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[Pause von 10 Minuten.]

OBERST STOREY: Hoher Gerichtshof! Als nächstes Thema wird nun Herr Dodd die wirtschaftliche Vorbereitung für den Angriffskrieg vortragen.

MR. THOMAS J. DODD, ANKLÄGER FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN: Hoher Gerichtshof! Herr Vorsitzender und Mitglieder des Gerichtshofs! In Anbetracht der Diskussionen, die hier vor der Pause stattgefunden haben, halte ich es für angemessen, dem Gerichtshof mitzuteilen, daß die Dokumente, auf die ich mich beziehen werde, beziehungsweise eine Liste dieser Dokumente, heute morgen in dem Verteidigerraum hinterlegt wurden, ebenso wie Photokopien der Originale. Es ist meine Aufgabe, im Namen des Hauptanklagevertreters der Vereinigten Staaten von Amerika, Beweis zu erbringen für die Beschuldigungen der Anklageschrift in Abschnitt IV (E) auf Seite 6 der englischen Ausgabe der Anklageschrift und im besonderen vom zweiten Abschnitt von (E) an, der den Titel führt: »Die Erlangung totalitärer Kontrolle der Wirtschaft in Deutschland und die Planung und Mobilmachung der Wirtschaft für einen Angriffskrieg.«

Der zweite Abschnitt:

»2. Sie bedienten sich deutscher Geschäftsorganisationen als Mittel zur wirtschaftlichen Mobilisierung des Krieges.

3. Sie richteten die deutsche Wirtschaft auf die Vorbereitung und Ausrüstung der Militärmaschine aus. Zu diesen Zielen lenkten sie Finanz, Kapitalanlage und Außenhandel.

4. Die Nazi-Verschwörer, und unter ihnen besonders die Industriellen, wandten sich einem riesigen Wiederaufrüstungsprogramm zu und gingen daran, gewaltige Mengen von Kriegsmaterial zu entwickeln und herzustellen und ein mächtiges Kriegspotential zu schaffen.«

Der fünfte Abschnitt derselben Überschrift (E), welcher der letzte ist, der von mir heute morgen zu behandeln ist, lautet:

»Zur Durchführung der Kriegsvorbereitungen richteten die Nazi-Verschwörer eine Reihe von Verwaltungsstellen und -behörden ein. So schufen sie zu diesem Zwecke im Jahre 1936 das Amt zur Durchführung des Vierjahresplans mit dem Angeklagten Göring als Beauftragtem, dem eine allumfassende Kontrollgewalt über die deutsche Wirtschaft eingeräumt wurde. Ferner ernannten sie am 28. August 1939, unmittelbar vor ihrem Angriff auf Polen, den Angeklagten Funk zum Generalbevollmächtigten für die Wirtschaft, und am 30. August 1939 setzten sie den Ministerrat für die Reichsverteidigung als Kriegskabinett ein.«

Ich will die Zeit des Gerichtshofs nicht damit verschwenden, dasjenige zu beweisen, was die Welt längst weiß: daß die Nazi-Verschwörer Deutschland in großem Stile wieder aufrüsteten. Ich möchte als Beweismaterial die geheimen Aufzeichnungen über die Pläne und Beratungen des inneren Rates der Nazis vorlegen, die beweisen, daß die Neugestaltung der deutschen Regierung, die finanziellen Zauberkünste des Angeklagten Schacht und die Totalmobilisierung der deutschen Wirtschaft, hauptsächlich unter den Angeklagten Schacht, Göring und Funk nur auf ein einziges Ziel gerichtet waren: den Angriffskrieg.

Hier möchte ich dem Gerichtshof das sogenannte Dokumentenbuch überreichen, das die englische Übersetzung des deutschen Originaldokumentes enthält. Ich biete diese Dokumente jetzt noch nicht als Beweis an, sondern zeige sie nur dem Gerichtshof, um es ihm leichter zu machen, der Besprechung der Dokumente zu folgen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch sagen, daß ich etwas später, nachdem ich meinen Vortrag heute morgen beendet habe, einen Schriftsatz zur Unterstützung des Gerichtshofs vorlegen werde.

