Schlußfolgerung.
Das Korps der Politischen Leiter wurde zu Zwecken benutzt, die vom Statut als verbrecherisch bezeichnet werden und die die Germanisierung einverleibter Gebiete, die Verfolgung der Juden, die Durchführung des Sklavenarbeitsprogrammes und die Mißhandlung von Kriegsgefangenen umfaßten. Die Angeklagten Bormann und Sauckel, welche Mitglieder dieser Organisationen waren, gehörten zu denen, die sie für diese Zwecke gebrauchten. Die Gauleiter, die Kreisleiter und die Ortsgruppenleiter wirkten bei diesen verbrecherischen Programmen in größerem oder geringerem Umfange mit. Auch die Reichsleitung als die Stabsorganisation der Partei ist für diese verbrecherischen Programme verantwortlich, ebenso wie die Spitzen der verschiedenen Stabsorganisationen der Gauleiter und Kreisleiter. Die Entscheidung des Gerichtshofes in Bezug auf diese Stabsorganisationen schließt nur jene Amtsleiter ein, die Leiter von Büros im Stabe der Reichsleitung, Gauleitung und Kreisleitung waren. In Bezug auf die anderen Stabsbeamten und auf die Parteiorganisationen, die dem Korps der Politischen Leiter angeschlossen waren, abgesehen von den oben angerührten Amtsleitern, folgt der Gerichtshof dem Vorschlag der Anklagebehörde, sie von der Erklärung auszuschließen.
Der Gerichtshof erklärt, daß im Sinne des Statuts die Gruppe verbrecherisch ist, die sich aus jenen Mitgliedern des Korps der Politischen Leiter zusammensetzt, welche die im vorhergehenden Absatz aufgezählten Stellungen innehatten und Mitglieder der Organisation wurden oder blieben in Kenntnis des Umstandes, daß sie zur Begehung von Taten benutzt wurde, die Artikel 6 des Statuts als verbrecherisch kennzeichnet, oder die als Mitglieder der Organisation bei der Begehung solcher Verbrechen persönlich beteiligt waren. Grundlage für dieses Urteil ist die Beteiligung der Organisation an Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit dem Krieg. Aus diesem Grunde kann die als verbrecherisch bezeichnete Gruppe keine Personen einschließen, die vor dem 1. September 1939 aufhörten, eine der aufgeführten Stellungen zu bekleiden.
Gestapo und SD.
Aufbau und Bestandteile: Die Anklagevertretung hat die Geheime Staatspolizei (Gestapo) und den Sicherheitsdienst des Reichsführers SS (SD) als Gruppen oder Organisationen bezeichnet, die für verbrecherisch erklärt werden sollen. Die Anklagevertretung hat die Fälle gegen die Gestapo und den SD zusammengefaßt vorgetragen, und zwar mit der Begründung, dies sei wegen der engen Zusammenarbeit zwischen ihnen notwendig. Der Gerichtshof genehmigte dem SD seine Verteidigung gesondert vorzubringen, weil Interessenkonflikte geltend gemacht worden waren, aber entschied nach Prüfung des Beweisstoffes, den Fall der Gestapo und des SD gemeinsam zu beurteilen.
Gestapo und SD wurden zuerst am 26. Juni 1936 zusammengeführt, als Heydrich, der Chef des SD war, zum Chef der Sicherheitspolizei ernannt wurde, die sowohl die Gestapo als auch die Kriminalpolizei umfaßte. Vor dieser Zeit war der SD der Nachrichtendienst zunächst der SS und später, nach dem 4. Juni 1934, der gesamten Nazi-Partei. Die Gestapo wurde aus den verschiedenen politischen Polizeikräften der einzelnen deutschen Bundesstaaten zusammengesetzt, die unter persönlicher Führung Himmlers, mit dem Beistand Görings, vereinigt worden waren. Himmler wurde am 17. Juni 1936 zum Chef der Deutschen Polizei im Innenministerium ernannt, und in seiner Eigenschaft als Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei erließ er seine Verfügung vom 26. Juni 1936, die sowohl die Kriminalpolizei, oder Kripo, als auch die Gestapo in die Sicherheitspolizei einreihte, ebenso wie den SD dem Befehl Heydrichs unterstellte.
