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[Pause von 10 Minuten.]

OBERST STOREY: Hoher Gerichtshof! Vor der Pause sprachen wir von den Gesetzen, die erlassen wurden. Ich will gewiß nicht irgendwelches kumulatives Beweismaterial oder sonst etwas, was nicht nötig ist, vorlegen. Daher werde ich nur kurz auf die Gesetze verweisen, die wir jetzt vorlegen wollen.

Die Partei hatte, wie sich der Gerichtshof erinnern wird, fünfundzwanzig grundlegende Punkte, deren Verwirklichung sie sich als Ziel gesetzt hatte, wie gestern bewiesen wurde. Diese Punkte bezogen sich, wie sich der Gerichtshof erinnern wird, auf eine Menge von Zielen, von der Beseitigung der Verträge von Versailles und St. Germain bis zur Gewinnung größeren Lebensraums und so weiter.

Wir wollen jetzt verschiedene Verordnungen und Gesetze zitieren, die von diesem Kabinett geschaffen wurden, um die, wie wir behaupten, verbrecherischen Ziele der Partei in die Tat umzusetzen. Deshalb wurde das Reichskabinett von der Partei aufgefordert, ihrem verbrecherischen Vorhaben den Anschein der Gesetzmäßigkeit zu geben. Dies ist der einzige Grund, weshalb wir die Gesetze verzeichnen und erwähnen wollen, die zur Erreichung solcher Ziele ergingen.

Entsprechend dem Vorschlag des Gerichtshofs will ich nur eine Gruppe der Gesetze anführen, die die sogenannten fünfundzwanzig Punkte der Nazi-Partei durchzuführen bezweckten. Mit Erlaubnis des Gerichtshofs möchte ich jetzt einige anführen, die den Typ von Gesetzen kennzeichnen, die zur Durchsetzung der fünfundzwanzig Punkte erlassen wurden.

Zur Erfüllung dieses Programms erließ zum Beispiel das Nazi-Kabinett unter anderem folgende Gesetze:

Das Gesetz vom 3. Februar 1938 über die Meldepflicht des deutschen Staatsangehörigen im Ausland. Dieses Gesetz ist im Reichsgesetzblatt veröffentlicht.

Das Gesetz vom 13. März 1938 über die Wiedervereinigung Österreichs mit Deutschland.

VORSITZENDER: Wurden alle diese Gesetze vom Reichskabinett erlassen?

OBERST STOREY: Ja.

VORSITZENDER: Wollen Sie die Gesetze nicht zitieren?

OBERST STOREY: Ja, aber ich wollte sie nur zur Erläuterung anführen. Dieses Gesetz steht im Reichsgesetzblatt 1938, Teil I, Seite 237.

Das Gesetz vom 21. November 1938 über die Wiedervereinigung der sudetendeutschen Gebiete mit Deutschland; Reichsgesetzblatt 1938, Teil I, Seite 1641.

Die Einverleibung des Memellandes in das Deutsche Reich vom 23. März 1939; Reichsgesetzblatt 1939, Teil I, Seite 559.

Unter Hinweis auf Punkt 2...

VORSITZENDER: Würden Sie mir sagen, wo die fünfundzwanzig Punkte niedergelegt sind? Können Sie auf ein Dokument verweisen?

OBERST STOREY: Jawohl, sie erscheinen im Dokument 1708-PS, im Dokumentenbuch A.

VORSITZENDER: Danke.

OBERST STOREY: Ich glaube, wir wiesen gestern darauf hin.

VORSITZENDER: Das genügt.

OBERST STOREY: Jawohl. Zur Illustration von Punkt 2 des Parteiprogramms, der, wie sich der Gerichtshof erinnern wird, die Abschaffung der Verträge von Versailles und St. Germain forderte, seien folgende Handlungen des Kabinetts zur Unterstützung dieses Teils des Programms erwähnt:

Aufruf an das deutsche Volk vom 14. Oktober 1933 anläßlich des Austritts Deutschlands aus dem Völkerbund und der Abrüstungskonferenz; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 730.

Gesetz vom 16. März 1935 für den Aufbau der Wehrmacht und die allgemeine Wehrpflicht; Reichsgesetzblatt 1935, Teil I, Serie 369 bis 375.

Ich weise nun auf Punkt 4 des Parteiprogramms hin, welcher lautete:

»Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksicht auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.«

Dies ist Punkt 4. Unter anderen Kabinettsgesetzen wurde dieser Punkt in dem Gesetz vom 14. Juli 1933 über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der Staatsbürgerschaft solcher Personen behandelt; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 480.

Nach dem Gesetz vom 7. April 1933 durften Personen nichtarischer Abstammung nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 188.

Das Gesetz vom 25. April 1933 beschränkte die Anzahl von Nichtariern in Schulen und Hochschulen; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 225.

Das Gesetz vom 29. September 1933 schloß Personen jüdischen Blutes als Bauern aus; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 685.

Ein anderes Gesetz vom 19. März 1937 schloß Juden vom Reichsarbeitsdienst aus; Reichsgesetzblatt 1937, Teil I, Seite 325.

Ein weiteres Gesetz vom 6. Juli 1938 untersagte den Juden die Ausübung von sechs verschiedenen Gewerbezweigen; Reichsgesetzblatt 1938, Teil I, Seite 823.

Punkt 23 des Parteiprogramms verkündete:

»Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen die bewußte politische Lüge und ihre Verbreitung durch die Presse...«

Um diesen Punkt auszuführen, will ich einige wenige Kabinettsgesetze anführen, die erlassen wurden.

Gesetz vom 22. September 1933 über die Errichtung der Reichskulturkammer; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 661.

Das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933, Reichsgesetzblatt Teil I, Seite 713.

Ein anderes Gesetz vom 15. Mai 1934, das sich auf Beschränkungen in der Benutzung von Theatern bezieht; Reichsgesetzblatt 1934, Teil I, Seite 411.

Dies mögen genügend kennzeichnende Gesetze sein. Das ordentliche Kabinett erließ tatsächlich die meisten Gesetze, die die Nazi-Verschwörung, wie sie unter Punkt 1 der Anklageschrift beschrieben ist, inszenierte und durchführte.

Viele dieser Gesetze sind bereits von der Anklagevertretung erwähnt worden. Alle diese Gesetze, auf die ich verweisen werde oder bereits verwiesen habe, wurden ausdrücklich im Namen des Kabinetts erlassen. Ein typischer einleitender Paragraph lautet:

»Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird.«

Mit anderen Worten, das zeigt, daß es ein Kabinettsgesetz war.

