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H-NET BOOK REVIEW

Published by H-Soz-u-Kult@h-net.msu.edu (March, 2000)

Martin van Creveld. Die Zukunft des Krieges. Mit einem Vorwort von Peter Waldmann. Aus dem Amerikanischen von Klaus Fritz und Norbert Juraschitz. Muenchen: Gerling Akademie Verlag, 1998. 349 S. DM 58,00 (taschenbuch), ISBN 3-932425-04-9.

Reviewed for H-Soz-u-Kult by Daniel Hohrath

Es gilt hier ein ebenso merkwuerdiges wie bemerkenswertes Buch zu besprechen. Krieg und Gewalt, und mit ihnen auch das Militaer, sind seit Anfang der neunziger Jahre ins Bewusstsein der deutschen Geschichts- und Sozialwissenschaften zurueckgekehrt, nach jahrzehntelanger Abstinenz. Zugleich hat die Frage nach dem Charakter von Krieg in der Zukunft angesichts der weltpolitischen Umwaelzungen unzweifelhaft an Aktualitaet gewonnen, und es wird deutlich, dass sie weder als innermilitaerisches Problem von Taktik und Technik den Militaertechnologen ueberlassen noch unter rein politischen oder schwammigen moralischen Aspekten diskutiert werden sollte. Das Feld zeigt sich bislang unuebersichtlich: An die weitgehend abgebrochene wissenschaftliche Tradition deutschsprachiger kriegstheoretischer und militaerhistorischer Forschung werden zaghaft sichtbare und unsichtbare Faeden geknuepft, wobei die Rezeption angelsaechsischer Diskussionsbeitraege ueber die Geschichte des Krieges im Vordergrund steht.[1] In diese relativ offene Szenerie passt nun auch, dass das Buch eines israelischen Militaerhistorikers, wenn auch immerhin sieben Jahre nach dem Erscheinen des Originals [2], ins Deutsche uebersetzt wurde.

Martin van Creveld, Professor fuer Geschichte an der Hebrew University Jerusalem, ist einer der produktivsten und provokantesten Vertreter einer heute selten gewordenen Spezies historisch argumentierender "Zivilstrategen" und Militaerschriftsteller. Hierzulande einer groesseren Oeffentlichkeit bekannt ist allerdings nur seine fruehe spektakulaere Vergleichsstudie ueber die "Kampfkraft" der deutschen Wehrmacht und der amerikanischen Armee im Zweiten Weltkrieg. [3] Seine zahlreichen Arbeiten umfassen Titel ueber die Geschichte der Logistik, die hoehere Fuehrung, die Bedeutung der Technik fuer die Kriegfuehrung und zuletzt eine Geschichte der israelischen Armee. Auf sein neuestes, nunmehr fast gleichzeitig mit dem Original auf deutsch erschienenes Buch, das in manchen Aspekten das hier zu besprechende weiterfuehrt, wird eine eigene Rezension in H-Soz-u-Kult eingehen.

Mit seiner expliziten Auffassung, dass es fuer die westlichen Gesellschaften ueberlebensnotwendig werden koenne, zukuenftigen kriegerischen Bedrohungen erfolgreich zu begegnen, schaerfer formuliert: Kriege zu gewinnen, verstoesst Martin van Crevelds Buch a priori gegen den moralischen Comment unserer Oeffentlichkeit. Auch seine forschen Formulierungen, die oft von der Faszination zeugen, die er dem Krieg nicht ohne Emphase zuschreibt, werden die Aufnahme dieser Streitschrift nicht eben erleichtern. Dass das Buch gleichwohl voller Ideen und Einsichten steckt, die zu einer ueberfaelligen oeffentlichen Diskussion ueber Militaer, Krieg und Politik beitragen koennen, wird jedoch zu zeigen sein. Die Ansprueche des Autors sind sehr hoch gesteckt: Zunaechst will er beweisen, dass der "grossangelegte konventionelle Krieg allmaehlich verschwinden wird". Darueber hinaus aber geht es ihm darum, nicht weniger als das nach seiner Auffassung in der westlichen Zivilisation falsch verstandene "Wesen des Krieges selbst" neu zu erklaeren, und damit "gegen Clausewitz eine Theorie des Krieges [...], die besser zu der Welt passt, in die wir hineingehen", zu entwickeln (S. 13 f.). Die Ausfuehrung ist, das sei vorausgeschickt, teilweise eindrucksvoll, teilweise wenig ueberzeugend.

