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[Das Gericht vertagt sich bis

13. Dezember 1945, 10.00 Uhr.]

Neunzehnter Tag.

Donnerstag, 13. Dezember 1945.

Vormittagssitzung.

MR. DODD: Hoher Gerichtshof! Am Ende der gestrigen Sitzung haben wir Auszüge aus dem mit dem Angeklagten Alfred Rosenberg aufgenommenen Verhör vom 6. Oktober 1945 besprochen und verlesen.

Die Dokumente 017-PS und 019-PS wurden bereits vorgelegt, und ich habe Teile davon verlesen. Der Gerichtshof wird sich wohl noch daran erinnern, daß es sich um Briefe des Angeklagten Sauckel an den Angeklagten Rosenberg handelt, in denen er die Unterstützung des Angeklagten Rosenberg bei der Rekrutierung weiterer ausländischer Arbeiter erbittet. Ich verweise nochmals auf diese Urkunden, um mich auf die Teilnahme des Angeklagten Sauckel an diesem Sklavenarbeitsprogramm und die Mithilfe des Angeklagten Rosenberg zu beziehen. Der Angeklagte Sauckel erhielt auch die Unterstützung des Angeklagten Seyß-Inquart, des Reichskommissars für die besetzten Niederlande.

Ich verweise wieder auf das Protokoll über die eidliche Vernehmung des Angeklagten Sauckel, die gestern verlesen wurde. Ich komme nun zu einer anderen Stelle desselben Protokolls. Die Niederschrift dieser Vernehmung ist am Schluß des Dokumentenbuchs zu finden. Es ist die allerletzte Urkunde, aus der ich folgendes zitieren möchte. Die erste Frage lautet:

»Frage: Ich möchte für einen Augenblick unsere Aufmerksamkeit auf Holland wenden. Ich verstehe Sie dahingehend, daß die Quote der Arbeiter von Holland vereinbart war, und daß alsdann die Zahl dem Reichskommissar Seyß-Inquart gegeben wurde, um sie zu füllen. Ist das richtig?

Antwort: Ja, das ist richtig.

Frage: Ist es richtig, daß die Quote, nachdem sie Seyß- Inquart gegeben war, von ihm mit Hilfe Ihrer Vertreter erfüllt wurde?

Antwort: Ja, das war der einzig mögliche Weg für mich, und dies wurde in anderen Ländern in derselben Weise gehandhabt.«

Auch der Angeklagte Hans Frank, Generalgouverneur des Generalgouvernements Polen, hat zur Erfüllung der vom Angeklagten Sauckel verlangten Quoten beigetragen.

Ich verweise nochmals auf das Verhör mit dem Angeklagten Sauckel, und zwar auf Seite 1 der Auszüge des im Dokumentenbuch enthaltenen Protokolls über diese Einvernahme.

»Antwort: Ja, ich muß grundsätzlich erneut sagen, daß die einzige Möglichkeit, diese Sache durchzuführen, darin bestand, sich mit der höchsten deutschen Militärbehörde in dem betreffenden Land in Verbindung zu setzen und die Befehle des Führers zu übermitteln und äußerst dringlich auf deren Erfüllung zu bestehen.

Frage: Waren diese Diskussionen in Polen mit dem Generalgouverneur Frank?

Antwort: Ja, ich verbrachte einen Morgen und Nachmittag in Krakau zwei- oder dreimal und sprach mit Generalgouverneur Frank persönlich. Natürlich war auch Sekretär Dr. Goebble anwesend.«

Die SS hat auch hier, wie in den meisten Fällen, in denen Gewalt und Brutalität anzuwenden war, mitgeholfen. Wir verweisen auf Dokument 1292-PS, US- 225. Es handelt sich hier um den Bericht des Chefs der Reichskanzlei, Lammers, über eine Konferenz mit Hitler, der unter anderen der Angeklagte Sauckel, der Angeklagte Speer und der Reichsführer SS Himmler beigewohnt haben.

Ich gehe nun zur zweiten Seite dieses Dokuments über und beginne mit der dritten Zeile von oben im englischen Text. Im deutschen Text ist es Seite 4, Absatz 2. Ich zitiere wie folgt:

»GBA Sauckel erklärte, daß er mit fanatischem Willen den Versuch machen werde, diese Arbeitskräfte zu beschaffen. Bisher habe er seine Zusagen in Bezug auf die Zahlenhöhe der zu beschaffenden Arbeitskräfte stets gehalten, für 1944 sei er jedoch mit dem besten Willen nicht in der Lage, eine feste Zusage zu geben. Er werde alles tun, was in seinen Kräften stehe, um für 1944 die gewünschten Arbeitskräfte zu beschaffen. Ob dies gelinge, hänge aber im wesentlichen davon ab, welche deut schen Exekutivkräfte zur Verfügung gestellt würden. Mit einheimischen Exekutivkräften sei eine Aktion nicht durchzuführen.«

Es sind hier, wie der Hohe Gerichtshof bemerken wird, einige Zusätze zu dem von mir verlesenen Teil, auf die ich etwas später zurückkommen werde.

Der Angeklagte Sauckel arbeitete an der Aufstellung des Gesamtbedarfs an Arbeitskräften für Deutschland mit und bestimmte die Hohe der Quoten, die mit Hilfe der erwähnten Personen und Ämter aufzubringen waren, wobei er genau wußte, daß Anwendung von Gewalt und Grausamkeit die einzigen Mittel waren, diesen Anforderungen zu genügen. Ich komme nun wieder auf Urkunde 1292-PS zurück und zitiere auf Seite 1:

»I. Beim Führer fand heute eine Besprechung statt, bei der anwesend waren: der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz, Gauleiter Sauckel; der Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion, Speer; der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Generalfeldmarschall Keitel; Generalfeldmarschall Milch; der mit der Führung des Geschäftes des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft beauftragte Staatssekretär Backe; der Reichsminister des Innern; Reichsführer SS Himmler, und ich. (Der Reichsminister des Auswärtigen und der Reichswirtschaftsminister hatten vor der Besprechung mehrfach um ihre Teilnahme gebeten, der Führer hat diese Teilnahme jedoch nicht gewünscht.)

Einleitend erklärte der Führer:

Ich will Klarheit darüber gewinnen:

1. Wieviel Arbeitskräfte werden für die deutsche Kriegswirtschaft

a) zur Aufrechterhaltung ihrer bisherigen Kapazität,

b) zur Steigerung ihrer Kapazität benötigt?

2. Wieviel Arbeitskräfte können aus den besetzten Gebieten herangeführt oder durch geeignete Maßnahmen (Leistungssteigerung) im Deutschen Reich noch gewonnen werden?

