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MAJOR FARR: Jede der verschiedenen von mir dargestellten Gliederungen trug ihren Teil zur Ausübung der einen oder anderen Funktion der SS bei. Das Personal, das sie bildete, war jedoch verschieden. Ein Teil von ihnen waren Zeitfreiwillige, andere hatten sich berufsmäßig für verschiedene Zeitdauer verpflichtet. Jede Gliederung, jede Abteilung und jedes Mitglied war jedoch ein untrennbarer Bestandteil der ganzen Organisation. Jeder füllte die ihm zugewiesene Stelle bei den mannigfaltigen Aufgaben, für die die Organisation geschaffen war. Wir können keinen besseren Zeugen für diese Tatsache bringen als den Reichsführer-SS, der sich unentwegt bemühte, die vollständige Einheit der Organisation sicherzustellen. Ich zitiere seine eigenen Worte aus seiner Posener Rede, unserem Dokument 1919-PS, US-170; ich verlese von Seite 103 des Originaltextes von der dritten Zeile von unten, und von Seite 8 der englischen Übersetzung:

»Wehe, wenn die Hauptämter in gut gemeinter, aber falsch verstandener Vertretung ihrer Aufgaben sich mit je einem Befehlsweg nach unten selbständig machen würden. Das würde, wie ich wirklich glaube, an dem Tag, an dem mich einer über den Haufen schießt, das Ende der SS sein. Es muß so sein, und es muß so werden, daß auch unter dem zehnten Reichsführer-SS dieser Orden der SS mit allen seinen Sparten – Gesamtgrundlage, Allgemeine SS, Waffen-SS, Ordnungspolizei, Sicherheitspolizei, die ganze Wirtschaftsverwaltung, Schulung, weltanschauliche Erziehung, die ganze Sippenfrage – ein Block, ein Körper, ein Orden ist.«

Ich fahre nun ungefähr in der Mitte der Seite 8 der Übersetzung und am Ende der Seite 104 der Originalrede fort:

»So, wie es innerhalb der Waffen-SS ist und sein muß, so müssen nun allmählich auch Ordnungs- und Sicherheitspolizei, Allgemeine SS und Waffen-SS zusammenschmelzen. Das geschieht auf dem Gebiet der Stellenbesetzung, der Ergänzung, der Schulung, der Wirtschaft, des Ärzte-Wesens. Ich tue hier immer etwas dazu, immer wieder wird ein Band um diese Bündelteile herumgeschlungen, um sie zusammenwachsen zu lassen. Wehe, wenn sich diese Bänder einmal lösen würden, dann würde alles – davon seien Sie überzeugt – in einer Generation und in kurzer Zeit in seine alte Bedeutungs losigkeit zurücksinken.«

Ich wende mich nun der der SS zu Grunde liegenden Weltanschauung zu, den Grundsätzen, nach welchen ihre Mitglieder ausgewählt, sowie den Aufgaben, die ihnen übertragen wurden. Um diese Organisation zu verstehen, muß man die Lehren, auf denen sie aufgebaut war, klar im Auge behalten. Sie liefern den Schlüssel zu ihren gesamten Betätigungen. Es ist daher notwendig, sie eingehend zu prüfen.

Das grundlegende Prinzip bei der Auswahl war, wie Himmler sich ausdrückte, Blut und Auslese. Die SS sollte die lebendige Verkörperung der Nazi-Lehre von der Überlegenheit des nordischen Blutes sein, die Verwirklichung der Nazi-Auffassung von der Herrenrasse. Um Himmlers eigene Worte zu gebrauchen, die SS sollte ein »nationalsozialistischer Soldaten-Orden des nordischen Mannes« sein. Als er der Wehrmacht die Gründe für die Betonung der rassischen Auslesegrundsätze und die Art ihrer Durchführung auseinandersetzte, sagte er, und ich zitiere aus Dokument 1992(a)-PS, Seite 1, letzter Absatz der Übersetzung, und Seite 138, Absatz 1 des Originals:

»Darnach mußte es richtig sein, daß wirklich nur das gute Blut, nach unserer Kenntnis der Geschichte, als das führende, schöpferische und jeden Staat, vor allem jede soldatische Betätigung tragende Blut anzusehen ist, und zwar das nordische Blut. Ich sagte mir: Wenn es mir glückt, in eine Organisation möglichst viele Men schen, die zu einem namhaften Teil Träger dieses erwünschten Blutes sind, aus dem deutschen Volke zu erfassen und unter soldatischen Gehorsam zu bringen, sie allmählich mit dieser Erkenntnis vom Wert des Blutes und von der ganzen Weltanschauung, die daraus entspringt, zu erfüllen, dann müßte es möglich sein, tatsächlich eine Ausleseorganisation zu schaffen, die jeder Belastung standhält.«

Weiterhin auf Seite 5 der Übersetzung, ich bitte um Entschuldigung, auf Seite 4 der Übersetzung, in der ersten Zeile, und auf Seite 140 des Originaltextes im letzten Absatz, sagte er im Hinblick auf das Verfahren, nach dem die Bewerber ausgesucht wurden:

»Es wird unerhört geprüft und überprüft. Von hundert Mann können wir im Durchschnitt allenfalls zehn oder fünfzehn brauchen, nicht mehr. Wir verlangen das politische Leumundszeugnis seiner Eltern und Geschwister. Wir verlangen heute von ihm die Ahnentafel bis 1750, wir verlangen selbstverständlich die gesundheitliche Untersuchung und sein Zeugnis von der Hitlerjugend. Wir verlangen ferner ein erbgesundheitliches Zeugnis, daß bei seinen Eltern und in seiner Familie keine vererbbaren Krankheiten vorhanden sind.«

VORSITZENDER: Ich verstehe den Sinn Ihrer Ausführungen nicht recht. Wir haben bereits gehört, daß die SS ein Elite-Korps war, und Ihre ganze Darlegung bringt nur die Einzelheiten der Auslese.

MAJOR FARR: Das ist richtig. Es zeigt die Einzelheiten der Auslese.

VORSITZENDER: Das steht doch in keinem Zusammenhang mit dem verbrecherischen Charakter der Organisation?

MAJOR FARR: Ich glaube doch, Herr Vorsitzender. Ich möchte zwei Dinge betonen, wenn Sie erlauben. Das grundlegende Merkmal dieser Organisation war das Rassenprinzip. Die Rasse-Grundsätze für die Auswahl hatten ein doppeltes Ziel. Erstens wollte man eine Organisation schaffen, die nicht nur die Aristokratie Deutschlands allein darstellen, sondern auch in der Lage sein sollte, ganz Europa zu beherrschen. Zu diesem Zweck wurden nicht nur strenge rassische Auslesegrundsätze aufgestellt, sondern es wurden die größten Anstrengungen unternommen, um den SS-Stamm zu erhalten, um eine Gruppe von Männern zu schaffen, die in der Lage sein würde, Europa nach seiner Eroberung zu übernehmen.

Es bestand keine Frage über dieses Ziel. Himmler wiederholte ausdrücklich immer wieder »wir wollen eine Oberschicht schaffen, die Europa für Hunderte von Jahren beherrschen kann«. Dies war eines der grundlegenden Ziele der SS, und dieses Ziel wurde von Himmler nicht geheimgehalten, sondern im Gegenteil zu wiederholten Malen erläutert und öffentlich verkündet.

VORSITZENDER: Sie haben uns noch nicht gezeigt, wo dies verkündet wurde.

MAJOR FARR: Nein, noch nicht, Herr Vorsitzender, aber ich werde in Kürze dazu kommen. Ich wollte zuerst die rassischen Grundlagen für die Auswahl erläutern. Dies war der eine Gesichtspunkt des rassischen Ausleseverfahrens.

Den anderen Gesichtspunkt bildete die negative Seite der Rassenlehre. Himmler beabsichtigte nicht nur eine Elite aufzubauen, die in der Lage sein sollte, Europa zu übernehmen, sondern er impfte dieser Elite Haß ein gegen alle – um sein Wort zu gebrauchen – »minderwertigen« Rassen.