Die Bedeutung der wirtschaftlichen Maßnahmen, die von den Verschwörern angenommen und angewandt wurden, können nur richtig eingeschätzt werden, wenn sie im größeren sozialen und politischen Zusammenhang Nazi-Deutschlands betrachtet werden. Die Wirtschaftsmaßnahmen wurden zu einem Zeitpunkt ergriffen, als die Verschwörer, wie bereits gezeigt wurde, ihren mächtigen Propagandaapparat auf die Verherrlichung des Krieges einstellten. Sie wurden ergriffen, als die Verschwörer unter dem Vorwand »Leibesübungen« militärische Ausbildung einführten; sie wurden ergriffen, als, wie meine Kollegen zeigen werden, diese Verschwörer drohten, Gewalt zu gebrauchen und Gewaltanwendung planten, um ihre territorialen und politischen Ziele zu erreichen. Kurz gesagt, Hoher Gerichtshof, auf dem Gebiet der Wirtschaft und Regierungsverwaltung stellten diese Maßnahmen dieselben Vorbereitungen für den Angriffskrieg dar, wie sie den Nazi-Staat in jeder Hinsicht beherrschten.

In den Jahren 1939 und 1940, nach den Nazi-Angriffen auf Polen, Holland, Belgien und Frankreich, wurde es der Welt vollständig klar, daß die Nazi-Verschwörer wahrscheinlich das größte Angriffswerkzeug der Geschichte geschaffen hatten. Diese Maschine war in einem Zeitabschnitt von weniger als einem Jahrzehnt fast Vollständig aufgebaut worden. Im Mai 1939 hat Generalmajor Georg Thomas, der frühere Chef des wehrwirtschaftlichen Stabes im Reichskriegsministerium, berichtet, daß die deutsche Wehrmacht wie folgt gewachsen war: Von 7 Infanterie-Divisionen im Jahre 1933 auf 39 Infanterie-Divisionen, darunter, 4 vollmotorisierte und 3 Gebirgs-Divisionen, 18 Generalkommandos, 5 Panzer-Divisionen, 22 Maschinengewehr-Bataillone. Außerdem stellte General Thomas fest, daß sich die deutsche Flotte stark ausgedehnt hätte, da nebst anderen Schiffen zwei 35000 Tonnen große Schlachtschiffe, 4 schwere 10000 Tonnen-Kreuzer und andere Kriegsschiffe vom Stapel gelaufen waren; weiterhin, daß die Luftwaffe auf eine Stärke von 260000 Mann, 21 Luftgeschwader, bestehend aus 240 Staffeln und 33 Flak-Batterien, angewachsen war.

Ferner berichtete er, daß aus den wenigen Fabriken, die durch den Versailler Vertrag genehmigt waren – und ich zitiere aus Dokument EC-28, einem von General Thomas am 24. Mai 1939 im Nazi-Auswärtigen Amt gehaltenen Vortrag, in dem er teilweise sagte oder besser berichtete, daß aus den wenigen Fabriken, die durch den Versailler Vertrag genehmigt waren,

»die mächtigste Rüstungsindustrie entstanden war, die zur Zeit in der Welt besteht. Sie ist zu Leistungen herangewachsen, die teilweise die deutschen Kriegsleistungen erreichen, teilweise sogar übertreffen. Die Rohstahlproduktion Deutschlands ist heute nächst Amerika die größte der Welt, die Aluminiumerzeugung übertrifft die Amerikas und der anderen Staaten der Welt ganz erheblich. Die Fertigungsleistungen unserer Gewehr-, Maschinengewehr- und Geschützfabriken sind zur Zeit größer als die jedes anderen Staates.«

Die angeführte Stelle ist, ich wiederhole, einem Dokument entnommen, das die Nummer EC-28 trägt. Es ist US-760.

