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OBERST STOREY: Im Hinblick auf die Beherrschung des Deutschen Staates und der Regierung durch die Nazi-Partei und ihr Führerkorps, die durch das vorstehende Beweisvorbringen und durch die Beweise in den vorangehenden Anklageschriftsätzen festgelegt ist, behaupten wir, daß das Führerkorps der Nazi-Partei für alle Maßnahmen, einschließlich gesetzlicher Maßnahmen, verantwortlich ist, die vom Deutschen Staate und der Regierung zur Förderung der Verschwörung getroffen und von den Mitschuldigen und den hier als verbrecherisch angeklagten Organisationen ausgeführt wurden.

Ich gehe nun zu den offenen Untaten und Verbrechen des Korps der Politischen Leiter über. Das Beweismaterial, das wir nun vorlegen, wird zeigen, daß die Mitglieder des Führerkorps tatsächlich eine Vielzahl von mannigfaltigen Handlungen und Maßnahmen durchführten, die bestimmt waren, den Gang der Verschwörung zu fördern. Die Beweise werden zeigen, daß diese Teilnahme des Führerkorps an der Verschwörung Maßnahmen umfaßte, wie antisemitische Betätigungen, Kriegsverbrechen gegen Angehörige der alliierten Streitkräfte, Mithilfe an dem Zwangsarbeitsprogramm, Maßnahmen zur Unterdrückung und Zerstörung der christlichen Religion und zur Verfolgung christlicher Geistlichkeit, Plünderung und Raub von kulturellem und anderem Vermögen in den deutschbesetzten Gebieten Europas, Teilnahme an Plänen und Maßnahmen, die zur Auslösung und Führung von Angriffskriegen führten, und im allgemeinen eine Menge von Handlungen, die Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, wie sie im Statut definiert und unter Anklage gestellt sind.

Das erste Beweisstück, das wir vorlegen, behandelt die Teilnahme der Gauleiter und Kreisleiter an dem, wie es die Nazis nannten, »spontanen Aufstand des Volkes« gegen die Juden in ganz Deutschland am 9. und 10. November 1938. Wir beabsichtigen nicht, vom Text abzuweichen, um von Major Walsh bereits vorgelegte Beweise über die Verfolgung der Juden vorzubringen. Wir beabsichtigen nur, den Beweis über den Zusammenhang einiger Parteifunktionäre zu erbringen in Verbindung mit der Ermordung eines Beamten der Deutschen Botschaft in Paris am 7. November 1938. Die Beweise über diese Pogrome wurden bei der Beweisführung der Anklage in anderen Phasen dieses Falles, besonders bei der Judenverfolgung, vorgebracht. Ich werde mich daher auf zwei Schriftstücke beschränken und möchte den Gerichtshof daran erinnern, daß in der als Fernschreiben übermittelten Weisung des SS-Gruppenführers Heydrich vom 10. November 1938 an alle Polizeidirektionen und SD-Bezirke allen Befehlshabern der Staatspolizei befohlen wurde, sich mit den Politischen Leitern in den Gauen und Kreisen in Verbindung zu setzen, um mit diesen hohen Funktionären des Korps der Politischen Leiter die Organisation der sogenannten spontanen Demonstration gegen die Juden in die Wege zu leiten.

Das früher vorgelegte Beweismaterial zeigt, daß zufolge dieser Weisung eine große Anzahl jüdischer Geschäfte und Unternehmungen geplündert und zerstört, daß Synagogen in Brand gesetzt, einzelne Juden geprügelt und eine große Anzahl von ihnen in Konzentrationslager gebracht wurden. Dieses Beweismaterial zeigt zwingend die Verwendung und Teilnahme aller Kreisleiter und Gauleiter bei ungesetzlichen und unmenschlichen Handlungen, die darauf angelegt waren, das antisemitische Programm zu fördern, das ursprünglich und dauernd eines der Ziele des Korps der Politischen Leiter der Nazi-Partei bildete. Ich verweise nun erneut auf Dokument 3051-PS, US-240, und will die Aufmerksamkeit des Hohen Gerichtshofs nur auf die verschiedenen politischen Führer lenken, die in diesem Dokument genannt werden. Ich beabsichtige nicht, es vorzulegen, noch wieder darauf zu verweisen.

Wieder vom Text abweichend lege ich zum Beweis vor...

VORSITZENDER: Oberst Storey, ist es an diese verschiedenen Ränge des Führerkorps gerichtet?

OBERST STOREY: Herr Vorsitzender, ich entnehme der ersten Seite, daß es – ich beherrsche Deutsch nicht – an die Staatspolizei, an den SD und an einige SD-Beamte gerichtet ist.

VORSITZENDER: Was hat das mit dem Führerkorps zu tun?

OBERST STOREY: Es hat mit den Weisungen an Parteifunktionäre zu tun, an diesen Demonstrationen teilzunehmen. Mit anderen Worten, diese Weisung wurde durch bestimmte Mitglieder des Korps der Politischen Leiter abgesandt und weitergeleitet.

VORSITZENDER: Waren die Staatspolizei und der SD Ränge in dem Führerkorps?

OBERST STOREY: Wenn der Hohe Gerichtshof sich dieser Originaltafel zuwenden will, ich meine der großen Tafel, wird er feststellen, daß die SA, die SS und einige andere Organisationen auf der linken Seite der großen Karte eingezeichnet sind. Ich glaube, es handelt sich um die Mappe auf dem Tisch des Hohen Gerichtshofs. Mit anderen Worten, eine genaue Prüfung dieser Weisung wird zeigen, daß sie sich im Zusammenhang mit der Ausführung der Demonstrationen vom 9. und 10. November mit verschiedenen Politischen Leitern in Verbindung setzen sollten. Das ist der einzige Zweck, zu dem wir es vorlegen. Es wurde bereits zum Beweis vorgelegt, aber der Grund, daß ich es jetzt erwähne...

VORSITZENDER: Ich kann nicht sehen, daß es das zeigt. Es scheint mir ein Brief des Chefs der Sicherheitspolizei an alle Direktionen und Stellen der Staatspolizei zu sein.

OBERST STOREY: Ich habe die englische Übersetzung augenblicklich nicht zur Hand, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Gut, fahren Sie fort.

OBERST STOREY: Ich lege nunmehr Dokument 3063-PS, US-332, vor. Es war ein Bericht des Obersten Parteirichters Buch an den Angeklagten Göring vom 13. Februar 1939 über Maßnahmen, die vom Obersten Parteigericht wegen Ausschreitungen in Verbindung mit den Demonstrationen vom 9. und 10. November 1938 getroffen worden waren. Ich glaube nicht, Hoher Gerichtshof, daß dieses Schriftstück im Dokumentenbuch enthalten ist.

VORSITZENDER: Ja, es ist darin enthalten.

OBERST STOREY: Ich bitte um Verzeihung. Ich hatte vergessen, daß es darin enthalten ist. Ich zitiere nur eine kurze Stelle:

»Wenn in einer einzigen Nacht sämtliche Synagogen abbrennen, so muß das irgendwie organisiert sein und kann nur organisiert sein von der Partei.«

Es ist ein langes Dokument, und das ist die einzige Stelle, die ich daraus verlese. Ich kann leider nicht sagen, wo sie zu finden ist.

MR. BIDDLE: Auf welcher Seite?

OBERST STOREY: Es tut mir leid, ich habe das Verzeichnis der Dokumentenstellen nicht bei mir.

