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[Auf der Filmleinwand im Gerichtssaal werden Bilder gezeigt.]

Das erste Bild ist das Porträt einer Frau, ein Gemälde des italienischen Malers Palma Vecchio.

Dieses Bild ist das Porträt einer Frau vom spanischen Maler Velasquez.

Dies ist ein Porträt der Lady Spencer vom englischen Maler Sir Joshua Reynolds.

Dies ist ein Gemälde des französischen Malers Watteau.

Dieses Gemälde zeigt Die Drei Grazien von Rubens.

Dies ist das Porträt einer alten Frau von dem berühmten Maler Rembrandt.

Dieses Gemälde einer jungen Frau stammt von dem holländischen Maler Van Dyck.

Dieses Bild ist das Muster eines Schmuckstückes aus dem 16. Jahrhundert in Gold und Email, mit Perlen verziert.

Dieses Bild zeigt einen Gobelin aus dem 17. Jahrhundert.

Dieses Bild ist ein japanisches Gemälde aus dem Katalogband über Ostasiatische Kunst.

Dann folgt ein Musterstück des berühmten chinesi schen Porzellans.

Dieses ist die Abbildung eines kleinen Schrankes mit Silbereinlagen im Stil Louis XIV.

Das letzte Bild zeigt ein silbernes Altarstück spanischer Herkunft aus dem 15. oder 16. Jahrhundert.

Noch einmal mache ich Sie darauf aufmerksam, daß jedes dieser Bilder, die Sie eben sahen, nur ein Musterstück einer großen Anzahl ähnlicher Kunstgegenstände darstellt, die in dem aus 39 Bänden bestehenden Katalog, der an sich nur teilweise vollständig ist, abgebildet sind.

Es ist nicht verwunderlich, daß die Beschäftigung des Führers mit diesen herrlichen Kunstwerken, die ihm sehr am Herzen hingen, einen Strahl von Schönheit und Freude in sein teures Leben brachte. Ich bezweifle, daß irgendein Museum der Welt, gleichgültig ob das Metropolitan in New York, das Britische Museum in London, der Louvre in Paris oder die Tretiakov Galerie in Moskau, einen solchen Katalog wie diesen vorlegen könnte. Selbst wenn alle diese Museen ihre Schätze zusammenlegen wollten, würde diese Kunstsammlung hinter der zurückstehen, die sich Deutschland auf Kosten der anderen Völker Europas zugelegt hatte. Noch nie zuvor in der Geschichte wurde eine so große Sammlung mit so geringen Skrupeln zusammengerafft.

Es ist jedoch erfreulich zu wissen, daß die siegreichen alliierten Armeen die meisten dieser Schätze wieder aufgefunden haben, die zum größten Teile in Salinen, Tunnels und abgelegenen Schlössern verborgen waren; die zuständigen Regierungsstellen sind jetzt damit beschäftigt, diese unschätzbaren Kunstwerke den rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben.

Ich verweise nunmehr auf Dokument 154-PS, einen Brief des Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei Dr. Lammers vom 5. Juli 1942 an die Obersten Reichsbehörden und die dem Führer unmittelbar unterstehenden Dienststellen. Dieser Brief wiederholt und ergänzt den Hitlerbefehl, der bereits als Beweisstück vorgelegt wurde; er gibt davon Kenntnis, daß der Führer dem Stab des Angeklagten Rosenberg das Recht verliehen hatte, nach Kulturbesitz zu forschen und ihn zu beschlagnahmen, und zwar kraft der Stellung des Reichsleiters Rosenberg als Beauftragter des Führers für die Überwachung der weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP.

Der Gerichtshof wird sich jedoch daran erinnern, daß der Angeklagte Rosenberg auf Grund dieses Amtes einen Platz in der Reichsleitung oder der Parteileitung des Führerkorps innehatte. Das ergibt sich aus Beweisstück US-370; es wird nur vorgelegt, um den Kreis der Obersten Reichsbehörden und der dem Führer unmittelbar unterstehenden Dienststellen aufzuzeigen.