Diese Zusammenfassung der Sicherheitspolizei – einer Staatsorganisation – und des SD – einer Parteiorganisation – unter Heydrichs Führung wurde durch Erlaß vom 27. September 1939 in aller Form bestätigt. Hierdurch wurden die verschiedenen Staats- und Parteistellen unter Heydrich als Chef der Sicherheitspolizei und des SD zu einer einzigen verwaltungsmäßigen Einheit verschmolzen, nämlich dem Reichssicherheitshauptamt (RSHA), welches gleichzeitig sowohl eines der Hauptämter der SS, unter Himmler als Reichsführer der SS, war, als auch ein Amt im Innenministerium, unter Himmler in seiner Eigenschaft als Chef der deutschen Polizei. Der innere Aufbau des RSHA zeigt, wie es die Amtsstellen der Sicherheitspolizei mit denen des SD vereinigte. Das RSHA zerfiel in sieben Ämter, von denen zwei (Amt I und II) sich mit Verwaltungsangelegenheiten beschäftigten. Die Sicherheitspolizei war durch Amt IV, dem Hauptamt der Gestapo, und Amt V, dem Hauptamt der Kriminalpolizei, vertreten. Der SD war vertreten sowohl durch Amt III, dem Hauptamt für die SD-Tätigkeit im Inland, als auch durch Amt VI, dem Hauptamt für SD-Tätigkeit im Ausland, und durch Amt VII, dem Amt für weltanschauliche Forschung. Kurz nach der Schaffung des RSHA im November 1939 wurde die Sicherheitspolizei mit der SS gleichgeschaltet, indem alle Beamten der Gestapo und der Kriminalpolizei mit den ihren Stellungen entsprechenden Rängen in die SS übernommen wurden.
Die Schaffung des RSHA stellte auf der höchsten Stufe die Festlegung der Beziehungen dar, unter denen der SD als Nachrichtendienst für die Sicherheitspolizei tätig war. Eine ähnliche Gleichschaltung bestand in den örtlichen Stellen. Innerhalb Deutschlands und in den Gebieten, die dem Reich zivilverwaltungsmäßig eingegliedert wurden, waren die örtlichen Gestapo-, Kriminal-Polizei- und SD-Stellen der Form nach getrennt. Sie waren jedoch der Koordinierung durch Sicherheitspolizei- und SD-Inspektoren bei den Stäben der örtlichen Höheren SS- und Polizeiführer unterworfen, und eine der Hauptfunktionen der örtlichen SD-Einheiten war es, als Nachrichtendienststellen für die örtlichen Gestapostellen tätig zu sein. In den besetzten Gebieten waren die Beziehungen zwischen örtlichen Einheiten von Gestapo, Kriminalpolizei und SD etwas enger. Sie waren in lokalen Einheiten der Sicherheitspolizei und des SD zusammengefaßt, und sowohl der Kontrolle des RSHA als auch des höheren SS- und Polizeiführers unterstellt, der von Himmler zum Dienst im Stab der Besatzungsbehörde bestimmt war. Die Ämter der Sicherheitspolizei und des SD in den besetzten Gebieten setzten sich aus Abteilungen zusammen, die den verschiedenen Ämtern des RSHA entsprachen. In den besetzten Gebieten, die noch als militärische Operationsgebiete galten oder die noch nicht formell unter deutscher Kontrolle waren, war die Organisation von Sicherheitspolizei und SD nur geringfügig abgeändert. Die Mitglieder der Gestapo, Kripo und des SD wurden in militärisch aufgebaute Einheiten zusammengefaßt, die unter dem Namen von Einsatzkommandos und Einsatzgruppen bekannt waren, und in denen die Schlüsselstellungen mit Mitgliedern der Gestapo, Kripo und des SD besetzt waren; Angehörige der Ordnungspolizei, der Waffen-SS und sogar der Wehrmacht wurden als Hilfskräfte verwandt. Diese Organisationen standen unter der allumfassenden Kontrolle des RSHA, in Frontgebieten jedoch wurden sie der operationsmäßigen Kontrolle des zuständigen Armee-Kommandanten unterstellt.