VORSITZENDER: Auf Seite 1. Wenn Sie das Schriftstück nicht vor sich haben, so hat es nicht viel Zweck, darauf zu verweisen.

OBERST STOREY: Ich habe den deutschen Text eben herübergereicht, Herr Vorsitzender.

»Wenn in einer einzigen Nacht sämtliche Synagogen abbrennen, so muß das irgendwie organisiert sein und kann nur organisiert sein von der Partei.«

Es ist der erste Absatz auf Seite 7. Ich will mich nun der Darstellung der Verbrechen gegen alliierte Flieger zuwenden. Die Mitglieder des Korps der Politischen Leiter der Nazi-Partei haben teilgenommen und sind mitverantwortlich für Ermordung, Verprügeln und Mißhandlung von alliierten Fliegern, die in Deutschland oder in deutschkontrollierten Gebieten landeten. Viele alliierte Flieger, die aus beschädigten Flugzeugen über Deutschland mit Fallschirmen absprangen, wurden nicht als Kriegsgefangene behandelt, sondern mit Einwilligung, ja sogar auf Anstiftung durch einige Mitglieder des Führerkorps der Nazi-Partei von deutschen Zivilisten geschlagen und ermordet. Dieses Verhalten des Korps der Politischen Leiter stellt eine flagrante und bewußte Verletzung der gemäß der Genfer Konvention festgelegten Verpflichtungen durch die Deutsche Regierung dar, nach welcher Kriegsgefangene vor Gewalttaten und Mißhandlung zu schützen sind.

Wie aus Dokument 2473-PS hervorgeht – es ist nicht notwendig, uns damit zu befassen –, nämlich einer Liste der Reichsleiter der Nazi-Partei, die im nationalsozialistischen Jahrbuch von 1943 erschienen ist, und wie sich weiter aus Dokument 2903-PS, der großen Wandkarte, ergibt, war Heinrich Himmler Reichsleiter der Nazi-Partei und somit einer der höchsten Funktionäre im Korps der Politischen Leiter kraft seiner Stellungen als Reichsführer SS und Beauftragter für deutsches Volkstum. Ich lege nun einen Originalbefehl Himmlers vor, Dokument R-110, US-333; es trägt das Datum des 10. August 1943. Ich zitiere:

»Es ist nicht Aufgabe der Polizei, sich in Auseinandersetzungen zwischen deutschen Volksgenossen und abgesprungenen englischen und amerikanischen Terrorfliegern einzumischen.«

Dieser Befehl war schriftlich an alle höheren SS- und Polizeiführer gegeben und war mündlich an die ihnen untergeordneten Offiziere sowie an alle Gauleiter weiterzugeben. Wie aus Dokument 2473-PS und auf dieser Karte zu ersehen ist, hat Joseph Goebbels...

VORSITZENDER: Ich dachte, daß die Polizei nicht ein Teil des Korps der Politischen Leiter war, oder war es anders?

OBERST STOREY: Himmler, Herr Vorsitzender, vereinigte das Amt des Reichsführers SS und des Chefs der Deutschen Polizei in seiner Person. Er war ein Staatsbeamter, er war aber auch ein Funktionär der Partei und gab diesen Befehl an die Funktionäre des Korps der Politischen Leiter.

MR. BIDDLE: Wollen Sie damit sagen, daß dieser Befehl Himmlers einen Beweis gegen die 600000 Mitglieder darstellt, von denen Sie gesprochen haben?

OBERST STOREY: Nicht gegen die Mitglieder, aber gegen die Organisation als verbrecherische Organisation, weil Befehle dieser Art durch die dienstlichen Kanäle des Korps der Politischen Leiter heruntergegeben wurden.

VORSITZENDER: Aber das eben wollte ich Ihnen sagen, sie gingen nicht durch die dienstlichen Kanäle des Führerkorps, sondern durch die Polizei.

OBERST STOREY: Aber die Polizei, Hoher Gerichtshof, stand in Verbindung mit dem Korps der Politischen Leiter, und Himmler stand an der Spitze von beiden. Es geht nicht aus dieser Karte hervor, wohl aber aus der anderen großen Karte, daß Goebbels, dank seiner Stellung als Propagandaleiter der Partei, eine der einflußreichsten Personen im Korps der Politischen Leiter der Nazi-Partei war.

In der Ausgabe des Völkischen Beobachters vom 29. Mai 1944 erschien ein von Goebbels, dem Reichsleiter für Parteipropaganda, verfaßter Artikel, in dem er die deutsche Zivilbevölkerung offen aufforderte, über Deutschland abgeschossene alliierte Flieger zu bestrafen. Ich nehme Bezug auf Dokument 1676-PS, US-334, nämlich die Ausgabe des Völkischen Beobachters mit dem Artikel, in dem die deutsche Bevölkerung zur Begehung von Kriegsverbrechen aufgefordert wird. Ich zitiere nun:

»Es ist nur mit Hilfe der bewaffneten Macht möglich, bei solchen Angriffen abgeschossene Feindpiloten in ihrem Leben zu sichern, da sie sonst von der heimgesuchten Bevölkerung totgeschlagen würden. Wer hat hier recht, die Mörder, die nach ihren feigen Untaten noch eine humane Behandlung seitens ihrer Opfer erwarten, oder die Opfer, die sich nach dem Grundsatz zur Wehr setzen wollen: Auge um Auge, Zahn um Zahn? Diese Fragen dürften nicht schwer zu beantworten sein.«

Reichsleiter Goebbels geht dann zu der folgenden Beantwortung seiner Frage über, ich zitiere wieder:

»Es erscheint uns kaum noch möglich und erträglich, deutsche Polizei und Wehrmacht gegen das deutsche Volk einzusetzen, wenn es Kindermörder so behandelt, wie sie es verdienen.«

Am 30. Mai 1944 erließ der Angeklagte Bormann, Reichsleiter und Chef der Parteikanzlei, ein Rundschreiben zu dieser Sache, das unwiderleglich beweist, daß abgeschossene britische und amerikanische Flieger von der deutschen Bevölkerung gelyncht wurden. Ich lege dieses Rundschreiben des Angeklagten Bormann zum Beweise vor; es ist Dokument 057-PS, US-329. Es befindet sich etwa zu Anfang des Dokumentenbuchs.

VORSITZENDER: Haben Sie dieses Buch?

OBERST STOREY: Einen Augenblick, Herr Vorsitzender!

Nach Hinweis darauf, daß in den vorhergehenden Wochen englische und amerikanische Flieger wiederholt Kinder, Frauen und Bauern sowie Fuhrwerke auf der Landstraße beschossen haben, erklärt Bormann im zweiten Absatz der englischen Übersetzung das Folgende. Ich zitiere:

»Mehrfach ist es vorgekommen, daß abgesprungene oder notgelandete Besatzungsmitglieder solcher Flugzeuge unmittelbar nach der Festnahme durch die auf das äußerste empörte Bevölkerung an Ort und Stelle gelyncht wurden. Von polizeilicher und strafrechtlicher Verfolgung der dabei beteiligten Volksgenossen wurde abgesehen.«

Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs besonders auf die Tatsache lenken, daß dieses Schreiben des Angeklagten Bormann durch die Befehlskette der Nazi-Partei verteilt wurde, und daß auf der Verteilerliste die Reichsleiter, Gauleiter, Kreisleiter und die Führer der Parteigliederungen und der der Partei angeschlossenen Verbände besonders erwähnt wurden. Der Angeklagte Bormann ersucht im ersten Absatz der Seite 2 der englischen Übersetzung, daß die Ortsgruppenleiter über den Inhalt dieses Rundschreibens mündlich zu unterrichten seien; nur mündlich!