In einem Brief an den Angeklagten Bormann vom 23. April 1941 protestierte der Angeklagte Rosenberg gegen das willkürliche Ausräumen von Bibliotheken, Klöstern und ähnlichen Instituten durch den SD und andere öffentliche Dienststellen und schlug vor, daß bei Ansprüchen des SD und seines Vertreters die endgültige Regelung über die Beschlagnahme durch den Gauleiter getroffen werden sollte. Dieser Brief ist kürzlich als 071-PS vorgelegt worden; ich zitiere, beginnend mit dem vorletzten Satz am Ende der Seite 1 der englischen Übersetzung, – – ich bedauere, meine Herren Richter, es befindet sich in dem anderen Buch.

VORSITZENDER: Sie haben 071-PS bereits heute Morgen zitiert.

OBERST STOREY: Ja, Herr Vorsitzender, ich werde es für den Augenblick zurückstellen, weil ich sonst auf das andere Dokumentenbuch zurückgreifen müßte.

Ich möchte abschließend zu diesem Thema bemerken, daß die Summe des Beweismaterials meines Erachtens ergibt, daß die Angeklagten und die Verschwörer Rosenberg und Bormann, die in ihrer Eigenschaft als Politische Leiter des Führerkorps der NSDAP und als dessen Mitglieder handelten, an der Verschwörung oder dem allgemeinen Plan teilnahmen, die in Anlagepunkt 1 der Anklageschrift angeführt sind, und daß sie Handlungen begingen, die als Verbrechen in dem dort geprägten Sinne gelten. Demzufolge behaupten wir:

1. Das Korps der Politischen Leiter der Nazi-Partei ist eine Gruppe oder Organisation im Sinne der Begriffsbestimmung des Artikels 9 des Statuts;

2. Die Angeklagten und die Verschwörer Rosenberg und Bormann begingen die im Artikel 6 des Statuts aufgeführten Verbrechen in ihrer Eigenschaft als Politische Leiter des Führerkorps der Nazi-Partei.

Es war zu allen Zeiten der hauptsächliche und zentrale Plan und das Ziel des Führerkorps der Nazi-Partei, die Verschwörung, die die Begehung von Verbrechen im Sinne des Artikels 6 des Statuts bezweckte und in sich schloß, zu leiten, zu verwirklichen, und an ihr teilzunehmen.

Ich möchte jetzt Ihre Aufmerksamkeit noch einmal auf eine Karte lenken, die bereits zu Anfang, soviel ich mich erinnere, durch Major Wallis erläutert wurde; sie ist einer Veröffentlichung mit dem Titel »Das Gesicht der Partei« entnommen. Sie zeigt deutlicher als ich es vermag, wie vollkommen und gründlich die Kontrolle über das Leben eines jeden Deutschen war; sie beginnt mit dem Alter von zehn Jahren, wie Sie unten am Fuße der Karte sehen; und setzt sich durch die verschiedenen Altersstufen hindurch fort.

Beachten Sie das Jungvolk der Altersstufe von zehn bis vierzehn Jahren; dann folgen auf der rechten Seite die Adolf-Hitler-Schule für das zwölfte bis achtzehnte Lebensjahr, die Hitlerjugend für das fünfzehnte bis achtzehnte; SA, NSKK und NSFK für das neunzehnte und zwanzigste Lebensjahr. Dann kommt der Arbeitsdienst – drüben auf der linken Seite. Es schließen sich wieder SA, SS, NSKK und NSFK an. Es folgt die Wehrmacht, und so kommen wir zu dem obersten Kästchen und auf der linken Seite in dieser Spitzenreihe zu den Politischen Leitern der NSDAP. Alle jene Gebäude dort oben sind, soweit ich es verstehe, Ordensburgen der NSDAP. Am Ende dieser Entwicklung kommen wir schließlich ganz oben zu den politischen Führern des deutschen Volkes. Dies ist das letzte Beweisstück und damit schließe ich meinen Vortrag über das Führerkorps.

Der nächste Vortrag befaßt sich mit dem Reichskabinett, der »Reichsregierung«; sie wird nur kurze Zeit beanspruchen.

