist und nicht hätte geschehen sollen. Wir haben nichts gegen diese Feststellung einzuwenden. Wir erklären hiermit dem Gerichtshof, daß diese beiden Dokumente tatsächlich nicht als Beweismittel zugelassen wurden und daß wir uns in unserem Vortrag nicht darauf hätten beziehen sollen. Außer diesem Punkt, den wir eben erörtert haben, sehen wir nichts, was dem Gerichtshof helfen könnte.

VORSITZENDER: Ist es auf deutsch?

MR. DODD: Jawohl, es ist auf deutsch. Aber unsere Übersetzung ist nicht vollständig, sie wurde von einem unserer Leute in Eile gemacht und ist nur ein Résumé zu meiner Information. Wenn es der Gerichtshof wünscht, kann ich es Absatz für Absatz durchgehen.

VORSITZENDER: Ist es sehr lang?

MR. DODD: Nein. Mein Résumé ist etwas über anderthalb Seiten, das Affidavit selbst sechs Seiten, und unsere Zusammenfassung davon ist anderthalb Seiten lang.

VORSITZENDER: Herr Dodd! Wenn der einzige Einwand gegen dieses Affidavit der ist, daß es bloßes Argument ist, halten Sie das dann wirklich für einen so ernsten Einwand, wo doch schon so viele Dokumente vorliegen?

MR. DODD: Nun, ich glaube nicht. Unseren Einwand habe ich eben dargelegt, sonst nichts weiter. Ich bestehe nicht allzu sehr darauf, wenn der Gerichtshof glaubt, daß es besser wäre, es vorzulegen und übersetzen zu lassen. In diesem Affidavit steht nichts, worauf noch geantwortet werden muß. Ich bin dessen sicher, und ich glaube wirklich nicht, daß es der Mühe wert ist, darauf zu bestehen.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof glaubt aber, daß es unter diesen Umständen besser ist, wenn Sie das Affidavit als Beweismittel zulassen. Der Gerichtshof stellt fest, daß 3640-PS und 3645-PS nicht als Beweismittel angeboten worden sind. Daher sollten wir...

MR. DODD: Ja, Herr Vorsitzender, 3640-PS und 3645-PS wurden nicht als Beweismittel angeboten.

VORSITZENDER: Wir werden daher auch keinen Hinweis darauf berücksichtigen.

MR. DODD: Ja, Herr Vorsitzender.

Außerdem möchte ich auch den Gerichtshof von unserer Einstellung zu Dr. Laternsers Brief in Kenntnis setzen. Wir haben überhaupt keinen Einwand gegen diesen Brief; wir sind uns darüber alle einig.

VORSITZENDER: Danke schön. Herr Dodd sagte, es bestünde kein Einwand gegen den Brief.

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Ich möchte einen kleinen Absatz dieses Briefes ins Protokoll verlesen; es sind zwei Sätze.

VORSITZENDER: Wenn der Brief als Beweismittel vorliegt, dann ist es nicht nötig, ihn in das Protokoll zu verlesen und damit Zeit zu verschwenden. Die Anklagevertretung ist damit einverstanden, daß dieser Brief als Beweismittel behandelt wird.

DR. LATERNSER: Nachdem aber der Zeuge Schreiber die Aussage hier gemacht hat, würde ich doch Wert darauf legen, daß ein kleiner Absatz, bestehend aus zwei Sätzen, ins Protokoll zur Verlesung kommt.

VORSITZENDER: Einen Augenblick.

Nein, Dr. Laternser, der Gerichtshof läßt den Brief als Teil des Beweismaterials für die Akten zu, wird aber nicht gestatten, daß weitere Zeit dafür verwendet wird.

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Zu diesem Gebiet ist mir heute in der Pause noch ein Beweisstück zugegangen, von dem ich allerdings nicht weiß, ob das Gericht es als Dokument entgegennehmen wird, und um dieses Beweisthema abzuschließen, bitte ich das Gericht, es entgegenzunehmen.

Es handelt sich nämlich um ein Dokument, aus dem sich ergeben würde, daß auch bei einer der alliierten Nationen der bakteriologische Krieg, und zwar als offensive und defensive Waffe vorbereitet worden ist und daß da viertausend Personen damit beschäftigt waren. Ich möchte es nur aus dem Grund vortragen, um dem Gericht noch eine Tatsache zu liefern, die für die völkerrechtsmäßige Beurteilung dieser Angelegenheit von Wichtigkeit wäre.