Diese Ergebnisse, von denen General Thomas in seinem Vortrag vom Mai 1939 sprach, wurden nur dadurch erzielt, daß man die Vorbereitung zum Krieg zum Hauptziel der deutschen Wirtschaft machte. Um General Thomas weiter zu zitieren:

»Die Geschichte kennt nur wenige Fälle, in denen ein Land in Friedenszeiten all seine wirtschaftlichen Kräfte bewußt und systematisch auf die Kriegserfordernisse abgestellt hat, wie es Deutschland in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen gezwungenermaßen tat.«

Diese Worte von General Thomas können Sie in Dokument 2353-PS finden; es handelt sich um eine Stelle aus einem anderen Schriftstück von General Thomas.

Sofort nach der Machtergreifung der Nazi-Verschwörer begann ihre Aufgabe, die deutsche Wirtschaft für den Angriffskrieg zu mobilisieren. In erster Linie waren die Angeklagten Schacht, Göring und Funk damit betraut.

Der Angeklagte Schacht wurde, wie wohl bekannt, im März 1933 zum Präsidenten der Reichsbank ernannt und im August 1934 zum Wirtschaftsminister. Die Welt wußte jedoch nicht, daß die Verantwortung für die Durchführung dieses Programms dem Amt für den Vier jahresplan unter dem Angeklagten Göring übertragen war.

Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs nun auf das Dokument EC-408 lenken und, während ich diesen Gegenstand behandle, auf ein zweites Dokument, auf 2261-PS, verweisen.

Ich fahre fort: Ebensowenig war es der Welt bekannt, daß der Angeklagte Schacht am 21. Mai 1935 zum Generalbevollmächtigten für die Kriegswirtschaft ernannt wurde mit vollständiger Kontrolle über die deutsche Privatwirtschaft im Hinblick auf die Kriegsproduktion. Dies war innerhalb des Reichsverteidigungsrates, der einem streng geheimen Befehl Hitlers zufolge gebildet wurde.

Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs noch einmal auf das Dokument 2261-PS richten. Der Angeklagte Schacht erkannte klar, daß die Vorbereitung für den Krieg allem anderen vorauszugehen hatte, denn in einem Bericht über die Frage der Finanzierung der Aufrüstung vom 3. Mai 1935 sagte er, daß seine Bemerkungen die Annahme zur Grundlage hätten, daß die Durchführung des Aufrüstungsprogramms...

VORSITZENDER: Verzeihen Sie, Sie haben uns auf Dokument 2261 verwiesen.

MR. DODD: Jawohl.

VORSITZENDER: Aber Sie haben ja gar nichts daraus vorgelesen.

MR. DODD: Nein, ich habe den Gerichtshof nur darauf verwiesen, da eine...

VORSITZENDER: Es wäre zweckmäßig, glaube ich, wenn Sie bei Bezugnahme auf ein Dokument auch auf die betreffende Stelle im Dokument verweisen.

MR. DODD: Sehr gut.

VORSITZENDER: Ich glaube, daß es der mittlere Absatz im Dokument sein muß: »Der Führer... hat den Präsidenten des Reichsbankdirektoriums Dr. Schacht...«

MR. DODD: Ja, das ist der Absatz, auf den ich mich beziehen möchte. Hoher Gerichtshof! Ich beziehe mich auf den zweiten oder mittleren Absatz, der in einem Brief, datiert: Berlin, 24. Juni 1935, sagt:

»Der Führer und Reichskanzler hat den Präsidenten des Reichsbankdirektoriums, Dr. Schacht, zum Generalbevollmächtigten für die Kriegswirtschaft ernannt.«

Außer dem zweiten Absatz möchte ich auf den letzten Absatz, beziehungsweise den letzten Satz hinweisen, der lautet: »Auf die Notwendigkeit strenger Geheimhaltung wird hingewiesen.« Der Brief ist unterzeichnet: »von Blomberg«.