Meine Herren Richter, ich habe noch etwas nachzutragen, worauf mich Oberst Seay aufmerksam machte; ich möchte es nur erwähnen, damit es ins Protokoll aufgenommen wird. In einem der früheren Dokumente, 090-PS, Beweisstück US-372, das sich in dem anderen Dokumentenbuch befindet, ist eine Erklärung enthalten, aus der klar hervorgeht, daß die Ausgaben des Einsatzstabes Rosenberg, das heißt, die Kosten seiner Tätigkeit, von der Nazi-Partei bestritten wurden.

Hoher Gerichtshof! Ich lege jetzt das Dokumentenbuch »X« vor, das, wie ich glaube, den Herren Richtern schon ausgehändigt wurde. Oberst Dosterts Stab hat überdies eine Tabelle über die Reichsregierung in verschiedenen Sprachen angefertigt; ich glaube, die Herren Richter haben bereits Abschriften davon erhalten. Ich habe hier eine Abschrift in deutscher Sprache, die ich gern dem Verteidiger, der besonders mit diesem Fall befaßt ist, überlassen möchte. Die Verteidigung besitzt ein deutsches Exemplar. Ich weiß nicht, wer es ist...

VORSITZENDER: Meinen Sie den Verteidiger für das Reichskabinett?

OBERST STOREY: Jawohl. Darf ich noch einleitend hinzufügen, daß wir heute Morgen die Eingänge in der Sammelstelle eingesehen haben; nur eine schriftliche Intervention für das Reichskabinett ist eingegangen, und zwar von dem Angeklagten Keitel.

Wir wollen nun die »Reichsregierung« besprechen. Einige einleitende Bemerkungen über diese Gruppe machte bereits Herr Albrecht, als er die Regierungstabelle besprach. Im Interesse des Zusammenhangs wird es jedoch erforderlich sein, einige seiner Bemerkungen kurz zu wiederholen; deshalb bitte ich den Gerichtshof um Nachsicht.

Im Gegensatz zu den meisten anderen in der Anklageschrift erwähnten Gruppen wurde die »Reichsregierung« – damit ist das Reichskabinett gemeint – von der Nazi-Partei nicht besonders geschaffen, um ihre ruchlosen Pläne und Zwecke auszuführen oder zu vervollkommnen. Die »Reichsregierung«, gewöhnlich als das Kabinett bezeichnet, hatte bereits ihren Platz in der verfassungsmäßigen und politischen Geschichte des Landes, bevor die Nazis zur Macht kamen. Wie bei anderen Kabinetten verfassungsmäßig gebildeter Regierungen war auch hier die Exekutivgewalt des Reiches in dieser Körperschaft zusammengefaßt. Die Nazi-Verschwörer wußten das nur zu gut. Sie erkannten sehr wohl, daß ihr Ziel einer totalitären Kontrolle über den Staat nur erreicht werden konnte, wenn sie die obersten Stellen des Staatsapparats an sich reißen, besetzen und ausnutzen konnten. Und das taten sie auch. Unter der Nazi-Herrschaft entwickelte sich die Reichsregierung allmählich zum Hauptagenten der Nazi-Partei; ihre Aufgaben und ihre Politik wurden in Übereinstimmung mit den Zielen und Methoden der Partei formuliert. Die Einrichtung der »Reichsregierung« selbst wurde, zuerst langsam, dann mit wachsender Geschwindigkeit durch die Aufnahme der Nazi-Verschwörer in das Kabinett beschmutzt. Viele von ihnen – sechzehn, um genau zu sein – sitzen heute vor Ihnen auf der Anklagebank. Es gab keinen Plan, kein Komplott, kein Vorhaben, wie gemein, unmenschlich oder ungesetzlich in jedem Sinne des Wortes es auch sein mochte, das die Nazi-Reichsregierung nicht mit dem Schein der Gesetzmäßigkeit umhüllte.

Aus diesem Grunde werden wir den Gerichtshof nach Vorlage der Beweise bitten, diese Körperschaft, wie sie in der Anklageschrift definiert ist, als verbrecherische Organisation zu erklären.

Die Beweisführung zerfällt in zwei Hauptteile: Im ersten Teil werden wir versuchen, die Zusammensetzung und Natur der Reichsregierung unter den Nazis herauszuarbeiten; dabei werden wir kurz ihre Funktionen und Machtvollkommenheiten schildern. Im zweiten Teil werden wir, wie wir glauben in schlüssiger Weise, die Gründe darzulegen trachten, aus denen diese Gruppe mit dem Brandmal »verbrecherisch« behaftet werden sollte.