VORSITZENDER: Nein, das steht im Einklang mit den Prinzipien, die wir hier schon des öfteren dargelegt haben; daß nämlich solche Beweismittel nicht zulässig sind....

DR. LATERNSER: Da es sich aber dabei um ein neues Gebiet...

VORSITZENDER: Dr. Laternser! Der Gerichtshof weiß ganz genau, worum es sich bei Ihrem Argument handelt, und zwar, daß alle Forschungen auf dem Gebiete des bakteriologischen Krieges rein defensiven Zwecken dienten.

Dieses Argument ist vollkommen klar, aber alle anderen Anspielungen auf das, was die Alliierten gemacht hätten, sind unerheblich.

GENERAL RUDENKO: Am 4. Oktober 1943 erklärte Himmler in einer Rede vor den SS-Gruppenführern in Posen folgendes:

»Wir brauchen restlose Einigkeit mit der Partei und mit allen ihren Institutionen. Erfreulicherweise besteht sie auch heute mit der SA. Der neue Stabschef Schepmann sieht es auch als seine wichtigste Aufgabe an, zwischen den alten Gliederungen der Partei Friede und Eintracht herzustellen.«

Auf diese Weise unterstrich im Jahre 1943 der Gründer derselben SS, die 1934 die Führer des SA- Putsches liquidiert hatte, die restlose Einigkeit der SS-Leute mit den Sturmabteilungen und die große Bedeutung dieser verbrecherischen Organisation der Hitler-Leute in der allgemeinen Verschwörung.

Während der ganzen Entwicklung der Hitler-Partei und späterhin des Hitler-Reiches war die SA jene verbrecherische Organisation, welcher die Spitzen des deutschen Faschismus besondere Bedeutung beimaßen und die sie als eines der wichtigsten Werkzeuge zur Terrorisierung und Irreführung des eigenen Volkes und zur Vorbereitung eines Überfalles auf andere Völker ansahen.

Es hat keinen Sinn, mit der Verteidigung der SA darüber zu streiten, welche Rolle dieser verbrecherischen Organisation in der allgemeinen faschistischen Verschwörung angewiesen wurde.

Seinem Inhalt nach entbehrte der Vortrag des Rechtsanwalts Böhm überhaupt jeder juristischen Argumentation, die irgendwelche Aufmerksamkeit verdient. Es war eine Rede, die vom Standpunkt eines überzeugten Nazis gehalten wurde, und sie wiederholte eine Reihe der schlimmsten Beispiele der hitleristischen Propaganda, welche der Verteidiger sorgfältig den gedruckten Parteischriften der Sturmabteilungen entnommen hat.

DR. MARTIN LÖFFLER, STELLVERTRETENDER VERTEIDIGER FÜR DIE SA: Herr Präsident! Gestatten Sie, daß ich diesen sehr schweren persönlichen Angriff kurz zurückweise. Herr Rechtsanwalt Dr. Böhm ist leider an der heutigen Sitzung verhindert. Ich habe aber in der Pause festgestellt in der Liste des Herrn Generalsekretärs – die auch der Russischen Delegation offensteht –, daß Herr Rechtsanwalt Dr. Böhm nie Mitglied der Nationalsozialistischen Partei gewesen ist.

Der Vorwurf, er habe hier mit seinem Plädoyer nationalsozialistische Propaganda treiben wollen, ist schon deshalb völlig unbegründet. Es wird in ganz Deutschland keinen normalen Menschen geben, der sich jahrelang in der Zeit des Nazismus dem Anschluß der Partei gegenüber ablehnend verhalten hat, der jetzt in diesem Prozeß nationalsozialistische Propaganda treibt... Nur einen Satz noch, Herr Präsident.

VORSITZENDER: Wir beschäftigen uns doch jetzt nicht mit der Tatsache, ob der Verteidiger der Partei angehörte oder nicht; und diese Bemerkung des sowjetischen Anklagevertreters besagt nicht, daß Dr. Böhm Parteigenosse war. Vielleicht hat er sich etwas zu stark ausgedrückt, aber was er sagt ist, daß er von dem Standpunkt eines überzeugten Nazis aus gesprochen habe. Das ist aber etwas ganz anderes, als wenn er gesagt hätte, Dr. Böhm sei ein Nazi gewesen.