VORSITZENDER: Das bezieht sich auf alle Gesetze, die Sie uns soeben angegeben haben.

OBERST STOREY: Jawohl, dies ist eine typische Einleitung.

Im Zusammenhang mit der Erlangung der Kontrolle über Deutschland gemäß Punkt 1 der Anklageschrift möchte ich auf die folgenden Gesetze verweisen:

Das Gesetz vom 14. Juli 1933 gegen die Neubildung von Parteien. Ich glaube, ich habe gestern darauf verwiesen; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 479.

Ein anderes Gesetz vom 14. Juli 1933 sah die Einziehung des Vermögens von Sozialdemokraten und anderen vor; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 479.

Ich habe bereits auf das Gesetz vom 1. Dezember 1933 verwiesen, welches Partei und Staat vereinigte; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 1016.

Im Verlauf der Festigung der Kontrolle über Deutschland wurden folgende Gesetze erlassen. Ich will nur einige wenige Beispiele aufführen:

21. März 1933, Bildung von Sondergerichten; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 136.

Das Gesetz vom 31. März 1933 zur Gleichschaltung aller Länder mit dem Reich; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 153.

VORSITZENDER: Wollen Sie wiederholen, welche Gleichschaltung?

OBERST STOREY: Gleichschaltung der Länder, das heißt der einzelnen Länder mit dem Großdeutschen Reich.

Das Gesetz vom 30. Juni 1933, das Personen nichtarischer Abstammung oder Personen, die mit Nichtariern verheiratet waren, als Beamte ausschloß; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 433.

Das Gesetz vom 24. April 1934, das den Volksgerichtshof ins Leben rief; Reichsgesetzblatt 1934, Teil I, Seite 341. Das war dasselbe Gericht, das wir in einem in der letzten Woche gezeigten Film in Tätigkeit sahen.

Gesetz vom 1. August 1934, das das Amt des Reichspräsidenten und Reichskanzlers vereinigte; Reichsgesetzblatt 1934, Teil I, Seite 747.

Ich möchte nicht alle vorlegen und will auch nicht auf alle verweisen.

Weiter ein Gesetz vom 18. März 1938, das nur einen Reichswahlvorschlag für das ganze Reich vorsah; Reichsgesetzblatt 1938, Teil I, Seite 258.

Die Ausrottung des inneren politischen Widerstandes in Deutschland durch die Säuberung von politischen Gegnern und durch Terrorhandlungen, wie sie unter Absatz III (D) 3 (b) des Anklagepunkts 1 dargelegt ist, wurde den Nazis durch folgende Kabinettsgesetze erleichtert oder legalisiert. Übersetzungen finden sich im Dokumentenbuch F, das bereits früher vorgelegt wurde. Ich will nur auf einige dieser Gesetze verweisen, wie sie in diesem Buch übersetzt sind.

Gesetz vom 14. Juli 1933, das die Neubildung von Parteien verbietet und eine Strafbestimmung enthält; Reichsgesetzblatt 1933, Teil I, Seite 479.

Das Gesetz vom 20. Dezember...

VORSITZENDER: Sie haben es uns bereits angegeben.

OBERST STOREY: Ich glaube, das stimmt, Herr Vorsitzender.

Das Gesetz vom 3. Juli 1934 über Maßnahmen der Staatsnotwehr; es legalisierte ihre eigene Säuberungsaktion; Reichsgesetzblatt 1934, Teil I, Seite 529.

Das Gesetz vom 20. Dezember 1934 gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schütze von Parteiuniformen; Reichsgesetzblatt 1934, Teil I, Seite 1269.

Das Gesetz vom 24. April 1934, das die Bildung neuer, oder die Aufrechterhaltung bestehender politischer Parteien als Hochverrat erklärt; Reichsgesetzblatt 1934, Teil I, Seite 341.

Das Gesetz vom 28. Juni 1935 zur Änderung des Strafgesetzbuchs; Reichsgesetzblatt 1935, Teil I, Seite 839.

Schließlich das letzte, das ich erwähnen möchte; das Gesetz vom 16. September 1939, das ein zweites Strafverfahren gegen eine freigesprochene Person vor einem besonderen Gericht vorsah. Die Mitglieder dieses Gerichts wurden von Hitler ernannt; Reichsgesetzblatt 1939, Teil I, Seite 1841.

Nun folgen einige Gesetze, die die Beseitigung der Gewerkschaften zum Gegenstand haben. Ich habe sie bereits zitiert, sie sind im Dokumentenbuch G enthalten. Ich will auf sie nicht Bezug nehmen.

Sodann die Gesetze, die kollektive Lohnvereinbarungen abschafften. Ich habe bereits auf sie verwiesen und will sie auslassen.

Tatsächlich waren sogar die berüchtigten Nürnberger Gesetze vom 15. September 1935, obwohl sie technisch vom Reichstag beschlossen wurden, doch vom Innenministerium ausgearbeitet. Dies ist durch ein Werk des Ministerialdirigenten Dr. Franz A. Medicus bestätigt, das im Jahre 1940 veröffentlicht wurde. Das ist Dokument 2960-PS, Beweisstück US- 406. Ich möchte auf die Abschnitte auf Seite 62 der Original-Veröffentlichung verweisen; sie sind in unserem Dokument 2960-PS übersetzt. Ich beginne mit dem ersten Absatz:

»Den drei vom Reichstag gelegentlich des Reichsparteitags der Freiheit beschlossenen ›Nürnberger Gesetzen‹ liegen die Ausarbeitung des RMdI zugrunde: Sowohl das ›Reichsbürgergesetz‹ wie das ›Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre (Blutschutzgesetz)‹ eröffneten für den RMdI umfangreiche neue Aufgaben, nicht nur auf dem Gebiet... der Verwaltung. Das gleiche galt für das ›Reichsflaggengesetz‹, das die Grundlage abgab für eine völlige Neuordnung des Flaggenwesens.«

Es folgen einige Verordnungen des Ministerrats, die in ähnlicher Weise die gesetzliche Grundlage für die verbrecherischen Handlungen und das verbrecherische Verhalten der Verschwörer lieferten. Der Gerichtshof hat darüber bereits gehört und wird noch mehr darüber hören.

Die Verordnung vom 5. August 1940 legte den polnischen Arbeitern in Deutschland eine Sondersteuer auf; Reichsgesetzblatt 1940, Teil I, Seite 1077.

Durch die Verordnung vom 4. Dezember 1941 wurde ein Strafrecht für Juden und Polen in den besetzten Ostgebieten eingeführt; Reichsgesetzblatt 1941, Teil I, Seite 759.