Ich glaube, daß, solange wir dies nicht als die Grundlage der SS klar erkannt haben, wir die ganze Organisation nicht verstehen können. Ich bin auf Wunsch des Gerichtshofs bereit, nicht weiter auf die Einzelheiten des Verfahrens bei der Auslese einzugehen; jedoch halte ich es für wichtig, Himmlers eigene Erklärung über seine Ziele wiederzugeben und vor Gericht die öffentlich verkündeten Grundlagen für die Auslese zu zitieren.

Mit Genehmigung des Gerichtshofs möchte ich daher eine Stelle aus dem »Organisationsbuch der nationalsozialistischen Partei« zitieren, die die rassische Grundlage, auf der die SS aufgebaut war, behandelt. Es ist unser Dokument 2640-PS, das bereits als US- 323 vorgelegt wurde. Ich zitiere von Seite 417 des deutschen Textes und den vierten Absatz von Seite 1 der Übersetzung mit der Überschrift: »Mitgliedsauslese«. Ich zitiere diese Stelle, weil es sich bei diesem Ausspruch nicht um eine geheime Erklärung handelt. Sie zeigt, was die SS einer amtlichen Veröffentlichung der nationalsozialistischen Partei zufolge war:

»Mitgliedsauslese.

Zur Erfüllung dieser Aufgaben ist eine gleichartige, festgefügte und weltanschaulich zusammen verschworene Kampftruppe geschaffen, deren Kämpfer aus bestem arischen Menschentum ausgesucht werden.

Die Erkenntnis vom Werte des Blutes und Bodens ist richtungweisend für die Auslese in der Schutzstaffel. Jeder Staffelmann muß von Sinn und Wesen der nationalsozialistischen Bewegung tief durchdrungen sein. Er wird weltanschaulich und körperlich vorbildlich ausgebildet, damit er einzeln und im Verband im entschlossenen Kampf um die nationalsozialistische Weltanschauung eingesetzt werden kann.

Nur die blutsmäßig besten Deutschen sind für diesen Kampfeinsatz tauglich. Deshalb ist es notwendig, daß in den Reihen der Schutzstaffel unaufhörlich Auslese gehalten wird, erst grob, dann immer feiner.«

Ich möchte nun auf einen anderen Absatz auf derselben Seite übergehen, drei Absätze weiter unten, der von Gehorsam handelt. Es ist auf Seite 418, Absatz 2 des Originals. Ich zitiere:

»Der Gehorsam wird bedingungslos gefordert. Er ent springt der Überzeugung, daß die nationalsozialistische Weltanschauung herrschen muß. Wer sie besitzt und leidenschaftlich vertritt, unterwirft sich freiwillig dem Zwang zum Gehorsam. Deshalb ist der Schutzstaffel- Mann bereit, jeden Befehl, der vom Führer kommt oder von einem seiner Vorgesetzten gegeben wird, blindlings auszuführen, selbst wenn er von ihm die größten Opfer fordert.«

Die zwei fundamentalen Grundsätze der SS sind hier festgelegt: Erstens: rassische Auslese, zweitens: blinder Gehorsam.

Ich möchte nun feststellen, wie Himmler diese Organisation verwenden wollte. Ich zitiere aus seiner Rede an die Offiziere der »Leibstandarte SS Adolf Hitler« am »Tage von Metz«, unserem Dokument 1918-PS, US-304. Ich zitiere von der Mitte der Seite 12 des Originaldokuments, von der Übersetzung den letzten Absatz von Seite 3. Ich beginne in der Übersetzung mit dem dritten Satz des Absatzes:

»Das Gesamtziel ist für mich seit den elf Jahren, seit ich Reichsführer-SS bin, immer unverrückbar dasselbe gewesen: Einen Orden guten Blutes zu schaffen, der Deutschland dienen kann, der unverrückbar und ohne sich zu schonen sich einsetzen kann, weil sonst die größten Verluste an der Vitalität dieses Ordens, an der Vitalität dieser Menschen, scheitern werden, weil Sie immer wieder ersetzt werden. Einen Orden zu schaffen, der diesen Gedanken des nordischen Blutes so verbreitet, daß wir alles nordische Blut in der Welt an uns her anziehen, unseren Gegnern das Blut wegnehmen, es uns einfügen, damit niemals mehr, jetzt in der ganzen großen Politik gesehen, in großen Mengen und in nennenswertem Umfang nordisches Blut, germanisches Blut, gegen uns kämpft. Wir müssen es an uns nehmen und – die andern dürfen keines haben. Die Gedanken und das Ziel, das vor Jahren und Jahren gesteckt worden ist, sind niemals verlassen worden. Alles, was wir taten, hat uns ein Stück auf dem Wege weitergebracht. Alles, was wir tun werden, wird uns den Weg weiterführen.«