Daraus ergibt sich, daß funktionell sowohl die Gestapo als auch der SD wichtige und eng miteinander verbundene Gruppen innerhalb der Organisation der Sicherheitspolizei und des SD bildeten. Die Sicherheitspolizei und der SD standen unter einheitlichem Befehl Heydrichs, und später Kaltenbrunner, als Chef der Sicherheitspolizei und des SD; sie hatten eine einzige Zentrale, das RSHA; diese besaß ihre eigenen Befehlswege und wirkte sowohl in Deutschland, wie in den besetzten und unmittelbar hinter der Front liegenden Gebieten als eine Organisation. Während der Zeitspanne, die den Gerichtshof vornehmlich beschäftigt, erhielten Bewerber für Stellen in der Sicherheitspolizei und dem SD ihre Ausbildung in allen Zweigen, sowohl der Gestapo als auch der Kriminalpolizei und des SD. Einige Verwirrung wurde durch die Tatsache hervorgerufen, daß ein Teil der Organisation technisch eine Formation der Nazi-Partei war, während ein anderer Teil der Organisation eine Regierungsbehörde war. Doch ist dieser Umstand in Anbetracht des Gesetzes vom 1. Dezember 1933 über die Einheit der Nazi-Partei und des deutschen Staates, unerheblich.
Die Sicherheitspolizei und der SD waren freiwillige Organisationen. Es ist zutreffend, daß viele Staats- und Verwaltungsbeamte in die Sicherheitspolizei übergeleitet worden sind. Die Behauptung, daß diese Überführung eine zwangsmäßige war, läuft auf nichts anderes hinaus, als daß sie die Überleitung anzunehmen oder zurückzutreten hatten und sich dadurch möglicherweise offizieller Ungnade aussetzten. Während des Krieges hatten Angehörige der Sicherheitspolizei und des SD keine freie Wahl ihrer Betätigung innerhalb dieser Organisation und die Weigerung, einen bestimmten Posten zu übernehmen, besonders im Dienst in den besetzten Gebieten, hätte zu schweren Strafen führen können. Es bleibt jedoch die Tatsache bestehen, daß alle Angehörigen der Sicherheitspolizei und des SD dieser Organisation freiwillig beitraten, unter keinem anderen Druck, als dem Wunsche, ihre Stellungen als Beamte zu behalten.
Die Organisation der Sicherheitspolizei und des SD umfaßte noch drei Sondereinheiten, die jedoch getrennt behandelt werden müssen. Die erste war die Grenzpolizei, die im Jahre 1937 der Kontrolle der Gestapo unterstellt wurde. Ihre Tätigkeit bestand in der Kontrolle des deutschen Grenzverkehrs. Personen, die die Grenze illegal überschritten, wurden von ihr verhaftet. Aus dem vorgelegten Beweismaterial geht auch klar hervor, daß sie von der Gestapo Anweisungen erhielt, von ihr festgenommene Fremdarbeiter in Konzentrationslager einzuweisen. Sie konnten ebenfalls bei den örtlichen Gestapostellen die Genehmigung zur Einweisung festgenommener Personen in Konzentrationslager beantragen. Der Gerichtshof ist der Meinung, daß die Grenzpolizei in die Anklage gegen die Gestapo wegen Kriminalität eingeschlossen werden muß.
Im Sommer 1944 wurde auch der Zollgrenzschutz Bestandteil der Gestapo. Die Aufgaben dieser Organisation waren denen der Grenzpolizei ähnlich; sie hatten für Einhaltung der Grenzbestimmungen zu sorgen und insbesondere Schmuggel zu verhüten. Es hat jedoch nicht den Anschein, daß ihre Überführung vollständig war, sondern daß ungefähr die Hälfte des Personalbestandes von 54000 Mann unter der Kontrolle der Reichsfinanzverwaltung oder der Ordnungspolizei verblieb. Wenige Tage vor Kriegsende wurde die gesamte Organisation in die Reichsfinanzverwaltung rücküberführt. Die Überführung der Organisation in die Gestapo fand zu einem so späten Zeitpunkt statt, und sie nahm nur in so geringem Maße an der Gesamttätigkeit der Gestapo teil, daß der Gerichtshof nicht der Meinung ist, daß diese Organisation bei der Erwägung der Kriminalität der Gestapo in Betracht gezogen werden sollte.