Die Wirkung dieses Rundschreibens des Reichsleiters Bormann findet sich in einem Befehl vom 25. Februar 1945, den ich jetzt zum Beweis vorlege. Es ist Dokument L-154, US-335. Es ist ein Befehl von Albert Hoffmann, der zufolge seiner Stellung als Gauleiter und Reichsverteidigungskommissar des Gaues Westfalen-Süd ein bedeutendes Mitglied des Führerkorps war. Er ist an alle Landräte, Oberbürgermeister, Polizeibeamte und Kreisleiter sowie an die Kreisstabsführer des deutschen Volkssturms gerichtet. Der Befehl lautet:

»Sämtliche Jabo-Piloten, die abgeschossen werden, sind grundsätzlich der Volksempörung nicht zu entziehen. Ich erwarte von allen Dienststellen der Polizei, daß sie sich nicht als Beschützer dieser Gangstertypen zur Verfügung stellen. Behörden, die dem Volksempfinden zuwider handeln, werden von mir zur Rechenschaft gezogen. Alle Polizei- und Gendarmeriebeamten sind unverzüglich über diese meine Auffassung zu unterrichten.«

VORSITZENDER: Wer ist Hoffmann?

OBERST STOREY: Albert Hoffmann war auf Grund seiner Stellung als Gauleiter und Reichsverteidigungskommissar des Gaues Westfalen-Süd Mitglied des Führerkorps. In diesem Zusammenhang zitiere ich, Hoher Gerichtshof, die Bestimmungen des Artikels 2 der Genfer Konvention vom 27. Juli 1929, der wie folgt lautet. Ich bitte den Gerichtshof, dies amtlich zur Kenntnis zu nehmen:

»Die Kriegsgefangenen unterstehen der Gewalt der feindlichen Macht, aber nicht der Gewalt der Personen oder Truppenteile, die sie gefangengenommen haben. Sie müssen jederzeit mit Menschlichkeit behandelt und insbesondere gegen Gewalttätigkeiten, Beleidigungen und öffentliche Neugier geschützt werden.

Vergeltungsmaßnahmen an ihnen auszuüben ist verboten.«

VORSITZENDER: Ist das die 1907... ?

OBERST STOREY: Nein, die Genfer Konvention vom 27. Juli 1929, Artikel 2, die von Deutschland und den Vereinigten Staaten ratifiziert wurde. Aus den eben zitierten Bestimmungen geht klar hervor, daß die Genfer Konvention hinsichtlich der Kriegsgefangenen den Unterzeichnerstaaten die strengsten Verpflichtungen auferlegt, Kriegsgefangene vor Gewalttätigkeit zu schützen. Die eben vorgelegten Beweise zeigen, daß der Deutsche Staat diese Bestimmungen verletzte. Die Beweise zeigen auch, daß Mitglieder des Korps der Politischen Leiter der Nazi-Partei an der Verschwörung teilnahmen, die deutsche Zivilbevölkerung zur Mitwirkung an diesen Greueltaten aufzuhetzen.

Als nächstes komme ich zu einigen bezeichnenden Verbrechen gegen ausländische Arbeiter.

Am 13. September 1936 hielt Reichsorganisationsleiter Dr. Robert Ley eine Ansprache an 20000 Personen, die an einer Versammlung des Parteitags teilnahmen. Der offizielle Bericht über die Parteiversammlung stellt fest, daß der Führer mit »enthusiastischen Begeisterungsrufen« begrüßt wurde, als er mit seinem Stellvertreter, seinem ständigen Gefolge und mehreren Reichsleitern und Gauleitern durch die Halle schritt. Ich verweise auf Dokument 2283-PS, den Völkischen Beobachter vom 14. September 1936, Seite 11, Beweisstück US-337. In seiner Rede erklärte Reichsorganisationsleiter Robert Ley, daß er es nicht begreifen konnte, daß der Führer ihm »... Mitte April 1933 den Auftrag erteilte, die Gewerkschaften zu übernehmen... da er keinerlei inneren Zusammenhang zwischen seiner Aufgabe als Organisationsleiter der Partei und seiner neuen Aufgabe gesehen habe«. Ley fährt dann fort, daß es ihm sehr bald klar wurde, warum seine Stellungen als Reichsorganisationsleiter und als Führer der Deutschen Arbeitsfront es logisch machten, daß der Führer ihn dazu bestimmte, die freien Gewerkschaften in Deutschland zu zerschlagen und aufzulösen, und ich zitiere aus dem Dokument:

»Sehr bald war mir Ihre Entscheidung, mein Führer, klar und ich erkannte, daß die organisatorischen Maßnahmen der Partei erst dann zur vollen Auswirkung kommen können, wenn sie durch die Organisation des Volkes, das heißt, durch die Mobilisation der Energien des Volkes und durch die Zusammenfassung und Ausrichtung derselben ergänzt werden. ... Meine Aufgabe als Organisationsleiter der Partei und als Leiter der Deutschen Arbeitsfront war eine völlig einheitliche Aufgabe, das heißt, in allem was ich tat, handelte ich als Reichsorganisationsleiter der NSDAP. Die Deutsche Arbeitsfront war eine Einrichtung der Partei und wurde von ihr geführt. Die Deutsche Arbeitsfront mußte gebietlich und fachlich nach denselben Grundsätzen organisiert werden wie die Partei. Deshalb mußten die Gewerkschafts- und Arbeitgeberverbände unnachsichtlich zerschlagen werden und die Grundlage des Aufbaues bildete wie in der Partei die Zelle und die Ortsgruppe.«

Am 17. Oktober 1944 sandte Reichsleiter Rosenberg einen Brief an Reichsleiter Bormann, den ich als Dokument 327-PS, US-338, vorlege, mit welchem Rosenberg Bormann informierte, daß er ein Fernschreiben an die Gauleiter gesandt habe, um sie dringend aufzufordern, sich nicht in die Liquidation bestimmter namentlich aufgezählter Firmen und Bankhäuser einzumischen, die unter seiner Aufsicht standen. Rosenberg betonte Bormann gegenüber, daß »jede Verzögerung der Abwicklung oder etwa sogar eine selbständige Güterbeschlagnahme der Gauleiter eine aufgestellte Ordnung« für die Liquidation großer Vermögenssummen »beeinträchtigen oder zerstören würde...«

Am 7. November 1943 hielt der Generalstabschef der Wehrmacht in München einen Vortrag für die Reichsleiter und Gauleiter. Ich verweise auf das Dokument L-172, das bereits als Beweisstück US-34 vorgelegt wurde. Der Generalstabschef erklärte, daß es seine Absicht sei, einen Überblick über die strategische Lage am Anfang des fünften Kriegsjahres zu geben; er sei sich darüber im klaren, daß die Politischen Leiter im Reich und in den Gauen in Anbetracht ihrer verantwortungsvollen Aufgabe der Unterstützung des deutschen Kriegseinsatzes die Informationen dringend benötigen, die er ihnen geben könnte. Ich zitiere Teile aus seiner Rede:

»Reichsleiter Bormann hat mich gebeten, Ihnen heute einen Überblick über die strategische Lage am Anfang des fünften Kriegsjahres zu geben. ... Niemand – hat der Führer befohlen – darf mehr wissen und erfahren, als er für seine Aufgabe braucht, aber ich bin mir darüber im klaren, daß Sie, meine Herren, sehr viel brauchen, um Ihrer Aufgabe gerecht zu werden. In Ihren Gauen... konzentriert sich alles, was an feindlicher Propaganda, an Kleinmut, an böswilligen Gerüchten sich im Volke breitzumachen versucht. ... Gegen diese Welle der feindlichen Propaganda und der Feigheit... brauchen Sie das Wissen über die wirkliche Lage und deshalb glaube ich es verantworten zu können, Ihnen ein völlig offenes und ungeschminktes Bild über die Lage zu geben.«

Reichsleiter Bormann verteilte an alle Reichsleiter und Gauleiter und an die Führer der der Partei angeschlossenen Verbände ein undatiertes Rundschreiben.

