[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]
Nachmittagssitzung.
MR. ALDERMAN: Hoher Gerichtshof! Eine Stunde nach der Unterhaltung zwischen Göring und Seyß-Inquart, über die ich heute früh sprach, rief der Angeklagte Göring Dombrovsky telephonisch in der Deutschen Gesandtschaft in Wien an. Ich beziehe mich auf die telephonische Unterhaltung auf Seite 2 des mit C bezeichneten Teiles des Dokuments 2949-PS. In diesem Gespräch gab Göring vor allem der Dringlichkeit einer Legalisierung der Nazi-Partei und ihrer Gliederungen Ausdruck. Ich zitiere nun von Seite 2 der Niederschrift:
»Göring: Ja, weiter! Die Partei ist klar erlaubt?
Dombrovsky: Aber das ist doch – da ist keine Diskussion nötig darüber!
Göring: Mit allen ihren Verbindungen?
Dombrovsky: Mit allen ihren Verbänden hier im Inland!
Göring: In Uniformen?
Dombrovsky: In Uniformen.
Göring: Gut.
Dombrovsky macht darauf aufmerksam, daß die SA und die SS bereits seit einer halben Stunde Dienst mache, das gehe also alles in Ordnung.«
Außerdem erklärt Göring, das Kabinett, das österreichische Kabinett, müsse bis 7.30 Uhr gebildet sein, und gibt Instruktionen für Seyß-Inquart darüber, wer in das Kabinett aufgenommen werden solle. Ich zitiere von Seite 3 des englischen Textes der Niederschrift:
»Göring: Und dann soll er um 7.30 Uhr auch mit dem Führer sprechen. Und das Kabinett, da bringt der Keppler die Namen. Ich habe dann noch vergessen, Fischböck muß also Handel und Wirtschaft bekommen.
Dombrovsky: Selbstverständlich, das ist doch ganz klar.
Göring: Kaltenbrunner soll das Sicherheitswesen bekommen und Bähr soll die Wehrmacht bekommen. Das Bundesheer soll Seyß-Inquart selbst nehmen, zunächst. Dann, Justiz ist klar, wissen Sie wen?
Dombrovsky: Ja, ja.
Göring: Nennen Sie den Namen.
Dombrovsky: Ja, Ihr Schwager, nicht?«
(Das ist Hüber, der Schwager des Angeklagten Göring.)
»Göring: Ja.
Dombrovsky: Ja.
Göring: Ja, und dann Fischböck auch, nicht wahr?«
Ungefähr 20 Minuten später, um 5.26 Uhr nachmittags, hörte Göring die Nachricht, daß Miklas, der Präsident, sich weigerte, Seyß-Inquart zum Kanzler zu ernennen und er gab Befehle über das an Miklas zu überreichende Ultimatum. Ich zitiere von der telephonischen Unterhaltung zwischen Göring und Seyß-Inquart in Teil E der Akten, der Teil R und Seite 1 und 2 des Teiles E:
»Göring: Also bitte folgendes: Sie möchten sich sofort zusammen mit dem Generalleutnant Muff zum Bundespräsidenten begeben und ihm sagen, wenn nicht unverzüglich die Forderungen, wie benannt, Sie kennen sie, angenommen werden, dann erfolgt heute Nacht der Einmarsch der bereits an der Grenze aufmarschierten und anrollenden Truppen auf der ganzen Linie und die Existenz Österreichs ist vorbei! Der Generalleutnant Muff möchte sich mit Ihnen hinbegeben und verlangen, sofort vorgelassen zu werden und das ausrichten. Bitte geben Sie uns unverzüglich Nachricht, auf welchem Standpunkt Miklas bleibt. Sagen Sie ihm, es gibt keinen Spaß jetzt. Es ist gerade vorhin durch diese falsche Darstellung im Moment angehalten worden. Aber jetzt ist die Sache so, daß dann heute Nacht der Einmarsch an allen Stellen Österreichs beginnt. Der Einmarsch wird nur dann aufgehalten und die Truppen bleiben an der Grenze stehen, wenn wir bis 7.30 Uhr die Meldung haben, daß der Miklas die Bundeskanzlerschaft Ihnen übertragen hat.«
Es folgt dann ein kurzer, gestörter Satz:
»Göring:...Gleichgültig, welche das auch sei, auf sofortige Wiederherstellung der Partei mit allen ihren Organisationen...«
Wieder eine Störung.
»Göring:... und lassen Sie dann im ganzen Lande jetzt die Nationalsozialisten hochgehen. Sie dürfen überall jetzt auf die Straßen gehen. Also, bis 7.30 Uhr Meldung. Der Generalleutnant Muff soll mit hingehen. Ich werde sofort Muff dieselbe Weisung geben. Wenn der Miklas das nicht in vier Stunden kapiert, muß er jetzt eben in vier Minuten kapieren.«
Eine Stunde später, um 6.20 Uhr nachmittags, hatte Göring ein oft unterbrochenes Telephongespräch mit Keppler, Muff und Seyß-Inquart. Als er Keppler sagte, daß Miklas sich geweigert hätte, Seyß-Inquart zu ernennen, sagte Göring – Ich lese von Teil H, ungefähr im zweiten Drittel der Seite:
»Göring: Dann soll ihn der Seyß-Inquart absetzen! Gehen Sie nochmal 'rauf und sagen Sie ihm ganz glatt, der S. I.« – Seyß-Inquart – »sollte die nationalsozialistische Wache ausrufen, und die Truppen bekommen jetzt in fünf Minuten von mir den Befehl zum Einmarsch.«
Nach einer Unterbrechung kam Seyß-Inquart an das Telephon und erklärte dem Angeklagten Göring, daß Miklas noch immer auf seinem alten Standpunkt beharre, obwohl ein anderer hineingegangen sei, um mit ihm zu sprechen, und es wäre möglich, daß man in zehn Minuten etwas Bestimmtes hören würde. Die Unterhaltung ging dann folgendermaßen weiter. Ich zitiere Seite 2 des Teiles H in der Mitte der Seite:
»Göring: Passen Sie auf. Dann will ich diese paar Minuten noch warten, bis er 'rauskommt. Dann teilen Sie mir bitte mit Blitzgespräch mit, unter Reichskanzlei, wie bisher. Aber es muß wirklich schnell gehen. Ich kann es kaum verantworten, darf eigentlich gar nicht. Wenn das nichts ist, dann müssen Sie eben die Gewalt übernehmen, nicht wahr?