Bei der dritten Organisation handelt es sich um die sogenannte Geheime Feldpolizei, die ursprünglich dem Heere unterstand, aber im Jahre 1942 durch militärischen Befehl in die Sicherheitspolizei überführt wurde. Die Geheime Feldpolizei war sowohl mit Sicherheitsangelegenheiten innerhalb des Heeres in den besetzten Gebieten betraut, als auch mit der Verhütung von Überfällen von Zivilisten auf militärische Einrichtungen oder Einheiten; sie beging Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in großem Maßstabe. Es ist jedoch nicht erwiesen, daß sie einen Teil der Gestapo bildete. Daher ist der Gerichtshof nicht der Meinung, daß sie unter die von der Anklage erhobene Anschuldigung fällt, verbrecherisch gewesen zu sein, mit Ausnahme solcher Mitglieder, die in das Amt IV des RSHA überführt worden sind oder die Mitglieder von Organisationen waren, die durch dieses Urteil für verbrecherisch erklärt worden sind.
Verbrecherische Tätigkeit: Eine der ersten Aufgaben der Gestapo bestand ursprünglich in der Verhinderung jeglicher politischer Opposition gegen das Naziregime; diese Aufgabe führte sie mit Hilfe des SD durch. Die Hauptwaffe zur Durchführung dieser Aufgabe war das Konzentrationslager. Die Gestapo hatte nicht die verwaltungsmäßige Kontrolle der Konzentrationslager, sie war jedoch über das RSHA für die Gefangenhaltung politischer Häftlinge in diesen Lagern verantwortlich. Gestapobeamte waren gewöhnlich für die Vernehmung politischer Gefangener in den Lagern zuständig.
Die Gestapo und der SD befaßten sich ebenfalls mit Anklagen wegen Hochverrats, sowie mit Fragen, welche die Presse, die Kirchen und die Juden betrafen. Als das Nazi-Programm zur Judenverfolgung intensiver wurde, nahm die Wichtigkeit dieser Gruppen wachsend zu. Am frühen Morgen des 10. November 1938 sandte Heydrich an alle Gestapo- und SD- Dienststellen ein Telegramm, in welchem er Weisungen für die Durchführung der Pogrome jenes Tages erteilte und anordnete, so viele Juden, »vor allem Reiche«, zu verhaften, wie die Gefängnisse aufnehmen konnten, jedoch darauf zu achten, daß die Verhafteten gesund und nicht zu alt seien. Bis zum 11. November 1938 waren 20000 Juden verhaftet und viele in Konzentrationslager verbracht worden. Am 24. Januar 1939 wurde Heydrich, der Chef der Sicherheitspolizei und des SD mit der Durchführung der Auswanderung und Evakuierung der Juden aus Deutschland, und am 31. Juli 1941 mit der Endlösung der Judenfrage in dem von den Deutschen beherrschten Europa beauftragt. Unter der Leitung von Standartenführer Eichmann wurde im RSHA eine besondere Abteilung der Gestapo geschaffen, die für die jüdische Angelegenheiten zuständig war und zur Erforschung der Judenfrage in den besetzten Gebieten ihre eigenen Agenten verwandte. Örtliche Gestapo-Dienststellen wurden zunächst dazu benutzt, die Auswanderung der Juden zu überwachen und später dazu, die sowohl aus Deutschland als auch aus den während des Krieges besetzten Gebieten nach dem Osten zu deportieren. Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD, die hinter den Linien der Ostfront operierten, führten Massenmorde an Juden durch. Eine Sonderabteilung der Gestapo-Leitung im RSHA wurde dazu verwandt, die Deportierung von Juden aus den Satellitenstaaten der Achse nach Deutschland für die »Endlösung« zu organisieren.
Örtliche Dienststellen der Sicherheitspolizei und des SD spielten in der deutschen Verwaltung der besetzten Gebiete eine bedeutende Rolle. Die Art ihrer Teilnahme ist aus den Maßnahmen vom Sommer 1938 ersichtlich, die zur Vorbereitung des Angriffs auf die Tschechoslowakei, der damals in Aussicht genommen war, getroffen worden waren. Es wurden Einsatzgruppen der Gestapo und des SD organisiert, um der Wehrmacht in die Tschechoslowakei zu folgen und für die Sicherheit des politischen Lebens in den besetzten Gebieten zu sorgen. Es wurden Pläne ausgearbeitet für die vorherige Durchdringung des Gebietes mit SD-Männern und für die Aufstellung einer Liste derjenigen Einwohner, die unter Bewachung gestellt, ihrer Pässe beraubt oder liquidiert werden sollten. Diese Pläne wurden infolge des Aufgebens des Angriffs gegen die Tschechoslowakei bedeutend abgeändert; im Verlaufe der militärischen Aktionen jedoch, die tatsächlich stattfanden, insbesondere während des Krieges gegen die USSR, traten Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in Aktion und führten neben brutalen Befriedungsmaßnahmen gegenüber der Zivilbevölkerung, Massenhinschlachtungen von Juden durch. Heydrich ließ 1939 Weisungen ergehen, an der deutsch-polnischen Grenze Zwischenfälle zu fälschen, die Hitler einen hinreichenden Vorwand für einen Angriff auf Polen geben würden. Sowohl Gestapo- als auch SD-Personal nahm an diesen Operationen teil.