Eine letzte Verordnung bezog sich auf die Beschäftigung von Ostarbeitern; ich habe dies heute Morgen erwähnt.

Fast unmittelbar nach der Machtübernahme Hitlers begann das Kabinett, die Nazi-Verschwörung zur Durchführung von Angriffskriegen in die Tat umzusetzen. Drei Dokumente, die diesen Punkt beweisen, sind bereits als Beweismaterial vorgelegt worden. Es sind EC-177, 2261-PS und 2194-PS. Dokument EC- 177, US-Beweisstück 390, ist die Abschrift eines langen Protokolls; ich bitte um die Nachsicht des Gerichtshofs, wenn ich noch einmal darauf verweise. EC-177...

VORSITZENDER: Ist es in diesem Buch?

OBERST STOREY: Ja, Herr Vorsitzender, EC-177. Ich wollte das Dokument nicht zitieren, sondern nur darauf verweisen, weil es das Protokoll über die zweite Sitzung des Arbeitsausschusses der Referenten für die Reichsverteidigung ist und vom Angeklagten Keitel unterzeichnet wurde.

Dokument 2261-PS ist ein Brief vom 24. Juni 1935. Mit ihm wird eine Abschrift eines geheimen, unveröffentlichten Verteidigungsgesetzes vom 21. Mai 1935 übermittelt, sowie eine Abschrift einer Entscheidung des Reichskabinetts im Reichsverteidigungsrat vom gleichen Datum. Die Urkunden wurden bereits als Beweis vorgelegt, doch sind sie aufschlußreiche Gesetze, die von diesem Kabinett erlassen wurden.

Dokument 2194 übermittelt ebenfalls eine Abschrift des geheimen, unveröffentlichten Reichsverteidigungsgesetzes vom 4. September 1938.

Ich möchte nun zu den Gesetzen, die vom Reichsverteidigungsrat erlassen wurden, übergehen, damit sie in das Protokoll kommen. Ich beginne auf Seite 50.

Der Reichsverteidigungsrat war eine Schöpfung des Kabinetts. Die Schaffung dieser Stelle wurde am 4. April 1933 beschlossen. Die Entscheidung des Kabinetts im Anhang zu Dokument 2261-PS, Beweisstück US-24, Seite 4, Absatz 1 der Übersetzung beweist diese Tatsache. Die beiden geheimen Gesetze, die in Dokument 2261-PS und 2194-PS enthalten sind, wurden vom Kabinett erlassen. Es war dies auch nicht ein Fall, in dem eine Gruppe eine ganz andere einsetzte, um ihre schmutzige Arbeit zu leisten. Der Verteidigungsrat war vielmehr nur eine Verkörperung des Kabinetts selbst. Dies mochte vor der Machtübernahme eine schwierig zu lösende Aufgabe gewesen sein; als jedoch die Nazis die Kontrolle ausübten, konnten die Dinge schneller vorangetrieben werden. Ich komme nochmals auf Dokument EC-177 zurück. Ich will daraus nichts zitieren, obwohl ich das Zitat vor mir habe. Es ist nur ein Punkt, der damit in Verbindung steht und auch keine Wiederholung darstellt. Seite 5 der Übersetzung, Seite 8 des Originals von EC-177, behandelt die Frage der Sicherheit und Geheimhaltung. Dies wird den kriminellen Charakter beleuchten. Ich zitiere:

»Frage ist von den Reichsressorts gestellt worden. Die Geheimhaltung aller Reichsverteidigungsarbeiten hat mit besonderer Sorgfalt zu geschehen.

Übermittlung nach außerhalb nur durch Kurierdienst. Ist bereits mit Reichspost-, Reichsfinanz- und preußischem Minister des Innern und Reichswehrminister geregelt. Oberster Gesichtspunkt der Geheimhaltung: kein Schriftstück darf in Verlust geraten, da sonst der feindliche Nachrichtendienst Material in die Hände bekommen kann. Mündlich übermittelte Dinge sind nicht nachweisbar, sie können in Genf von uns abgestritten werden. Daher hat Reichswehrminister eine Geheimhaltungsverfügung für den Dienstbetrieb der Reichsressorts und des Preußischen Ministers des Innern ausgearbeitet.«

Ich überspringe den nächsten Hinweis und gehe nunmehr zu der eidesstattlichen Erklärung des Angeklagten Frick auf Seite 60 über.

VORSITZENDER: Was ist das?

OBERST STOREY: Es ist Dokument 2986-PS, Beweisstück US-409, das Original einer von dem Angeklagten Frick unterzeichneten eidesstattlichen Erklärung. Ich glaube, der Angeklagte Frick faßt den Arbeitsvorgang ziemlich gut zusammen.

»Ich, Wilhelm Frick, gehörig vereidigt, erkläre hiermit das folgende: Ich war Generalbevollmächtigter für die Reichsverwaltung von der Zeit der Gründung des Büros bis 20. August 1943. Heinrich Himmler war mein Stellvertreter in diesem Amte. Vor dem Ausbruch des Krieges war meine Aufgabe als Generalbevollmächtigter für die Reichsverwaltung die Vorbereitung der Organisation im Kriegsfalle, so zum Beispiel die Ernennung von Verbindungsmännern in den verschiedenen Ministerien, die mit mir in Fühlung bleiben würden. Ich als Generalbevollmächtigter für die Reichsverwaltung zusammen mit dem Generalbevollmächtigten für die Wirtschaft und dem OKW bildeten ein sogenanntes Dreierkollegi um. Wir waren auch Mitglieder des Reichsverteidigungsrates, der Vorbereitungen und Verordnungen für den Fall eines Krieges planen sollte, die später von dem Ministerrat für die Reichsverteidigung veröffentlicht wurden. Da, sowie Krieg ausgebrochen war, alles sofort zu geschehen hätte und keine Zeit für das Planen mehr sein würde, so wurden solche Maßnahmen und Verordnungen für den Fall eines Krieges im voraus fertiggestellt. Alles, was man dann noch zu tun hatte, war, aus der Schublade die fertiggestellten Kriegsverordnungen hervorzuziehen.

Späterhin, nach Ausbruch des Krieges, wurde diese Verordnung von dem Ministerrat für die Reichsverteidigung in Kraft gesetzt.«

Unterschrieben und beschworen von Dr. Wilhelm Frick am 19. November 1945.