Das Buch beginnt mit einer Beschreibung der gegenwaertigen Situation. Das erste Kapitel "Krieg heute" bietet eine furiose Abrechnung mit der "Atomkriegsstrategie" der Jahrzehnte seit 1945. Mit bissigem Humor zeigt van Creveld den geringen politischen Nutzen, den die Atommaechte von ihren Arsenalen hatten und die zumal aus heutiger Sicht geradezu wahnwitzigen Vorstellungen der Strategen, wie mit "Werkzeugen des Massenmords" (S. 30) Krieg gefuehrt werden koenne. Die gleichzeitige konventionelle Hochruestung erwies sich dabei als noch absurder: Ein grosser "konventioneller Krieg" zwischen den Atommaechten und ihren Buendnissystemen war im Schatten der Bombe letztlich undenkbar. Dies mag freilich die Welt bis heute gerettet haben, zu welchem Preis und unter welchen Risiken und mit welchen Folgen fuer die Zukunft auch immer.

Der Autor zeigt sich skeptisch: Er konstatiert die kriegsverhindernde Wirkung der nuklearen Abschreckung, aber eben nur in Bezug auf eine bestimmte Art von Krieg. Und hier liegt das Problem: Die tatsaechlich gefuehrten Kriege der letzten 50 Jahre sahen ganz anders aus als die, fuer die die "modernen" Armeen geruestet wurden: Nur ganz wenige Konflikte seit 1945 lassen sich nach van Creveld als konventionelle Kriege zwischen nach westlicher Norm organisierten Armeen bezeichnen: So noch allenfalls der Koreakrieg, die Kriege Israels gegen seine arabischen Nachbarstaaten, zuletzt der Krieg zwischen Iran und Irak. In der ueberragenden Mehrheit der Faelle, in denen moderne Staaten mit ihrem Militaer und aller denkbaren materiellen und technischen Ueberlegenheit Krieg fuehrten, taten sie dies gegen in dieser Hinsicht voellig unterlegene Gegner - und verloren gerade hier praktisch immer. Dies zeigt van Creveld nicht nur an den bekanntesten Beispielen, wie dem Scheitern der USA in Vietnam, sondern ebenso an den Debakeln der UdSSR in Afghanistan, aber auch an denen kleinerer Maechte wie Syriens oder Israels im Libanon, Indiens in Sri Lanka.

Im Unterschied zum grossen konventionellen Krieg verwendet der Autor den seit einiger Zeit eingefuehrten Begriff des "Low Intensity War" bzw. "Low Intensity Conflict". Fast alle Kriege seit 1945 seien Low Intensity Conflicts gewesen, und gerade in ihnen starben die meisten Menschen. In dieser Form des Krieges erwiesen sich die vermeintlich Schwachen als unbesiegbar, und des Autors These lautet, dies werde in Zukunft die wichtigste, wenn nicht einzige Form des Krieges sein. Wichtig fuer seine Argumentation ist, dass das Scheitern konventioneller Streitkraefte nicht primaer aus politischen und sozialen (Befreiungsbewegung gegen Unterdruecker usw.) sondern zunaechst "aus konkreten militaerischen Gruenden" (S. 58) zu erklaeren sei. Gerade die Modernitaet einer Armee, die sich nicht zuletzt in immer komplexeren und kostspieligeren Waffensystemen aeussere, stehe in einem direkten Verhaeltnis zu ihrer zunehmenden Hilflosigkeit.

Das Problem liege demnach nicht auf einer materiellen, sondern auf einer konzeptionellen Ebene: dem modernen strategischen Denken. In Kapitel II fragt van Creveld "Wer fuehrt Krieg?" und versucht zu zeigen, dass der von Staaten mit regulaeren Heeren zur Erreichung politischer Zwecke gefuehrte Krieg nur eine raeumlich wie zeitlich begrenzte historische Episode gewesen sei, die er als die "Clausewitzsche Welt" bezeichnet. Diese sei gekennzeichnet durch die idealtypische Trennung von Volk, Heer und Regierung, die er die Clausewitzsche Trinitaet nennt. Sie sei aber allenfalls im Europa des spaeten 17. bis 19. Jahrhunderts weitgehend verwirklicht gewesen. Der "trinitarische Krieg" sei bereits durch den "totalen Krieg" des 20. Jahrhunderts zerstoert worden und werde voraussichtlich durch den "Low Intensity Conflict" als moderne Form des eigentlich in der Menschheitsgeschichte vorherrschenden "nichttrinitarischen" Krieges abgeloest. Das liest sich im sueffigen Stil des Autors alles ganz einleuchtend, doch verfaengt sich van Creveld hier trotz treffender Beobachtungen in ehrgeizigen Konstrukten, die ihm helfen sollen, Clausewitz als Kriegstheoretiker abzuloesen.