Durch Schachts finanzielles Genie wurden finanzielle Maßnahmen ausgedacht, die dazu bestimmt waren, die deutsche Industrie wieder auf volle Produktion zu bringen. Durch die Kontrolle von Ein- und Ausfuhr, die er in seinem Plan vom Jahre 1934 erfand, wurde die deutsche Produktion nach den Erfordernissen der deutschen Kriegsmaschine geleitet.

Mit Genehmigung des Gerichtshofs möchte ich später die Einzelheiten der dokumentarischen Beweise für diese Behauptung besprechen. Im Hinblick auf die Erfahrungen im ersten Weltkriege begannen die Nazi- Verschwörer im Jahre 1936 an einem ehrgeizigen Plan zu arbeiten, der Deutschland innerhalb von 4 Jahren völlig autark in bezug auf strategische Kriegsmaterialien, wie Gummi, Benzin und Stahl machen sollte, um für einen Angriffskrieg voll gerüstet zu sein. Die Verantwortung für die Durchführung dieses Programmes war dem Amt für den Vierjahresplan unter dem Angeklagten Göring übertragen. Ich möchte hierzu auf Dokument EC-408 verweisen. Es trägt das Datum 30. Dezember 1936 und den Vermerk »Geheime Kommandosache« und führt den Titel: »Vortragsnotiz über Vierjahresplan und Vorbereitung zur Kriegswirtschaft«. Dieses Dokument führt aus, daß der Führer und Reichskanzler Vollmachten zu Rüstungsvorbereitungen auf dem Wirtschaftsgebiet erteilt hat, welche näherer Erläuterung bedürfen. Im dritten Absatz verweist es ausdrücklich auf den Ministerpräsidenten, Generaloberst Göring, als Beauftragten für den Vierjahresplan auf Grund der Vollmacht des Führers vom 18. Oktober 1936. Die Durchführung dieses Programms enthält die Umorganisierung und Kontrolle der gesamten deutschen Kriegswirtschaft.

Zurückkommend auf Generalmajor Thomas und besonders auf unser Dokument EC-27, sagte er in einem am 28. Februar 1939 vor dem Dozentenlehrgang des Lehrstabes gehaltenen Vortrag:

»Der nationalsozialistische Staat hat bald nach Übernahme der Macht die völlige Neuorganisation auf allen Gebieten der deutschen Wirtschaft vorgenommen und hat diese Organisation von Anfang an auf die wehrhafte Linie eingestellt, die die Wehrmacht schon seit Jahren gefordert hatte. Durch diese Umorganisation sind Landwirtschaft, gewerbliche Wirtschaft, Handel und Handwerk erst zu dem schlagkräftigen Instrument geworden, das der Führer zur Durchführung seiner großen Pläne brauchte; und wir können heute wohl sagen, daß die bewegliche Politik des Führers und der machtvolle Krafteinsatz von Wehrmacht und Wirtschaft nicht möglich gewesen wäre, wenn nicht vorher die entsprechende Umorganisation durch die nationalsozialistische Staatsführung stattgefunden hätte. Wir können also feststellen, daß die Organisation der Wirtschaft im großen heute den Anforderungen der Landesverteidigung entspricht, wenn auch kleine Schönheitsfehler noch auszubessern sind. Diese Neuorganisation hat gestattet, in der deutschen Wirtschaft eine neue Wirtschaftsführung durchzusetzen, die mit unserer innen- und außenpolitischen Lage und mit unseren finanziellen Verhältnissen zur Notwendigkeit geworden ist. Die gelenkte Wirtschaft, wie wir sie heute in der Landwirtschaft, Industrie und Handel haben, ist nicht nur der Ausdruck der Auffassung des heutigen Staates, sondern auch die Wirtschaftsform der Landesverteidigung.«

Hoher Gerichtshof! Dieses Programm wurde nicht nur ins Leere entworfen, sondern wurde nach reiflicher Überlegung geplant und durchgeführt, um die notwendigen Werkzeuge für den Angriffskrieg, wie ihn die Nazi-Verschwörer geplant hatten, zu beschaffen.