Ich möchte diesen besonderen Beweispunkt zusammenfassen. Das Kabinett hat durch seine eigene Entscheidung und sein eigenes Gesetz eine umfangreiche Organisation für die Kriegsplanung, den Reichsverteidigungsrat geschaffen. Seine Mitglieder waren dem Kabinett entnommen. Sie schufen innerhalb des Verteidigungsrats einen kleinen Arbeitsausschuß, der ebenfalls aus Kabinettsmitgliedern und gewissen Verteidigungsreferenten zusammengesetzt war. Die Mehrzahl der Verteidigungsreferenten war aus den Reihen der Kabinettsmitglieder ernannt worden. Um die Tätigkeit wirksam zu gestalten, faßten, sie alle Ministerien, mit Ausnahme des Luftfahrt-, Propaganda- und Außenministeriums, in Gruppen zusammen, die jeweils den Generalbevollmächtigten für die Wirtschaft und Reichsverwaltung und dem OKW unterstellt waren. Alles wurde mit größter Heimlichkeit organisiert und war auf strenge Geheimhaltung abgestellt. Das ist dieses Dreierkollegium. Zum Schluß möchte ich mit Erlaubnis des Gerichtshofs kurz das Beweismaterial gegen die Reichsregierung zusammenfassen.

Von 1933 bis zum Kriegsende war die Reichsregierung unter Hitler die einflußreichste und führende Instanz in der nationalsozialistischen Regierung. Folgende drei Unterabteilungen waren in dem von der Anklageschrift verwendeten Begriff Reichsregierung eingeschlossen: das ordentliche Kabinett, der Geheime Kabinettsrat und der Ministerrat für die Reichsverteidigung. In Wirklichkeit bestand nur eine künstliche und täuschende Grenze zwischen den dreien. Die wichtigste Unterabteilung war natürlich das ordentliche Kabinett, das gewöhnlich als Reichsregierung bezeichnet wurde. In ihm befanden sich die führenden politischen und militärischen Persönlichkeiten der Nazi-Regierung. Siebzehn von den zweiundzwanzig Angeklagten vor diesem Gerichtshof waren Vollmitglieder des ordentlichen Kabinetts. Ich möchte jetzt die Namen dieser Angeklagten und ihre Stellungen in der Reichsregierung nennen:

Martin Bormann, Chef der Parteikanzlei; Karl Dönitz, Oberbefehlshaber der Kriegsmarine; Hans Frank, Reichsminister ohne Geschäftsbereich; Wilhelm Frick, Reichsinnenminister, Generalbevollmächtigter für die Reichsverwaltung; Walter Funk, Wirtschaftsminister, Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft; Hermann Göring, Luftfahrtminister, Reichsforstmeister; Rudolf Heß, Stellvertreter des Führers; Wilhelm Keitel, Chef des Oberkommandos der Wehrmacht; Constantin H. K. von Neurath, Außenminister, Präsident des Geheimen Kabinettsrats; Franz von Papen, Vizekanzler; Erich Raeder, Oberbefehlshaber der Kriegsmarine; Joachim von Ribbentrop, Außenminister; Alfred Rosenberg, Minister für die besetzten Ostgebiete; Hjalmar Schacht, Geschäftsführender Wirtschaftsminister, Reichsminister ohne Geschäftsbereich, Reichsbank-Präsident, Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft; Baldur von Schirach, Reichsjugendführer; Artur Seyß-Inquart, Reichsminister ohne Geschäftsbereich, und schließlich Albert Speer, Minister für Rüstung und Kriegsproduktion.

Aus dem ordentlichen Kabinett gingen nicht nur die Mitglieder des Geheimen Kabinettsrats und des Ministerrats für die Reichsverteidigung, sondern auch die Mitglieder der Kriegsplanungsgruppe, des Geheimen Reichsverteidigungsrats, der Nazis hervor. Als es für die Zwecke der Verschwörung, einen Angriffskrieg zu entfesseln, wichtig erschien, wurde die Macht in den Händen einiger weniger konzentriert. Wiederum wurden diese Personen aus dem ordentlichen Kabinett herausgezogen. Daher waren auch die Generalbevollmächtigten für die Wirtschaft und Verwaltung Minister des ordentlichen Kabinetts und ebenfalls Mitglieder des Reichsverteidigungsrats und des Ministerrats. Unter ihnen waren nahezu alle Minister des ordentlichen Kabinetts in Gruppen zusammengefaßt.

Als außenpolitische Erwägungen es notwendig machten, eine andere auserwählte Gruppe zu Ratgebern zu ernennen, wurde der Geheime Kabinettsrat geschaffen und mit Mitgliedern des ordentlichen Kabinetts besetzt.

Die Nazi-Partei beherrschte die Reichsregierung völlig durch die Kontrolle, die sie über deren Gesetzgebung durch den Stellvertreter des Führers Heß und später durch den Leiter der Parteikanzlei Bormann ausübte. Die Parteikontrolle wurde auch durch die Einzelmitgliedschaft aller Kabinettsmitglieder und die Vereinigung verschiedener Schlüsselstellungen in Kabinett und Partei in einer Hand erreicht. Als Ergebnis dieser Verschmelzung von Partei und Staat wurde eine ungeheure Zusammenballung von politischer Macht im Kabinett geschaffen.

Die durch das Kabinett erlassenen Gesetze bildeten den Rahmen, in dem die Nazi-Verschwörer ihre Kontrolle über Deutschland ausübten, wie es in Punkt 1 der Anklageschrift dargelegt ist; sie ermöglichte es ihnen, die Verbrechen, die in den Punkten 1, 2, 3 und 4 der Anklageschrift angeführt sind, zu begehen. In Verletzung der Grundsätze der Gerechtigkeit und Menschlichkeit erließ das Kabinett harte Strafgesetze, Gesetze, die bestimmte Gruppen benachteiligten, und Beschlagnahmegesetze.

Die während des Krieges von dem Ministerrat herausgegebenen Verordnungen umkleideten die verbrecherischen Handlungen der Nazi-Verschwörer mit dem Anschein der Gesetzmäßigkeit. Als Werkzeug der Partei führte das Kabinett wirksam die bekannten Punkte des Parteiprogramms aus.

Dadurch, daß das Kabinett im Jahre 1933 einen Reichsverteidigungsrat errichtete und aktiv an den Entwürfen und Plänen für einen Angriffskrieg teilnahm, wurde es schließlich fast unmittelbar nach der Machtübernahme Hitlers eine Gruppe, die den Krieg plante.

Es wird deshalb ergebenst beantragt, daß die Reichsregierung, wie in Anhang D, Seite 35 der Anklageschrift definiert, auf Grund des vorgetragenen Sachverhalts zur verbrecherischen Gruppe im Sinne des Artikels 9, Abschnitt 2 des Statuts erklärt wird.