In den beiden bisher vorgestellten Kapiteln, die die Exposition fuer den Rest darstellen, zeigen sich die Staerken und Schwaechen des Buches bereits sehr deutlich. Die Staerken van Crevelds liegen in der Breite seines empirisch-historischen Wissens und in der geistvollen und respektlosen Analyse der Kriegsgeschichte; gelegentlich schreibt er hier mit wenig Tiefenschaerfe und Ungenauigkeiten im Detail, die ihm allerdings bei einem so umfassenden Ansatz kaum vorgeworfen werden koennen. Die Schwaeche seiner Argumentation tritt vielmehr da zutage, wo er eine neue Theorie des Krieges formulieren will und dies nur im Kampf gegen einen dafuer passend zurechtgeschnitzten Clausewitz zu erreichen glaubt. Dies gelingt nur durch gezielte Missinterpretation von Clausewitz’ Denken, das van Creveld, wenn es in seine Argumentation passt, mal durch Abwertung der historischen Persoenlichkeit als "archetypische[r] Stabsoffizier"(S. 13), mal durch Simplifizierung des Werkes als falsch bzw. veraltet hinzustellen versucht. Man darf ueber diese Vorgehensweise erstaunt sein, hatte sich Martin van Creveld doch noch wenige Jahre vorher als Kenner und Bewunderer des Werkes geaeussert. [4]

Im dritten Kapitel, das mit "Worum es im Krieg geht" in der deutschen Fassung missverstaendlich betitelt ist ("What war is all about"), beschreibt van Creveld den historischen Wandel und die Bedeutung von Regeln und Konventionen in der Geschichte der Kriege. Gegen die Geringschaetzung der Konvention durch die modernen Strategen, die er ebenfalls von Clausewitz herleitet, stellt der Autor ihre konstitutive Bedeutung fest. Sehr anschaulich werden in einzelnen Abschnitten die veraenderlichen Normen fuer die Behandlung von Kriegsgefangenen oder Nichtkombattanten und fuer erlaubte und verpoente Waffen beschrieben. So stellt die Entwicklung des modernen Voelkerrechts, dessen Teil das ius in bello war und ist, fuer ihn nur eine historische Variante dar. Dem Vorhandensein von Konventionen schreibt van Creveld den Rang einer anthropologischen Konstante zu: "Ohne ein Gesetz, das festlegt, was erlaubt ist und was nicht, kann es keinen Krieg geben" (S. 144).

Kapitel IV "Wie wird Krieg gefuehrt?" bietet einen rasanten Schnellkurs in die Grundlagen strategischen Denkens. Hier ist der Autor in seinem Element, reiht historische Beobachtungen und schluessige Einsichten in dichter Folge aneinander. Brillante Passagen wie die ueber den Unterschied von Effektivitaet und Effizienz und die paradoxe Logik der Strategie machen die Lektuere in jedem Fall lohnend, auch hier stets mit der noetigen Vorsicht im Umgang mit des Autors apodiktischen Gewissheiten ueber das zeitlose Wesen des Krieges.

Gleich darauf stuerzt sich van Creveld unter der Ueberschrift:

"Wofuer wird Krieg gefuehrt?" wieder in den Kampf gegen einen irrealen Clausewitz und dessen vermeintlichen Begriff von Politik, den er auf eine Verfolgung rationaler Interessen durch den (modernen) Staat reduziert, um sodann drei Arten "nichtpolitischer" Kriege zu postulieren: Krieg um Recht (in der Uebersetzung fuer "justice" nicht so gluecklich: Gerechtigkeit), Krieg um Religion und schliesslich Krieg um die Existenz. Jenseits seines Grundansatzes gelingen dem Autor aber auch hier wieder interessante Einsichten in die Wechselwirkungen der Kriegsziele mit den Formen der Kriegfuehrung. So konnte der Rechtscharakter des Krieges in Mittelalter und klassischer Antike zwar Kriegshandlungen begrenzen, zugleich aber radikalisieren, wenn der Feind als zu bestrafender Verbrecher angesehen wurde, was fuer Krieg aus religioesen Motiven, gegen "Unglaeubige", erst recht gelte. Schon ein Gegner, der um Recht und Religion kaempfe, sei moeglicherweise zu Anstrengungen und Opfern bereit, die der um "Interessen" kaempfende nicht einsetzen koenne. Gehe es fuer eine oder beide Seiten im Krieg (ob wirklich oder vermeintlich, spielt keine Rolle) um die Existenz, verloeren politische und strategische Kosten-Nutzen-Rechnungen ihre Bedeutung:

Opfer und Verluste wuerden nicht nur in jeder Hoehe akzeptiert, sondern verstaerkten ihrerseits den Willen zum Weitermachen, wie etwa schon die schrittweise Totalisierung der Weltkriege zeige. Hierbei sei zu beachten, dass meistens nur eine Seite um ihre Existenz kaempfe. Wo dies der Fall sei, habe die andere Partei, die nur ein begrenztes Ziel verfolge und dafuer nur begrenzte Opfer zu bringen bereit sei (wie Frankreich in Algerien, die USA in Vietnam oder Israel im Libanon), kaum Chancen, einen Krieg zu gewinnen.

Damit ist Martin van Creveld an dem Punkt angelangt, an dem er "den Rahmen traditionellen strategischen Denkens" (S. 233) zu verlassen trachtet. Im Kapitel VI fragt er: "Warum wird Krieg gefuehrt?", und um diese Frage zu beantworten, begibt er sich auf eine letztlich anthropologische Ebene. Er verlaesst "den Ort, an dem die Entscheidungen gefaellt werden", um nach den Menschen, genauer den Maennern, zu fragen, die bereit sind, im Krieg zu kaempfen. "Der Wille zu kaempfen", und zwar letztlich der des Einzelnen, ist fuer ihn der Dreh- und Angelpunkt des Verstaendnisses vom Wesen des Krieges. Ob dies ueber Clausewitz hinausfuehrt, mag fueglich bezweifelt werden; allerdings ist es dem Autor gelungen, mit diesem Ansatz zu ebenso provozierenden wie beunruhigenden Einsichten zu kommen. Zunaechst stellt er die bedenkenswerte These auf, dass nicht die Absicht, andere zu toeten, sondern die Risikobereitschaft, selbst im Kampf zu sterben, die Grundlage der Beteiligung von Menschen am Krieg darstelle. Der Krieg erscheint so als Spiel mit der Gefahr: "Gefahr ist viel mehr als nur das Medium, in dem sich der Krieg abspielt; aus der Sicht der Teilnehmer wie der Zuschauer zaehlt sie zu seinen wesentlichen Anziehungspunkten, man moechte sagen zu seiner raison d’tre." (S. 243). Demgegenueber sei das risikolose Toeten in allen menschlichen Gesellschaften als Mord verachtet, wie selbst die Verachtung des zum legalen Toeten bestimmten Henkers zeige. Aus dem daraus resultierenden moralischen Dilemma folgert van Creveld seine Feststellung der paradoxen Unterlegenheit starker Streitkraefte gegen schwaechere Gegner im low intensity conflict: waehrend der Schwache in der Wahl seiner Mittel unbeschraenkt sei, werde "fast alles, was der Starke tut oder unterlaesst, in gewissem Sinne unnoetig und daher grausam sein." (S. 257). Dies fuehre ueber kurz oder lang, wie alle Beispiele zeigten, zum Zusammenbruch der Ueberzeugung, im Recht zu sein, damit zu einer Erosion des Kampfwillens und der Kampfkraft und schliesslich zur Niederlage klassisch organisierter Armeen in solchen Konflikten.

Im abschliessenden Kapitel "Krieg morgen" zieht van Creveld die Folgerungen aus seiner Auffassung vom Wesen des Krieges und versucht Prognosen, die durchaus duesteren Charakter haben: Die Unfuehrbarkeit konventionellen Krieges werde nicht zu dauerhafter Sicherheit beitragen, sondern durch den Aufstieg des low intensity conflict unterlaufen werden. Die Staaten wuerden das mit ihrer Entwicklung verbundene Gewaltmonopol mit organisierten Armeen nach und nach verlieren, und damit die Grundlage ihrer Existenz, die auf der Sicherheitsgarantie fuer ihre Buerger beruhe. Andere, nichtstaatliche Gruppierungen unterschiedlichster Art, abhaengig von regionalen und kulturellen Voraussetzungen, wuerden diesen neuen - oder vielmehr fuer den groesseren Teil der Geschichte bestimmenden - Krieg fuehren, in dem es keine territorialen Fronten und keine Unterscheidung von Militaer und Zivilisten gebe. Dieser Krieg werde nicht mehr von Gefechten zwischen Truppen, sondern "von Geplaenkel, Bombenanschlaegen und Massakern" (S. 303) gepraegt sein und "langwierig, blutig und grauenvoll" (S. 310). Da die entscheidende Voraussetzung fuer Krieg im Willen von Menschen liege, im Kollektiv zu kaempfen, muesse man davon ausgehen, dass die Motivation zum Krieg unterhalb der sich kulturell in Vergangenheit wie Zukunft wandelnden Begruendungen liege, dass er an sich gar keiner rationalen Interessen und praktischen Ziele beduerfe. Krieg sei urspruenglich eben nicht Mittel zum Zweck, sondern oft genug selbst der Zweck. "Das Wesen der kriegfuehrenden Einheiten, die fuer ihn geltenden Konventionen und die Kriegsziele koennen sich aendern. Der Krieg selbst hingegen ist so lebendig wie eh und je. Folglich werden wie eh und je Gemeinschaften, die den Tatsachen nicht ins Auge sehen und nicht um ihre Existenz kaempfen wollen, aller Wahrscheinlichkeit nach aufgeloest werden." (S. 326).