Seyß-Inquart: Ja, wenn er droht?
Göring: Ja.
Seyß-Inquart: Ja, ja, dann werden wir schon antreten, nicht?
Göring: Rufen Sie mich unter Blitzgespräch an!«
Göring und Seyß-Inquart hatten sich, mit anderen Worten, auf den Plan geeinigt, wie Seyß-Inquart die Macht übernehmen sollte, falls Miklas hartnäckig blieb. Der Plan, der bereits diskutiert worden war, beinhaltete sowohl die Anwendung der nationalsozialistischen Kräfte in Österreich als auch der deutschen Truppen, welche die Grenze überschritten hatten.
Später, am selben Abend, fand nochmals ein Gespräch zwischen Göring und Seyß-Inquart um ungefähr 11 Uhr statt. Das war, nachdem das Ultimatum abgelaufen war. Seyß-Inquart erklärte Göring, daß Miklas sich immer noch weigere, Seyß-Inquart zum Kanzler zu ernennen:
»Göring: Also gut, ich gebe den Befehl zum Einmarsch und dann sehen Sie zu, daß Sie sich in den Besitz der Macht setzen. Machen Sie die führenden Leute auf Folgendes aufmerksam, was ich Ihnen jetzt sage. Jeder, der Widerstand leistet oder Widerstand organisiert, verfällt augenblicklich unseren Standgerichten, den Standgerichten der einmarschierenden Truppen. Ist das klar?
Seyß-Inquart: Ja.
Göring: Einschließlich führender Persönlichkeiten, ganz gleichgültig.
Seyß-Inquart: Ja, die haben Ja Befehl gegeben, keinen Widerstand zu leisten.
Göring: Ja, ganz egal. Auch der Bundespräsident hat Sie nicht beauftragt, und das ist auch Widerstand.
Seyß-Inquart: Na ja.
Göring: Gut, also Sie haben dafür den offiziellen Auftrag.
Seyß-Inquart: Ja.
Göring: Also alles Gute, Heil Hitler!«
Entschuldigen Sie bitte meinen Irrtum, die Unterhaltung fand nicht um 11 Uhr statt, ich wollte 8 Uhr sagen. Es ist sehr interessant, daß der Angeklagte Göring vorhatte, einen friedlichen Nachbarstaat zu überfallen und gleichzeitig plante, führende Persönlichkeiten dieses Staates, die er Hauptkriegsverbrecher nannte, vor ein deutsches Standgericht zu stellen.
Soviel über das Gespräch, betreffend den Aktionsplan zur Machtübernahme. Später wurde über dieses Thema nichts von Bedeutung telephonisch gesprochen, wenigstens, soweit diese Niederschriften es erkennen lassen. Aber ein anderes historisches Ereignis wurde über das Telephon erörtert. Ich beziehe mich auf das berühmte Telegramm, welches Seyß-Inquart an die Deutsche Regierung schickte, in dem er verlangte, daß die Deutsche Regierung Truppen nach Österreich sende, um ihn bei der Unterdrückung von Unordnung zu unterstützen. Ein Gespräch, das um 8.48 Uhr an demselben Abend zwischen Göring und Keppler stattfand, wickelte sich folgendermaßen ab: Seite 1 des Teiles L: Ich zitiere nun:
»Göring: Ja, das weiß ich noch nicht. Nun passen Sie auf: Die Hauptsache ist, daß sich jetzt Inquart der ganzen Regierung bemächtigt, Rundfunk, alles besetzt hält.
Keppler: Wir haben ja jetzt die Regierung.
Göring: Ja eben, Ihr seid die Regierung. Nun passen Sie auf: Folgendes Telegramm soll der Seyß-Inquart hersenden.
Schreiben Sie es auf:
Die provisorische österreichische Regierung, die nach der Demission der Regierung Schuschnigg ihre Aufgabe darin sieht, die Ruhe und Ordnung in Österreich wieder herzustellen, richtet an die Deutsche Regierung die dringende Bitte, sie in ihrer Aufgabe zu unterstützen und ihr zu helfen, Blutvergießen zu verhindern. Zu diesem Zweck bittet sie die Deutsche Regierung um baldmöglichste Entsendung deutscher Truppen.
Keppler: Also, es marschieren SA und SS durch die Straßen, es ist aber sehr ruhig. Hier ist alles mit den Fachschaften zusammengeklappt.«
Erst handelt das Gespräch vom Hineinsenden deutscher Truppen, um Krawalle zu verhindern und dann, daß SA und SS durch die Straßen marschieren, aber daß alles ruhig ist. Und einige Minuten später ging die Unterhaltung wie folgt weiter:
»Göring: Also unsere Truppen überschreiten heute die Grenze.