Es handelt sich hierbei also einmal um die Deckung des Abganges an Arbeitskräften durch Tod, Invalidität, das dauernde Fluktuieren der Arbeitskräfte usw., ferner aber auch um die Beschaffung von zusätzlichen Arbeitskräften. GBA Sauckel erklärte, daß er, um den bisherigen Bestand an Arbeitskräften zu erhalten, im Jahre 1944 mindestens 2 1/2 Millionen, voraussichtlich aber 3 Millionen neue Arbeitskräfte zuführen müsse; andernfalls würde ein Absinken der Produktion eintreten.

Reichsminister Speer erklärte, daß er zusätzlich 1,3 Millionen Arbeitskräfte bedürfe. Allerdings hänge dies davon ab, ob es möglich sein werde, die Eisenerzförderung zu erhöhen; gelinge es nicht, so benötige er keine zusätzlichen Arbeitskräfte. Voraussetzung für die Beschaffung neuer Arbeitskräfte aus den besetzten Gebieten sei aber, daß diese Arbeitskräfte nicht aus der dort arbeitenden Rüstungsindustrie und Zulieferungsindustrie entnommen würden. Denn dies würde ein Absinken der Leistungen dieser Industrien bedeuten, das für ihn nicht erträglich sei. Wer z. B. in Frankreich in den erwähnten Industrien arbeite, müsse dagegen geschützt sein, durch den GBA zum Arbeitseinsatz in Deutschland erfaßt zu werden.

Der Führer stimmte den Ausführungen des Reichsministers Speer zu und betonte, daß die Maßnahmen des GBA keinesfalls dazu führen dürften, daß Arbeiter der in den besetzten Gebieten schaffenden Rüstungs- und Zulieferungsindustrie entzogen würden, da eine solche Verlagerung der Arbeitskräfte nur dazu angetan sei, die Produktion in den besetzten Gebieten zu stören.

Der Führer wies ferner darauf hin, daß für Luftschutzvorbereitungen auf dem Gebiete des zivilen Luftschutzes auch noch mindestens 250000 Arbeiter nötig seien. Für Wien seien sofort 2000 bis 2500 nötig. Gehe man davon aus, daß der GBA zur Erhaltung des Bestandes der gegenwärtigen Arbeitskräfte 2 1/2 Millionen Arbeiter benötige und Reichsminister Speer 1,3 Millionen zusätzliche Arbeitskräfte, und daß für die erwähnten Luftschutzvorbereitungen 0,25 Millionen Arbeiter nötig seien, so ergäbe sich ein Bedarf von mindestens 4 Millionen Arbeitskräften, deren Zuführung durch GBA erforderlich sei.«

Ich verweise wieder auf Seite 2, Absatz 1 des englischen Textes dieser Urkunde; es ist Seite 5, Absatz 1 des deutschen Textes:

»Der Reichsführer-SS legte dar, daß die ihm zur Verfügung gestellten Exekutivkräfte außerordentlich gering seien, daß er aber versuchen werde, durch ihre Vermehrung und erhöhte Einspannung der Aktion Sauckel zum Ziele zu verhelfen. Für Luftschutzvorbereitungen in Wien stellte der Reichsführer-SS alsbald 2000 bis 2500 Mann aus den Konzentrationslagern zur Verfügung.«

Ich überspringe den nächsten Absatz dieses Dokuments und fahre mit dem Absatz unter der Überschrift: »Endergebnis der Besprechung« fort. Ich zitiere wörtlich nach 1.:

»Der GBA soll mindestens 4 Millionen neue Arbeitskräfte aus den besetzten Gebieten beschaffen.«

Wie aus Urkunde 3012-PS, die bereits als US-190 vorgelegt wurde, hervorgeht, erklärte der Angeklagte Sauckel überdies in seinem Ersuchen um Beistand der Wehrmacht bei der Aushebung von einer Million Männern und Frauen aus den besetzten Ostgebieten dem Angeklagten Keitel, daß rasches Vorgehen notwendig sei und daß, wie in allen anderen besetzten Ländern, Zwang ausgeübt werden solle, wenn andere Mittel versagten. Wie aus Urkunde 018-PS hervorgeht, die bereits vorgelegt und zum Teil verlesen wurde, ist der Angeklagte Sauckel vom Angeklagten Rosenberg unterrichtet worden, daß die Versklavung ausländischer Arbeiter mit Gewalt und Grausamkeit erreicht worden sei. Ungeachtet seiner Kenntnis dieser Umstände fuhr der Angeklagte Sauckel fort, immer weiteren Nachschub von Menschenmaterial aus Gebieten anzufordern, in denen die grausamsten Methoden angewendet wurden. Als deutsche Feldkommandanten an der Ostfront versuchten, Sauckels Forderungen entgegenzutreten oder zu beschränken, weil die Zwangsaushebung die Reihen der Partisanen verstärkte und die Aufgaben der Armee erschwerte, sandte Sauckel an Hitler ein Telegramm, in welchem er ihn, Hitler, bat, einzuschreiten.

Ich verweise auf Urkunde 407-II-PS, US-226. Es ist dies das Telegramm Sauckels an Hitler vom 10. März 1943. Es handelt sich um ein ziemlich langes Schreiben,« und ich möchte die Aufmerksamkeit des Hohen Gerichtshofs besonders auf den letzten Absatz auf Seite 1 des englischen Textes lenken. Im deutschen Text ist es Seite 2, Absatz 5. Ich zitiere den letzten Absatz des englischen Textes:

»Ich bitte deshalb, mein Führer, Befehle, die der Dienstverpflichtung fremder Arbeiter und Arbeiterinnen entgegenstehen, aufheben zu wollen und mir gütigerweise mitzuteilen, ob meine hier niedergelegte Auftragsauffassung noch richtig ist.«

Wenn wir zu Absatz 5 auf Seite 1 dieses englischen Textes übergehen, finden wir folgende Worte, die ich wörtlich zitiere:

»Wenn im Osten in den besetzten Gebieten die Arbeitsdienstverpflichtung und die zwangsmäßige Einziehung von Arbeitskräften nicht mehr möglich ist, dann kann auch die deutsche Kriegswirtschaft und Landwirtschaft ihre Aufgabe nicht mehr im vollen Maße erfüllen.«

Und dann heißt es im nächsten Absatz:

»Ich selbst bin der Meinung, daß unsere Heerführer doch unter keinen Umständen der bolschewistischen Greuel- und Verleumdungspropaganda der Partisanen Glauben schenken dürfen. Die Generale haben doch selbst das größte Interesse daran, daß die rechtzeitige Stellung des Ersatzes für die Truppen ermöglicht wird.

Ich bitte, darauf hinweisen zu dürfen, daß unmöglich Hunderttausende von hervorragenden Arbeitern, die nun als Soldaten ins Feld gehen, durch vollkommen arbeitsungewohnte deutsche Frauen – selbst wenn diese besten Willens sind – ersetzt werden können. Ich muß hierfür die Leute aus den Ostgebieten einsetzen können.«

VORSITZENDER: Ich glaube, daß Sie auch den nächsten Absatz lesen sollten.