Im September 1934 gab der Angeklagte Schacht dem Amerikanischen Botschafter in Berlin gegenüber offen zu, daß die Hitler-Partei sich absolut auf Krieg festgelegt hätte, und daß auch das Volk willig und bereit dazu sei. Diese Worte finden sich im Tagebuch des Botschafters Dodd (2832-PS, US-58), und zwar auf Seite 176 des Tagebuchs.

Zu gleicher Zeit gab der Angeklagte Schacht seinen neuen Plan zur Kontrolle von Ein- und Ausfuhr im Interesse der Wiederaufrüstung bekannt. Ein Jahr später wurde er mit dem vor einigen Minuten erwähnten geheimen Erlaß zum Generalbevollmächtigten für die Kriegswirtschaft ernannt.

Im September 1936 gab der Angeklagte Göring in einer Sitzung, der Schacht und einige andere beiwohnten, bekannt, daß Hitler dem Reichskriegsminister Instruktionen dahingehend gegeben habe, daß ein Zusammenstoß mit den Russen unvermeidlich sei, und daß »alle Maßnahmen so zu erfolgen haben, als ob wir im Stadium der unmittelbaren Kriegsgefahr stünden.« Ich verweise den Gerichtshof auf Dokument EC-416 und insbesondere auf... Bevor ich die zitierte Stelle bespreche, möchte ich erwähnen, daß dieses Dokument ebenfalls als geheime Reichssache in dem Protokoll der Kabinettsitzung vom 4. September 1936, 12 Uhr mittags, bezeichnet ist. Das Dokument erwähnt als Anwesende: Den Angeklagten Göring, von Blomberg, den Angeklagten Schacht und noch andere.

Auf der 2. Seite des Dokuments, zweiter Absatz, findet man die Worte des Angeklagten Göring, die von dem Grundgedanken ausgehen, daß: »die Auseinandersetzung mit Rußland unvermeidbar ist. Was die Bussen im Aufbau geleistet haben, können wir auch leisten.«

Auf Seite 3 der Urkunde, im zweiten Absatz, erklärt der Angeklagte Göring: »Alle Maßnahmen haben so zu erfolgen, als ob wir uns im Stadium der drohenden Kriegsgefahr befänden.«

Im selben Monat wurde das Amt für den Vierjahresplan geschaffen, das die Aufgabe hatte, Deutschland in 4 Jahren autark für den Krieg zu machen.

Ich beziehe mich hier nochmals auf das Dokument EC-408 und insbesondere auf den dritten Absatz, wo mit Bezug auf die Kriegswirtschaft erklärt ist: »Ministerpräsident Generaloberst Göring betrachtet es als seine Aufgabe, in vier Jahren die ganze Wirtschaft kriegsbereit zu stellen.«

Die Mitglieder der Nazi-Regierung waren die Führer von Deutschlands Vorbereitung zum Krieg; sie fanden aber in den Industriellen eifrige Mitarbeiter. Der Anteil der Industriellen an Deutschlands Umstellung auf Kriegswirtschaft ist sehr bedeutend, und ich möchte kurz die Perspektive der Wirtschaft illustrieren. –

Auf Einladung des Angeklagten Göring kamen ungefähr 25 der führenden Industriellen Deutschlands sowie der Angeklagte Schacht am 20. Februar 1933 zu einer Sitzung in Berlin zusammen. Dies war kurz vor den deutschen Wahlen am 5. März 1933. In dieser Sitzung verkündete Hitler die Absicht der Verschwörer, die totalitäre Kontrolle über Deutschland an sich zu reißen, das parlamentarische System zu zerstören, jede Opposition mit Gewalt zu unterdrücken und die Stärke der Wehrmacht wieder herzustellen.