Hoher Gerichtshof! Damit schließe ich diesen Beweisvortrag und komme nun zur »SA«. Ich möchte ein paar Minuten für die Einführung in Anspruch nehmen.

Ich habe das Dokumentenbuch »Y« überreicht, das die englischen Übersetzungen der in diesem Vortrag erwähnten Dokumente enthält.

Die Organisation, über die Sie nun urteilen sollen, ist die Sturmabteilung; die Welt erinnert sich ihrer als der »Braunhemden« oder »Sturmtruppen«, als der Gangster der frühen Tage der Nazi-Schreckensherrschaft. Später wurde sie als »SA« bekannt; in meinem Vortrage werde ich sie immer in dieser Weise bezeichnen.

Die SA war die erste Organisation, die von den Nazis als Werkzeug und Waffe erdacht und geschaffen wurde, um ihre teuflischen Ziele zu verwirklichen. Sie spielte in dem Plan der Verschwörer eine ganz besondere und bedeutende Rolle. Im Unterschied zu den anderen Organisationen war die Tätigkeit der SA nicht fest bestimmt und gleichbleibend. Im Gegenteil war sie ein Organ, das vielen Bestimmungen und Zwecken diente. Ihre Rolle in der Verschwörung änderte sich von Zeit zu Zeit, immer in Einklang mit dem Fortschreiten der Verschwörung durch ihre verschiedenen Phasen bis zum Endziel: der Aufhebung des Versailler Vertrags und der Eroberung von Gebieten anderer Völker und Nationen.

Wenn wir die Verschwörung mit einem Zusammensetzspiel vergleichen, dessen Einzelteile zueinander passen, so werden wir finden, daß der Teil, der die SA darstellt, ein Glied in dem Muster bildet, das zur Gestaltung und Formung des Gesamtbildes unbedingt notwendig ist.

Die SA nahm an der Verschwörung als eine deutlich getrennte Einheit teil und besaß eine eigene Rechtspersönlichkeit. Dies zeigt sich im Dokument 1725-PS, das im Dokumentenbuch besonders angezeichnet ist. Ich bitte den Gerichtshof, es amtlich zur Kenntnis zu nehmen. Es ist eine Durchführungsverordnung vom März 1935, Reichsgesetzblatt Teil I, Seite 502; sie bestimmt, daß die SA und gewisse andere Organisationen von nun ab Gliederungen der Nazi-Partei sind. Diese Durchführungsverordnung sieht in Paragraph 5 vor, es ist Seite 2 der englischen Übersetzung unmittelbar nach dem Wort Paragraph 5; ich zitiere:

»Die angeschlossenen Verbände können eigene Rechtspersönlichkeit besitzen.«

Ähnlich bezeichnet das Organisationsbuch der Nazi-Partei die SA als »geschlossenes Ganzes«.

Dokument 3220-PS, das ich nunmehr vorlege, ist ein Auszug aus dem Organisationsbuch, Ausgabe 1943, Seite 358 des Originals; ich zitiere aus der englischen Übersetzung, wo es heißt:

»Der Führer schreibt ihr das Gesetz des Handels vor, er befiehlt ihren Einsatz. Der Stabschef vertritt im Auftrage des Führers die SA als geschlossenes Ganzes.«

Ich bin mir sicher, daß das Beweismaterial die SA als eine geschlossene Einheit und als eine Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit zeigen und charakterisieren wird. Wir werden beweisen, daß die Mitglieder der SA als eine geschlossene und zusammengeschweißte Einheit handelten, obwohl die SA aus vielen Einzelmitgliedern zusammengesetzt war. Sie waren durch viele gemeinsame Umstände, wie die Mitgliedschaftsbestimmungen und die Disziplinarordnung, durch eine besondere einheitliche Uniform, einheitliche Ziele und Zwecke, einheitliche Tätigkeit, Pflichten und Verantwortlichkeiten und – wahrscheinlich ist dies der wichtigste Umstand von allen – durch ein fanatisches Anklammern an die von den Nazi- Verschwörern ersonnene Weltanschauung eng miteinander verbunden und vereint. Dies ergibt sich teilweise aus dem Dokument 2354-PS, das wiederum nur ein Auszug aus dem Organisationsbuch der Nazi-Partei ist. Auf Seite 7 der englischen Übersetzung findet sich die Bestimmung, daß die Mitgliedschaft in der SA freiwillig war, daß aber der SA-Mann ausscheiden sollte,

»wenn er glaubt, mit der Linie der SA nicht mehr übereinstimmen zu können, oder wenn er nicht in der Lage ist, den ihm durch die SA-Zugehörigkeit auferlegten Pflichten voll und ganz nachzukommen«.

Der SA-Mann wurde in seiner Weltanschauung, in seiner Einstellung und seinem Benehmen geschult und man erwartete und forderte von ihm, daß er diese Schulung annahm und in seinem täglichen Leben widerspiegelte. Gemeinsames Denken und einheitliches Handeln in solchen Dingen wurden teilweise durch Veröffentlichung und Verteilung einer Wochenzeitschrift mit dem Titel »Der SA-Mann« erreicht.

Diese Zeitschrift diente hauptsächlich der Schaffung und Pflege der verschiedenen Seiten der Nazi- Weltanschauung, die die doktrinären Beweggründe für viele der Verschwörer bildete.

Darf ich hier abschweifen und dem Gerichtshof mitteilen, daß wir hier auf dem Tisch sämtliche dieser Veröffentlichungen vom Jahre 1934 bis zum Jahre 1939 einschließlich haben. Die offizielle Wochenzeitschrift »Der SA-Mann« wurde in München herausgegeben und hatte einen großen Leserkreis; sie war an allen Zeitungsständen ausgelegt und wurde in ganz Deutschland und in den besetzten Ländern vertrieben.

Außerdem diente »Der SA-Mann« der Berichterstattung und Dokumentierung der Tätigkeit der SA als einer Organisation, wie auch der ihrer wesentlichen Gruppen. Ich werde später Gelegenheit haben, bestimmte Stellen dieser Zeitschrift dem Gerichtshof zur Betrachtung vorzulegen.