MR. DODD: »Ich selber melde Ihnen, daß die bei uns schaffenden Angehörigen aller fremden Nationen menschlich einwandfrei, korrekt und sauber behandelt, ernährt, untergebracht, ja auch bekleidet werden. Auf Grund meines eigenen Dienstes bei fremden Nationen bin ich sogar so kühn zu behaupten, daß niemals zuvor in der Welt fremde Arbeiter so ordentlich behandelt worden sind, als wie dies im härtesten aller Kriege durch das deutsche Volk jetzt geschieht.«

Außer für die Zwangsaushebung ausländischer Zivilarbeiter war der Angeklagte Sauckel auch für die Zustände verantwortlich, unter denen die ausländischen Arbeiter nach Deutschland transportiert wurden, und für die Behandlung, der sie in Deutschland ausgesetzt waren.

Wir haben bereits die Verhältnisse, unter denen diese nach Deutschland gebrachten Arbeiter transportiert wurden, geschildert und aus der Urkunde 2241-3-PS verlesen, um zu beweisen, daß Sauckel diese Verhältnisse kannte. Gestern schilderten wir ausführlich die grausamen, erniedrigenden und unmenschlichen Verhältnisse, unter denen diese Arbeiter in Deutschland arbeiteten und lebten. Wir lenken die Aufmerksamkeit des Hohen Gerichtshofs nun wieder auf 3044-PS, US-206. Es ist dies Anordnung Nummer 4 vom 7. Mai 1942, die von Sauckel, als dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz über Aushebung, Pflege, Unterbringung, Ernährung und Behandlung ausländischer Arbeiter beiderlei Geschlechts, erlassen wurde. In diesem Erlaß ordnete Sauckel ausdrücklich an, daß die Zusammenstellung und Durchführung von Bahntransporten, sowie die Beistellung von Nahrung bis zur Ankunft der Transporte in Deutschland, Aufgabe seiner Agenten sei. Mit dem gleichen Erlaß bestimmte Sauckel, daß die Betreuung ausländischer industrieller Arbeiter Sache der Deutschen Arbeitsfront, und die der ausländischen landwirtschaftlichen Arbeiter Aufgabe des Reichsnährstands sei. Mit den Bestimmungen dieses Erlasses behielt sich Sauckel die oberste Entscheidung in allen Fragen der Betreuung, Behandlung, Unterbringung und Verpflegung der ausländischen Arbeiter während der Überführung nach und in Deutschland vor.

Ich verweise hier insbesondere auf den englischen Text des Dokuments 3044-PS, US-206; und zwar befindet sich die Stelle, die ich zitieren will, am Schluß von Seite 1 des englischen Textes und auf Seite 518 des deutschsprachigen Bandes.

Ich zitiere wörtlich aus dem englischen Text:

»Die Betreuung der ausländischen Arbeitskräfte wird durchgeführt:

a) bis zur Reichsgrenze:

von meinen Beauftragten oder – in den besetzten Gebieten – von den zuständigen militärischen oder zivilen Arbeitseinsatzdienststellen.

Die Betreuung erfolgt in Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen ausländischen Organisationen.

b) innerhalb des Reichsgebietes:

1. von der Deutschen Arbeitsfront bei nichtlandwirtschaftlichen Arbeitskräfte;

2. vom Reichsnährstand bei landwirtschaftlichen Arbeitskräften.

Die Deutsche Arbeitsfront und der Reichsnährstand sind bei der Durchführung ihrer Betreuungsaufgaben an meine Weisungen gebunden.

Die Dienststellen der Arbeitseinsatzverwaltung sind gehalten, die Deutsche Arbeitsfront und den Reichsnährstand bei der Erfüllung ihrer Betreuungsaufgaben weitgehend zu unterstützen.

Durch die Beauftragten der Deutschen Arbeitsfront und des Reichsnährstandes mit der Betreuung der ausländischen Arbeitskräfte wird meine Zuständigkeit für die Durchführung dieser Aufgaben nicht berührt.«

VORSITZENDER: Herr Dodd, glauben Sie nicht, daß es sich hier um eine Stelle handelt, die zusammengefaßt und nicht verlesen werden sollte, da sie ja nur besagt, daß Sauckel, sein Amt und seine Beauftragten verantwortlich waren, und das wird von ihm zugegeben.

MR. DODD: Gewiß, Herr Vorsitzender, wir wollten eine ausführliche Darstellung geben, da wir annahmen, die Stelle müsse vollständig verlesen werden, um gemäß den Bestimmungen über die Protokollführung ins Protokoll aufgenommen zu werden. Ich stimme jedoch vollkommen mit Ihnen überein.

VORSITZENDER: Ich glaube, daß eine Zusammenfassung genügen wird.

MR. DODD: Ich möchte weiter in demselben Dokument auf die Angaben auf Seite 3, Absatz III des englischen Textes verweisen, die unter der Überschrift »Zusammenstellung und Durchführung der Transporte« besagen, daß diese Aufgaben den Beauftragten des Angeklagten Sauckel oblagen. Sauckel bestimmte weiter in Absatz C auf Seite 5 des englischen Textes unter der Überschrift »Transportversorgung«, nach Festsetzung einiger Verantwortlichkeiten für das Amt der Deutschen Arbeitsfront, daß die Versorgung der Transporte Sache seiner Dienststellen bleibe.

Der Angeklagte Sauckel hatte ein Übereinkommen mit dem Chef der Deutschen Arbeitsfront, Dr. Robert Ley, in dem der Angeklagte Sauckel durch die Schaffung einer Zentralinspektion zur Kontrolle der Arbeits- und Lebensbedingungen der Fremdarbeiter seine endgültige Verantwortung betonte.

Wir verweisen auf 1913-PS, US-227. Dieses Übereinkommen zwischen dem Angeklagten Sauckel und dem damaligen Chef der Deutschen Arbeitsfront ist in der Ausgabe des Reichsarbeitsblattes 1943, Teil 1, Seite 588, veröffentlicht. Es ist ein ziemlich langes Übereinkommen, und ich werde es weder im ganzen noch zum größeren Teil verlesen, sondern nur jenen Teil, der die Grundlage des Übereinkommens zwischen dem Angeklagten Sauckel und Ley über Fremdarbeiter und ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen bildet.