DR. LÖFFLER: Herr Präsident! Ich habe meinen Ausführungen nichts hinzuzusetzen, als daß ich das Gericht bitte, die schwere Lage, in der sich die Verteidigung befindet, zu beachten; Daß es unmöglich ist, die Gliederungen der Partei zu vertreten, ohne den Standpunkt der Partei darzutun. Das ist alles, was ich sagen wollte.

Wenn der Herr russische Anklagevertreter im Plädoyer des Herrn Dr. Böhm juristische Ausführungen vermißt, so sind diese in der ausgezeichneten Denkschrift meines Kollegen Klefisch eingehend vorgetragen; es wurde uns gesagt, daß auf dieses Plädoyer eine Erwiderung folge. Diese Erwiderung ist bisher noch nicht gekommen.

VORSITZENDER: General Rudenko, in der Übersetzung, die wir hier haben, ist Ihre Behauptung vielleicht zweideutig; und deswegen möchte der Gerichtshof sich vergewissern, ob das, was ich darüber sagte, richtig ist und daß Sie nicht behauptet haben...

GENERAL RUDENKO: Jawohl, Herr Vorsitzender, Sie haben vollkommen recht. Ich behaupte, daß die Rede vom Standpunkt eines Nazi vorgetragen worden ist, aber ich habe nicht behauptet, daß Dr. Böhm Parteigenosse gewesen sei. Ich glaube, daß eine derartige Behauptung durchaus zugelassen werden kann.

VORSITZENDER: Es wäre vielleicht angebracht, General Rudenko, jegliche Anspielung, daß Dr. Böhm selbst ein überzeugter Nazi ist, zurückzuziehen.

GENERAL RUDENKO: Ich behaupte auch nicht, daß Dr. Böhm ein überzeugter Nazi sei. Ich behaupte, daß er, wenn man seinen Vortrag anhört, die ganze Sache vom Standpunkt eines Nationalsozialisten ansieht.

VORSITZENDER: Was Sie meinen, ist also, daß Dr. Böhm einen gewissen Standpunkt vertreten hat. Und als Verteidiger vertritt er natürlich nicht seinen eigenen Standpunkt, sondern den Standpunkt desjenigen, dessen Verteidiger er ist. Ist es das, was Sie meinen?

GENERAL RUDENKO: Ja natürlich, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Sehr gut, bitte setzen Sie fort.

GENERAL RUDENKO: Die »Sturmabteilungen« oder »SA« bildeten die erste Stoßkraft in den Händen der Verschwörer, die erste Massen- und Terrororganisation, die von ihnen geschaffen wurde.

Sie wurde schon 1921 von Hitler ins Leben gerufen, und zwar mit voller Unterstützung der von einer Revanche träumenden Reichswehr.

Der Kern der SA wurde von Menschen wie Streicher und Röhm gebildet, Menschen, die »rabiate« Antisemiten, Chauvinisten, Anhänger der »Eroberung des Lebensraumes«, entlassene Offiziere und Soldaten der zerschlagenen kaiserlichen Armee waren.

In die Reihen der Sturmabteilungen wurden einerseits die reaktionärsten Revanche-Elemente geholt, andererseits gingen in die SA Abenteurer, die sich von der dekorativen Seite dieser verbrecherischen Organisation angezogen fühlten und, darin die Möglichkeit sahen, an Pogromen und Plünderungen teilzunehmen.

Von Anfang an war die SA eine rein freiwillige Organisation. Dieses Prinzip wurde auch unverändert während der ganzen Entwicklung der Sturmabteilungen beibehalten.

Vom Münchener Putsch 1923 bis zur Machtergreifung 1933 blieb die SA ein treues Werkzeug in den Händen der hitlerisch-faschistischen Clique, die ihr die »Macht über die Straße« und die Beseitigung von politischen Gegnern zusicherte.

Zusammen mit der SS waren die Sturmabteilungen ein wesentlicher Bestandteil der Hitler-Partei. Dies wurde in der Verordnung vom März 1935 – Reichsgesetzblatt 1935, Teil I, Seite 502 – offiziell bekanntgemacht und ging jedenfalls aus dem Organisationsstatut der Hitler-Partei hervor.