Keppler: Ja.
Göring: Gut. Und das Telegramm möchte er möglichst bald schicken.
Keppler: Werde das Telegramm Seyß-Inquart ins Bundeskanzlerpalais schicken.
Göring: Also bitte, legen Sie ihm das Telegramm vor und sagen Sie ihm, wir bitten – er brauche das Telegramm ja gar nicht zu schicken, er braucht nur zu sagen: Einverstanden.
Keppler: Jawohl.
Göring: Rufen Sie mich bitte zu diesem Zweck an, entweder beim Führer oder bei mir. Also machen Sie es gut. Heil Hitler!«
Natürlich, das Telegramm brauchte gar nicht geschickt zu werden, denn Göring hat das Telegramm selbst geschrieben, er hatte es ja schon. Man muß sich daran erinnern, daß in der ersten Unterhaltung, die ich in Teil A erwähnt habe, die um 3.05 Uhr nachmittags stattfand, Göring Seyß-Inquart ersucht hatte, das vereinbarte Telegramm zu schicken, aber jetzt war die Sache so dringend geworden, daß Göring den genauen Text des Telegramms über das Telephon diktierte und eine Stunde später, um 9.54 Uhr, in einer Unterhaltung zwischen Dr. Dietrich in Berlin und Keppler in Wien wurde das folgende gesagt:... Ich lese aus Dokument Teil M:
»Dietrich: Ich brauche dringend das Telegramm.
Keppler: Sagen Sie dem Generalfeldmarschall, daß Seyß-Inquart einverstanden wäre.
Dietrich: Das ist hervorragend. Ich danke Ihnen.
Keppler: Achten Sie auf den Rundfunk, es werden Meldungen durchkommen.
Dietrich: Von wo?
Keppler: Von hier, von Wien aus.
Dietrich: Also Seyß-Inquart ist einverstanden?
Keppler: Jawohl.«
Und nun kommt der tatsächliche Befehl zum Einmarsch in Österreich. Der Nachrichtenverkehr mit Österreich wurde jetzt unterbrochen, aber die deutsche Militärmaschine war in Gang gesetzt worden. Um dies zu beweisen, unterbreite ich als Beweismittel das beschlagnahmte Dokument C-182, US-77. Es ist eine Weisung des Obersten Befehlshabers der Wehrmacht vom 11. März 1938, 20.45 Uhr. Diese Weisung, abgezeichnet vom General Jodl und unterschrieben von Hitler, ordnet den Einmarsch nach Österreich an mit Rücksicht auf den Umstand, daß Österreich dem deutschen Ultimatum keine Folge geleistet hatte.
Die Weisung hat folgenden Inhalt:
»Geheime Kommandosache, Berlin, den 11. März 1938, 20.45 Uhr. Oberste Befehlshaber der Wehrmacht, OKW« – und andere Zeichen- »35 Ausfertigungen, 6. Ausfertigung, Bleistiftnotiz: Ob. der Marine hat Kenntnis. Betr.: Unternehmen OTTO.
Weisung Nr. 2
1. Die Forderungen des deutschen Ultimatums an die österreichische Regierung sind nicht erfüllt worden.
2. Die österreichische Wehrmacht hat Befehl, sich vor dem Einmarsch deutscher Truppen zurückzuziehen und dem Kampf auszuweichen. Die Österreichische Regierung hat sich ihres Amtes suspendiert.
3. Zur Vermeidung weiteren Blutvergießens in österreichischen Städten wird der Vormarsch der deutschen Wehrmacht nach Österreich am 12. 3. bei Tagesanbruch nach Weisung Nr. 1 angetreten. Ich erwarte, daß die gesteckten Ziele unter Aufbietung aller Kräfte so rasch als möglich erreicht werden.«
Unterzeichnet: Adolf Hitler – Initialen von Jodl – und einem Namen, der aussieht wie Warlimont.
Sodann folgten einige interessante Gespräche mit Rom, um einen möglichen Fehlschlag von dieser Seite aus zu vermeiden. In dem Augenblick, da Hitler und Göring sich in dieses militärische Unternehmen gestürzt hatten, standen sie vor einem großen Fragezeichen: Italien.
Italien hatte im Jahre 1934, anläßlich des Putsches am 25. Juli 1934, Truppen an der italienischen Grenze zusammengezogen. Italien war der traditionelle, politische Beschützer Österreichs.
Hitler mußte erleichtert aufatmen, als er um 10.25 Uhr jener Nacht von Prinz Philipp von Hessen, seinem Botschafter in Rom, erfuhr, daß er soeben vom Palazzo Venezia zurückgekehrt sei, wo Mussolini die ganze Angelegenheit in sehr freundlicher Weise aufgenommen hatte.
Die Situation kann richtig erfaßt werden, wenn man das Gespräch wieder liest. Die Aufzeichnung des Gesprächs zeigt die Aufregung, die sich Hitlers bemächtigte, als er am Telephon sprach.
Es ist ein kurzes Gespräch, und ich will die erste Hälfte aus Teil N der Urkunde 2949-PS verlesen. Ich fürchte, daß Teil N auf der vervielfältigten Kopie etwas verwischt ist. »H« bedeutet Hessen und »F« Führer:
H: Ich komme eben zurück aus dem Palazzo Venezia. Der Duce hat die ganze Sache sehr freundlich aufgenommen. Er läßt Sie sehr herzlich grüßen. Man hätte ihm die Sache von Österreich aus mitgeteilt, am Montag hätte Schuschnigg es mitgeteilt. Da hätte er gesagt, das wäre eine vollkommene Unmöglichkeit, ein Bluff, man konnte so etwas nicht machen. Darauf hätte er ihm geantwortet, das wäre leider schon so festgesetzt und man könne davon nicht abgehen. Dann hätte Mussolini gesagt, damit wäre Österreich eine abgetane Angelegenheit für ihn.