Auf der ersten Seite des englischen Textes heißt es:

»Zur laufenden Überwachung aller Betreuungsmaßnahmen für die unter 1. genannten ausländischen Arbeitskräfte errichtet der Reichsleiter Dr. Ley, gemeinsam mit dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Gauleiter Sauckel, eine ›Zentralinspektion‹. Diese führt die Bezeichnung: ›Zentralinspektion für die Betreuung der ausländischen Arbeitskräfte‹.«

Im Absatz 4, der mit der römischen Zahl IV bezeichnet ist, sagt dieser Text:

»Die Dienststellen der Arbeitseinsatzverwaltung werden durch die Zentralinspektion für die Betreuung der ausländischen Arbeitskräfte laufend von ihren Beobachtungen unterrichtet, insbesondere unverzüglich in jedem Falle, in dem ein Einschreiten der staatlichen Organe geboten ist.«

Ich möchte den Hohen Gerichtshof auch auf einen anderen Absatz auf derselben Seite aufmerksam machen. Es ist der vierte Absatz weiter unten nach der kleinen Nummer 2 und beginnt mit den Worten:

»Unberührt hiervon bleibt die Befugnis des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Mitglieder seines Stabes und die Präsidenten der Landesarbeitsämter zu beauftragen, sich unmittelbar über die Verhältnisse im Ausländereinsatz in den Betrieben und Lagern zu unterrichten.«

Wir haben dem Hohen Gerichtshof bereits Beweise für die Verantwortlichkeit des Angeklagten Sauckel vorgelegt, dafür, daß Staatsbürger der besetzten Länder gegen ihren Willen gezwungen wurden, Waffen und Munition zu erzeugen und militärische Befestigungen zu bauen, die in Kriegsoperationen gegen ihr eigenes Land und seine Alliierten Verwendung fanden.

Er war überdies verantwortlich für den auf Kriegsgefangene ausgeübten Zwang, Waffen und Munition zu erzeugen, die gegen ihre eigenen Länder und gegen ihre aktiven Widerstand leistenden Alliierten gebraucht wurden.

Die Verordnung, mit der Sauckels Ernennung ausgesprochen worden war, bestimmte, daß seine Ernennung zum Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz zu dem ausdrücklichen Zweck erfolgte, unter anderem die Kriegsgefangenen in die deutsche Kriegsindustrie einzugliedern; und in einer Reihe von Berichten an Hitler beschrieb Sauckel, wie erfolgreich er bei der Durchführung dieses Programms gewesen sei. Einer dieser Berichte gibt an, daß der Angeklagte Sauckel in einem einzigen Jahr 1622829 Kriegsgefangene der deutschen Kriegswirtschaft einverleibt hat.

Ich verweise auf Dokument 407-V-PS, US-228. Es ist dies ein Brief des Angeklagten Sauckel an Hitler vom 14. April 1943. Obwohl die in dieser Urkunde genannten Ziffern noch in einem anderen Dokument enthalten sind, ist dies die erste Vorlage dieser Urkunde.

Ich zitiere Absatz 1 und 2 des englischen Textes und beginne mit:

»Mein Führer!... Nach einjähriger Tätigkeit als Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz darf ich Ihnen melden, daß vom 1. April vorigen Jahres bis zum 31. März dieses Jahres der deutschen Kriegswirtschaft 3638056 neue fremdvölkische Arbeitskräfte zugeführt werden konnten.«

Etwas später finden wir mit besonderer Bezugnahme auf die Kriegsgefangenen folgende Feststellung:

»Außer den fremdvölkischen Zivilarbeitern werden noch 1622829 Kriegsgefangene in der deutschen Wirtschaft beschäftigt.«

Ein späterer Bericht erklärt, daß 846511 fremdländische Arbeitskräfte und Kriegsgefangene zusätzlich in die deutsche Kriegswirtschaft eingegliedert wurden, und ich verlese aus Dokument 407-IX-PS, US-229, ebenfalls ein Brief des Angeklagten Sauckel an Hitler, von Seite 1, Absätze 1 und 2:

»Mein Führer! Ich bitte, Ihnen den Stand des Arbeitseinsatzes für die ersten 5 Monate des Jahres 1943 hiermit vorlegen zu dürfen. Es wurden erstmalig an neuen Ausländern und Kriegsgefangenen der deutschen Kriegswirtschaft zur Verfügung gestellt:..., insgesamt 846511.«

Diese Zuweisung von Kriegsgefangenen für die Erzeugung von Rüstungsmaterial durch den Angeklagten Sauckel wird auch von dem Angeklagten Speer bestätigt, der erklärte, daß 40 % aller Kriegsgefangenen in Waffen- oder Munitionsfabriken oder in Hilfsindustrien beschäftigt waren.

Ich möchte kurz auf die Absätze 6, 7 und 8, Seite 15 des englischen Textes eines Verhörs mit dem Angeklagten Speer vom 18. Oktober 1945 verweisen, auf das wir uns schon gestern berufen und als US-220 vorgelegt haben. Ich möchte aus den Absätzen 6, 7 und 8 auf Seite 15, Absatz 1, Seite 19 des deutschen Textes verlesen: Es handelt sich um zwei Fragen, die die darauf gegebenen Antworten verständlich machen werden:

»Frage: Wenn Sie Arbeitskräfte verlangten, haben Sie Kriegsgefangene besonders angefordert, oder verlangten Sie eine Gesamtzahl an Arbeitern?

Antwort: Nur Schmelter kann diese Frage genau beantworten. Soweit die Verwendung von Kriegsgefangenen berührt war, wurde dies durch die Beschäftigungsoffiziere des Stalags geregelt. Ich versuchte mehrfach die Gesamtzahl der Kriegsgefangenen, die in der Produktion beschäftigt waren, auf Kosten anderer Anforderungsfaktoren zu erhöhen.

Frage: Wollen Sie das etwas genauer erklären?

Antwort: Während der letzten Produktionsphase, das war im Jahre 1944, als alles zusammenbrach, hatte ich ungefähr 40 % aller Kriegsgefangenen in der Produktion beschäftigt. Ich wollte diesen Prozentsatz erhöhen.

Frage: Wenn Sie sagen ›in der Produktion beschäftigt‹, meinen Sie damit Hilfsindustrien, die Sie diskutiert haben, und ebenso Produktion von Waffen und Munition. Ist das richtig?

Antwort: Ja, dies war das Gesamtausmaß meiner Aufgabe.«

MR. BIDDLE: Was meinen Sie mit Hilfsindustrien, Herr Dodd; sind das Kriegsindustrien?

MR. DODD: Ja, Kriegsindustrien, wie wir es verstehen. Sie sind von den Angeklagten oft als wesentliche Bestandteile in ihren Plänen erwähnt worden.

