(C) Mord und Mißhandlung von Kriegsgefangenen und anderen Angehörigen der Streitkräfte solcher Länder, mit denen Deutschland im Kriege stand, und von Personen auf hoher See.
Die Angeklagten ermordeten und mißhandelten Kriegsgefangene, indem sie ihnen angemessene Verpflegung, Behausung, Kleidung, ärztliche Versorgung und Betreuung versagten, indem sie sie zu Arbeit unter unmenschlichen Bedingungen zwangen, indem sie sie folterten, menschenunwürdigen Erniedrigungen aussetzten und töteten. Die deutsche Regierung und das deutsche Oberkommando sperrten Kriegsgefangene in verschiedenen Konzentrationslagern ein, wo sie getötet oder unmenschlicher Behandlung nach den verschiedenen in Abschnitt VIII (A) erläuterten Methoden ausgesetzt wurden. Angehörige von Streitkräften jener Länder, die mit Deutschland im Kriege standen, wurden häufig, während sie gerade dabei waren, sich zu ergeben, ermordet. Diese Morde und Mißhandlungen standen im Widerspruch zu den internationalen Konventionen, insbesondere zu Artikel 4, 5, 6 und 7 der Haager Bestimmungen von 1907 und zu Artikel 2, 3, 4 und 6 der Genfer Kriegsgefangenen- Konvention von 1929, zu den Gesetzen und Bräuchen des Krieges, zu den allgemeinen Grundsätzen des Strafrechts, wie sie sich aus den Strafgesetzen aller zivilisierter Nationen herleiten, zu den Strafgesetzen jener Länder, in denen solche Verbrechen begangen wurden und zu Artikel 6 (b) des Statuts.
Einzelheiten, die als Beispiele dienen sollen, ohne die Vorlage von Beweismaterial in anderen Fällen zu beeinträchtigen, sind folgende:
In den westlichen Ländern:
Französische Offiziere, die aus Oflag XC entflohen, wurden der Gestapo übergeben und verschwanden; andere wurden von ihren Bewachungsmannschaften ermordet, wieder andere in Konzentrationslager geschickt und umgebracht. Die Insassen von Stalag VI C wurden unter anderem nach Buchenwald verschickt.
Oftmals wurden an der Westfront gefangengenommene Soldaten gezwungen, nach ihren Lagern zu marschieren, bis sie zusammenbrachen. Einige von ihnen marschierten mehr als 600 Kilometer, fast ohne Verpflegung zu erhalten; ohne jede Verpflegung marschierten sie ununterbrochen 48 Stunden; eine Anzahl von ihnen starb an Erschöpfung oder Hunger; Zurückbleibende wurden systematisch ermordet.
Dieselben Verbrechen wurden 1943, 1944 und 1945 begangen, als die Insassen der Lager angesichts des alliierten Vormarsches zurückgezogen wurden, insbesondere während der Rückverlegung der Gefangenen aus Sagan am 8. Februar 1945.
Körperstrafen wurden über Unteroffiziere und Kadetten verhängt, die Arbeit verweigerten. Drei französische Unteroffiziere wurden am 24. Dezember 1942 aus diesem Grunde in Stalag IV A ermordet. Viele Mißhandlungen wurden ohne Begründung über andere Mannschaften verhängt, wie Stechen mit Bajonetten, Schlagen mit Gewehrkolben und Peitschen; in Stalag XX B wurden selbst Kranke wiederholt von Wachtposten geschlagen; in Stalag III B und Stalag III C wurden erschöpfte Gefangene ermordet oder schwer verletzt. Im Militärgefängnis von Graudenz z.B. und in Straflagern wie in Rawa-Ruska war die Nahrung so unzureichend, daß die Gefangenen mehr als 15 Kilogramm in wenigen Wochen abnahmen. Im Mai 1942 wurde nur 1 Laib Brot an jede Gruppe von 35 Leuten in Rawa-Ruska verteilt.
Es wurde angeordnet, französische Offiziere, die zu entfliehen versucht hatten, in Ketten nach dem Lager von Mauthausen zu überführen. Als sie im Lager ankamen, wurden sie durch Erschießung oder Gas ermordet. Ihre Leichen wurden im Krematorium verbrannt.
Amerikanische Gefangene, Offiziere und Mannschaften wurden in der Normandie während des Sommers 1944 und in den Ardennen im Dezember 1944 ermordet. Amerikanische Gefangene wurden in zahlreichen Stalags in Deutschland und in den besetzten Ländern ausgehungert, geschlagen und mißhandelt, besonders 1943, 1944 und 1945.