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[Das Gericht setzt die Verhandlung

für 10 Minuten aus.]

OBERST STOREY: Während der Pause sind die Verteidiger und die Anklagevertretung zu einer Vereinbarung gekommen, die, wie ich glaube, bestimmt, wie die Schriftsätze den Angeklagten zugehen sollen. Abschriften der Dokumente, die als Beweis vorgelegt werden, werden in deutscher Übersetzung im Büro der Verteidigung aufliegen. Wenn irgendeiner der deutschen Verteidiger seinem Klienten eine Photokopie zeigen will, kann er dies im Verteidigerraum tun. Die Schriftsätze, die wir dem Hohen Gericht zur Unterstützung geben, werden auch den Verteidigern, und zwar in englischer Sprache, zugestellt werden. Wenn irgendein Verteidiger Schwierigkeiten mit der Übersetzung hat, dann stehen ihm im Büro der Verteidigung deutschsprechende Offiziere, die behilflich sein werden, zur Verfügung.

Ich glaube, daß alle deutschen Verteidiger dem zugestimmt haben.

VORSITZENDER: Ich danke Ihnen. Major Wallis setzen Sie fort!

MAJOR WALLIS: Wenn ich bitten darf, vor der Pause habe ich mich auf das Gesetz vom 1. Dezember 1933 zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat bezogen.

Artikel 6 bestimmt: »Die öffentlichen Behörden haben im Rahmen ihrer Zuständigkeit den mit der Ausübung der Partei- und SA-Gerichtsbarkeit betrauten Dienststellen der Partei und SA Amts- und Rechtshilfe zu leisten.«

Artikel 8 bestimmt: »Der Reichskanzler erläßt als Führer der NSDAP und Oberster Befehlshaber der SA die notwendigen Vorschriften, die für die Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes erforderlich sind, insbesondere über Aufbau und Verfahren der Partei- und SA-Gerichtsbarkeit.«

Dadurch wurde die Nazi-Partei eine quasi regierungsfähige Organisation in Deutschland.

Die weitere Verschmelzung von Partei und Staat geschah anläßlich des Todes von Hindenburg. An Stelle der Abhaltung von Wahlen, um das Amt des Reichspräsidenten neu zu besetzen, wurde die Vereinigung von Präsident und Kanzler in der Person Hitlers durch ein Gesetz vom 1. August 1934 vollzogen und vom gesamten Reichskabinett unterzeichnet.

Eine der bezeichnendsten Folgen dieses Gesetzes war, daß Hitler das Oberkommando über die deutsche Wehrmacht erhielt, bisher stets eine Funktion des Reichspräsidenten, und jeder Soldat wurde sofort gezwungen, einen Treueid und unbedingten Gehorsam auf Hitler zu schwören. Am 4. Februar 1938 erließ Hitler ein Dekret, das teilweise lautete: »Die Befehlsgewalt über die gesamte Wehrmacht übe ich von jetzt an unmittelbar persönlich aus.« 1915-PS.

Durch einen weiteren Schritt in der Festigung ihrer politischen Kontrolle drückten die Nazi-Verschwörer die nationalen Wahlen zu bloßen Formalitäten herab und beraubten sie jeder Wahlfreiheit. Wahlen im wirklichen Sinne konnten unter dem Nazi-Regime überhaupt nicht abgehalten werden. Vor allem forderte der grundlegende Lehrsatz vom Führerprinzip, daß alle Untergeordneten von ihren Vorgesetzten in der Nazi-Hierarchie ernannt werden mußten. Obwohl bereits praktisch ausgeübt, wurde 1938 noch speziell durch Gesetz vorgesehen, daß nur eine einzige Liste dem Volk vorgelegt werden darf. Am Ende dieses Zeitabschnittes blieb sehr wenig von dem wesentlichen Inhalt des Wahlgesetzes übrig. Die Mehrzahl der wesentlichen Bestimmungen war hinfällig geworden.