Ein weiteres Zitat aus demselben Dokument, das ganz genau die Gründe für den Ausbau dieses Ordens nordischen Blutes darstellt, es befindet sich auf Seite 3 der Übersetzung, ungefähr in der Mitte des ersten Absatzes des eben von mir verlesenen Dokuments. Es steht ungefähr auf der Mitte der Seite 11 der Originalrede. Es ist die Rede an die Offiziere der »SS-Leibstandarte Adolf Hitler«.

»Darüber seien Sie sich klar, wir würden das große germanische Reich, das im Entstehen begriffen ist, nicht halten können. Ich bin der Überzeugung, wir können es halten, bloß müssen wir die Voraussetzungen schaffen. Wenn wir einmal zu wenig Söhne hätten, würden die, die nachkommen, feige werden müssen. Ein Volk, das im Durchschnitt 4 Söhne in der Familie hat, das kann einen Krieg wagen, denn wenn zwei fallen, setzen zwei die Namen fort. Ein Volk, das einen oder zwei Söhne in der Familie hat, dessen Führung wird bei jedem Entschluß feige sein müssen, auch aus eigenen Erfahrungen heraus, weil sie sich sagen müssen, wir können uns das nicht leisten. Seht Frankreich an, das ist das beste Beispiel, Frankreich hat sich das Gesetz des Handelns von uns diktieren lassen.«

Die Beherrschung Europas durch eine Nazi-Elite erforderte jedoch mehr als die positive Seite der Rassenlehre...

MR. BIDDLE: Behaupten Sie, daß die Beherrschung Europas durch eine Elite ein Verbrechen ist?

MAJOR FARR: Eines der Verbrechen, deren wir die Angeklagten beschuldigen, ist die Verschwörung zum Zwecke der Beherrschung Europas, die Vorbereitung zum Angriffskrieg, die schließlich zur Besiedlung Europas zum Vorteil der Verschwörer führen sollte. Eines der Werkzeuge, das zur Durchführung dieser Politik benützt wurde, war nach unserer Behauptung die SS. Die Verschwörer beabsichtigten von dem Augenblick an, als sie die SS schufen, sie zu einer Elite auszubauen, mit der Deutschland in der Lage wäre, die eroberten Gebiete zu beherrschen und zu regieren.

Wir glauben, daß diese Vorstellung von der SS eine wesentliche Rolle in der Verschwörung gespielt hat. Sie hatte ihre Auswirkungen auf das gesamte Programm der Verschwörer. Gewiß ist dies an sich schon...

VORSITZENDER: Major Farr, was Sie zu beweisen haben, ist nicht, daß die Leute, die die Waffe verwendet haben, Verbrecher waren, sondern daß die Leute Verbrecher waren, aus denen sich die Waffe zusammensetzte.

MAJOR FARR: Ich glaube, ich habe zwei Dinge zu beweisen: sicherlich die Schuld der Personen, die diese Waffe bildeten, doch glaube ich, auch beweisen zu müssen, daß jene Waffe eine Rolle in der Verschwörung gespielt hat, weil die Anklageschrift behauptet...

VORSITZENDER: Ich glaube, Sie haben vollauf zur Genüge bewiesen, daß die SS ein Teil dieser Waffe war. Wenn es eine Verbrecher-Verschwörung gegeben hat, so war die SS eine der Waffen, die von den Verschwörern benützt wurde. Was Sie jedoch in diesem Abschnitt der Sache zu beweisen haben, ist, daß die Personen, die diese Waffe bildeten, Verbrecher waren und die verbrecherischen Ziele der SS kannten.