Es ist Dokument 656-PS, US-339, geschrieben auf Briefpapier der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter-Partei, gezeichnet von Bormann, mit einem Befehl des Oberkommandos der Wehrmacht über das Notwehrrecht von deutschen Wachtposten und von deutschen Arbeitgebern und Arbeitern gegenüber Kriegsgefangenen. Der Befehl der Wehrmacht stellt fest, daß die Frage der Behandlung von Kriegsgefangenen immer wieder von Wehrmacht- und Parteidienststellen erörtert werde. Es heißt in dem Befehl, daß, wenn Kriegsgefangene sich weigern, Arbeitsbefehlen Folge zu leisten, der Wachmann

»... im Falle der äußersten Not und dringendsten Gefahr das Recht hat, in Ermangelung anderer Mittel den Gehorsam mit der Waffe zu erzwingen. Er darf die Waffe so weit gebrauchen, als dies zur Erreichung des Zweckes erforderlich ist.«

Am 18. April 1944 schlug Reichskommissar Lohse, Reichsminister für die besetzten Ostgebiete, in einem Brief an den Reichsjugendführer Axmann vor, daß die Hitlerjugend an der militärischen Erziehung der Jugend von Estland und Lettland teilnehmen und sie beaufsichtigen solle. Ich lege hierzu Dokument 347-PS, US-340, vor. Lohse stellt in dem Brief fest:

»In den Wehrertüchtigungslagern werden die jungen Letten in geschlossenen lettischen Gruppen unter lettischen Führern in lettischer Sprache ausgebildet – nicht weil das unser Ideal ist, sondern weil dringender militärischer Bedarf es so fordert.«

Lohse führt weiter in dem erwähnten Brief aus, und ich zitiere:

»... im Gegensatz zu den germanischen Völkern des Westens soll die Wehrertüchtigung nicht mehr auf Grund freiwilliger Meldung, sondern gesetzlicher Pflicht durchgeführt werden. Auch die Lager in Estland und Lettland werden unter deutscher Führung stehen müssen und als Wehrertüchtigungslager der Hitlerjugend ein Zeichen unseres über die Reichsgrenzen hinausgehenden Erziehungsauftrages sein. ...

Ich sehe in der Durchführung der Wehrertüchtigung der estnischen und lettischen Jugend nicht nur eine militärische Notwendigkeit, sondern auch einen Kriegsauftrag gerade der Hitlerjugend. Ich wäre Ihnen, Parteigenosse Axmann, dankbar, wenn die Hitlerjugend sich für diese Aufgabe mit derselben Bereitwilligkeit zur Verfügung stellt, mit der sie bisher unsere Arbeit im baltischen Raum unterstützt hat.«

Ich zitiere eine Verordnung des Reichsinnenministers Frick vom 22. Oktober 1938, 1438-PS, und bitte den Gerichtshof um amtliche Kenntnisnahme:

»Der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei... kann die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung notwendigen Verwaltungsmaßnahmen auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gesetzlichen Grenzen treffen.«

Die obengenannte Verordnung bezieht sich auf die Verwaltung der sudetendeutschen Gebiete.

In einem Brief vom 15. April 1943, 407-PS, der schon als Beweisstück US-209 vorgelegt wurde, schrieb der Gauleiter und Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz, Sauckel, an Hitler einen Bericht über die Erfolge des Zwangsarbeitsprogramms bis zu diesem Tage und erklärte folgendes; ich zitiere:

»Seien Sie dessen versichert, daß der Gau Thüringen und ich Ihnen und unserem teuren Volk mit dem Einsatz aller Kräfte dienen werden.«

Ich lege jetzt Dokument 630-PS als Beweisstück US-342 vor. Ich bitte den Gerichtshof, das Augenmerk darauf zu richten, daß dies auf dem persönlichen Briefpapier Adolf Hitlers geschrieben ist. Das Schreiben ist datiert vom 1. September 1939 und ist an Reichsleiter Bouhler und Dr. med. Brandt gerichtet; es ist von Hitler persönlich unterzeichnet; und ich möchte das Dokument vollständig zitieren, es ist kurz:

»Reichsleiter Bouhler und Dr. med. Brandt sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, daß nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann.« Unterschritt: »Adolf Hitler«

Eine handgeschriebene Bemerkung auf diesem Dokument zeigt: »von Bouhler mir übergeben am 27. 8. 40«, unterschrieben: »Dr. Gürtner«.

In einer Aufzeichnung, die ein zwischen ihm selbst und Himmler geschlossenes Abkommen wiedergibt, erklärt Justizminister Thierack, daß auf Vorschlag von Reichsleiter Bormann ein Übereinkommen zwischen Himmler und ihm selbst geschlossen worden sei über eine »polizeiliche Sonderbehandlung bei nicht genügenden Justizurteilen«.

Ich verweise auf Dokument 654-PS, US-218, das schon vorgelegt wurde; ich möchte nur eine Stelle zitieren:

Ȇber die Frage, ob polizeiliche Sonderbehandlung eintreten soll oder nicht, entscheidet der Reichsjustizminister.

Der Reichsführer SS sendet seine Berichte, die er bisher dem Reichsleiter Bormann zusandte, an den Reichsjustizminister.

... Stimmen beider Ansichten nicht überein, so wird die Meinung des Reichsleiters Bormann, der evtl. den Führer unterrichten wird, herbeigezogen.«

In der Aufzeichnung heißt es weiter:

»Auslieferung asozialer Elemente aus dem Strafvollzug an den Reichsführer SS zur Vernichtung durch Arbeit. Es werden restlos ausgeliefert die Sicherungsverwahrten, Juden, Zigeuner, Russen und Ukrainer, Polen über 3 Jahre Strafe, Tschechen oder Deutsche über 8 Jahre Strafe nach Entscheidung des Reichsjustizministers. Zunächst sollen die übelsten asozialen Elemente unter letzteren ausgeliefert werden. Hierzu werde ich den Führer durch Reichsleiter Bormann unterrichten.«

In Bezug auf die »Rechtsprechung durch das Volk« führte der Verfasser weiter aus:

»Diese ist Schritt für Schritt... möglichst bald durchzuführen. ... Hierzu werde ich durch einen Artikel im Hoheitsträger besonders die Partei zur Mitwirkung anregen.«

Meine Herren Richter, Sie haben bereits Abschritten dieser Schrift gesehen. Ich überspringe nun Absatz 16 und 17.