Der allgemeine Organisationsaufbau oder -plan der SA wird dem Gerichtshof durch später vorzulegende Dokumente gezeigt werden. An dieser Stelle möchte ich nur bemerken, daß sich die SA, wie das Beweismaterial ergibt, aus einzelnen Banden von Raufbolden zu einer festen Einheit verbunden hat; sie wurde auf militärischer Grundlage organisiert, mit einer militärischen Ausbildung, militärischen Funktionen und vor allem mit einem aggressiven, militaristischen und kriegerischen Geist und Weltanschauung. Die Organisation dehnte sich über das gesamte Reichsgebiet aus und war in örtliche Gruppen und Abteilungen eingeteilt. Es gab darin Spezial-Einheiten einschließlich Kavallerie-, Nachrichten-, Pionier- und Sanitäts-Einheiten. Darf ich die Herren Richter bitten, einen Blick auf die Karte an der Wand zu werfen, die ich später als Beweisstück vorlegen werde. Die Gleichschaltung dieser verschiedenen Gruppen und Abteilungen wurde durch das SA-Hauptquartier und Stabsämter strikt durchgeführt. Diese Ämter befanden sich in München.

Das Verhältnis zwischen der SA und der NSDAP ist das nächste Thema.

Die Anklage gegen die SA ist eine schwere und hat ihre Grundlage in der bedeutsamen und besonderen Beziehung und Verbindung mit der Nazi-Partei und den Hauptverschwörern. Unseres Erachtens erbringt die Beziehung und Verbindung zu den genannten Verschwörern einen bedeutsamen und überzeugenden Beweis für die gemeinsame Teilnahme an einer aufgebauten Verschwörung. Das ist besonders deshalb anzunehmen, weil die Verbindung der SA mit den Nazi- Führern so eng gehalten und derart geformt war, daß sie es den Verschwörern ermöglichte, die SA für jeden Zweck und jede Tätigkeit einzusetzen, die im Laufe der Verwirklichung der Verschwörerziele nötig sein mochte.

So erkennen wir, daß die SA schon zu Beginn der Verschwörung im Jahre 1921 tatsächlich von Hitler selbst erdacht und geschaffen wurde.

Hitler behielt die Führung der SA während des ganzen Zeitraums der Verschwörung und übertrug die Verantwortung der Führung einem Stabschef. Hitler war in der Tat in ganz Deutschland als »OSAF«, »Oberster SA-Führer«, bekannt.

Der Angeklagte Göring war eines der ersten Mitglieder der SA und hielt während des ganzen Verlaufs der Verschwörung seine enge Verbindung zu ihr aufrecht.

Der Angeklagte Heß nahm an vielen der ersten Kämpfe der SA teil und war Führer einer SA-Gruppe in München. Die Angeklagten Frank, Streicher, von Schirach und Sauckel bekleideten die Stellung eines Obergruppenführers der SA, eine Stellung, die dem Rang eines Generalleutnants gleichkommt. Der Angeklagte Bormann war Mitglied des Stabes der Obersten SA-Führung.

Die engen Beziehungen zwischen der SA und den Führern der Nazi-Partei sind durch die Tatsache gekennzeichnet, daß die Hoheitsträger des Korps der Politischen Leiter ermächtigt waren, die SA zur Hilfe bei der Ausführung von Sonderaufgaben des Parteiprogramms herbeizurufen. Dies ergab sich gestern aus dem Dokument 1893-PS. Die Herren Richter werden sich erinnern, daß ich daraus eine Anzahl von Stellen im Zusammenhang mit dem Beweisvortrag gegen das Korps der Politischen Leiter zitiert habe. Auf Seite 11 der englischen Übersetzung dieses Auszugs wurde erklärt, daß die Hoheitsträger das Recht hatten, die SA mit der Durchführung politischer Aufgaben im Rahmen der Bewegung zu beauftragen. Diese Verantwortung der SA gegenüber der Partei folgt auch aus Dokument 2383-PS; das ist eine Ausführungsverordnung zu einem Erlaß Hitlers, die ich jetzt als Beweisstück US-410 vorlege. Ich zitiere von Seite 3 der englischen Übersetzung. Wenn Sie sich Seite 3 der englischen Übersetzung zuwenden, so ist es der vierte Absatz:

»Die Gliederungen der NSDAP, mit Ausnahme der SS, für die besondere Bestimmungen gelten, unterstehen dem Hoheitsträger politisch und einsatzmäßig. Die Verantwortung für die Führung der Einheiten liegt in der Hand ihrer Einheitsführer.«

Wie wir gestern beim Vortrag gegen das Korps der Politischen Leiter bewiesen haben, wurde die SA auf Grund einer solchen Ermächtigung zur Beschlagnahme von Gewerkschaftseigentum verwendet. Die SA brachte weiterhin ihre enge Verbindung mit der Nazi- Partei dadurch zum Ausdruck, daß sie sich auf verschiedene Weise an Wahlkämpfen beteiligte. Das ist dem Dokument 2168-PS zu entnehmen, einer Broschüre, die den Titel »Die SA« trägt; es ist Beweisstück US-411. Diese Broschüre beschreibt die Geschichte und die allgemeine Tätigkeit der SA und ist von einem SA-Sturmführer namens Bayer im Auftrag der Obersten SA-Führung verfaßt. Ich zitiere von Seite 4 der englischen Übersetzung, unten am Ende der Seite den letzten Absatz; ich beginne mit Zeile 3:

»Die Arbeit und der Kampf der SA ist nicht umsonst. Sie stehen in vorderster Front der Wahlkämpfe.«

Adolf Hitler selbst übernahm am 2. September 1930 die Führung der SA als Oberster SA-Führer. Er selbst führte seine SA in dem entscheidenden Wahlkampf des Jahres 1930.

Weitere Beweise für das Interesse und die Anteilnahme der Nazi-Führer an der Tätigkeit der SA finden sich in diesen fünf Bänden, welche die Gesamtausgabe der Zeitschrift »Der SA-Mann« von 1934 bis 1939 enthalten. Ich möchte jetzt bitten, daß jeder dieser Bände besonders gekennzeichnet wird, weil wir während dieses Beweisvortrags von Zeit zu Zeit auf jeden einzelnen Bezug nehmen werden. Sie werden mit Beweisstück US-414, 415, 416, 417 und 418 beginnen und sind durch eigene Dokumentennummern bezeichnet, auf die ich verweisen werde, wenn ich zum Zitat der einzelnen Stellen in englischer Übersetzung komme.

