Schlußfolgerung.
Sauckel ist nicht schuldig nach Anklagepunkt Eins und Zwei. Er ist schuldig nach Anklagepunkt Drei und Vier.
Jodl.
Jodl wird nach allen vier Anklagepunkten angeklagt. Von 1935 bis 1938 war er der Chef der Abteilung Landesverteidigung beim Oberkommando. Nach einem Jahr als Truppenbefehlshaber kehrte er im August 1939 zurück und wurde Chef des Wehrmachtführungsstabes im Oberkommando der Wehrmacht. Obwohl der Angeklagte Keitel sein unmittelbarer Vorgesetzter war, berichtete er über Operationsangelegenheiten unmittelbar an Hitler. Im streng militärischen Sinne fiel Jodl die eigentliche Planung des Krieges zu, und er war in hohem Maße für die Strategie und die Leitung der Operationen verantwortlich.
Jodl verteidigt sich damit, daß er ein zum Gehorsam vereidigter Soldat gewesen sei und kein Politiker, und daß ihm seine Stabs- und Planungsarbeit keine Zeit für andere Angelegenheiten übrig ließ. Er sagte aus, daß er bei dem Unterzeichnen und Paraphieren von Verordnungen, Denkschriften und Briefen für Hitler handelte, oftmals in Abwesenheit Keitels. Obwohl er behauptet, daß er als Soldat Hitler zu gehorchen hatte, sagte er aus, daß er häufig versuchte, bestimmte Maßnahmen durch Aufschub zu hindern, was gelegentlich auch gelang, wie zum Beispiel, als er sich Hitlers Forderung widersetzte, Weisungen zu erlassen, daß alliierte »Terrorflieger« gelyncht werden.
Verbrechen gegen den Frieden.
Eintragungen in dem Tagebuch Jodls (1780-PS) vom 13. und 14. Februar 1938 zeigen, daß Hitler sowohl ihn als auch Keitel anwies, den militärischen Druck gegen Österreich, mit dem während der Schuschnigg-Konferenz durch das Vortäuschen militärischer Maßnahmen begonnen worden war, weiter aufrechtzuerhalten, und daß diese ihr Ziel erreichten. Als Hitler den Beschluß faßte, Schuschniggs Volksabstimmung »nicht zu dulden«, brachte Jodl den »alten Entwurf«, das heißt den bestehenden Stabsplan mit in die Konferenz. Sein Tagebuch führt für den 10. März an, daß Hitler dann die Vorbereitungen zum »Fall Otto« anordnete, und der Befehl wurde von Jodl paraphiert. Am 11. März erließ Jodl zusätzliche Anordnungen und paraphierte Hitlers Invasionsbefehl am gleichen Tage.
Bei der Planung des Angriffs auf die Tschechoslowakei war Jodl, den Schmundt-Aufzeichnungen zufolge, sehr eifrig tätig. Er paraphierte die Punkte 14, 17, 24, 36 und 37 in den Aufzeichnungen. Jodl gibt zu, daß er mit dem OKH übereinstimmte, daß der »Zwischenfall«, der zum deutschen Eingreifen führen sollte, spätestens um 14.00 Uhr am X-minus-1-Tag stattfinden müsse, dem Tage vor dem Angriff, und führte aus, daß er zu einer festgesetzten Zeit bei gutem Flugwetter stattfinden müsse. Jodl beriet sich mit den Propagandafachmännern über »unmittelbar bevorstehende gemeinsame Aufgaben«, wie zum Beispiel die deutschen Verletzungen des Völkerrechts, ihre Auswertung durch den Feind und die Widerlegungen durch die Deutschen, eine »Aufgabe«, die Jodl als »von besonderer Wichtigkeit« ansah.
Nach München schrieb Jodl:
»Die Tschechoslowakei ist als eine Macht erledigt... Das Genie des Führers und seine Entschlossenheit, sogar vor einem Weltkrieg nicht zurückzuschrecken, haben wieder einmal den Sieg errungen, ohne daß Gewaltanwendung erforderlich war. Es verbleibt die Hoffnung, daß die Ungläubigen, die schwachen Leute und die Zweifler bekehrt werden und bekehrt worden sind.« (1780-PS, S. 140.)
Kurz nach der Besetzung des Sudetenlandes wurde Jodl zum Befehlshaber einer Garnison ernannt, und erst Ende August 1939 wurde er Chef des Wehrmachtführungsstabes im Oberkommando der Wehrmacht (OKW).
Jodl besprach die Invasion Norwegens mit Hitler, Keitel und Raeder am 12. Dezember 1939; sein Tagebuch ist mit späteren Eintragungen über seine Tätigkeit bei der Vorbereitung dieses Angriffs reichlich versehen. Jodl erklärt seine Bemerkung, daß Hitler noch immer nach einer »Ausrede« suche, um vorzugehen, damit, daß er zuverlässige Nachrichten über die britischen Pläne erwartet habe und verteidigt die Invasion als eine erforderliche Maßnahme, um diesen zuvorzukommen. Seine Aussage zeigt, daß vom Oktober 1939 an Hitler einen Angriff auf den Westen durch Belgien plante, daß er aber bis Mitte November über einen etwaigen Einfall in Holland im Zweifel war. Am 6. Februar 194041 besprachen Jodl, sein Stellvertreter Warlimont und Jeschonnek, der Planungssachverständige für die Luftwaffe die »neue Idee« eines Angriffs auf Norwegen, Dänemark und Holland, aber unter Gewährleistung der Neutralität Belgiens (1809-PS). Viele der 17 Befehle, die den Angriff im Westen aus verschiedenen Gründen, einschließlich Wetterbedingungen, bis zum Mai 1940 verschoben, wurden von Jodl unterzeichnet.
Er war auch bei der Planung gegen Griechenland und Jugoslawien tätig. Der Hitler-Befehl vom 11. Januar 1941, in Albanien einzugreifen, trägt Jodls Paraphe. Am 20. Januar, vier Monate vor dem Angriff, erklärte Hitler einer Versammlung deutscher und italienischer Generale im Beisein Jodls, daß deutsche Truppenzusammenziehungen in Rumänien gegen Griechenland eingesetzt werden sollten. Jodl war am 18. März anwesend, als Hitler Raeder erklärte, daß ganz Griechenland besetzt werden müsse, bevor irgendein Ausgleich42 erreicht werden könne. Am 27. März, als Hitler dem deutschen Oberkommando erklärte, daß die Zerstörung Jugoslawiens, mit »unbarmherziger Härte« erreicht werden solle und die Entscheidung zur Bombardierung von Belgrad ohne jegliche Kriegserklärung getroffen wurde, war er auch anwesend.
Jodl sagte aus, daß Hitler einen Angriff Rußlands befürchtete und daß er deshalb zuerst angriff. Diese Vorbereitung hat fast ein Jahr vor der Invasion begonnen. Jodl befahl Warlimont schon am 29. Juli 1940, die Pläne vorzubereiten, da Hitler sich zum Angriff entschlossen habe; und Hitler sagte Warlimont späterhin, daß er geplant hätte, im August 1940 anzugreifen, daß er den Angriff aber aus militärischen Gründen verschoben hätte. Jodl paraphierte Hitlers Weisung vom 12. November 1940, daß mündlich befohlene Vorbereitungen fortgesetzt werden sollten, und am 18. Dezember hat er auch den »Fall Barbarossa« paraphiert. Am 3. Februar 1941 besprachen Hitler, Jodl und Keitel die Invasion, und er war am 14. Juni zugegen, als die endgültigen Berichte über den »Fall Barbarossa« einliefen.