Unter den an jenem Februartag des Jahres 1933 in Berlin Anwesenden waren Gustav Krupp, der Chef der riesigen Munitionsfabrik Friedrich Krupp AG., vier leitende Beamte der I. G. Farben-Werke, eines der größten chemischen Unternehmen der Welt, ich wiederhole, der Angeklagte Schacht war ebenfalls anwesend. Albert Voegler, der Chef riesiger Stahltrusts, der Vereinigten Deutschen Stahlwerke AG., war ebenfalls zugegen und andere führende Industrielle.

Als Beweis, daß jene Sitzung zur erwähnten Zeit und am erwähnten Ort stattfand, verweise ich den Hohen Gerichtshof auf Dokument EC-439. Es ist eine eidesstattliche Erklärung von Georg von Schnitzler, welche wie folgt lautet:

»Ich, Georg von Schnitzler, Vorstandsmitglied der I. G. Farben, gebe die folgende eidesstattliche Erklärung ab:

Ende Februar 1933 erhielten vier Mitglieder des Vorstandes der I. G. Farben, einschließlich des Dr. Bosch, Vorsitzender des Vorstandes, und ich selbst die Einladung vom Reichstagspräsidenten, einer Sitzung in seinem Hause beizuwohnen. Der Zweck der Sitzung war nicht angegeben. Ich kann mich auf die Namen der anderen beiden Kollegen, die auch eingeladen waren, nicht entsinnen. Ich glaube, die Einladung wurde mir während einer Reise in Berlin überreicht. An der Sitzung nahmen ungefähr 20 Personen teil. Ich glaube, die meisten von ihnen waren führende Industrielle aus dem Ruhrgebiet. Unter den Anwesenden waren nach meiner Erinnerung: Dr. Schacht, der damals noch nicht Chef der Reichsbank und noch nicht Wirtschaftsminister war; Krupp von Bohlen, der anfangs 1933 Präsident des Reichsverbandes der Deutschen Industrie war; er wurde später in eine halbamtliche Organisation ›Reichsgruppe Industrie‹ umgewandelt; Dr. Albert Voegler, der führende Mann der Vereinigten Stahlwerke; von Loewenfeld von einem Industriewerk in Essen; Dr. Stein, der Führer der Gewerkschaft Auguste Viktoria, eines Bergwerks, das der I. G. Farben gehört. Dr. Stein war ein aktives Mitglied der Deutschen Volkspartei.

Ich erinnere mich, daß Schacht als eine Art Gastgeber auftrat. Während ich erwartet hatte, daß Göring kommen würde, kam Hitler herein, schüttelte jedem die Hand und setzte sich an dem Tisch nieder. In einer langen Rede sprach er hauptsächlich über die Gefahr des Kommunismus, über den er angeblich gerade einen entscheidenden Sieg errungen hätte. Er sprach dann über das Bündnis, das die Partei und die Deutschnationale Volkspartei abgeschlossen hatten. Die Deutschnationale Volkspartei war inzwischen reorganisiert worden durch Herrn von Papen.

Zum Schluß kam er auf den Punkt, der meiner Ansicht nach der ganze Zweck der Besprechung war. Er betonte die Notwendigkeit, daß die beiden erwähnten Parteien die Majorität in der kommenden Reichstagswahl erreichen müßten. Krupp von Bohlen dankte Hitler für die Rede. Danach verließ Hitler das Zimmer. Dr. Schacht schlug vor, einen Wahlfonds, wie ich mich erinnere, von ungefähr drei Millionen Reichsmark zu schaffen, der zwischen den beiden Verbündeten nach ihrer relativen Stärke, die sie zur Zeit hatten, verteilt werden sollte. Dr. Stein schlug vor, daß die Deutsche Volkspartei eingeschlossen werden solle.«

VORSITZENDER: Herr Dodd, es scheint mir, daß dieses Dokument nur zeigt, daß eine Sitzung stattgefunden hat, an der Herr Schacht teilgenommen hat und bei der entschieden wurde, im Jahre 1933 einen Wahlfonds zu gründen.