Ein Schnellbrief vom RSHA, das heißt dem Reichssicherheitshauptamt, an alle Chefs der Polizei vom 5. November 1942, Dokument L-316, US-346, gibt ein von Hitler gebilligtes Abkommen zwischen dem Reichsführer SS und dem Reichsjustizminister wieder. Meine Herren, ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf den roten Rand des Originaldokuments lenken, das auch den Stempel der Partei trägt; es bestimmte, daß das ordentliche Strafverfahren auf Polen und Angehörige der Ostvölker nicht mehr angewandt werden dürfe. Das Übereinkommen ordnete an, daß solche Personen, einschließlich der Juden und Zigeuner, künftig an die Polizei abgegeben werden sollten. Die Grundsätze, die bei der Festsetzung der Strafen gegen deutsche Rechtsbrecher gelten, einschließlich der Berücksichtigung der Motive des Täters, hätten für ausländische Verbrecher keine Geltung. Ich zitiere von Seite 2 des Dokuments:

»Die Tat eines Fremdvölkischen ist nicht unter dem Gesichtswinkel der justizmäßigen Sühne, sondern unter dem Gesichtswinkel der polizeilichen Gefahrenabwehr zu sehen.

Hieraus ergibt sich, daß die Strafrechtspflege gegen Fremdvölkische aus den Händen der Justiz in die Hände der Polizei überführt werden muß.

Die vorstehenden Ausführungen dienen der persönlichen Information. Es bestehen jedoch keine Bedenken, im Bedarfsfalle die Gauleiter in entsprechender Form zu unterrichten.«

Ich überspringe nun Absatz 19 und 20 des Textes und verweise auf Dokument 1058-PS, das bereits als Beweisstück US-147 vorgelegt worden ist. In einer Rede vor Personen, die mit dem Ostproblem nahe befaßt waren, erklärte Reichsleiter Rosenberg am 20. Juni 1941, daß die südrussischen Gebiete und der nördliche Kaukasus die Lebensmittel für das deutsche Volk zu liefern hätten. Ich zitiere Rosenbergs Worte:

»Wir sehen durchaus nicht die Verpflichtung ein, aus diesen Überschußgebieten das russische Volk mit zu ernähren. Wir wissen, daß das eine harte Notwendigkeit ist, die außerhalb jeden Gefühls steht.«

VORSITZENDER: Das ist bereits zweimal verlesen worden.

OBERST STOREY: Verzeihung, ich habe es nicht gehört. Streichen Sie es bitte aus dem Protokoll.

Ich nehme nun Bezug auf Dokument R-114; ich glaube es ist das letzte Stück im Dokumentenbuch US-314.

Gauleiter Wagner, dem die deutschbesetzten Gebiete von Elsaß unterstellt waren, bereitete die Vertreibung und Deportation bestimmter Gruppen der elsässischen Zivilbevölkerung vor und ergriff die Maßnahmen zur Durchführung dieses Vorhabens. Seine Pläne zielten hin auf die zwangsweise Aussiedlung gewisser Gruppen von sogenannten unerwünschten Personen als Bestrafung sowie auf zwangsweise Germanisierung. Der Gauleiter leitete die Deportationsmaßnahmen im Elsaß in der Zeit von Juli bis Dezember 1840, in deren Verlauf 105000 Personen entweder vertrieben oder an ihrer Rückkehr gehindert wurden. Eine Aufzeichnung vom 4. August 1942 über eine Sitzung Höherer SS- und Polizeiführer, die zusammengekommen waren, um die Berichte und Pläne des Gauleiters über Aussiedlungen aus dem Elsaß anzuhören, stellt fest, daß die deportierten Personen hauptsächlich »Juden, Zigeuner und andere fremdrassige Elemente, Verbrecher, Asoziale und unheilbar Geisteskranke, ferner Franzosen und Frankophile waren«. Der Aufzeichnung zufolge erklärte der Gauleiter, vom Führer die Genehmigung erhalten zu haben, »Elsaß von allen Fremden, Kranken und unzuverlässigen Elementen zu säubern«, und hob die Notwendigkeit weiterer Aussiedlungen hervor. Die Aufzeichnung berichtet weiter, daß die SS- und Polizeifunktionäre, die an der erwähnten Versammlung teilnahmen, den Vorschlägen des Gauleiters zu weiteren Deportationen zustimmten.

Ich gehe nun zum nächsten Absatz, Absatz 24, über.

Der Aktenvermerk von Reichsleiter Bormann über eine Sitzung, die Hitler in seinem Hauptquartier am 16. Juli 1941 abhielt, ist Dokument L-221, US-317. Ich bitte um Entschuldigung, ich glaube, die Urkunde wurde heute Morgen bereits verlesen. Ich wollte nur in Verbindung mit den Reichsleitern auf das Dokument verweisen. Ich glaube, Hauptmann Harris hat heute Morgen aus diesem Dokument zitiert, deshalb möchte ich nicht erneut daraus vorlesen.

Darf ich Ihre Aufmerksamkeit jedoch darauf lenken, daß Reichsleiter Rosenberg, Reichsminister Lammers, Feldmarschall Keitel, der Reichsmarschall und Bormann an der Sitzung, die ungefähr zwanzig Stunden dauerte, teilgenommen haben. Der Aktenvermerk erklärt, daß Erörterungen über die deutsche Annektierung verschiedener Gebiete des eroberten Europas stattfanden. Der Aktenvermerk besagt auch, daß es zu einer langen Erörterung über die Eignung des Gauleiters Lohse kam, der von Rasenberg bei dieser Konferenz als Gouverneur der Baltischen Länder vorgeschlagen wurde.

Ferner wurde, wie der Aktenvermerk berichtet, auch die Eignung anderer Gauleiter und anderer Kommissare für die Verwaltung verschiedener besetzter russischer Gebiete besprochen. Göring erklärte, wieder dem Aktenvermerk zufolge, daß er Gauleiter Terboven »die Halbinsel Kola zur Ausbeutung übergeben wolle; der Führer ist damit einverstanden«. Ich glaube, die darauffolgende Stelle ist auch schon zitiert worden.

Ich komme nun zu der Teilnahme des Korps der Politischen Leiter an der Unterdrückung der Christlichen Kirche und an der Verfolgung der Geistlichkeit und möchte dazu einige bezeichnende Verbrechen anführen.

Das Beweismaterial über die systematischen Anstrengungen der Angeklagten und ihrer Mitschuldigen zur Ausschaltung der Christlichen Kirche in Deutschland ist bereits durch das US-Beweisstück-Buch »H« von Major Wallis im Zusammenhang mit den Versuchen der Nazis, die Christliche Kirche zu beseitigen, vorgelegt worden. Die Beweise, die ich jetzt vorbringen will, sind begrenzt auf die Verantwortlichkeit des Führerkorps der Nazi-Partei und seiner Mitglieder für die widerrechtliche Tätigkeit gegen die Christliche Kirche und die Priesterschaft.

Der Angeklagte Bormann gab einen Geheimerlaß an alle Gauleiter unter dem Titel »Verhältnis von Nationalsozialismus zum Christentum« heraus. Es ist Dokument D-75, US-348. In diesem Schreiben erklärte Reichsleiter Bormann rundweg, daß Nationalsozialismus und Christentum unvereinbar seien und der Einfluß der Kirchen in Deutschland ausgeschaltet werden müsse.

Ich zitiere die entsprechenden Teile dieses Erlasses und beginne mit dem ersten Absatz auf Seite 3 oben, der wie folgt lautet:

»Nationalsozialistische und christliche Auffassungen sind unvereinbar. ... Unser nationalsozialistisches Weltbild steht weit höher als die Auffassungen des Christentums, die in ihren wesentlichen Punkten vom Judentum übernommen worden sind. Auch aus diesem Grunde bedürfen wir des Christentums nicht. ... Wenn also unsere Jugend künftig einmal von diesem Christentum, dessen Lehren weit unter den unseren stehen, nichts mehr erfährt, wird das Christentum von selbst verschwinden. ...

