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MR. ALDERMAN: Hoher Gerichtshof! Das Tagebuch General Jodls beleuchtet wiederum die Stellung des Freikorps Henlein. Zu dieser Zeit war das Freikorps in Scharmützel entlang der tschechischen Grenze verwickelt, rief Zwischenfälle hervor und provozierte in der gewünschten Weise. Ich zitiere aus den Eintragungen im Tagebuch General Jodls vom 19. und 20. September 1938, auf Seite 6 des Dokuments 1780-PS, US-72.
»19. September: Es ergeht Befehl für die Betreuung des Sudetendeutschen Freikorps durch das Oberkommando des Heeres. 20. September: England und Frankreich haben in Prag ihre Forderungen überreicht; der Inhalt ist noch nicht bekannt. Die Unternehmungen des Freikorps fangen an, einen Umfang anzunehmen, der für die späteren Absichten des Heeres bedenkliche Folgen zeitigen kann und schon gezeitigt hat (Verschieden starke Teile des tschechischen Heeres bis nahe der Grenze). Durch Rücksprache mit Oberstleutnant Köchling versuche ich die Unternehmungen in geregelte Bahnen zu leiten.
Gegen Abend greift auch der Führer ein und gestattet nur Unternehmungen bis zur Stärke von 12 Mann, nach Billigung durch die Gen. Kdos.«
Ein Bericht des Stabes Henlein, der in Hitlers Hauptquartier gefunden wurde, prahlte mit den Angriffsoperationen des Freikorps. Es ist Nummer 30 des Schmundt-Aktes, Seite 54, Dokument 388-PS. Ich lese die zwei letzten Absätze:
»Seit dem 19. September ist das Freikorps in mehr als 300 Unternehmungen mit bewundernswertem Angriffsgeist« – das Wort »Angriff« ist ausgestrichen worden und das Wort »Abwehr« wurde darübergeschrieben – »und mit einer bis zur Selbstaufopferung gesteigerten Einsatzbereitschaft seiner Aufgabe nachgekommen. Mehr als 1500 Gefangene, 25 Maschinengewehre von tschechischen Angreifern und eine große Zahl anderer Waffen und Ausrüstung sind neben großen Verlusten an Toten und Verwundeten auf der Feindseite das Ergebnis des ersten Abschnittes seiner Tätigkeit.« – Das Wort »Feindseite« wurde ersetzt mit »Seite der tschechischen Terroristen«.
In seinem Hauptquartier, im Schloß bei Donndorf, war Henlein in enger Fühlungnahme mit Admiral Canaris, der Abwehrabteilung des OKW, sowie mit der SS und der SA. Der Verbindungsoffizier zwischen der SS und Henlein war SS-Oberführer Gottlob Berger.
Ich lege nun Dokument 3036-PS, US-102 dem Gerichtshof vor. Es ist dies eine eidesstattliche Erklärung von Gottlob Berger. Hierzu möchte ich bemerken, daß sie unserer Ansicht nach einen ganz anderen Beweiswert erbringt als die eidesstattlichen Erklärungen Schuschniggs, die vom Gerichtshof als Beweis nicht zugelassen wurden. Schuschnigg war, wie wir wissen, neutral, österreichischer Nicht-Nazi und kein Mitglied dieser Verschwörung, und ich kann wohl verstehen, daß der Gerichtshof aus diesen Gründen seine eidesstattlichen Erklärungen als Beweismaterial nicht angenommen hat. Dieser Mann jedoch war ein Nazi. Er diente dieser Verschwörung. Er hat diese eidesstattliche Erklärung abgegeben. Wir glauben, daß diese eidesstattliche Erklärung Beweiskraft hat und vom Gerichtshof zugelassen werden sollte, gemäß den Bestimmungen des Statuts, die besagen, daß jedes Beweismittel, das Beweiskraft hat, in der Beweisführung zugelassen wird. Wir halten es für unbillig, zu verlangen, daß wir einen Mann als Zeugen hierher bringen, der sicherlich ein feindseliger Zeuge ist, und der von uns als ein Mitglied dieser Verschwörung angesehen wird. Wir glauben, daß diese eidesstattliche Erklärung zugelassen werden soll, wobei es den Angeklagten vorbehalten bleiben kann, den Verfasser dieser eidesstattlichen Erklärung zum Verhör zu rufen. Ich möchte hinzufügen, daß dieser Mann ein prominentes Mitglied der SS war, die hier angeklagt ist, eine verbrecherische Organisation zu sein. Wir glauben, daß das Dokument als Zugeständnis eines prominenten Mitglieds entgegen dem Interesse der SS-Organisation ein vollständig ausreichendes Beweismittel darstellt.
DR. STAHMER: Herr Präsident! Die Verteidigung muß der Verwertung dieses Dokumentes hier widersprechen. Das Dokument ist erst am 22. November 1945 hier in Nürnberg aufgenommen. Daraus ergibt sich, daß der Zeuge Berger ohne Schwierigkeit vor Gericht gestellt werden kann. Es muß darauf bestanden werden, daß er hier über die Tatsachen, über die die Anklagebehörde ihn als Zeugen benennen will, gehört wird, da nur so die Verteidigung die Möglichkeit hat, ihn ins Kreuzverhör zu nehmen und so dafür Sorge zu tragen, daß auch wirklich die objektive Wahrheit ermittelt wird.