F: Dann sagen Sie Mussolini bitte, ich werde ihm das nie vergessen.
H: Jawohl.
F: Nie, nie, nie, es kann sein, was sein will. Ich bin jetzt noch bereit, mit ihm in eine ganz andere Abmachung zu gehen.
H: Jawohl, das habe ich ihm auch gesagt.
F: Wenn die österreichische Sache jetzt aus dem Weg geräumt ist, bin ich bereit, mit ihm durch dick und dünn zu gehen, das ist mir alles gleichgültig.
H: Jawohl, mein Führer.
F: Passen Sie mal auf – ich mache jetzt auch jedes Abkommen – ich fühle mich jetzt auch nicht mehr in der furchtbaren Lage, die wir doch eben militärisch hatten für den Fall, daß ich in den Konflikt gekommen wäre. Sie können ihm das nur mal sagen, ich lasse ihm wirk lich herzlich danken, ich werde ihm das nie, nie vergessen. Ich werde ihm das nie vergessen.
H: Jawohl, mein Führer.
F: Ich werde ihm das nie vergessen, es kann sein, was sein will. Wenn er jemals in irgendeiner Not oder irgendeiner Gefahr sein sollte, dann kann er überzeugt sein, daß ich auf Biegen vor ihm stehe, da kann sein, was da will, wenn sich auch die Welt gegen ihn erheben würde.
H: Jawohl, mein Führer.«
Der Gerichtshof wird sich wohl des Hinweises in Jodls Tagebuch, auf den Brief, den Hitler an Mussolini sandte, erinnern. Er ist vom II. März datiert, und kann in der amtlichen Publikation: »Dokumente der deutschen Politik«, Band 6, Teil 1, Seite 135, Nummer 24 a, gefunden werden. Ich bitte den Gerichtshof, ihn amtlich zur Kenntnis zu nehmen. Sie finden eine Übersetzung in unserem Dokument 2510-PS. In diesem Brief schrieb Hitler, nachdem er behauptet hatte, daß Österreich der Anarchie entgegentreibe, ich zitiere:
»Ich bin deshalb entschlossen, in meinem Lande künftig die Ruhe und Ordnung wiederherzustellen und dem Volkswillen die Möglichkeit zu geben, klar, offen und unzweideutig über sein künftiges Schicksal selbst zu bestimmen.«
Er sagte, daß dies ein Akt der Selbstverteidigung wäre, daß er keine feindseligen Absichten gegenüber Italien hätte. Nach dem Einmarsch, als Hitler sich in Linz, Österreich, befand, drückte er wiederum Mussolini gegenüber seine Dankbarkeit in dem berühmten Telegramm aus, an welches sich die Welt wohl gut erinnert.
Ich beziehe mich wieder auf die »Dokumente der deutschen Politik«, Band 6, Seite 146. Nummer 29.
Die Übersetzung dieses Telegramms befindet sich im Dokument 2467-PS. Das Dokument lautet wie folgt:
»Mussolini, ich werde Ihnen dieses nie vergessen!«
Wir wollen nun den Schauplatz von Wien nach Berlin verlegen, oder besser gesagt, wir haben es bereits getan.
Vielleicht wäre es gut, wenn wir für einen Augenblick nach Wien zurückgingen, um uns daran zu erinnern, daß Präsident Miklas den Angeklagten Seyß-Inquart spät am Abend des 11. März zum Kanzler ernannte. Die Ernennung von Seyß-Inquart wurde um 11.15 Uhr abends über den Rundfunk verkündet. Dies ist in den »Dokumenten der deutschen Politik«, Band 6, Teil 1, Seite 137, Nummer 25 a enthalten.
Eine Übersetzung dieser Bekanntmachung befindet sich in unserem Dokument 2465-PS.
Sodann mußte etwas in London geschehen, um die Erregung zu beruhigen, und der nächste Akt des Schauspiels, das sich auf der internationalen Bühne abspielte, ist in den Niederschriften des Luftfahrtministeriums von Telephongesprächen festgehalten.
Am Tage nach dem Einmarsch, am Sonntag, den 13. März 1938, telephonierte der Angeklagte Göring, der in Berlin gelassen worden war, um die Regierungsgeschäfte zu führen, mit dem Angeklagten von Ribbentrop in London. Hitler befand sich in seinem Vaterlande Österreich.
Ich finde dieses Gespräch sehr bezeichnend für die Art und Weise, in welcher diese Angeklagten handelten. Sie bedienten sich – um ein in Amerika gebräuchliches Wort zu benutzen – einer Art von internationalem »double talk« (Doppelzüngigkeit), um andere Völker zu beruhigen und irre zu führen.
Ich zitiere vom ersten Teil des Punktes »W« des Dokuments 2949-PS:
»Göring (zu Ribbentrop in London): Also, Sie wissen ja, daß der Führer mich mit der Führung der Regierungsgeschäfte beauftragt hat. Und deshalb wollte ich Sie orientieren. Es ist ein unbeschreiblicher Jubel in Österreich, das können Sie ja durchs Radio hören.
Ribbentrop: Ja, es ist phantastisch, was?