Aus der Unvereinbarkeit nationalsozialistischer und christlicher Auffassungen folgt, daß eine Stärkung bestehender und jede Förderung entstehender christlicher Konfessionen von uns abzulehnen ist. Ein Unterschied zwischen den verschiedenen christlichen Konfessionen ist hier nicht zu machen. Aus diesem Grund ist daher auch der Gedanke einer Errichtung einer evangelischen Reichskirche unter Zusammenschluß der verschiedenen evangelischen Kirchen endgültig aufgegeben worden, weil die evangelische Kirche uns genau so feindlich gegenübersteht wie die katholische Kirche. Jede Stärkung der evangelischen Kirche würde sich lediglich gegen uns auswirken. ...

Zum ersten Male in der deutschen Geschichte hat der Führer bewußt und vollständig die Volksführung selbst in der Hand. Mit der Partei, ihren Gliederungen und angeschlossenen Verbänden hat der Führer sich und damit der deutschen Reichsführung ein Instrument geschaffen, das ihn von der Kirche unabhängig macht. Alle Einflüsse, die die durch den Führer mit Hilfe der NSDAP ausgeübte Volksführung beeinträchtigen oder gar schädigen konnten, müssen ausgeschaltet werden. Immer mehr muß das Volk den Kirchen und ihren Organen, den Pfarrern, entwunden werden. Selbstverständlich werden und müssen die Kirchen, von ihrem Standpunkt betrachtet, sich gegen diese Machteinbuße wehren. Niemals aber darf den Kirchen wieder ein Einfluß auf die Volksführung eingeräumt werden. Dieser muß restlos und endgültig gebrochen werden.

Nur die Reichsführung und in ihrem Auftrag die Partei, ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände haben ein Recht zur Volksführung. Ebenso wie die schädlichen Einflüsse der Astrologen, Wahrsager und sonstigen Schwindler ausgeschaltet und durch den Staat unterdrückt werden, muß auch die Einflußmöglichkeit der Kirche restlos beseitigt werden. Erst, wenn dieses geschehen ist, hat die Staatsführung den vollen Einfluß auf die einzelnen Volksgenossen. Erst dann sind Volk und Reich für alle Zukunft in ihrem Bestande gesichert.«

Ich lege nun Dokument 070-PS, US-349, vor. Es ist die Kopie eines Schreibens aus der Dienststelle Bormanns vom 25. April 1941 an den Angeklagten Rosenberg, in seiner Eigenschaft als Beauftragter des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP. In diesem Schreiben erklärt Bormanns Büro, daß Maßnahmen getroffen wurden, die Morgengebete und andere Gottesdienste abzuschaffen und durch nationalsozialistische Sinnsprüche und Schlagworte zu ersetzen. Ich zitiere den ersten Absatz des Dokuments 070-PS:

»Die konfessionellen Morgenandachten in den Schulen werden auf unsere Veranlassung immer stärker abgebaut und beseitigt. In ähnlicher Weise sind auch in verschiedenen Teilen des Reiches bereits sowohl die konfessionellen als auch die überkonfessionellen Gebete in den Schulen durch nationalsozialistische Sinnsprüche ersetzt worden. Ich wäre Ihnen für Stellungnahme dankbar, ob statt der bisherigen meist konfessionellen Morgenandacht in der Schule, die meistens wöchentlich einmal stattfand, künftig eine nationalsozialistische Morgenfeier durchgeführt werden soll.«

In einem Schreiben von Reichsleiter Bormann an Reichsleiter Rosenberg vom 22. Februar 1940, Dokument 098-PS, US-350, das ich jetzt zum Beweis vorlege, erklärt Bormann Rosenberg, daß christliche Religion und Nationalsozialismus unvereinbar seien. Bormann führt als Beispiel für die feindliche...

VORSITZENDER: Wollen Sie uns die Nummer des Dokuments angeben, bevor Sie sich darauf beziehen?

OBERST STOREY: Ich bitte um Entschuldigung.

VORSITZENDER: Dies ist 098-PS.

OBERST STOREY: Dokument 098-PS.

VORSITZENDER: Das Dokument, auf das Sie vorher verwiesen haben, war 070-PS.

OBERST STOREY: 070-PS.

VORSITZENDER: Und das vorhergehende D-75?

OBERST STOREY: Das ist richtig, Hoher Gerichtshof! Um nicht das ganze Dokument zu verlesen, habe ich es zusammengefaßt. Bormann führt als Beispiel für den feindlichen Zwiespalt zwischen Nationalsozialismus und Kirchen die Einstellung der letzteren zur Rassenfrage, zum Zölibat der Priester und den Mönchs- und Nonnenorden an. Bormann erklärt weiter, daß die Kirchen nicht durch ein Kompromiß unterdrückt werden könnten, sondern nur durch eine neue Weltanschauung, wie sie in Rosenbergs Werken angekündigt ist. Bormann schlägt die Ausarbeitung eines nationalsozialistischen Katechismus vor, um dem Teil der deutschen Jugend, der konfessionelle Religionsausübung ablehnt, einen moralischen Halt zu geben, und um eine moralische Grundlage für die nationalsozialistischen Lehren zu schaffen, die dann allmählich die christliche Religion ersetzen sollen. Bormann schlägt vor, einige der Zehn Gebote mit dem nationalsozialistischen Katechismus zu verschmelzen, und erklärt, daß einige neue Gebote hinzugefügt werden sollten, wie zum Beispiel:. Du sollst tapfer sein! Du sollst nicht feige sein! Du sollst an Gottes Gegenwart glauben in der Natur, auch in Tieren und Pflanzen! Du sollst Dein Blut rein halten! und so weiter. Er schließt damit, daß er die Frage für so wichtig halte, daß sie sobald wie möglich mit den Mitgliedern der Reichsleitung besprochen werden sollte.

Ich möchte aus dem fünften Absatz auf Seite 1 der englischen Übersetzung des Dokuments 098-PS verlesen:

»Christentum und Nationalsozialismus sind Erscheinungen, die aus ganz verschiedenen Grundursachen entstanden sind. Beide unterscheiden sich im grundsätzlichen so stark von einander, daß es nicht möglich sein wird, eine christliche Lehre zu konstruieren, die von der Ebene der nationalsozialistischen Weltanschauung aus voll bejaht werden könnte, ebenso wie sich die christlichen Glaubensgemeinschaften niemals dazu verstehen können, die Weltanschauung des Nationalsozialismus in vollem Umfange als richtig anzuerkennen.«

Dann zitiere ich vom letzten Absatz auf Seite 5 des Dokuments:

»Der Stellvertreter des Führers hält es für notwendig, daß über diese Fragen in allerkürzester Zeit im Beisein der Reichsleiter, die durch sie in besonderem Maße be rührt werden, eingehend gesprochen wird.«

Als nächstes lege ich Dokument 107-PS vor.

VORSITZENDER: Sind Sie der Ansicht, daß die Blockleiter bei jenen Besprechungen tatsächlich zugegen gewesen sein sollen?

OBERST STOREY: Hoher Gerichtshof! In Verbindung mit den Richtlinien in ihrer Politik reicht das Führerprinzip von der Spitze bis hinunter zum Grund, und bei Anwendung dieser Politik kann man Weisungen weit hinunter bis zu den Blockleitern durchgeben. Er sagt, daß die Frage in Verbindung mit den Reichsleitern besprochen werden soll, die ja die Parteileiter sind. Ich nehme an, daß, wenn die Reichsleiter dies als Politik annehmen, sie auch entsprechende Anweisungen an die untergeordneten Mitglieder weitergeben konnten. Herr Lambert hat auch gemeint, daß es nicht möglich gewesen sei, diese Fragen mit dem ganzen Korps der Politischen Leiter zu besprechen und daher seien sie eben nur mit den Parteileitern erörtert worden.