»Die Öffentlichkeit hätte wohl niemals von den aufregenden Reden der Propaganda unserer kleinen Fraktion im Reichstage oder von den Zielen und Aufgaben der Partei erfahren, wenn sie nicht den Schritt der marschierenden Sturmabteilungen und ihre Kampflieder gehört hätte«

schrieb der SA-Sturmführer Bauer in seiner Boschüre »Die SA«.

Aber die deutsche »Öffentlichkeit« hörte nicht nur den »Marschtritt der SA und ihre Kampflieder«. Entschieden fühlbarer waren die Schläge ihrer Gummiknüppel, die Erschießungen ihrer politischen Gegner und die Pogrome in den Arbeitervierteln. Für die faschistischen Hauptverschwörer bestand der Hauptwert der SA eben in dieser ihrer Funktion als Werkzeug in Pogromen und terroristischen Aktionen. In der Zeit des Kampfes um die Macht und auch noch in den folgenden Jahren war die SA vor allem das Werkzeug der rohen Gewalt, das Mittel zur Beseitigung und Vernichtung der politischen Gegner.

Diese Sachlage wurde durchaus offenherzig von Goebbels in seiner Rede im Jahre 1935 zugegeben. Er sagte damals folgendes:

»Die innerpolitischen Gegner sind nicht aus irgendwelchen unbekannten, geheimen Gründen verschwunden. Nein, sie sind deswegen verschwunden, weil unsere Partei sich der stärksten Bewegung im Lande bedienen konnte, und dieses stärkste Werkzeug waren die Sturmabteilungen.«

Dem Gerichtshof liegen die Aussagen des Zeugen Gisevius von den Terroraktionen der SA-Leute in den Straßen der deutschen Städte vor, von den Pogromveranstaltern in SA-Uniform, welche schlugen, töteten, die Menschenwürde verspotteten und die SA- Stäbe in Folterkammern verwandelten. Es ist wahr, daß, als die Hitler-Leute zur Macht kamen, sich bereits eine andere terroristische Organisation gebildet hatte, die zum Hauptausführenden ihrer Pläne wurde. Sie ist zusammen mit der SA zur Reserve jenes riesenhaften Polizeiapparates geworden, der vom deutschen Faschismus ins Leben gerufen wurde, und das war die SS. Die Braunhemden, die Hitler umgaben, mußten zur Seite treten, um das »Schwarze Korps« der SS-Leute an die Spitze des hitlerischen Apparates vorzulassen.

Der offizielle Biograph Görings spricht von der allgemeinen Verwendung der SS als Reserve für die politische Polizei. Er bemerkt, daß Göring, als er die Gestapo schuf, in diese – eine der gefährlichsten und verbrecherischsten Organisationen des deutschen Faschismus – viele Mitglieder der SA »als Personen, die politisch besonders zuverlässig seien«, aufnahm.

Dem Gerichtshof wurde schon Beweismaterial dafür vorgelegt, daß Mitglieder der SA zusammen mit den SS-Leuten nach der faschistischen Machtergreifung Wachmannschaften in Konzentrationslagern bildeten.

In seiner Beschreibung des Konzentrationslagers Oranienburg spricht der Sturmbannführer der SA, Schäfer, davon:

»Die zuverlässigsten, ältesten SA-Männer wurden ausgesucht, um als ständige Lagerbewachung im Lager Quartier zu nehmen. So schafften wir uns einen Stamm von erfahrenen und stets einsatzbereiten Wachmännern.«

Es erscheint mir überflüssig, noch einmal zu erwähnen, wie die Häftlinge in diesen Lagern behandelt wurden und wie das Benehmen der SA-Leute in den Konzentrationslagern war, wo sie die Rolle von Henkern spielten.

Die SA-Leute veranstalteten die ersten antisemitischen Pogrome. Das wird unter anderem aus den Dokumenten, die von den Anklagebehörden vorgelegt worden sind, besonders aus den Originalberichten der Kommandeure der SA-Abteilungen und -Unterabteilungen ersichtlich. Wie die SS wurde auch die SA im Geiste jenes bestialischen Antisemitismus erzogen, der schließlich zur Errichtung der Lager Treblinka und Chelmno führte.

Bei der Analyse des verbrecherischen Charakters dieser Organisation darf man aber eine der wichtigsten Funktionen der SA nicht übergehen, die sie im Rahmen der Hitler-Verschwörung ausübte.