Ich möchte nun die Aufmerksamkeit des Hohen Gerichtshofs wiederum auf das Protokoll der 36. Sitzung der Zentralen Planung lenken. Es ist Dokument R-124, aus dem ich gestern einige Stellen verlesen habe, und ich möchte dem Gerichtshof in Erinnerung bringen, daß der Angeklagte Speer laut Protokoll über diese Zusammenkunft feststellte:

»Von den 90000 russischen Kriegsgefangenen, die in der gesamten Rüstungsindustrie beschäftigt sind, sind der größte Teil gelernte Facharbeiter.«

Wir möchten nun zur Besprechung der besonderen Verantwortlichkeit des Angeklagten Speer übergehen und die Beweise für die mannigfachen Verbrechen erörtern, die der Angeklagte Speer mit der Planung und Teilnahme an dem umfangreichen Programm der Zwangsverschickung von Einwohnern der besetzten Länder beging. Er war Reichsminister für Bewaffnung und Munition und Chef der Organisation Todt; und zwar erlangte er diese beiden Stellen am 15. Februar 1942. Da er später auch noch die Kontrolle über die Rüstungsämter des Heeres, der Kriegsmarine und Luftwaffe und über die Produktionsämter des Wirtschaftsministeriums erhielt, war der Angeklagte Speer sowohl für die gesamte Kriegsproduktion des Reiches als auch für den Bau von Befestigungen und Einrichtungen für die Wehrmacht verantwortlich. Den Beweis für die Stellungen, die der Angeklagte Speer innehatte, liefern seine eigenen Angaben, die in 2980-PS enthalten und dem Gerichtshof als Beweisstück US-18 bereits vorgelegt worden sind.

Die Industrien unter der Kontrolle des Angeklagten Speer haben vor allen anderen in Deutschland Arbeitskräfte gebraucht, und deshalb hatten nach der Darstellung des Angeklagten Sauckel die Forderungen Speers nach Beistellung von Arbeitern den unbedingten Vorrang gegenüber allen anderen Forderungen nach Arbeitskräften.

Wir verweisen auf das Protokoll über das Verhör des Angeklagten Sauckel vom 22. September 1945, US-230. Es ist das vorletzte Dokument im Dokumentenbuch. Ich möchte auf Seite 1, Absatz 4, dieses Dokuments verweisen. Es ist eine kurze Stelle, die letzte Antwort auf der Seite. Dem Angeklagten Sauckel wurde die folgende Frage vorgelegt:

»Frage: Ausgenommen für Speer gab man Ihnen die Erfordernisse allgemein für das ganze Feld, aber soweit es Speers Abteilung betraf, bekamen Sie die Anforderungen verteilt auf die verschiedenen Industrien. Ist das richtig?

Antwort: Die anderen bekamen, was immer übrig blieb, denn Speer sagte mir einmal in Gegenwart des Führers, daß ich dazu da sei, für Speer zu arbeiten, und daß ich hauptsächlich sein Mann sei;...«

Der Angeklagte Speer hat unter Eid zugegeben, daß er an den Besprechungen teilgenommen habe, bei denen die Entscheidung gefällt wurde, ausländische Arbeitskräfte zwangsweise zu verwenden. Er hat auch angegeben, daß er dieser Entscheidung zustimmte, und daß sie die Basis für das Programm bildete, ausländische Arbeitskräfte zwangsweise nach Deutschland zu bringen.

Ich verweise auf das Verhör des Angeklagten Speer vom 18. Oktober 1945, US-220. Wir haben Stellen daraus bereits verlesen, und ich verweise insbesondere auf Seite 12 unten und auf den Anfang der Seite 13 des englischen Textes:

»Frage: Ist es Ihnen klar, Herr Speer, daß im Jahre 1942, als die Entscheidungen über die Verwendung von ausländischen Zwangsarbeitern getroffen wurden, Sie an diesen Diskussionen selbst teilnahmen?

Antwort: Ja.

Frage: Es ist demnach richtig, wenn ich annehme, daß die Ausführung des Programms, ausländische Arbeiter zwangsmäßig durch Sauckel nach Deutschland zu bringen, auf früheren Entscheidungen basierte, die mit Ihrem Einverständnis getroffen worden waren?

Antwort: Ja, aber ich möchte hierzu ausführen, daß nur ein kleiner Teil der Arbeitskräfte, die Sauckel nach Deutschland brachte, für mich verwendbar gemacht wurde und daß ein großer Teil anderen Abteilungen überlassen wurde, die sie verlangten.«

Dieses Geständnis ist bestätigt in einem Protokoll über Besprechungen Speers mit Hitler am 10., 11. und 12. August 1942, deren Inhalt im Dokument R-124 enthalten ist, das wir bereits vorgelegt und aus dem wir Auszüge verlesen haben. Seite 34, Absatz 1 des englischen Textes dieses Dokuments habe ich bereits zitiert und diese Stellen gestern zur Verlesung gebracht. Wie sich der Hohe Gerichtshof erinnern wird, hat der Angeklagte Speer über das Ergebnis seiner Unterhandlungen über die Zwangsaushebung einer Million russischer Arbeitskräfte für die deutsche Kriegsindustrie berichtet, und diese Gewaltanwendung ist von Hitler und dem Angeklagten Speer am 4. Januar 1943 erneut besprochen worden, wie die zur Verlesung gebrachten Stellen aus dem Dokument 556-13-PS zeigen. Bei dieser Besprechung wurde entschieden, daß schärfere Maßnahmen angewendet werden sollten, um die Zwangsaushebung französischer Zivilarbeiter zu beschleunigen.

Wir behaupten, daß der Angeklagte Speer ausländische Arbeiter für die unter seiner Kontrolle stehenden Industrien anforderte und diese Arbeiter beschäftigte, obwohl er wußte, daß sie mit Gewalt verschleppt worden waren und zur Arbeit gezwungen wurden. In seinem Verhör vom 18. Oktober 1945 gab Speer unter Eid an, und ich zitiere seine Worte von Seite 5, Absatz 9 des englischen Textes:

»Ich wünsche nicht den Eindruck zu erwecken, daß ich nicht von Sauckel sehr energisch Arbeitskräfte und ausländische Arbeitskräfte verlangte.«

Er hat zugegeben, gewußt zu haben, daß er ausländische Arbeitskräfte zugewiesen erhielt, und daß die Mehrzahl von ihnen unter Zwang arbeiteten. Ich verweise wieder auf dasselbe Verhör vom 18. Oktober 1945 und verlese Seite 8 und 9 des englischen Textes, Seite 10 des deutschen Textes:

»Frage: Ist es richtig, daß während der Zeit, als Sie für Arbeitskräfte anfragten, Sie sich darüber klar waren, daß Sie sowohl ausländische Arbeiter als auch inländische Arbeiter bekommen werden, und daß ein großer Teil der ausländischen Arbeitskräfte Zwangsarbeiter sein würden?

Antwort: Ja.

Frage: Das heißt also, nur um ein Beispiel zu nennen, lassen Sie uns annehmen, daß Sie am 1. Januar 1944 für einen bestimmten Zweck 50000 Arbeiter benötigten. Alsdann machten Sie eine Anforderung für 50000 Arbeiter in dem Bewußtsein, daß unter den 50000 Arbeitern Zwangsarbeiter sein würden. Ist das richtig?