MR. BIDDLE: Bildet das Dokument einen Beweis dafür, daß es mit den Leitern besprochen wurde?

OBERST STOREY: Nein, das geht nicht daraus hervor, aber es zeigt, daß es Gegenstand der Besprechungen der Leitung der Nazi-Partei war.

VORSITZENDER: Ja, die Frage ist aber, wer die Leiter sind?

OBERST STOREY: Fünf oder sechs von ihnen sitzen hier; es waren insgesamt sechzehn.

VORSITZENDER: Ja, aber ich dachte, Sie fordern uns dazu auf, die ganze Organisation bis hinunter zu den Blockleitern für verbrecherisch zu erklären!

OBERST STOREY: Das ist richtig, Herr Vorsitzender, aber dies hier ist nur ein einziges Beweisstück, nur ein Zug des verbrecherischen Charakters der Organisation, und wir können nicht in jedem Falle beweisen, daß alle davon wußten. Wir versuchen verschiedene Vergehen und verschiedene Verbrechen herauszugreifen, die innerhalb der Partei begangen worden sind.

Ich lege nun Dokument 107-PS, US-351, vor. Es ist ein Rundschreiben vom 17. Juni 1938 des Angeklagten Bormann als Reichsleiter und Stellvertreter des Führers an alle Reichs- und Gauleiter. Bormanns Schreiben enthält eine Abschrift der von Reichsleiter Hierl ausgearbeiteten Richtlinien, die bestimmte einschränkende Anordnungen über die Teilnahme an kirchlichen Feiern der Mitglieder des Reichsarbeitsdienstes enthielten. Ich zitiere die darauf bezüglichen Stellen der von Reichsleiter Hierl herausgegebenen Richtlinien und beginne mit dem ersten Absatz der Liste der Richtlinien von Dokument 107-PS, Seite 1 der englischen Übersetzung:

»Der Reichsarbeitsdienst ist eine Erziehungsschule, in der die deutsche Jugend im Geiste des Nationalsozialismus zur Volksgemeinschaft erzogen werden soll. ... Es ist nicht entscheidend, welches kirchliche Glaubensbekenntnis der einzelne hat. Entscheidend ist; daß er sich zuerst als Deutscher fühlt.

Jede konfessionelle Erörterung ist im Reichsarbeitsdienst verboten, weil sie das kameradschaftliche Zusammenwachsen aller Arbeitsmänner und Arbeitsmaiden stört.

Aus diesem Grunde ist auch jede Teilnahme des Reichsarbeitsdienstes an kirchlichen, das heißt konfessionellen Veranstaltungen und Feiern nicht möglich.«

Der Gerichtshof wird es zu würdigen wissen, daß die Stellung des Angeklagten Bormann als Stellvertreter des Führers im Korps der Politischen Leiter der Nazi-Partei und als Chef der Nazi-Parteikanzlei und die Stellung des Angeklagten Rosenberg als Beauftragter des Führers für die gesamte geistige und weltanschauliche Erziehung der Nazi-Partei, den Ansichten dieser Angeklagten über Religion und Religionspolitik stärksten offiziellen Rückhalt gaben. Die antichristlichen Äußerungen und die antichristliche Politik dieser beiden Angeklagten bezeugen eine Übereinstimmung in der geistigen Einstellung und in den Absichten dieser beiden außerordentlich mächtigen Parteiführer, die, wie die Beweise noch zeigen werden, durch die tatsächliche Behandlung der Kirchen seit 1933 und im Verlaufe der Verschwörung genügend bestätigt wird.

Ich lege nun Dokument 2349-PS, US-352, vor, einen Auszug aus dem vom Angeklagten Rosenberg geschriebenen Buch »Mythus des 20. Jahrhunderts«. Ich zitiere aus diesem Dokument:

»Die Idee der Ehre – der Nationalehre – wird für uns Anfang und Ende unseres ganzen Denkens und Handelns. Sie verträgt kein gleichwertiges Kraftzentrum, gleich welcher Art, neben sich, weder die christliche Liebe, noch die freimaurerische Humanität, noch die römische Philosophie.«

Ich lege nun Dokument 848-PS als Beweisstück US-353 vor. Es ist ein von Berlin nach Nürnberg gesandtes Fernschreiben der Gestapo vom 24. Juli 1938 über Demonstrationen und Gewaltakte gegen Bischof Sproll in Rottenburg. Die Gestapo in Berlin telegraphierte an die Nürnberger Dienststellen einen von ihrer Stuttgarter Dienststelle erhaltenen Fernschreibebericht über Ausschreitungen und Roheitsakte von Nazi-Parteimitgliedern gegen Bischof Sproll. Ich zitiere vom vierten Absatz auf Seite 1 der englischen Übersetzung des Dokuments 848-PS wie folgt:

»Die Partei hat am 23. Juli 1938 von 21.00 Uhr an die dritte Demonstration gegen Bischof Sproll durchgeführt. Rund 2500-3000 Teilnehmer wurden mit Omnibussen usw. von auswärts herbeigeschafft. Die Rotten burger Bevölkerung beteiligte sich wieder nicht an der Demonstration, nahm diesmal vielmehr eine feindliche Haltung gegenüber den Demonstranten ein. Die Aktion glitt den von der Partei bestellten verantwortlichen PG vollständig aus der Hand. Die Demonstranten stürmten das Palais, schlugen die Tore und Türen ein. Ungefähr 150-200 Menschen drangen in das Palais ein, durchsuchten die Zimmer, warfen Akten aus den Fenstern und durchwühlten die Betten in den Zimmern des Palais. Ein Bett wurde angezündet. ...

Der Bischof befand sich mit dem Erzbischof Gröber von Freiburg und den Herren und Damen seiner Umgebung in der Kapelle beim Gebet. In diese Kapelle drangen ungefähr 25-30 Personen ein und belästigten die dort Anwesenden. Bischof Gröber wurde für Bischof Sproll gehalten, am Rock gefaßt und hin- und hergezogen.«

Der Gestapobeamte in Stuttgart fügt hinzu, Bischof Gröber beabsichtige »sich erneut an den Führer und Reichsinnenminister Dr. Frick zu wenden«. Der Gestapobeamte sagte weiter, daß er einen ausführlichen Bericht über die Demonstrationen erstattet habe, nachdem Gegenmassenversammlungen unterdrückt worden waren.