Wörtlich übersetzt heißt der Begriff »Reichsregierung« »Reich Government«. Tatsächlich wurde, wie schon erwähnt, der Begriff im allgemeinen nur zur Bezeichnung des gewöhnlichen Reichskabinetts verwendet. In der Anklageschrift ist der Ausdruck »Reichsregierung« so definiert, daß er nicht nur die Mitglieder des gewöhnlichen Reichskabinetts, sondern auch die Mitglieder des Ministerrats für die Reichsverteidigung und des Geheimen Kabinettsrats einschließt. Der wirklich wichtige Teil dieser drei ist jedoch, wie die Beweisführung zeigen wird, das gewöhnliche Kabinett. Die Unterscheidung zwischen ihm und den anderen beiden Teilen war in Wirklichkeit nur eine künstliche. Tatsächlich bestand eine personelle Einheit, ebenso wie eine Einheit der Handlungen, Funktionen und Ziele, die jede akademische Trennung verwischte. Wie in der Anklageschrift verwendet, erfaßt der Ausdruck »gewöhnliches Kabinett« die Reichsminister, das heißt die Leiter von Abteilungen der Zentralregierung, ferner die Reichsminister ohne Portefeuille, die Staatsminister, die als Reichsminister handelten, und andere Beamte, die an Sitzungen teilnehmen durften.

Ich möchte hier feststellen, daß insgesamt achtundvierzig Personen dem gewöhnlichen Kabinett angehörten; davon stehen siebzehn vor diesem Gerichtshof als Angeklagte. Bormann ist abwesend. Von den übrigen einunddreißig nimmt man an, daß acht tot sind.

In das gewöhnliche Kabinett wurden die führenden Nazi-Mitarbeiter, die verläßlichen Anhänger, aufgenommen; wenn von Hitler oder dem Kabinett selbst neue Regierungsstellen oder Körperschaften geschaffen wurden, besetzte man die neuen Stellen mit Mitgliedern des gewöhnlichen Kabinetts.

Als am 30. Januar 1933 das erste Hitler-Kabinett gebildet wurde, gab es zehn Ministerien, die als Abteilungen der Zentralregierung betrachtet werden konnten. Ich habe hier eine Schreibmaschinenabschrift der Niederschrift über die erste Sitzung dieses Kabinetts. Sie wurde in den Akten der Reichskanzlei gefunden und trägt die maschinengeschriebene Unterschrift eines Ministerialrats Weinstein, der in der Niederschrift als verantwortlich für das Protokoll bezeichnet wird. Dieses Schriftstück erscheint bereits im Dokumentenbuch »B«, aber ich möchte den Gerichtshof noch einmal auf Seite 4 der Übersetzung hinweisen; es ist Dokument 351, befindet sich in Ihrem Dokumentenbuch und enthält eine Liste der Anwesenden.

VORSITZENDER: 351-PS?

OBERST STOREY: Ja, Herr Vorsitzender, 351-PS, Beweisstück US-389. Die erwähnten zehn Minister sind dort aufgeführt. Es sind: Reichsminister des Auswärtigen, der Angeklagte von Neurath; Reichsminister des Innern, der Angeklagte Frick; Reichsminister der Finanzen, von Krosigk; Reichswirtschaftsminister und Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Hugenberg; Reichsarbeitsminister Seldte; Reichsminister der Justiz – hier ist kein Name angegeben, der Posten wurde zwei Tage später mit Gürtner besetzt; Reichskriegsminister, von Blomberg; Reichspost- und Reichsverkehrsminister von Eltz-Rübenach.

Sie werden bemerken, daß der Angeklagte Göring als Reichsminister damals ohne Geschäftsbereich und als Reichskommissar für die Luftfahrt anwesend war, Dr. Gereke als Reichskommissar für Arbeitsbeschaffung. Zwei Staatssekretäre waren anwesend: Dr. Lammers von der Reichskanzlei und Dr. Meißner vom Büro des Reichspräsidenten.