Göring: Ja, der letzte Einmarsch ins Rheinland verschwindet völlig dagegen, was an Jubel der Bevölkerung... Der Führer war unendlich erschüttert, als er mich gestern abend sprach. Denn Sie müssen bedenken, nun sah er zum ersten Male seine Heimat wieder. Nun wollte ich in der Hauptsache die politischen Sachen sagen.
Also, diese Erzählung, wir hätten ein Ultimatum ge stellt, das ist natürlich Quatsch. Das Ultimatum haben von Anfang an die nationalsozialistischen Minister und die Volksreferenten gestellt. Nachher beteiligten sich immer mehr prominente Leute der Bewegung usw. und das einzige, was selbstverständlich ist, daß die österreichischen nationalsozialistischen Minister uns gebeten haben, ihnen Rückendeckung zu geben, damit sie nicht wieder völlig zusammengeknüppelt werden und mit Terror- und Bürgerkrieg zusammengeschossen werden. Da haben wir ihnen gesagt, wir dulden unter keinen Umständen, daß der Schuschnigg einen Bürgerkrieg führt. Ob nun direkt auf Befehl von Schuschnigg oder mit Wissen von Schuschnigg die Kommunisten und die Roten bewaffnet worden waren und bereits Umzüge abhielten, die ja photographiert sind, mit »Heil Moskau« usw., das hat natürlich in Wiener-Neustadt erhebliche Gefahrenmomente gegeben. Dann müssen Sie bedenken, daß Schuschnigg mächtige Reden gehalten hat, die Vaterländische Front würde kämpfen bis zum letzten, das konnte man ja nicht wissen, daß die so kapitulierten, und infolgedessen hat der Seyß-Inquart – da war er bereits an der Regierung – uns gebeten, nunmehr unverzüglich einzumarschieren. Wir waren vorher an der Grenze aufmarschiert, weil wir ja nicht wissen konnten – gibt es Bürgerkrieg oder gibt es keinen. So sind die tatsächlichen Verhältnisse, die alle durch die Dokumente belegt werden können.«
Dann gab der Angeklagte Göring dem Angeklagten Ribbentrop die geeigneten Richtlinien, die er in London verfolgen sollte, um eine Erklärung für das, was sich in Österreich ereignet hatte, zu geben. Wenn der Angeklagte Göring sagt, daß seine Darstellung über diese Angelegenheit durch Dokumente bewiesen werden könne, so glaube ich natürlich nicht, daß er dabei daran dachte, daß seine eigenen Telephongespräche Dokumente bilden werden.
Ein weiterer ziemlich interessanter Punkt beginnt auf Seite 3 des englischen Textes des gleichen Teiles »W« des Telephongespräches zwischen Göring und Ribbentrop. Dies steht am Ende der Seite:
»Göring: Nee, nee, das halte ich auch für richtig. Ich wußte nur nicht, ob Sie schon mit den Leuten gesprochen haben. Ich wollte, daß Sie nochmal, nein nicht nochmal, sondern überhaupt dem Halifax und Chamberlain folgendes sagen:
1. Es ist nicht richtig, daß Deutschland irgendein Ultimatum gestellt hat. Das ist eine Lüge von Schuschnigg, denn das Ultimatum ist ihm von Seyß-Inquart, Glaise- Horstenau und Jury gestellt worden. Es ist ferner nicht richtig, daß dem Bundespräsidenten ein Ultimatum gestellt worden ist von uns, sondern auch nur von den anderen und lediglich ist da, glaube ich, ein Militär-Attaché mitgegangen; gebeten von Seyß-Inquart, wegen einer technischen Frage« – Sie werden sich erinnern, daß es ein Generalleutnant war, der von Göring beauftragt worden war, hinzugehen – »der sollte also anfragen, ob, wenn Seyß-Inquart bitten würde, zur Unterstützung deutsche Truppen einmarschieren zu lassen, Deutschland ja sagen würde, aber nicht den Leuten, sondern Seyß-Inquart. Weiter möchte ich feststellen, daß ausdrücklich Seyß-Inquart hier uns gebeten hat, mündlich und dann noch telegraphisch, Truppen zu schicken, weil er nicht wußte, wie ist die Lage in Wiener-Neustadt, Wien usw., weil da Waffen ausgegeben waren. Und was er ja nicht wissen konnte, wie verhält sich die Vaterländische Front, die ja immer das Maul so groß aufgemacht hat.
Ribbentrop: Sagen Sie, Herr Göring, wie ist das eigentlich mit Wien, ist da alles klar jetzt?
Göring: Ja, Gestern waren von mir Hunderte von Flugzeugen mit einigen Kompanien zur Sicherung des Flughafens gelandet und die sind mit Jubel empfangen worden. Heute zieht die Spitze der 17. Division ein, zusammen mit den österreichischen Truppen. Weiter möchte ich feststellen, die österreichischen Truppen haben sich nicht etwa zurückgezogen, sondern haben sich überall, wo sie standen und in Garnison waren, mit den deutschen Truppen sofort verbrüdert.«
Daß das Ultimatum von Seyß-Inquart und nicht von Göring gestellt wurde, dies sind ziemlich interessante Aufklärungen, ebenso, daß Generalleutnant Muff, der Militärattaché, nur mitkam, um eine technische Frage zu beantworten, und daß schließlich Seyß- Inquart ausdrücklich telephonisch und telegraphisch um Truppen gebeten hat. Um jedoch dieses Gespräch zu verstehen, müssen wir wieder versuchen, Zeit und Ort der tatsächlichen Szene, als Göring am Telephon sprach, zu rekonstruieren.
Ich zitiere neun Zeilen auf Seite 11 des englischen Textes, ungefähr in der Mitte vom Teil »W«:
»Göring: Also, dann kommen Sie. Ich freue mich schon auf Ihr Kommen.