Am 23. Juli 1938 sandte der Reichsminister für die Kirchlichen Angelegenheiten, Kerrl, ein Schreiben an den Staatsminister und Chef der Präsidialkanzlei in Berlin, in dem er erklärte, daß Bischof Sproll durch seine Nichtteilnahme an der Volksabstimmung am 10. April den Unwillen des Volkes hervorgerufen habe. Ich lege jetzt Dokument 849-PS, US-354, vor. In diesem Schreiben stellte Kerrl fest, daß der Gauleiter und Reichsstatthalter von Württemberg entschieden habe, daß Bischof Sproll im Interesse der Wahrung der staatlichen Autorität und der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung nicht länger im Amt verbleiben könne. Ich zitiere aus dem dritten Absatz der Seite 1 des Dokuments 849-PS:

»Der Herr Reichsstatthalter ließ der kirchlichen Behörde erklären, daß er Bischof Sproll wegen seiner Wahlenthaltung in dem Amt als Oberhirte der Diözese in Rottenburg nicht mehr für tragbar erachte; daß er wünsche, Bischof Sproll möge das Gaugebiet Württemberg- Hohenzollern verlassen, weil er keine Bürgschaft für dessen persönliche Sicherheit übernehmen könne; daß er im Falle der Rückkehr des Bischofs nach Rottenburg dafür Sorge tragen werde, daß jeder persönliche und amtliche Verkehr mit ihm seitens der staatlichen Stellen wie der Parteidienststellen und der Wehrmacht abgebrochen werde.«

Kerrl behauptet in dem obenerwähnten Schreiben weiter, daß sein Vertreter das Auswärtige Amt veranlaßt habe, durch die Deutsche Botschaft beim Vatikan den Heiligen Stuhl dringend zu bitten, Bischof Sproll dazu zu überreden, von seinem Amt als Bischof zurückzutreten. Kerrl schließt mit der Erklärung, daß, wenn die Bemühungen um die Resignation des Bischofs erfolglos blieben, »der Bischof entweder des Landes verwiesen werden oder eine vollständige Boykottierung durch die Behörden einsetzen müsse«.

Am 14. Juli 1939 gab der Angeklagte Bormann in seiner Eigenschaft als Stellvertreter des Führers eine Parteiverordnung heraus, nach der Mitglieder der Partei, die Theologie studieren oder dem Klerus beitreten, aus der Partei auszutreten haben. Ich lege nun Dokument 840-PS, US-355, zum Beweis vor. Es ist die Abschrift der Bormannschen Anordnung über die Zulassung von Mitgliedern des Klerus oder von Studenten der Theologie zur Partei. Ich zitiere vom letzten Absatz der englischen Übersetzung, der lautet:

»Ich ordne darüber hinaus an, daß in Zukunft die Parteigenossen, die in den Geistlichen Stand eintreten oder die sich dem Studium der Theologie zuwenden, aus der Partei auszuscheiden haben.«

In dieser Anordnung bezieht sich Bormann auf eine frühere Verordnung, datiert vom 9. Februar 1937, in der er bestimmt hatte, daß die Zulassung von Mitgliedern des Klerus in die Partei zu vermeiden sei. In dieser Anordnung verweist Bormann beifällig auf eine Verfügung des Reichsschatzmeisters der Partei vom 10. Mai 1939, die bestimmt, daß Geistliche sowie andere Deutsche, die ebenfalls eng mit der Kirche verbunden sind, nicht in die Partei aufgenommen werden können.

Ich verweise jetzt auf Dokument 3268-PS, US-356, das Auszüge aus der feierlichen Ansprache Seiner Heiligkeit, des Papstes Pius XII., an das Heilige Kollegium vom 2. Juni 1945 enthält. In dieser Ansprache erklärt Seine Heiligkeit, daß er im Laufe der zwölf Jahre, die er inmitten des deutschen Volkes gelebt habe, dessen hervorragende Eigenschaften kennengelernt habe. Er spricht seine Zuversicht aus, daß Deutschland sich zu neuer Würde und zu neuem Leben erheben werde, sobald es das satanische Gespenst des Nationalsozialismus verbannt habe und die Schuldigen ihre Verbrechen gesühnt hätten.

Nach Erwähnung der wiederholten Verletzungen des Konkordats von 1933 durch die Deutsche Regierung erklärte Seine Heiligkeit, und ich zitiere von Seite 1, letzter Absatz der englischen Übersetzung des Dokuments 3268-PS.

»Tatsächlich hat sich der Kampf gegen die Kirche immer mehr verschärft: Zerstörung der katholischen Organisationen, fortschreitende Auflösung der blühenden öffentlichen und privaten katholischen Schulen, gewaltsame Trennung der Jugend von Familie und Kirche, Vergewaltigung der Gewissen der Staatsbürger, besonders der Beamten, systematische Verleumdung der Kirche, des Klerus, der Gläubigen, ihrer Einrichtungen, ihrer Lehre, ihrer Geschichte durch eine verschlagene und straff aufgebaute Propaganda, Schließung, Aufhebung, Einziehung von Ordenshäusern und anderen christlichen Instituten, Vernichtung der katholischen Presse und Buchproduktion. ...

Inzwischen vervielfachte der Heilige Stuhl seiner seits ohne Zögern bei der Deutschen Regierung seine Vorstellungen und seine Einsprüche, indem er nachdrücklich und klar sie auf die Achtung und Einhaltung der schon aus dem Naturrecht sich ergebenden und durch das Konkordat bekräftigten Pflichten hinwies. Die wache Aufmerksamkeit des Hirten mit der geduldigen Langmut des Vaters vereinend, erfüllte unser großer Vorgänger Pius XI. in jenen kritischen Jahren mit Kraft und Unerschrockenheit seine Sendung als Haupt der Kirche.

Als dann aber alle Versuche gütlicher Vermittlung erfolglos blieben und er sich mit voller Klarheit überlegten Verletzungen eines feierlichen Vertrags sowie einer schleichenden oder offenen, aber stets hartnäckig geführten religiösen Verfolgung gegenüber sah, enthüllte er am Passionssonntag 1937 in seiner Enzyklika ›Mit brennender Sorge‹ vor aller Welt, was der Nationalsozialismus in Wirklichkeit war: der hochmütige Abfall von Jesus Christus, die Verneinung seiner Lehre und seines Erlösungswerks, der Kult der Gewalt, die Vergötzung von Rasse und Blut, die Unterdrückung der menschlichen Freiheit und Würde. ... Aus den Gefängnissen, Konzentrationslagern und Festungen strömen jetzt zusammen mit den politischen Gefangenen auch die Mengen der Zeugen, seien es Geistliche oder Laien, deren einziges Verbrechen ihre Treue zu Christus und zum Glauben ihrer Väter oder die unerschrockene Erfüllung ihrer Priesterpflicht waren. An erster Stelle stehen der Zahl und harten Behandlung nach die polnischen Priester. Von 1940 bis 1945 wurden in dem angegebe nen Lager 2800 Geistliche und Ordensleute jener Nationalität gefangengesetzt, unter ihnen der Weihbischof von Wladislavia, der dort an Typhus gestorben ist. Im vergangenen April waren davon nur noch 816 übrig, während alle anderen gestorben sind mit Ausnahme von zwei oder drei, die in andere Lager überführt worden waren. Für Sommer 1942 wurden als dort eingebracht 480 Kultdiener deutscher Zunge angegeben, von denen 45 Protestanten und alle anderen katholische Priester waren. Trotz des ständigen Zugangs von neuen Internierten, besonders aus einigen Diözesen Bayerns, des Rheinlands und Westfalens, war ihre Zahl infolge der starken Sterblichkeit zu Beginn dieses Jahres nicht über 350. Es können auch nicht mit Stillschweigen die Geistlichen übergangen werden, die den besetzten Ländern angehören: Holland, Belgien, Frankreich (unter den französischen Priestern der Bischof von Clermont), Luxemburg, Slowenien, Italien. Viele von diesen Priestern und Laien haben um ihres Glaubens und ihres Berufes willen unsägliche Leiden erduldet. In einem Falle ging der Haß der Gottlosen gegen Christus so weit, daß sie an einem internierten Priester mit Stacheldraht die Geißelung und Dornenkrönung unseres Herrn nachgeäfft haben.«

VORSITZENDER: Ich denke, es ist Zeit zu vertagen.