Antwort: Ja.«

Der Angeklagte Speer hat auch unter Eid angegeben, zumindest schon im September 1942 gewußt zu haben, daß Arbeiter aus der Ukraine zwangsweise zur Arbeit nach Deutschland verschleppt wurden. Ebenso war es dem Angeklagten Speer bekannt, daß die große Mehrzahl der Arbeiter aus den besetzten Ländern im Westen gleichfalls Sklavenarbeiter waren, die gegen ihren Willen gezwungen worden waren, nach Deutschland zu kommen. Und abermals verweise ich auf sein Verhör vom 18. Oktober 1945 und beginne mit dem vierten Absatz von unten auf Seite 5 des englischen Textes, Absatz 10 auf Seite 6 des deutschen Textes, wo wir die folgende Reihe von Fragen und Antworten finden:

Frage: »Zu welcher Zeit haben Sie zum erstenmal festgestellt, daß ein Teil der Arbeitskräfte aus der Ukraine nicht freiwillig kam?

Antwort: Es ist ziemlich schwierig, dies hier zu beantworten, d. h. Ihnen ein bestimmtes Datum zu nennen. Aber ich weiß, daß zu einer gewissen Zeit, d. h. von einem bestimmten Zeitpunkt an, die Arbeitskräfte von der Ukraine nicht freiwillig kamen.

Frage: Trifft das auch für Arbeitskräfte aus anderen besetzten Gebieten zu, d. h. war Ihnen ein Zeitpunkt bekannt, wann Sie wußten, daß diese Leute nicht freiwillig kamen?

Antwort: Ja.

Frage: Wann, im allgemeinen, können Sie sagen, trat dieser Zeitpunkt ein, ohne sich auf einen bestimmten Monat festzulegen?

Antwort: Soweit die Ukraine in Frage kommt, nehme ich an, daß sie nach einigen Monaten nicht mehr freiwillig kamen, weil ungeheure Fehler in ihrer Behandlung von uns gemacht worden waren. Ich möchte ganz allgemein sagen, daß dies entweder im Juli, August oder September 1942 war.«

Ich gehe nun zu Seite 6, Absatz 11 des englischen Textes desselben Verhörs und Seite 7, Absatz 8 des deutschen Textes über, wo wir die nachstehenden Fragen und Antworten finden:

»Frage: Ist es nicht richtig, daß viele Arbeiter tatsäch lich aus dem Westen nach Deutschland kamen?

Antwort: Ja.

Frage: Bedeutet das, daß die große Mehrheit der Arbeiter, die aus den westlichen besetzten Gebieten kamen, gegen ihren Willen nach Deutschland gebracht wurden?

Antwort: Ja.«

Diese Eingeständnisse werden selbstverständlich auch durch andere Beweise bekräftigt, denn, wie aus Dokument R-124 hervorgeht, und wie wir durch Verlesen einiger Stellen daraus bewiesen haben, konnte die Aushebung von Arbeitern für Deutschland in allen Ländern nur mit tätiger Hilfe der Polizei durchgeführt werden; die bei der Werbung vorwiegend angewandten Methoden erzeugten solche Gewalttätigkeit, daß zahlreiche deutsche Werbungsagenten ermordet wurden.

Und bei einer Zusammenkunft mit Hitler zur Besprechung über den Bedarf an Arbeitskräften für das Jahr 1944, deren Inhalt in Dokument 1292-PS wiedergegeben ist, wurde Speer von dem Angeklagten Sauckel dahin unterrichtet, daß der Gesamtbedarf, einschließlich der von Speer angeforderten 1300000 zusätzlichen Arbeiter, nur dann gedeckt werden könne, wenn deutsche Vollzugsorgane beigestellt wurden, um das Versklavungsprogramm in den besetzten Ländern durchzuführen.

Wir behaupten nun, daß Speer, obwohl er davon Kenntnis hatte, daß diese Arbeiter gegen ihren Willen ausgehoben und nach Deutschland verschleppt worden waren, fortfuhr, Forderungen auf Zuweisung ausländischer Arbeiter zu stellen und ihre Zuteilung an die von ihm kontrollierten Industrien zu verlangen.

Dies geht aus dem Sitzungsprotokoll der Zentralen Planung hervor, wie es im Dokument R-124 enthalten ist, besonders aus Seite 13, Absatz 4 des englischen Textes. Es ist Seite 6, Absatz 4 des deutschen Textes.

Speer sagt dort:

»Nun das Arbeitsproblem in Deutschland. Ich glaube, daß es noch einmal möglich ist, aus den Westgebieten einiges herüber zu bekommen, Der Führer hat erst vor kurzem erklärt, er wolle diese Hibis (?) auflösen, weil er den Eindruck hätte, daß die Heeresgruppen sehr viel Belastung mit sich herumführten. Es muß daher, wenn wir von uns aus nicht durchkommen, beim Führer eine Besprechung anberaumt werden, in der die ganze Kohlensituation klargelegt wird. Dazu werden auch Keitel und Zeitzler eingeladen werden, um festzustellen, was uns an Russen aus dem rückwärtigen Heeresgebiet zugeführt werden muß. Ich sehe zwar auch noch eine Möglichkeit, daß wir noch eine Aktion machen, um innerhalb der russischen Kriegsgefangenen im Reich noch Leute für den Bergbau herauszuholen. Aber zu stark ist diese Möglichkeit nicht gegeben.«

In einer weiteren Zusammenkunft der Zentralen Planung lehnte der Angeklagte Speer einen Vorschlag ab, dahingehend, daß Arbeitskräfte für die von ihm kontrollierten Industrien anstatt von ausländischen Quellen aus deutschen Quellen herangezogen werden sollten. Ich zitiere nun von R-124, Seite 16, Absatz 3, 4 und 5 des englischen Textes, Seite 12, Absatz 6 und 7 des deutschten Textes, die Worte des Angeklagten Speer:

»Wir würden es so machen, daß Kehrl die Forderung der einzelnen sammelt, die notwendig sind, um den Kohlen- und Eisenplan durchzuführen, die Zahlen dann an Sauckel übermittelt. Wahrscheinlich wird in der nächsten Woche beim Reichsmarschall die Besprechung über diese Gesamtfrage stattfinden, und bis dahin müßte ein Ergebnis von Sauckel vorliegen. Die Frage der Erfassung in der Rüstungswirtschaft wird gemeinsam mit Weger abgestimmt.«

Kehrl erwiderte:

»Ich möchte aber dringend bitten, daß die Zuweisungen an den Bergbau nicht auf der Möglichkeit der Anwerbung von Männern im Auslande basiert werden. Wir haben damit in den letzten 3 Monaten vollkommen aufgesessen. Wir haben ein Minus von 25000 Mann aus dem Dezember übernommen, und es ist kein Ersatz geliefert worden. Er muß aus Deutschland genommen werden.«

Antwort Speers:

»Nein, nichts zu machen.«

Wir behaupten auch, daß der Angeklagte Speer schuldig ist, Terror und Brutalität als Mittel zur höchstmöglichen Produktionssteigerung durch Sklavenarbeiter befürwortet zu haben. Ich verweise wiederum auf Dokument R-124. Auf Seite 42 finden wir eine Besprechung über Beischaffung und Ausnützung von Arbeitskräften. Diese Stelle wurde bereits verlesen, und ich verweise auf sie nur kurz. Es ist die Stelle, in der Speer sagte, daß die SS und Polizei ruhig hart zufassen können, wenn sie durchsetzten, daß diese Leute mehr arbeiteten und erzeugten.