Ribbentrop: Ich komme dann heute nachmittag zu Ihnen. Göring: Das Wetter ist prachtvoll hier, blauer Himmel. Ich sitze hier in Decken gehüllt auf meinem Balkon in der frischen Luft und trinke meinen Kaffee. Nachher muß ich 'reinfahren, die Rede halten, und die Vögel zwitschern und durch das Radio hört man ab und zu von drüben die Stimmung, die ungeheuer ist. Das heißt in Wien.
Ribbentrop: Das ist wunderbar.«
Hoher Gerichtshof! Ich bin nun am Ende meiner Ausführungen soweit sie den Angriff gegen Österreich betreffen.
Ich will nun ganz kurz die Wirkung des Anschlusses besprechen und einige der Entwicklungen, die auf den Einmarsch der deutschen Truppen folgten. Was ich danach zu sagen habe, ist ein Epilog. Bevor ich jedoch diesen Epilog halte, ist es angebracht, für einen Augenblick zu unterbrechen.
Ich glaube, daß die Angelegenheiten, die ich vor dem Gerichtshof heute behandelt habe, klar und deutlich gewisse Tatsachen über die Angeklagten, die in die Verschwörung verwickelt waren, beweisen. Unter den Verschwörern, die an der österreichischen Angelegenheit besonderen Anteil hatten, waren von Papen, Seyß-Inquart, Ribbentrop, von Neurath und Göring.
Ich halte es für ganz klar, daß diese Männer gefährliche Männer waren. Sie benutzten ihre Macht zügellos, um die Unabhängigkeit und Freiheit anderer zu überrennen. Sie waren mehr als Tyrannen, die eine kleine Herde einschüchterten; sie waren sehr schlaue Tyrannen. Sie paarten Macht mit Betrug, Drohungen mit gesetzlichen technischen Mitteln und abwegigen Manövern, und verbargen Falschheit hinter einer scheinheiligen Maske. Ich halte sie für wirklich gefährliche Männer.
In Übereinstimmung mit der Weisung vom 11. März, C-182, US-77, überschritt das deutsche Heer die österreichische Grenze bei Tagesanbruch des 12. März 1938.
Hitler gab eine Proklamation an das deutsche Volk heraus, in welcher er den Einmarsch verkündete und ihn zu rechtfertigen versuchte. Ich verweise wiederum auf »Dokumente der deutschen Politik«, Band 6, Seite 140, Nummer 27, Proklamation Hitlers.
Die Englische und Französische Regierung protestierten. Die Deutsche Regierung und die österreichischen Nationalsozialisten gewannen rasch Kontrolle über Österreich. Seyß-Inquart hieß Hitler in Linz willkommen, und beide gaben ihrer Freude über die Ereignisse des Tages Ausdruck. In seiner Rede erklärte Seyß-Inquart, daß der Artikel 88 des Vertrages von St. Germain außer Kraft gesetzt sei.
Ich verweise auf die Rede Seyß-Inquarts in Linz am 12. März 1938, 50 wie sie in den »Dokumenten der deutschen Politik«, Band 6, Teil 1, Seite 144, Nummer 28 a erscheint, und die ich den Gerichtshof bitte, amtlich zur Kenntnis zu nehmen. Eine Übersetzung kann in unserem Dokument 2485-PS gefunden werden.
Um zu zeigen, was sich in Wien ereignete, lege ich unser Dokument L-292 vor, Telegramm 70 der Amerikanischen Gesandtschaft in Wien an den amerikanischen Außenminister vom 12. März 1938; ich biete es als Beweisstück US-78 an.
Ich zitiere wörtlich:
»An Amerikanischen Außenminister, Washington – 12. März, Mittag. – Zahlreiche deutsche Bombenflugzeuge fliegen über Wien und werfen Flugblätter folgenden Inhalts ab: ›Das nationalsozialistische Deutschland grüßt sein neues Gebiet, das nationalsozialistische Österreich und seine neue Regierung, in treuer unzertrennbarer Einheit.‹
Nach ständig umlaufenden Gerüchten sollen kleine deutsche Truppenteile in Österreich sein und man erwartet Ankunft der österreichischen Legion.
SS und SA haben ohne Zweifel Kontrolle über Wien. Polizei trägt Hakenkreuzarmbinden. Schuschnigg und Schmidt angeblich verhaftet. Himmler und Heß hier.
WILEY.«
Die gesetzgebende Maschine wurde sofort zum Zweck der Konsolidierung in Betrieb gesetzt. Bezüglich all dieses Materials verweise ich den Gerichtshof nur auf die deutschen Quellen und auf die Dokumentennummern der englischen Übersetzung. Doch glaube ich nicht, daß es nötig ist, diese Gesetzgebungsakte als Beweisstücke vorzulegen; ich werde den Gerichtshof nur bitten, sie amtlich zur Kenntnis zu nehmen.
Zuerst wurde Miklas gezwungen, sein Amt als Präsident niederzulegen. Ich verweise auf »Dokumente der deutschen Politik«, Band 6, Teil 1, Seite 147, Nummer 30 b. Unsere Übersetzung ist in Dokument 2466-PS. In diesem Zusammenhang wird sich der Gerichtshof zweifellos des Telephongesprächs Görings erinnern, wie es in Dokument 2949-PS erscheint, nämlich daß Miklas wegen seines Zögerns, Seyß-Inquart zu ernennen, sofort abzusetzen sei. Seyß-Inquart wurde sowohl Kanzler als auch Präsident.