VORSITZENDER: In der mir vorliegenden Abschrift erscheint der Angeklagte Göring als Reichsminister der Luftfahrt.

OBERST STOREY: Ja, Herr Vorsitzender. Ich erwähnte, daß er als Reichsminister und als Reichskommissar für die Luftfahrt erscheint.

VORSITZENDER: Allerdings. Ich las aus den ersten beiden Seiten des Schriftstücks. Sie aber lasen auf Seite 4?

OBERST STOREY: Jawohl.

VORSITZENDER: Sehr gut.

OBERST STOREY: Man hat mir gesagt, daß das Ministerium erst später geschaffen wurde; hier ist es als Reichskommissariat für die Luftfahrt bezeichnet.

Weiter waren anwesend der Angeklagte Funk als Reichspressechef und der Angeklagte von Papen als Stellvertreter des Reichskanzlers und als Reichskommissar für den Staat Preußen.

Nicht lange danach wurden neue Ministerien oder Abteilungen geschaffen, in die führende Nazis eingesetzt wurden. Am 13. März 1933 wurde das Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda errichtet. Der betreffende Erlaß erscheint im Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 104, unser Dokument 2029-PS.

Ich nehme an, daß der Gerichtshof Gesetze und Erlasse zur amtlichen Kenntnis nehmen wird wie in den bisherigen Verfahren.

Der verstorbene Goebbels wurde zum Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda ernannt. Am 5. Mai wurde das Luftfahrtministerium errichtet, Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 241, unser Dokument 2089-PS. Am 1. Mai 1934 wurde das Unterrichtsministerium geschaffen. Ich verweise auf Reichsgesetzblatt 1934, Teil I, Seite 365, unser Dokument 2078-PS. Am 16. Juli 1935 wurde das Ministerium für kirchliche Angelegenheiten errichtet, Reichsgesetzblatt 1935, Teil I, Seite 1029, unser Dokument 2090-PS. Der Angeklagte Göring wurde zum Luftfahrtminister, Bernhard Rust, Gauleiter von Süd- Hannover, zum Unterrichtsminister und Hans Kerrl zum Minister für kirchliche Angelegenheiten ernannt.

Nach Ausbruch des Krieges kamen zwei weitere Ministerien hinzu. Am 17. März 1940 wurde das Reichsministerium für Bewaffnung und Munition errichtet, Reichsgesetzblatt 1940, Teil I, Seite 513, unser Dokument 2091-PS. Der verstorbene Dr. Todt, ein hoher Parteifunktionär, wurde auf diesen Posten berufen. Der Angeklagte Speer war sein Nachfolger. Der Name dieser Abteilung wurde im Jahre 1943 in »Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion« geändert, Reichsgesetzblatt 1943, Teil I, Seite 529, unser Dokument 2092-PS. Am 17. Juli 1941, als die Eroberung der Ostgebiete fortschritt, wurde das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete geschaffen. Der Erlaß, durch den der Angeklagte Rosenberg auf den Posten eines Ministers dieser Abteilung berufen wurde, ist bereits als Beweisstück US-319 vorgelegt.

Während der Jahre 1933 bis 1945 wurde ein Ministerium aufgelassen, und zwar das Reichswehrministerium, das später Kriegsministerium hieß. Dies geschah im Jahre 1938, als Hitler am 4. Februar den Oberbefehl über die gesamte Wehrmacht übernahm. Gleichzeitig schuf er die Stelle des »Chefs des Oberkommandos der Wehrmacht«, oder mit anderen Worten, des »Chef des OKW«. Dies war der Angeklagte Keitel. Der Erlaß, der diese Änderung vollzieht, ist im Reichsgesetzblatt 1938, Teil I, Seite 111, veröffentlicht. In unserem Dokumentenbuch erscheint er als 1915-PS; ich möchte eine kurze Stelle aus diesem Erlaß zitieren; sie beginnt am Schluß des zweiten Absatzes:

»Er«, – damit ist der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht gemeint – »ist im Range den Reichsministern gleichgestellt.