MAJOR FARR: Es stimmt, daß ich das zu beweisen habe. Ich nehme jedoch an, daß, ehe ich beweise, daß die in Frage kommenden Personen die verbrecherischen Absichten der Organisation kannten, ich zu beweisen habe, was diese verbrecherischen Ziele waren. Ich habe nur eben versucht, dem Gerichtshof darzutun, daß eines dieser Ziele, die ich als verbrecherisch ansehe, der Plan war, Europa zu beherrschen, und daß die SS eines der Mittel war, durch welche dies geschehen sollte.

Dies ist nur eine Seite des verbrecherischen Charakters der SS. Ich bin bereit, hierin nicht weiter fortzufahren, wenn der Gerichtshof sich über diesen Punkt im klaren ist und die Beweise für diese Seite des verbrecherischen Charakters für ausreichend erachtet. Ich will mich gewiß nicht zu viel mit diesem Punkt beschäftigen.

Ich werde jetzt also fortfahren, den Aufbau der SS zu einer Herrschafts- und Rassen-Elite darzustellen. Doch glaube ich, daß noch eine andere Sache wichtig ist, und das ist die negative Seite dieser Rassenlehre, der Haß gegen andere Rassen. Himmler hat dazu einige sehr treffende Bemerkungen gemacht, was der SS in dieser Hinsicht gelehrt werden sollte. Ich zitiere aus seiner Posener Rede, unserem Dokument 1919-PS. Die fragliche Stelle befindet sich auf Seite 23 der Originalrede, in der Mitte der Seite, und auf Seite 1, Absatz 3 der englischen Übersetzung. Ich zitiere:

»Ein Grundsatz muß für den SS-Mann absolut gelten: Ehrlich, anständig, treu und kameradschaftlich haben wir zu Angehörigen unseres eigenen Blutes zu sein und sonst zu niemand. Wie es den Russen geht, wie es den Tschechen geht, ist mir total gleichgültig.«

Die nächsten paar Sätze aus demselben Absatz sind bereits in das Protokoll verlesen worden, und ich werde sie nicht wiederholen. Ich will jedoch aus dem gleichen Absatz zitieren, welche Schlußfolgerung Himmler aus seinen von mir eben zitierten Worten zieht. Dieser Satz beginnt ungefähr in der siebenten Zeile vom Ende des Absatzes.

»Das ist das, was ich dieser SS einimpfen möchte und – wie ich glaube – eingeimpft habe, als eines der heiligsten Gesetze der Zukunft.«

Diese Grundsätze, also die Auffassung, eine Elite zu sein, die zur Herrschaft Europas ausersehen sein sollte, sowie der Haß gegen minderwertige Rassen, der der SS eingeimpft wurde, diese Grundsätze wurden immer und immer wieder öffentlich wiederholt, bis auch der jüngste Rekrut davon durchdrungen war.

Ich zitiere aus Himmlers Rede in Charkow, die im selben Dokument 1919-PS wiedergegeben ist:

MR. BIDDLE: Wollen Sie uns nicht den Sinn der Rede wiedergeben, ohne daraus zu zitieren? Können Sie nicht einfach darauf verweisen?

MAJOR FARR: Ich will das gerne tun, wenn der Gerichtshof von dieser Rede amtlich Kenntnis nimmt. Ich werde auf die Stelle verweisen, die ich meine. Es ist Seite 14 der Übersetzung, etwa 15 Zeilen von unten, und Seite 17 des Originals, ungefähr in der Mitte der Seite.

Nachdem er des längeren über den Rassenkampf gesprochen hatte, sagte Himmler zu seinen Offizieren – und er hielt diese Rede vor den Offizieren von 3 Divisionen der Waffen-SS –, daß jedem Rekruten gründlich, und zwar bis zum völligen Durchdrungensein, eingeimpft werden müsse, daß es notwendig sei, standhaft zu bleiben und den Rassenkampf schonungslos durchzuführen.

Noch einen weiteren Ausspruch über dieses Thema möchte ich mit Erlaubnis des Gerichtshofs verlesen. Ich halte ihn für wichtig, da er wiederum eine öffentliche Erklärung ist, die im Organisationsbuch der Partei steht. Es ist unser Dokument 2640-PS, und zwar eine ganz kurze Stelle auf Seite 418 des Originals und auf Seite 1, drittletzter Absatz der englischen Übersetzung:

»Er bekämpft offen und schonungslos die gefährlichsten Feinde des Staates: Juden, Freimaurer, Jesuiten und politische Geistlichkeit.«

Dies waren die Grundsätze der SS: rassische Überlegenheit und blinder Gehorsam. Eine notwendige Folgeerscheinung dieser beiden Grundsätze war Grausamkeit. Die Beweise, die wir über die Betätigung der SS vorlegen werden, werden zeigen, wie erfolgreich die SS diese Lehre in sich aufgenommen hat.