In diesen Bänden befinden sich Photographien, die die Teilnahme von Nazi-Führern an SA-Veranstaltungen zeigen. Ich möchte jetzt einige dieser Photographien beschreiben, und ich werde die Seitenzahlen, auf welchen sie zu finden sind, angeben. Hoher Gerichtshof! Wir überreichen eine Anzahl dieser Bilder und Photographien. Eines davon, das ich jetzt dem Gerichtshof als Beweis unterbreiten möchte, erscheint in der Ausgabe vom Januar 1937; es ist eine Photographie von Göring bei der Feier anläßlich seiner Ernennung zum Obergruppenführer der SA-Standarte Feldherrnhalle am 23. Januar 1937. Wir legen die Photographie und die Seite der Zeitung als Beweismaterial vor. Wir würden den Herren Richtern dieses Bild aushändigen, wenn Sie es anzuschauen wünschen. Wir legen es als Beweisstück vor.

Hier ist ein weiteres Bild von Göring an der Spitze der SA-Standarte Feldherrnhalle bei einer Parade vom 18. September 1937, das sich auf Seite 3 befindet. Das andere Bild befand sich auf Seite 3 der Januarausgabe des »SA-Mann« von 1937.

Ich weise den Gerichtshof noch auf einige andere Photographien hin. Hier ist eine Photographie Hitlers, wie er Hühnlein begrüßt; es trägt die Überschrift »Der Führer begrüßt Korpsführer Hühnlein bei der Eröffnung der Internationalen Automobilausstellung 1935«. Dies ist vom 23. März 1935 und erscheint auf Seite 6.

Hier ist eine weitere Photographie von Himmler, Hühnlein, dem Führer des NSKK, und Lutze, dem Stabschef der SA. Sie trägt die Überschrift »Sie führen die Soldaten des Nationalsozialismus«. 15. Juni 1935, Seite 1.

Ein anderes Bild von Hitler bei einer SA-Feier, wie er die Blutfahne der SA hält, mit der Überschrift: »Wie in den Jahren der Kampfzeit, so weihte auch am Parteitag der Freiheit der Führer die neuen Standarten mit der Blutfahne.« 21. September 1935, Seite 4.

Ich gehe weiter. Hier ist ein Bild von Göring in SA-Uniform, wie er eine Parade der SA abnimmt, mit der Überschrift: »Ehrentag der SA«, 21. September 1935, Seite 3.

VORSITZENDER: Oberst Storey, besteht ein Zweifel, daß Hitler und Göring Mitglieder der SA waren?

OBERST STOREY: Nein, Herr Vorsitzender, wir haben aber diese Bilder gezeigt, um den militärischen Charakter der SA zu beweisen. Wenn hierüber kein Zweifel besteht und dies nur eine Wiederholung darstellt, dann will ich weitergehen.

Die Arbeit der SA war mit der Übernahme der Deutschen Regierung durch die Nazis nicht beendet. Die Verbundenheit zwischen der SA und den Nazi- Führern wurde aufrechterhalten, nachdem die Nazis die Kontrolle über den Deutschen Staat errungen hatten.

Die Bedeutung der SA in Verbindung mit der Nazi-Regierung und Kontrolle über Deutschland zeigt sich in dem Gesetz vom 1. Dezember 1933. Ich habe bereits darauf hingewiesen; es handelt sich um die Einheit von Partei und Staat. Ein Paragraph wurde jedoch noch nicht zitiert, und ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs darauf lenken. Es ist unser Dokument 1395-PS; ich zitiere Paragraph 2, der auf Seite 1 der englischen Übersetzung erscheint:

»Zur Gewährleistung engster Zusammenarbeit der Dienststellen der Partei und der SA mit den öffentlichen Behörden werden der Stellvertreter des Führers und der Chef des Stabes der SA Mitglieder der Reichsregierung.«

Ebenso steht in Dokument 2383-PS, das ich als Beweismaterial soeben vorgelegt habe, und auf das ich nur kurz Bezug nehmen werde, auf Seite 11 letzter Absatz:

»Die Dienststellen von Partei und Staat haben die SA in dieser Erziehungsarbeit zu unterstützen und den Besitz der Urkunde für das SA-Wehrabzeichen entsprechend zu bewerten.«

Daß die Nazis stets eine vollkommene Kontrolle über die SA besaßen, zeigt sich in der sogenannten »Röhm-Säuberungsaktion« vom Juni 1934. Beweismaterial dafür ist im »Völkischen Beobachter« vom 1. Juli 1934 auf Seite 1 zu finden. Ich will hiervon nichts zitieren.

Röhm war einige Jahre lang Stabschef der SA gewesen und war für die Entwicklung der SA zu einer mächtigen Organisation mit bestimmten Programmen und Zielen verantwortlich.

Mitglieder der SA waren verpflichtet, ihm einen persönlichen Treueid zu leisten. Als jedoch seine Politik in Widersprach mit der der Nazi-Führer geriet, wurde er abgesetzt, ermordet und durch Viktor Lutze ersetzt. Diese drastische Maßnahme wurde ohne Revolte oder Zwietracht in den Reihen der SA und ohne Änderungen in den Zielen oder dem Programm der Organisation durchgeführt. Die SA blieb »ein treues und starkes Glied der nationalsozialistischen Bewegung«, wie es in Dokument 2407-PS, Beweisstück US-412 der englischen Übersetzung des »Völkischen Beobachters« heißt. Es ist der letzte Absatz der englischen Übersetzung, gerade über dem Namen »Adolf Hitler«. Ich möchte hierzu für die Übersetzer bemerken, daß das Zitat zu unserem Text gehört. Ich darf fortfahren und zitiere:

»Es ist mein Wunsch, daß die SA zu einem treuen und starken Glied der nationalsozialistischen Bewegung ausgestaltet wird. Erfüllt von Gehorsam und blinder Disziplin, muß sie mithelfen, den heuen deutschen Menschen zu bilden und zu formen.«

Die Bedeutung der SA in dem Nazi-Plan zum Einsatz des deutschen Volkes zeigt sich in Hitlers Ausführungen »Der Weg des deutschen Menschen«. Sie erscheinen in »Der SA-Mann«, Ausgabe vom 5. September 1936, auf Seite 22. Es ist unser Dokument 3050-PS, Beweisstücke US-414 und US-418, Seite 29 der englischen Übersetzung. Ich zitiere den Absatz in der Mitte der Seite:

»... Der Knabe, er wird eintreten in das Jungvolk, und der Pimpf, er wird kommen zur Hitler-Jugend, und der Junge der Hitler-Jugend, er wird einrücken in die SA, in die SS und in die anderen Verbände, und die SA-Männer und die SS-Männer werden eines Tages einrücken zum Arbeitsdienst und von dort zur Armee, und der Soldat des Volkes wird zurückkehren wieder in die Organisation der Bewegung, der Partei, in SA und SS, und niemals mehr wird unser Volk dann so verkommen, wie es leider einst verkommen war!«

So sehen wir, daß während der ganzen Zeit der Verschwörung die Verbindung zwischen der SA und der Nazi-Partei so eng war, daß die SA den Verschwörern ständig als Werkzeug zur Förderung ihrer Ziele zur Verfügung stand. Die SA war von den Verschwörern zu Beginn der Nazi-Bewegung geschaffen worden. Sie war zu allen Zeiten der Weisung Adolf Hitlers unterstellt. Sieben der Angeklagten hatten verantwortliche und führende Posten in der Organisation inne, und zu allen Zeiten hatte die SA dem Ruf der Hoheitsträger zu folgen. Die SA stand bei den Wahlkämpfen in vorderster Front. Die Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen der Partei, der SA und des Staates war durch Gesetz sichergestellt.