Die SA war jene Organisation, unter deren Deckname eine Massenausbildung militärischen Personals für die Wehrmacht stattfand; dieses war später dazu berufen, die hitlerischen Angriffspläne durchzuführen.

Diese verbrecherische Tätigkeit wurde unter höchster Geheimhaltung vor der Umwelt durchgeführt.

»Im Anschluß an meine Verfügung vom 11. Juli 1933 sehe ich mich veranlaßt, sämtlichen SA-Dienststellen bezüglich jeglicher Veröffentlichungen über SA-Dienst nicht nur in der Presse, sondern auch in Mitteilungs- und Nachrichtenblättern der einzelnen SA-Einheiten zu allergrößter Vorsicht anzuhalten. Erst in den letzten Tagen hat das Reichsinnenministerium auf Veranlassung des Auswärtigen Amtes an alle Dienststellen des Reiches strikte Anweisung gegeben, wonach bezüglich aller Veröffentlichungen, die irgendwie dem Ausland Möglichkeiten geben könnten, Verstöße gegen die Bestimmungen des Versailler Vertrags zu konstruieren, schärfste Kontrolle zu üben sei.«

Dieser Geheimerlaß des Stabschefs der SA widerlegt die Behauptung der Verteidigung vom »friedlichen Charakter« der Sturmabteilungen und vom »rein sportlichen Charakter« ihrer Tätigkeit.

Die Struktur der Sturmabteilungen mit ihren Brigaden und Regimentern trug einen rein militärischen Charakter. Seit Anfang ihres Bestehens begannen die Sturmabteilungen unter Führung von besonders reaktionären Offizieren der Reichswehr, die sich den Hitler-Leuten angeschlossen hatten, Mannschaften für einen zukünftigen Krieg vorzubereiten.

Später, das heißt nach der Machtergreifung, wurde die SA zum Werkzeug einer militärischen Massenvorbereitung; Offiziere der Wehrmacht befaßten sich in SA-Uniform mit einer streng militärischen Ausbildung der SA-Leute.

Die Führer der SA verstanden sehr wohl ihre Aufgabe, die ihnen nach der Machtergreifung zur Verwirklichung der Pläne der hitlerischen Aggression gegeben worden war. Hierbei möchte ich dem Gerichtshof einen kurzen Auszug aus einem Artikel verlesen, der in dem Organ der Sturmabteilungen »Der SA- Mann« vom 6. Januar 1934 erschienen ist:

»... im Gegenteil steht nach dem Willen des Führers der SA-Mann als Garant der nationalsozialistischen Revolution vor den Toren der Macht und wird da stehen bleiben für alle Zeiten. Denn noch harren gewaltige Aufgaben ihrer Erfüllung, die ohne das Vorhandensein und die tätige Mitarbeit der Sturmabteilungen nicht denkbar wäre.

Was bisher erreicht worden ist, die Übernahme der Macht im Staate und die Ausschaltung der Elemente, die als Gedankenträger des Marxismus, Liberalismus und Kapitalismus die unheilvolle Entwicklung der Nachkriegsjahre zu verantworten haben, sind nur die Vorbedingungen, sind nur das Sprungbrett für die wirklichen Ziele des Nationalsozialismus.«

Und in der ganzen folgenden Entwicklungszeit des Hitlerismus war die SA ein treues Werkzeug in den Händen der verbrecherischen hitlerischen Clique.

Während des Krieges wurde den Mitgliedern der SA durch besondere Anordnungen zur Pflicht gemacht, auf die Kriegsgefangenen und Ostarbeiter aufzupassen und keinerlei Milderungen des dafür aufgestellten tierischen Menschenvernichtungsprogramms zuzulassen. In einer Reihe von »Arbeitslagern« bestand die Wachmannschaft gerade aus SA-Leuten.

Die SA war eine der verbrecherischen Massenorganisationen der Hitler-Partei.

Die aktive verbrecherische Tätigkeit ihrer Mitglieder, mit Ausnahme des Frontkämpferbundes und der Personen, die in den Sportvereinen der SA waren, ist in diesem Prozeß in vollem Maße erwiesen.

Die Sturmabteilungen der deutschen faschistischen Partei, deren Tätigkeit einen wesentlichen Bestandteil in der Geschichte der verbrecherischen Hitler-Regierung bildet, müssen vom Gerichtshof unbedingt als eine verbrecherische Organisation erklärt werden.