Die SS sollte den Ruf eines Terrors um sich verbreiten und sie tat es auch, einen Ruf, den sie sorgfältig pflegte. Himmler selbst bestätigt das schon im Jahre 1936 öffentlich in seiner Broschüre: »Die SS als antibolschewistische Kampforganisation«, unserem Dokument 1851-PS, das bereits als US-440 vorgelegt worden ist. Ich zitiere zwei Sätze daraus, die auf Seite 29 der Originalschrift und auf Seite 4 der Übersetzung stehen:

»Ich weiß, daß es manche Leute in Deutschland gibt, denen es schlecht wird, wenn sie diesen schwarzen Rock sehen. Wir haben Verständnis dafür und erwarten nicht, daß wir von allzu vielen geliebt werden.«

Die Rolle, die von der SS verlangt wurde, bedingte, daß sie stets die Verkörperung des Nazismus bleiben mußte und dann ihr Auslesecharakter niemals verwässert werden durfte.

Als Beweis dafür, daß selbst im Jahre 1943 die gleichen Bedingungen für die SS aufrechterhalten wurden, lege ich einen Brief von Himmler an den Angeklagten Kaltenbrunner vor. Dieser Brief ist unser Dokument 2768-PS, also ein Brief des Reichsführers- SS, geschrieben in seiner Feldkommandostelle unter dem 24. April 1943. Ich lege ihn als US-447 vor. Ich zitiere aus dem ersten Absatz dieses Briefes:

»Ich komme erneut auf das Thema zurück, das wir vor längerer Zeit schon einmal besprachen; die Aufnahme von den Beamten der Sicherheitspolizei in die SS. Ich möchte es noch einmal klar aussprechen: Ich wünsche nur dann eine Aufnahme, wenn der Mann

1. sich wirklich freiwillig meldet,

2. bei der Anlegung eines scharfen friedensmäßigen Maßstabes rassisch und weltanschaulich in die SS paßt und auch entsprechend der Zahl seiner Kinder eine wirklich gesunde SS-Sippe garantiert und nicht krank, absterbend und wertlos ist.«

Ich fahre dann mit dem dritten Absatz fort:

»Ich bitte Sie, nicht nur in der Zukunft so zu verfahren, sondern vor allem, daß auch viele Aufnahmen in die SS der Vergangenheit nach diesen Gesichtspunkten nachzuprüfen und abgeändert werden.«

Ich habe dies zusätzlich vorgetragen, um dem Gerichtshof ein Bild von dem normalen Weg zu geben, auf dem ein Mann Mitglied der SS wurde. Dies wird von Himmler in unserem Dokument 1992(a)-PS behandelt, und zwar auf Seite 142 des Originals und auf Seite 5 der Übersetzung. Wenn der Gerichtshof glaubt, daß er von dieser Stelle amtlich Kenntnis nehmen kann, werde ich sie nicht zitieren. Es wird dort dargestellt, wie ein junger Mann normalerweise in die SS kommt, wenn er etwa achtzehn Jahre alt ist, dort seine Lehrzeit abdient, dann seine Schulung in der Weltanschauung der SS erhält, den SS-Eid ablegt, den SS-Dolch erhält, und wie lange er in der Allgemeinen SS bleibt. Ich werde diesen Absatz nicht verlesen, da ich annehme, daß der Gerichtshof hiervon amtlich Kenntnis nehmen wird.