MR. DODD: Das ist richtig. Hoher Gerichtshof! Ich werde nicht das Ganze verlesen. Im letzten Absatz sind noch weitere Hinweise über die Aufteilung des Wahlfonds enthalten, die jedoch nicht besonders wichtig sind, und die. ich nur nebenbei erwähne. Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs jetzt auf Dokument D-203 lenken, das drei Seiten umfaßt.

VORSITZENDER: Ja.

MR. DODD: Ich will nur kurze Auszüge daraus vorlesen. Es ist eine Rede Hitlers an die Industriellen, und ich verweise besonders auf den zweiten Absatz dieser Urkunde:

»Privatwirtschaft im Zeitalter der Demokratie ist nicht aufrechtzuerhalten...«

VORSITZENDER: Was für ein Datum?

MR. DODD: Die Rede wurde am 20. Februar 1933 in Berlin gehalten:

VORSITZENDER: Ja.

MR. DODD: »Privatwirtschaft im Zeitalter der Demokratie ist nicht aufrechtzuerhalten; sie ist nur denkbar, wenn das Volk eine tragende Idee von Autorität und Persönlichkeit besitzt.«

Ich verweise jetzt auf Seite 2 des Dokuments und möchte gerne einen Auszug des ersten Absatzes, Seite 2, vorlesen, ungefähr 13 Zeilen weiter unten, beginnend mit den Worten:

»Schon im Lazarett wurde es mir klar, daß man nach neuen Ideen zu einem Wiederaufbau suchen müsse. Ich fand sie im Völkischen, im Wert... , in der Kraft und Macht der Einzelpersönlichkeit.«

Und etwas weiter unten, im vorletzten Satz, sagte Hitler:

»Lehnt man den Pazifismus ab, muß man sofort eine andere Idee an seine Stelle rücken. Alles, was verdrängt werden soll, muß abgelöst werden durch etwas Besseres.«

Dann, im dritten Absatz, beginnt der letzte Satz:

»Wir dürfen nicht vergessen, daß alle Güter der Kultur mehr oder weniger mit harter Faust eingeführt werden mußten, ebenso wie seinerzeit die Bauern zum Anbau von Kartoffeln gezwungen wurden.«

Dann schließlich im vierten Absatz der gleichen Seite, beinahe am Schluß:

»Mit eben dem Mut, mit dem wir an die Arbeit gehen, das wieder gutzumachen, was man in den vergangenen 14 Jahren gesündigt hat, haben wir allen Versuchen, uns vom rechten Weg abzubringen, widerstanden.«

Dann oben auf der nächsten Seite, im zweiten Absatz, folgende Worte:

»Wir stehen jetzt vor der letzten Wahl. Sie mag ausfallen, wie sie will, einen Rückfall gibt es nicht mehr, auch wenn die kommende Wahl keine Entscheidung bringt.«

VORSITZENDER: Warum lasen Sie nicht die letzte Zeile auf Seite 2?

MR. DODD: Anfangend mit den Worten: »Während man noch damit beschäftigt ist, Macht zu gewinnen«?

VORSITZENDER: Den Satz vorher:

»Wir müssen erst die ganzen Machtmittel in die Hand bekommen, wenn wir die andere Seite ganz zu Boden werfen wollen. Solange man an Kraft zunimmt, soll man den Kampf gegen den Gegner nicht aufnehmen. Erst, wenn man weiß, daß man am Höhepunkt der Macht angelangt ist, daß es keine weitere Aufwärtsentwicklung gibt, soll man losschlagen.«

MR. DODD: Wenn der Hohe Gerichtshof gestattet, ich wollte die verlesene Zeile später bringen, aber sie kann auch hier eingefügt werden.

Bevor ich mit der Verlesung des letzten Absatzes beginne, möchte ich darauf hinweisen, daß meines Erachtens der übliche Zeitpunkt für eine Pause bereits überschritten ist; und es ist ein ziemlich langer Abschnitt...

VORSITZENDER: Ja, wir wollen uns bis 2 Uhr vertagen.