Es kann nicht die Aufgabe dieser Rezension sein, eigene Hypothesen aufzustellen oder die vom Verfasser angefuehrten Beispiele durch weitere zu ergaenzen oder zu relativieren. Es ist eines jener Buecher, die am besten als "anregend" charakterisiert werden. Die durchgaengig zu beobachtende Motivation des Autors durch die Sorge um die prekaere Sicherheitslage Israels mag dem mitteleuropaeischen Leser manche Aussagen ueberzeichnet erscheinen lassen. Dafuer verbluefft die Auseinandersetzung van Crevelds mit der deutschen Kriegstheorie und dem deutschen Staatsbegriff des 19. und frueheren 20. Jahrhunderts, denen der Autor in hoeherem Masse verhaftet ist, als er selbst kenntlich macht.

Noch ein paar Bemerkungen zur deutschen Ausgabe: Dass die Uebersetzung fuer die Verhaeltnisse des deutschen Sachbuchmarktes mit beachtlicher Sorgfalt gearbeitet ist und den Tonfall des Autors trotz manch problematischer Begriffe recht gut trifft, muss man heute schon lobend hervorheben. Ueber die wenigen Missgriffe bei militaerhistorischen und technischen Formulierungen troesten die erkennbaren Bemuehungen der Uebersetzer hinweg, an vielen Stellen dem deutschen Nicht-Spezialisten behilflich zu sein. Aergerlich ist allerdings die schlampige Auswahlbibliographie am Ende des Bandes:

Van Crevelds kurze und haeufig sehr charakteristische Kommentare zu den Titeln (nur als Kostprobe: zu Peter Parets "Clausewitz and the state" bemerkt der Autor "Clausewitz presented as a pipe-smoking, slipper-wearing, Western strategist") wurden einfach weggelassen. Deutsche Ausgaben werden gelegentlich, aber nur zufaellig als Ersatz der zitierten englischen Titel eingefuegt, dafuer werden viele urspruenglich deutsche Titel und Autoren gar nicht erkannt und unbesehen uebernommen, wie etwa C[olmar] von der Goltz, C. (recte Walter!) Goerlitz u.v.m. Solches mag als unwichtig erscheinen, aber es schmaelert den Nutzen eines Buches, dem allemal eine breite und vor allem kritische Rezeption zu wuenschen ist, die eine verlaessliche Textgrundlage erfordert.

Anmerkungen

[1]. Einen Anfang machte hier die Uebersetzung des Buches von John Keegan, Die Kultur des Krieges, Berlin 1995 (engl.: _A History of Warfare_, London 1993). Als eher journalistisches Produkt des neuerwachten Interesses siehe Cora Stephan, _Das Handwerk des Krieges_, Berlin 1998.

[2]. Martin van Creveld, The Transformation of War, New York 1991. Die inhaltlich identische englische Ausgabe erschien unter dem Titel: On Future War, London 1991.

[3]. Martin van Creveld, _Kampfkraft. Militaerische Organisation und militaerische Leistung 1939-1945_, Freiburg 1989 (Einzelschriften zur Militaergeschichte, 31). Zuerst unter dem Titel: _Fighting Power. German and U.S. Army Performance, 1939-1945_, Westport/Connecticut 1982.

[4]. Martin van Creveld, The eternal Clausewitz, in: Michael J. Handel, Clausewitz and Modern Strategy, London, Totowa/N.J., 1986, S. 35-50.

Document compiled by Dr S D Stein
Last update 23/03/00
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