Ich glaube, daß es vorteilhaft sein würde, den kurzen Eid zu zitieren, der von einem SS-Mann geleistet wird. Der Wortlaut des Eides findet sich in der Werbebroschüre der Waffen-SS mit dem Titel »Die SS ruft Dich«. Es ist unser Dokument 3429-PS, das ich als US-446 vorlege. Der Eid ist auf Seite 18 dieser Broschüre und auf Seite 2 der Übersetzung in der Mitte der Seite wiedergegeben. Ich zitiere den Eid:

»Der Eid des SS-Mannes:

Ich schwöre Dir, Adolf Hitler, als Führer und Kanzler des Reiches, Treue und Tapferkeit. Ich gelobe Dir und den von Dir bestimmten Vorgesetzten Gehorsam bis in den Tod, so wahr mir Gott helfe.«

Ich gehe nun zur Betrachtung der Tätigkeit der SS über, zu der Art, wie sie die Pläne der Verschwörer durchsetzte und ihre Aufgabe als Hüter der inneren Sicherheit des Nazi-Regimes ausführte. Der Beweis für die erstklassigen Nazi-Eigenschaften und für die absolute Verläßlichkeit der SS, die Prüfung, bei der sie ihre Sporen verdiente, wurde am 30. Juni 1934 erbracht, als sie bei der Säuberungsaktion gegen die SA und andere wirkliche und mögliche Gegner des Nazi- Regimes mitwirkte. Es war das die erste wichtige Gelegenheit zum Einsatz dieser Sonderformation, die mit Zustimmung und gedeckt durch den Nazi-Staat arbeiten konnte, jedoch außerhalb des Gesetzes.

Ich lege zum Beweise eine eidesstattliche Erklärung des Angeklagten Wilhelm Frick vor, die er am 19. November 1945 hier in Nürnberg unterschrieben und beschworen hat. Es ist unser Dokument 2950-PS, US-448. Ich werde einen Teil dieser eidesstattlichen Erklärung verlesen; und zwar beginne ich etwa in der Mitte des ersten Absatzes der Erklärung. Es ist die zehnte Zeile im Original. Ich zitiere:

»Viele Leute wurden getötet – ich weiß nicht, wieviele –, die absolut nichts mit dem Putsch zu tun hatten. Personen, die gerade nicht beliebt waren, zum Beispiel der frühere Reichskanzler Schleicher, wurden getötet; ebenso seine Frau. Auch Gregor Strasser, der ehemalige Reichsleiter und zweite Mann in der Partei nach Hitler, wurde umgebracht. Als er ermordet wurde, hatte er überhaupt nichts mit politischen Angelegenheiten zu tun; er war jedoch in den Novemberwahlen 1932 gegen den Führer. Die SS wurde von Himmler für die Durchführung des Befehls benutzt, den Putsch zu unterdrücken.«

In Anerkennung ihrer Verdienste bei diesem Anlaß wurde die SS zu einer Gliederung der Partei erhoben mit gleichem Rang wie die SA und andere ähnliche Formationen. Ich bitte den Gerichtshof, von einer Stelle auf Seite 1 des »Völkischen Beobachters« vom 26. Juli 1934 amtlich Kenntnis zu nehmen. Es ist unser Dokument 1857-PS, US-412. Ich werde die Übersetzung dieser kurzen Stelle vorlesen:

»Die Reichspressestelle der NSDAP gibt folgende Verfügung des Führers bekannt:

Im Hinblick auf die großen Verdienste der SS, besonders im Zusammenhang mit den Ereignissen des 30. Juni 1934, erhebe ich dieselbe zu einer selbständigen Organisation im Rahmen der NSDAP. Der Reichsführer der SS untersteht daher, gleich dem Chef des Stabes, dem Obersten SA-Führer direkt.«

Mit ihrer Aktion vom 30. Juni 1934 hatte sich die SS bewährt. Gerade eine derartige Formation brauchten die Verschwörer für den ersten wichtigen Schritt in ihrem Programm, die Übernahme der Kontrolle über die Polizei; denn eine der ersten wesentlichen Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung eines Regimes liegt in der Kontrolle über die Polizei. Es war die Absicht der Verschwörer, die SS und Polizei ineinander aufgehen zu lassen, um sie zu einem einzigen, einheitlichen Unterdrückungsinstrument zu verschmelzen.