Er unterschrieb dann am 13. März 1938 ein Bundesverfassungsgesetz, betreffend die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich, welches seinerseits dem Reichsgesetz für die Wiedervereinigung einverleibt und am gleichen Tag ein deutsches Gesetz wurde. Ich verweise auf das Reichsgesetzblatt 1938, Band 1, Seite 237, Nummer 21. Eine Übersetzung davon befindet sich in unserem Dokument 2307-PS. Durch dieses Bundesverfassungsgesetz wurde Österreich zu einer Provinz des Deutschen Reiches erklärt.
Durch die Einverleibung Österreichs in das Deutsche Reich, brach Deutschland Artikel 80 des Vertrags von Versailles. Nebenbei bemerkt, erschienen die folgenden Namen als Unterzeichner dieses Verfassungsgesetzes: Adolf Hitler, Führer und Reichskanzler – Göring, Generalfeldmarschall, Reichsminister der Luftfahrt – Frick, Reichsminister des Innern – von Ribbentrop, Reichsminister des Auswärtigen – Rudolf Heß, Stellvertreter des Führers.
Durch die Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich verletzte Deutschland Artikel 80 des Vertrags von Versailles, welcher lautet:
»Deutschland erkennt die Unabhängigkeit Österreichs innerhalb der durch Vertrag zwischen diesem Staate und den Alliierten und Assoziierten Hauptmächten festzusetzenden Grenzen an und verpflichtet sich, sie unbedingt zu achten; Deutschland erkennt an, daß diese Unabhängigkeit unabänderlich ist.« (JN-1.)
Ebenso verletzt die österreichische Aktion Artikel 88 des Vertrags von St. Germain, welcher bestimmt:
»Die Unabhängigkeit Österreichs ist unabänderlich, es sei denn, daß der Rat des Völkerbunds einer Abänderung zustimmt. Daher übernimmt Österreich die Verpflichtung, sich außer mit Zustimmung des Völkerbundrats jeder Handlung zu enthalten, die mittelbar oder unmittelbar oder auf irgendwelchem Wege, namentlich – bis zu seiner Zulassung als Mitglied des Völkerbunds im Wege der Teilnahme an den Angelegenheiten einer anderen Macht, seine Unabhängigkeit gefährden könnte.« (JN-2.)
Dieses grundlegende Verfassungsgesetz sah eine Volksabstimmung über die Frage der Wiedervereinigung vor, die am 10. April 1938 stattfinden sollte. Aber das war eine bloße Formalität. Die Volksabstimmung konnte den Anschluß nur bestätigen, nicht aber Deutschlands Vereinigung mit Österreich und dessen Vorherrschaft ungeschehen machen. Um zu illustrieren, wie die gesetzmäßige Konsolidierung gesichert wurde, während Österreich von Truppen besetzt war, ist nichts weiter notwendig, als einige der in diesem Monat erlassenen Gesetze der Reihe nach zu erwähnen.
Hitler stellte das österreichische Bundesheer unter seinen Befehl und verlangte, daß alle Angehörigen des Heeres auf ihn als Obersten Befehlshaber zu vereidigen seien. Eine Übersetzung des diesbezüglichen Dokuments finden wir in 2936-PS, und ich beziehe mich auf eine Verfügung des Führers und Reichskanzlers, bezüglich des österreichischen Bundesheeres, vom 13. März 1938, »Dokumente der deutschen Politik«, Band 6, 1, Seite 150.
Beamte des Landes Österreich mußten in einem Diensteid Hitler als Führer des Deutschen Reiches und des deutschen Volkes Treue schwören. Die als jüdisch bezeichneten Beamten durften diesen Eid nicht leisten.
Ich beziehe mich auf den »Erlaß des Führers und Reichskanzlers Über die Vereidigung der Beamten des Landes Österreich« vom 15. März 1938. Reichsgesetzblatt 1938, 1. Band, Seite 245, Nr. 24. Eine Übersetzung hiervon findet sich in unserem Dokument 2311-PS.
Hitler und Frick unterschrieben einen Erlaß, demzufolge verschiedene Reichsgesetze in Österreich Geltung erlangten, einschließlich des Gesetzes vom Jahre 1933 gegen die Schaffung neuer politischer Parteien und des Gesetzes vom Jahre 1933 für die Erhaltung der Einheit von Partei und Staat.
Ich beziehe mich auf den »Ersten Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Einführung deutscher Reichsgesetze in Österreich« vom 15. März 1938, Reichsgesetzblatt 1938, Teil 1, Seite 247, Nr. 25. Die Übersetzung ist Dokument 2310-PS.
Hitler, Frick und Göring ordneten an, daß das Reichsministerium des Innern die Zentralstelle für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich bilden solle. Ich nenne die Verordnung zum Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 16. März 1938, Reichsgesetzblatt 1938, Teil 1, Seite 249, Nr. 25. Die Übersetzung ist in unserem Dokument 1060-PS.
Im Zusammenhang mit Deutschlands großer Propaganda-Campagne, die darauf gerichtet war, das deutsche Regime annehmbar erscheinen zu lassen, soll festgestellt werden, daß Goebbels ein Reichspropagandabüro in Wien einrichtete.
Ich nenne hierfür die »Verordnung über die Errichtung eines Reichspropagandaamts in Wien« vom 31. März 1938, Reichsgesetzblatt 1938, 1, Seite 350, Nr. 46. Eine Übersetzung ist in unserem Dokument 2935-PS.