Wir behaupten weiter, daß er auch schuldig ist, alliierte Staatsbürger und. Kriegsgefangene gezwungen zu haben, an der Fabrikation von Rüstungsmaterial und Munition und sogar an unmittelbaren militärischen Operationen gegen ihr eigenes Land mitzuwirken.

Wir behaupten endlich, daß Speer als Chef der »Organisation Todt« für die Politik dieser Organisation verantwortlich ist, die in direktem Widerspruch zum Kriegsrecht stand, denn die »Organisation Todt« hat in Verletzung des Kriegsrechts alliierte Staatsangehörige in ihre Dienste gezwungen.

Dokument L-191, US-231, ist eine Studie des Internationalen Arbeitsamts über die Ausbeutung ausländischer Arbeitskräfte durch Deutschland. Wir haben nur ein Exemplar dieses Dokuments. Es ist eine Abhandlung des Internationalen Arbeitsamts und wurde 1945 in Montreal, Kanada, gedruckt. Wir bitten den Hohen Gerichtshof, es amtlich zur Kenntnis zu nehmen, da es sich um eine offizielle Veröffentlichung des Internationalen Arbeitsamts handelt.

Ich möchte dem Gerichtshof zu unserer Entschuldigung mitteilen, daß dieses Dokument so spät hier anlangte, daß wir nicht einmal den Auszug vervielfältigen und drucken lassen konnten, um ihn Ihrem Dokumentenbuch einzuverleiben. So ist dies das einzige Dokument, das in Ihrem Dokumentenbuch fehlt. Ich möchte jedoch trotzdem Seite 73, Absatz 2 dieser Studie des Internationalen Arbeitsamts verlesen. Das Zitat ist nicht lang, sogar sehr kurz, und ich lese wörtlich:

»Die für die Anwerbung derjenigen ausländischen Arbeitskräfte benützten Methoden, die zur Beschäftigung in der Organisation bestimmt waren, unterschieden sich nicht sehr von den für die Rekrutierung von Ausländern zur Deportation nach Deutschland gebrauchten Methoden.«

Mit Organisation ist die »Organisation Todt« gemeint. Ich fahre in dem Zitat fort:

»Der größte Unterschied war der, daß die Haupttätigkeit der Organisation außerhalb der Grenzen Deutschlands lag und Ausländer deshalb nicht nach Deutschland transportiert wurden, sondern entweder in ihrem eigenen Lande arbeiteten oder in einem anderen besetzten Land.

Bei den Aushebungen von ausländischen Arbeitern für die Organisation wurden sowohl Zwangsmaßnahmen als auch Überredungsmethoden benutzt. Die letzteren gewöhnlich mit sehr geringem Erfolg.«

Außerdem wurden zum Arbeitsdienst ausgehobene alliierte Staatsangehörige von derselben Organisation Todt gezwungen, an Kriegsoperationen gegen ihr eigenes Land mitzuarbeiten.

Dokument 407-VIII-PS enthüllt, daß die ausländischen Arbeiter, die infolge Sauckels Bestrebungen in die »Organisation Todt« hineingezwungen wurden, tatsächlich an dem Bau der Befestigungen des Atlantik-Walls mitgearbeitet haben.

Als Chef der deutschen Kriegsproduktion befürwortete und förderte der Angeklagte Speer die Verwendung von Kriegsgefangenen in der Erzeugung von Rüstungsmaterial und Munition. Dies geht aus dem bereits erörterten Beweismaterial klar hervor.

Um es kurz zusammenzufassen, behaupten wir, daß dies zunächst dadurch bezeugt wird, daß Speer, nachdem er die Leitung der Rüstungsproduktion übernommen hatte, darauf bedacht war, sich in den Besprechungen mit seinen Mitschuldigen eine größere Zuteilung von Kriegsgefangenen für seine Rüstungsfabriken zu sichern. Dies wird bezeugt durch die von uns verlesenen Stellen des Dokuments R-124, der Protokolle über die Sitzungen der Zentralen Planung. Wie sich der Gerichtshof erinnern wird, beklagte sich Speer in einer dieser Sitzungen, daß nur 30 Prozent der russischen Kriegsgefangenen in der Rüstungsindustrie beschäftigt waren. Wir verweisen auf eine Rede Speers, 1435-PS, die wir zitierten, und in der er erklärte, daß auf seine Anordnung hin 10000 Kriegsgefangene der Rüstungsindustrie zur Verfügung gestellt wurden.

Und schließlich trat Speer dafür ein, daß entflohene Kriegsgefangene nach ihrer Wiedereinlieferung als Sträflinge in Fabriken eingestellt wurden. Dies geht wiederum aus Dokument R-124, Absatz 5, Seite 13 des englischen Textes hervor, wo der Angeklagte Speer sagt, daß er zu einer Regelung gekommen sei.

VORSITZENDER: Herr Dodd, glauben Sie nicht, daß wir das schon zur Genüge gehört haben?

MR. DODD: Ja, Herr Präsident.

VORSITZENDER: Wir haben Speers eigenes Zugeständnis und eine ganze Anzahl von Dokumenten, die beweisen, auf welche Art und Weise diese Kriegsgefangenen und andere Arbeiter nach Deutschland gebracht wurden.

MR. DODD: Ich wollte nur kurz auf diese Stelle in Dokument R-124 verweisen, um zu zeigen, daß dieser Angeklagte es befürwortete, entflohene Kriegsgefangene in die Rüstungsfabriken zurückzubringen.

VORSITZENDER: Welche Seite?

MR. DODD: Seite 13. Ich möchte nicht weiter die Frage der Verantwortlichkeit des Angeklagten Speer herausarbeiten. Ich war nur bemüht, oder besser gesagt, wir alle sind überaus darum bemüht, daß alle diese Dokumente zu Protokoll genommen werden und dem Hohen Gerichtshof vorliegen.

VORSITZENDER: Auf welche Stelle der Seite 13 wollen Sie verweisen?