Durch eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen verringerten die Nazi-Verschwörer die Macht der Länder- und Lokalverwaltungen und verwandelten sie in territoriale Unterabteilungen der Reichsregierung. Mit der Auflösung der Landesvertretungen und Wahlbehörden in den Ländern und Gemeinden hörten Länder- und Gemeindewahlen auf. Am 31. Januar 1934 wurden die letzten Überbleibsel der Selbständigkeit der Länder zerstört durch das Gesetz über den Neuaufbau des Reiches. Der Angeklagte Frick, zu dieser Zeit Innenminister, hat das Gesetz für den Wiederaufbau des Reiches wie folgt beschrieben:

»Das Neuaufbaugesetz beseitigte die Staatshoheitsrechte und die Staatsgewalt der Länder und machte das Reich zum alleinigen Hoheitsträger. Eine Staatsgewalt der Länder gibt es seit diesem Tage nicht mehr. Zwangsläufig folgte hieraus die Unterstellung der Länderregierungen unter die Reichsregierung und der Landesminister unter die Fachminister des Reichs. Am 30. Januar 1934 ist das Deutsche Reich zum Einheitsstaat geworden.«

Ein anderer Schritt, den die Nazi-Verschwörer zur Festigung ihrer Macht unternahmen, war die Säuberung der Staatsbeamten aus politischen oder rassischen Gründen und ihre Ersetzung durch Parteimitglieder und -Anhänger. Diese Reinigung wurde durch eine Reihe von Nazi-Gesetzen und Verordnungen bewerkstelligt. Das erste stammte vom 7. April 1933, betitelt: »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums«. Artikel 3 des Gesetzes wendete die Nazi-Blut- und Herrenrasse-Theorie an und sah vor, daß Beamte nichtarischer Abstammung ausscheiden mußten. Die politische Säuberung ist in Artikel 4 des Gesetzes festgelegt:

»Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten, können aus dem Dienst entlassen werden.«

Der Zweck dieses Gesetzes und der damit zusammenhängenden Verordnungen und Erlasse war, jede verantwortliche Stellung in der Verwaltung mit einem Nazi zu besetzen und die Ernennung eines jeden Anwärters zu verhindern, der dem Nazi-Programm und der Nazi-Politik feindlich gegenüberstand oder dessen verdächtig war.

Sogar das Gerichtswesen konnte der Säuberungsaktion der Nazi-Verschwörer nicht entgehen. Alle Richter, die den rassischen und politischen Anforderungen der Verschwörer nicht entsprachen, wurden rasch entfernt. Weiter gründeten die Nazis ein neues System von Sondergerichtshöfen, die von der ordentlichen Gerichtsbarkeit unabhängig und dem Nazi-Programm direkt untergeordnet waren. Die Nazis kontrollierten überdies alle Richter durch besondere Anweisungen und Befehle der Zentralregierung, und es war ihr Ziel, wie es von Gerland, einem der führenden Nazi-Juristen dieser Epoche, ausgedrückt wurde, dem Wort »Terrorisierung« im Vokabular des Strafrechts wieder Achtung zu verschaffen.

Als die Kontrolle verankert war, vergrößerten die Verschwörer die in großem Umfange bestehenden Staats- und Parteiorganisationen und gründeten ein ausgedehntes Netzwerk von neuen Formationen und Ämtern.

Die Partei verbreitete sich wie ein Tausendfüßler durch ganz Deutschland. Dieser Wachstumsprozeß wurde Ende 1937 in einer offiziellen Erklärung der Parteikanzlei zusammengefaßt, wie folgt:

»Um das deutsche Volk auf allen Lebensgebieten betreuen zu können, hat die NSDAP nach der Machtübernahme ihrer Führung unterstehende neue Organisationen, die angeschlossenen Verbände der Partei, geschaffen.«

An dieser Stelle möchte ich gerne dem Gericht das Dokumentenbuch überreichen, das die Gesetze und Bestimmungen enthält, auf die ich mich bei diesem Teil meines Vortrags bezogen habe, und zwar zusammen mit den Schriftsätzen, die diesen Teil enthalten.