Die örtlichen Einheiten der Sicherheitspolizei und des SD setzten ihre Arbeit in den besetzten Gebieten fort, nachdem diese aufgehört hatten, Operationsgebiete zu sein. Die Sicherheitspolizei und der SD nahmen weitreichende Verhaftungen unter der Zivilbevölkerung dieser besetzten Länder vor, setzten viele von ihnen unter unmenschlichen Bedingungen gefangen, unterwarfen sie brutalen Methoden dritten Grades und schickten viele in Konzentrationslager. Örtliche Einheiten der Sicherheitspolizei und des SD waren ferner an den Geiselerschießungen, an der Verhaftung von Verwandten, an der Hinrichtung der, ohne Gerichtsverfahren, des Terrors und der Sabotage beschuldigten Personen, sowie an der Durchführung des »Nacht und Nebel«-Erlasses beteiligt. Auf Grund dieses Erlasses wurden Menschen, denen man Vergehen zur Last legte, die als Gefährdung der Sicherheit der Besatzungsgruppen angesehen wurden, entweder innerhalb einer Woche hingerichtet oder geheim nach Deutschland verbracht, ohne daß man ihnen gestattete, sich mit ihren Familienangehörigen in Verbindung zu setzen.
Dienststellen der Sicherheitspolizei und des SD waren an der Durchführung des Zwangsarbeiterprogramms beteiligt. In einigen besetzten Gebieten unterstützten sie die örtlichen Arbeitsbehörden bei der Erfüllung der von Sauckel auferlegten Quoten. Gestapodienststellen innerhalb Deutschlands wurden mit der Überwachung der Zwangsarbeiter beauftragt und für die Ergreifung der nicht zur Arbeit Erscheinenden verantwortlich gemacht. Die Gestapo war ferner mit der Leitung der sogenannten Arbeitserziehungslager betraut. Obgleich sowohl deutsche als auch ausländische Arbeiter in diese Lager überführt werden konnten, spielten sie beim Zwang gegen die Fremdarbeiter, für die deutsche Kriegsindustrie zu arbeiten, eine bedeutende Rolle. In den letzten Stadien des Krieges, als die SS ein eigenes Zwangsarbeiterprogramm durchzuführen begann, wurde die Gestapo dazu verwandt, Arbeiter zu dem Zwecke zu verhaften, um eine hinreichende Belieferung der Konzentrationslager zu gewährleisten.
Die örtlichen Dienststellen der Sicherheitspolizei und des SD haben ebenfalls Kriegsverbrechen in Gestalt von Mißhandlungen und Ermordungen von Kriegsgefangenen begangen. Sowjet-Kriegsgefangene in Kriegsgefangenenlagern in Deutschland wurden von Einsatzkommandos unter Anleitung der örtlichen Gestapodienststellen überprüft. Kommissare, Juden, Mitglieder der Intelligenzschicht, »fanatische Kommunisten« und selbst solche, die man für unheilbar krank hielt, wurden als »untragbar« bezeichnet und vernichtet. Die örtlichen Dienststellen der Sicherheitspolizei und des SD waren an der Durchführung des »Kugel-Erlasses« beteiligt, der am 4. März 1944 in Kraft trat, und auf Grund dessen bestimmte Gruppen von Kriegsgefangenen, die wieder aufgegriffen worden waren, nicht mehr als Kriegsgefangene behandelt, sondern im geheimen nach Mauthausen geschafft und dort erschossen wurden. Mitglieder der Sicherheitspolizei und des SD waren mit der Durchführung des Erlasses über die Erschießung von Fallschirmjägern und Kommandos beauftragt.