In diesem Sinne äußerte sich Viktor Lutze, der frühere Stabschef der SA, in einer Broschüre mit dem Titel »Wesen und Aufgaben der SA«. Es ist unser Dokument 2471-PS; das Original legen wir als Beweisstück US-413 vor; und ich zitiere vom Beginn der Seite 1 der englischen Übersetzung. Ich gedenke, den ganzen Absatz zu verlesen, den ersten Absatz am Beginn der Seite:

»Ehe ich zum eigentlichen Thema komme, muß ich Ihnen, um von vornherein die richtige Einstellung zu schaffen, sagen, daß ich nie in erster Linie als SA- Mann, sondern als Nationalsozialist spreche, da die SA nicht selbständig neben der nationalsozialistischen Bewegung, sondern nur in ihr stehen kann.«

Als nächstes möchte ich dem Gerichtshof Beweise vorlegen, die die Hauptaufgaben und die Tätigkeit veranschaulichen, die die SA zufolge ihrer bereits erwähnten Beziehung zur Partei und zur Förderung der Ziele der Verschwörer ausgeübt hat. Diese Tätigkeit kann logischerweise in vier bestimmte Phasen oder Abschnitte geordnet oder eingeteilt werden. Ich möchte hinzufügen, daß jeder dieser Abschnitte mit dem jeweiligen Abschnitt in der Entwicklung der Verschwörung auf die in der Anklageschrift angeführten Ziele hin übereinstimmt.

Der erste Abschnitt besteht aus dem Einsatz der SA und ihrer Mitglieder als Werkzeug zur Verbreitung der Weltanschauung und des Fanatismus der Nazis in ganz Deutschland. Die Verwendung der SA für diesen Zweck hielt während der ganzen Verschwörungszeit an, wie dies sicherlich aus dem Beweismaterial hervorgehen wird.

Der zweite Abschnitt bezieht sich auf die Zeit vor der Machtergreifung der Nazis. Während dieser Periode war die SA eine militärische und streitlustige Gruppe von Kämpfern und Gangstern, deren Aufgabe es war, alle Gegner der Partei unter Gewaltanwendung zu bekämpfen.

Der dritte Abschnitt bezieht sich auf einen Zeitabschnitt von mehreren Jahren nach der Machtergreifung der Nazis. Während dieser Zeit beteiligte sich die SA an verschiedenen Maßnahmen, die der Festigung der Kontrolle durch die Nazis dienten. Dazu gehören auch solche durch die Nazis inspirierte Programme, wie die Auflösung der Gewerkschaften, die Verfolgung der Kirche und die Judenverfolgungen, auf die ich bereits hingewiesen habe. Während dieser Zeit diente sie auch weiterhin als eine Mannschaft politischer Soldaten mit dem Ziel, Mitglieder politischer Parteien, die von der Nazi-Partei als feindlich oder gegnerisch betrachtet wurden, gewaltsam zu bekämpfen.

Der vierte Abschnitt der SA-Tätigkeit bestand in ihrer Verwendung als einer Organisation zum Aufbau einer Wehrmacht in Deutschland unter Verletzung des Vertrags von Versailles und für die geistige und körperliche Vorbereitung der deutschen Jugend auf den Angriffskrieg.

Ich möchte nun auf die Beweise eingehen, die meines Erachtens ein besonderes Schlaglicht auf diese vier Abschnitte werfen.

Der erste Abschnitt befaßt sich mit der Verbreitung der Weltanschauung. In erster Linie war die SA für die Verbreitung der Weltanschauung und Lehren verantwortlich, deren Annahme für die Erreichung der Nazi-Ziele notwendig war. Schon von Anfang an haben die Nazi-Führer die Bedeutung dieser Aufgabe betont. Im weiteren Verlauf der Verschwörung übernahm die SA viele Aufgaben und Pflichten; aber eine Aufgabe, die immer blieb und fortdauerte, war die, Verbreiter nationalsozialistischer Weltanschauung zu sein.

Ich weise nun auf die englische Übersetzung des Dokuments 2760-PS, Beweisstück US-256, hin, einen Auszug aus »Mein Kampf«, der auf Seite 5 der Übersetzung des Dokuments erscheint. Es ist der dritte Absatz auf Seite 5 des Dokuments. Ich zitiere:

»Als Leitgedanke für die innere Ausbildung dieser Sturmabteilung war immer die Absicht vorherrschend, sie neben aller körperlichen Ertüchtigung zu einer unerschütterlich überzeugten Vertreterin der nationalsozialistischen Idee auszubilden...«

Ich möchte noch hinzufügen, daß diese Erklärung Hitlers über die Aufgaben der SA wirklich zum Leitsatz für die SA-Mitglieder wurde; denn »Mein Kampf« wurde dahingehend verstanden, daß er die Grundanschauung der SA zum Ausdruck bringe.

Aus dem Dokument 2354-PS, einem Auszug aus dem Organisationsbuch der Partei, zitiere ich von Seite 1 der englischen Übersetzung den ersten Absatz:

»Die Erziehung und Ausbildung auf Grund der Lehren und Ziele des Führers, wie sie im ›Kampf‹ und im Parteiprogramm für alle Gebiete unseres Lebens und unsere nationalsozialistische Weltanschauung niedergelegt sind...«

Das gleiche Dokument, das Organisationsbuch der Partei, behandelt auch die Aufgabe der SA als Propagandistin der Partei.

Ich glaube, Herr Vorsitzender, das nächste würde nur eine Wiederholung dessen sein, was bereits vorgetragen wurde. Ich wende mich nun einem Artikel zu...

VORSITZENDER: Vielleicht ist dies ein günstiger Zeitpunkt, die Sitzung zu vertagen.

OBERST STOREY: Jawohl, Herr Vorsitzender.