MR. DODD: Ich habe nur kurz auf die Erklärung verwiesen, die damit beginnt: »Wir müssen mit dem Reichsführer der SS sobald wie möglich zu einer Klärung kommen.«

Und im vorletzten Satz heißt es: »Die Leute würden als Sträflinge in den Betrieben eingesetzt.«

Schließlich möchte ich noch mit Bezug auf den Angeklagten Speer vorbringen, daß er das Konzentrationslager Mauthausen besucht hat und auch Fabriken, wie die von den Kruppwerken geführten Betriebe, in denen Arbeiter aus KZ-Lagern unter erniedrigenden Bedingungen ausgebeutet wurden. Obwohl er diese Zustände in Mauthausen und an anderen Orten, wo diese Zwangsarbeiter in Fabriken arbeiteten, also aus erster Quelle kannte, fuhr er fort, die Verwendung dieser Art von Arbeit in unter seiner Kontrolle stehenden Fabriken anzuordnen.

VORSITZENDER: Wie wollen Sie dies hinsichtlich der Konzentrationslager beweisen?

MR. DODD: Ich will den Hohen Gerichtshof auf Seite 9 der Vernehmung vom 18. Oktober 1945 verweisen, und zwar auf Seite 11, Absatz 5 des deutschen Textes. Ich beginne mit Seite 9, Absatz 9 des englischen Textes:

»Frage: Aber im allgemeinen war Ihnen die Verwendung von Arbeitskräften aus Konzentrationslagern bekannt, und Sie billigten dies als eine Quelle für Arbeitskräfte?

Antwort: Ja.

Frage: Wußten Sie auch, wie ich annehme, daß unter den Insassen der Konzentrationslager sich sowohl Deutsche als auch Ausländer befanden?

Antwort: Ich dachte zu jener Zeit nicht darüber nach.

Frage: Nur als eine Tatsache, haben Sie das österreichische Konzentrationslager persönlich besucht?

Antwort: Ich habe nicht – ich war einmal in Mauthausen, aber zu jener Zeit wurde mir nicht gesagt, zu welcher Kategorie die Insassen des Konzentrationslagers gehörten.

Frage: Ist es richtig, daß im allgemeinen jedermann wußte, daß Ausländer, die von der Gestapo weggenommen oder von ihr verhaftet waren, ebenso wie Deutsche, ihren Weg in die Konzentrationslager fanden?

Antwort: Natürlich, ja. Ich wollte nicht irgendeinen Eindruck dieser Art erwecken.«

Auf Seite 15 dieses Verhörs, und zwar Absatz 13 des englischen Textes, und Seite 20 des deutschen Textes finden wir die Frage:

»Frage: Haben Sie, nebenbei bemerkt, jemals die Bedürfnisse von Krupp für ausländische Arbeitskräfte diskutiert?

Antwort: Ich bin sicher, daß mir berichtet wurde, was Krupp an ausländischen Arbeitern fehlte.

Frage: Haben Sie jemals mit einem Mitglied der Firma Krupp darüber diskutiert?

Antwort: Ich kann das nicht genau sagen, aber während meiner Tätigkeit besuchte ich die Krupp-Fabrik mehr als einmal, und es ist sicher, daß dies diskutiert wurde, d. h. der Mangel an Arbeitskräften.«

Bevor ich schließe, möchte ich die Zeit des Gerichtshofs noch zwei Minuten in Anspruch nehmen, um auf die Gesetze zu verweisen, die unserer Meinung nach auf diesen Fall bei Beurteilung der von uns vorgelegten Beweisdokumente anzuwenden sind. Zu allererst berufen wir uns auf Abschnitte 6 (b) und (c) des Statuts des Gerichtshofs. Wir behaupten weiter, daß die Taten der Verschwörer offenkundige Verletzungen der Artikel 46 und 52 der Bestimmungen des Anhangs zur Haager Konvention Nummer IV von 1907 darstellen.

Artikel 46 sucht die Ehre der Familie zu schützen, die Rechte und das Leben von Personen in Gebieten unter feindlicher Besetzung.

Artikel 52 sieht teilweise vor:

»Sachanforderungen und Dienste sollen von den Gemeinden oder Bewohnern nicht gefordert werden, mit Ausnahme für Bedürfnisse des Besatzungsheeres. Sie sollen im Verhältnis zu den Mitteln des Landes stehen.«

Wir behaupten, daß die Nazi-Verschwörer diesen Artikel verletzt haben, weil die von ihnen ausgehobenen Arbeitskräfte nicht zur Deckung des Bedarfs des Besatzungsheeres verwendet, sondern ganz im Gegenteil mit Gewalt aus den besetzten Gebieten verschleppt und im Interesse der deutschen Kriegsmaschine ausgebeutet wurden.

Schließlich erklären wir, daß diese Verschwörer, und insbesondere die Angeklagten Sauckel und Speer, durch Planung, Durchführung und Zustimmung zu dem gestern und heute beschriebenen Programm Kriegsgefangene versklavt und zu Zwangsarbeit mißbraucht haben. Sie haben sich dadurch der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und der Kriegsverbrechen schuldig gemacht und tragen hierfür die strafrechtliche Verantwortung.

VORSITZENDER: Sind Sie nun am Ende Ihrer Ausführungen, Herr Dodd?

MR. DODD: Ja, ich habe sie beendet.

VORSITZENDER: Ich möchte Sie fragen, warum Sie das Dokument 3057-PS nicht verlesen haben, das Sauckels Aussage enthält?

MR. DODD: Ja, ich hatte die Absicht, dieses Dokument vorzulegen. Der Verteidiger Sauckels hat mich vor ein oder zwei Tagen darüber unterrichtet, daß sein Mandant auf dem Standpunkt steht, daß er zur Abgabe dieser Aussage gezwungen worden sei. Da wir nicht genügend Zeit hatten, die Tatsachen des Falles festzustellen, zogen wir es vor, die Urkunde zurückzubehalten, anstatt sie dem Hohen Gerichtshof vorzulegen, solange nicht alle Zweifel behoben sind.

VORSITZENDER: Er hat Einspruch erhoben, und deshalb haben Sie sie nicht vorgelegt?

MR. DODD: Nein, wir haben sie nicht vorgelegt, da die Sache noch nicht geklärt ist.

VORSITZENDER: Jawohl.

MR. DODD: Darf ich dem Hohen Gerichtshof vorschlagen, eine kurze Verhandlungspause einzuschalten? Es tut mir leid, sagen zu müssen, daß ich den Gerichtshof noch einige Zeit mit den Verhältnissen in den Konzentrationslagern in Anspruch zu nehmen haben werde.

VORSITZENDER: Sie meinen, daß wir jetzt unterbrechen sollen?

MR. DODD: Wenn der Herr Vorsitzende einverstanden ist.

VORSITZENDER: Sicherlich, ja, für 10 Minuten.