Das Oberkommando der Wehrmacht nimmt zugleich die Geschäfte des Reichskriegsministeriums wahr, der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht übt in meinem Auftrage die bisher dem Reichskriegsminister zustehenden Befugnisse aus.«

Noch eine weitere Änderung in der Zusammensetzung des Kabinetts im Laufe der in Frage stehenden Jahre soll hervorgehoben werden. Die Stelle des Vizekanzlers wurde niemals wieder besetzt, nachdem der Angeklagte von Papen am 30. Juli 1934 zurückgetreten war.

Neben den Leitern der von mir erwähnten Abteilungen gehörten zu dem Kabinett auch Reichsminister ohne Geschäftsbereich. Das waren unter anderen die Angeklagten Hans Frank, Seyß-Inquart, Schacht nach seinem Ausscheiden aus dem Wirtschaftsministerium, und von Neurath, nachdem er als Außenminister ersetzt worden war. Es gab noch andere Stellungen, die ebenfalls ein integraler Bestandteil des Kabinetts waren. Dies waren: der Stellvertreter des Führers, der Angeklagte Heß, und sein späterer Nachfolger; der Leiter der Parteikanzlei, der Angeklagte Bormann; der Stabschef der SA, Ernst Röhm, während der sieben Monate vor seiner Ermordung; der Chef der Reichskanzlei Lammers, und, wie bereits erwähnt, der Chef des OKW, der Angeklagte Keitel. Diese Männer hatten entweder den Titel oder den Rang eines Reichsministers. Ich habe bereits Stellen aus dem Erlaß über die Einsetzung des Chefs des OKW verlesen, wo seine Bedeutung in Kabinettsangelegenheiten beschrieben ist. Auf die Bedeutung der Angeklagten Heß und Bormann wird in Kürze eingegangen werden, während die des Chefs der Reichskanzlei, Lammers, auch bald einleuchtend werden wird.

Es gab aber noch andere, wie zum Beispiel Staatsminister, die als Reichsminister fungierten. Nur zwei Personen fielen unter diese Kategorie: der Chef der Präsidialkanzlei, Otto Meißner, und der Staatsminister für das Protektorat von Böhmen und Mähren, Karl Hermann Frank.

Weiterhin nennt die Anklageschrift als zum ordentlichen Kabinett gehörend »andere, die berechtigt waren, an Kabinettssitzungen teilzunehmen«. In den Jahren 1933 bis 1945 wurden von den Nazis viele Regierungsstellen errichtet; die Besonderheit solcher Errichtungen aber lag darin, daß den Inhabern dieser Posten in den meisten Fällen das Recht der Teilnahme an Kabinettssitzungen verliehen wurde. Diese Liste ist lang, aber von Bedeutung. Teilnahmeberechtigt an Kabinettssitzungen waren die Oberbefehlshaber der Armee und der Marine, der Reichsforstmeister, der Generalinspektor für Wasser und Energie, der Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, der Reichsarbeitsführer, der Reichsjugendführer, der Chef der Auslandsorganisation im Auswärtigen Amt, der Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern, der preußische Finanzminister und der Reichspressechef.

Dies waren damals die Stellen und einige der Mitglieder des gewöhnlichen Kabinetts. Es waren alles Stellungen, die so allgemein bekannt und offenkundig waren, daß der Gerichtshof amtlich davon Kenntnis nehmen kann. Sie erscheinen überdies alle auf der Karte, die den Titel »Organisation der Reichsregierung« trägt, die vom Angeklagten Frick beglaubigt und von Herrn Albrecht am zweiten Tage der Verhandlung als Beweisstück US-3 eingeführt wurde. Sie können auch durch Gesetze und Erlasse bewiesen werden, die im Reichsgesetzblatt und in der halbamtlichen Monatszeitschrift »Das Archiv« veröffentlicht sind; letztere wurde von einem Beamten des Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda herausgegeben. Alles das liegt jedenfalls meiner Ansicht nach im Bereich der amtlichen Kenntnisnahme durch den Gerichtshof.

Die Personen, die diese Posten im gewöhnlichen Kabinett, bekleideten, wechselten in den Jahren 1933 bis 1945.

Wünschen die Herren Richter, sich um 12,45 Uhr zu vertagen?

VORSITZENDER: Gewiß, wir unterbrechen jetzt.