Die Stimmzettel, in welchen die Soldaten der früheren österreichischen Armee als »Deutsche Soldaten« angesprochen wurden, fragten die Wähler, ob sie mit der am 13. März 1938 vollzogenen Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich einverstanden seien. Ich nenne die »Zweite Verordnung zur Volksabstimmung und zur Wahl zum Großdeutschen Reichstag« vom 24. März 1938, Reichsgesetzblatt 1938, 1. Band, Seite 303. Eine Übersetzung ist in unserem Dokument 1659-PS.
Die Grundlage der Volksabstimmung für »Deutsche Männer und Frauen Österreichs« war schon vor deren Abhaltung vollständig festgelegt und im Grundgesetz vom 13. März 1938 versprochen worden.
Ich komme jetzt zur Bedeutung Österreichs im Hinblick auf weitere Angriffspläne. – Können wir die Leinwand aufrollen, und hängt die graphische Darstellung noch dahinter? – Der Gerichtshof wird sich an diese graphische Darstellung noch erinnern.
Mit der Eroberung Österreichs war nun der Unterkiefer des Wolfskopfs, der nach der Tschechoslowakei schnappte, gebildet. Deutschlands Absicht, den Anschluß Österreichs in der Art und Weise, wie es auch tatsächlich geschehen ist, nämlich schnell und unter Androhung militärischer Gewalt und trotz des politischen Risikos, auszuführen, hat seine Begründung in der Wichtigkeit Österreichs für die Ausführung weiterer Angriffspläne.
Die Konferenz vom 5. November 1937, die einen Angriffskrieg in Europa plante, bezeichnete als Ziele in Österreich die Eroberung von Nahrungsmitteln durch Ausweisung von einer Million Menschen, die wirksame Erhöhung der Kampfkraft, zum Teil durch Grenzverbesserungen. Ich zitiere wieder Dokument 386-PS, US-25. Österreich mußte Deutschland Materialquellen zugänglich machen und überdies Bargeld, das den Juden und der österreichischen Regierung enteignet worden war, liefern.
Eine der ersten Verordnungen, die nach dem Anschluß erlassen und von Hitler, Frick, Schwerin von Krosigk und Schacht gezeichnet wurde, sah die Überweisung der Aktiven der Österreichischen Nationalbank an das Reich vor.
Ich beziehe mich auf die Verordnung zur Übernahme der österreichischen Nationalbank durch die Reichsbank vom 17. März 1938, Reichsgesetzblatt 1938, 1. Band, Seite 254, Nr. 27. Die Übersetzung ist unser Dokument 2313-PS.
Österreich steuerte auch Menschenmaterial bei. Drei Monate nach dem Anschluß wurde ein Erlaß herausgegeben, demzufolge einundzwanzigjährige Männer in Österreich sich zum aktiven Militärdienst melden mußten. Ich beziehe mich auf die »Anordnung über die Aushebung zum aktiven Wehrdienst im Jahre 1938 im Lande Österreich«, Reichsgesetzblatt 1938, 1. Band, Seite 634. Die Übersetzung ist in unserem Dokument 1660-PS.
Die Übernahme Österreichs verbesserte auch die militärisch-strategische Position der deutschen Wehrmacht. Ich verweise den Gerichtshof auf ein Dokument, welches ich bei der Besprechung der Vorbereitung des Angriffskriegs vorgelegt habe, L-172, US- 34. Es enthält einen Vortrag des Generals Jodl, Chef des Wehrmachtsführungsstabs der deutschen Armee an die Gauleiter, den er in München am 7. November 1943 hielt. In diesem Dokument erscheint nur eine Seite dieses Vortrags, und ich zitiere Paragraph 5 des englischen Textes, welchen Sie auf Seite 7 des Jodl- Vortrags finden, in welchem die Lage 1938 kritisch beleuchtet wird.
»Der Anschluß Österreichs brachte sodann nicht nur die Erfüllung eines alten nationalen Zieles, sondern wirkte sich neben der Stärkung unserer Wehrkraft zu gleich durch eine wesentliche Verbesserung unserer strategischen Lage aus. Während bisher der tschechoslowakische Raum in bedrohlichster Form nach Deutschland hineinragte (Wespentaille zu Frankreich hin und Luftbasis für die Alliierten, besonders Rußland), war nunmehr die Tschechei ihrerseits in die Zange genommen. Ihre eigene strategische Lage war jetzt so ungünstig geworden, daß sie einem energischen Angriff zum Opfer fallen mußte, bevor wirksame Hilfe vom Westen her zu erwarten war.«
Die Nazi-Verschwörer waren nun bereit, den zweiten Teil der zweiten Angriffsphase auszuführen, nämlich die Tschechoslowakei zu übernehmen.
Hoher Gerichtshof! Wir sollten nun logischer Weise mit der Geschichte der Tschechoslowakei fortfahren. Aus Gründen, die ich zu Beginn der Woche erklärte, mußten wir unsere Pläne etwas ändern und von der streng logischen Reihenfolge abweichen. Es ist unsere Absicht, am Montag mit dem tschechoslowakischen Teil des Tatbestands des Angriffskriegs fortzufahren.
Jetzt ist vorgesehen, Ihnen einen Film zu zeigen. Es wird einige Minuten dauern, die technischen Vorbereitungen im Gerichtssaal zu treffen. Ich bitte um Einschaltung einer Pause.
VORSITZENDER: Können Sie mir bitte sagen, wie lange der Film dauern wird?
MR. ALDERMAN: Der Film dürfte ungefähr eine Stunde dauern.
VORSITZENDER: Sollen wir jetzt eine Pause von 10 Minuten einschalten, oder wenn der Film vorbei ist?