Ich gehe nun dazu über, die Entwicklung zu schildern, wie SS und Polizei ineinander übergingen. Kurz nach der Machtübernahme fingen die Verschwörer an, geheime politische Polizeistellen als Teil des Staatsapparates einzurichten. Dies geschah zuerst in Preußen, wo durch Erlaß des Angeklagten Göring im Jahre 1933 die Gestapo geschaffen wurde. Diese Entwicklung wird in dem Vortrag gegen die Gestapo geschildert werden. 1934 war der Reichsführer-SS Chef der geheimen politischen Polizei in allen deutschen Ländern mit Ausnahme Preußens und stellvertretender Chef der preußischen Gestapo geworden. In dieser Eigenschaft brachte er langsam in diese Stellen Mitglieder der SS hinein, bis schließlich erreicht wurde, daß die Mitgliedschaft bei der Gestapo mit der bei der SS gleichzusetzen war.

Am 17. Juni 1936 wurde durch Erlaß über die Einsetzung eines Chefs der Deutschen Polizei, veröffentlicht im Reichsgesetzblatt 1936, Teil I, Seite 487 und 488, unser Dokument 2073-PS, – das Gericht wird davon, wie ich annehme, amtlich Kenntnis nehmen – der neue Posten eines Chefs der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern geschaffen. Auf Grund der Bestimmungen dieses Erlasses wurde Himmler an diesen Posten mit dem Titel »Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern« gestellt.

Die Vereinigung dieser beiden Stellungen, nämlich des Führers der SS und des Chefs der gesamten Polizei im Reich, war keine zufällige, sondern man beabsichtigte, eine dauernde Verbindung dieser beiden Organe herzustellen und nicht nur eine vorübergehende Verschmelzung des Personals. Die Wichtigkeit der Verbindung dieser zwei Posten wurde von Hitler in einem Geheimerlaß vom 17. August 1938 über die Organisation und Mobilmachung der SS geschildert, unser Dokument 647-PS, das ich als US-443 vorlege. Ich werde nur das Vorwort verlesen, das auf Seite 1 unseres Dokuments 647-PS und am Anfang des Originalerlasses steht. Ich zitiere:

»Durch Ernennung des Reichsführers-SS und Chefs der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern am 17. 6. 1936 (Reichsgesetzbl. I, Seite 487) habe ich die Grundlage zur Vereinheitlichung und Neugliederung der Deutschen Polizei geschaffen. Damit sind auch die dem Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei bereits vorher unterstehenden Schutzstaffeln der NSDAP in eine enge Verbindung zu den Aufgaben der Deutschen Polizei getreten.«

Unmittelbar nach seiner Ernennung schritt Himmler zur Umorganisation der gesamten Polizeikräfte, indem er zwei getrennte Gliederungen schuf: erstens die reguläre uniformierte Polizei, die sogenannte Ordnungspolizei oder Orpo und zweitens die sogenannte Sicherheitspolizei oder Sipo, wie sie mit ihren abgekürzten Namen genannt wurden. Die Sipo setzte sich aus der gesamten Kriminalpolizei des Reiches und der ganzen Gestapo zusammen. Die Reorganisation wurde durch einen Erlaß vollzogen, der die Stellenbesetzung im Amte des Chefs der Deutschen Polizei bestimmte. Er ist im Reichsministerialblatt 1936, Seite 946 bis 948, veröffentlicht. Es ist unser Dokument 1551-PS. Ich nehme an, daß der Gerichtshof von ihm amtlich Kenntnis nehmen wird.

Himmler ernannte zum Chef der Sipo, also der Kriminalpolizei und der Gestapo, Reinhard Heydrich, der damals Chef des SD, das heißt, des bereits erwähnten SS-Nachrichtendienstes war. So wurde durch Himmlers Doppelstellung als Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei und durch Heydrichs Doppelstellung als Führer des Sicherheitsdienstes und der Sicherheitspolizei eine personelle Vereinigung in der Führung der SS und Sicherheitspolizei erreicht.

Es wurden jedoch noch weitere Schritte zu einer Vereinheitlichung unternommen. Im Jahre 1939 wurden die Sicherheitspolizei und der SD, der bis dahin nur ein Organ der SS war, zu einem Amt zusammengefaßt, dem Reichssicherheitshauptamt, allgemein RSHA genannt. Eine wesentliche und beachtliche Tatsache hierbei ist, daß dieses neugeschaffene Amt, das Reichssicherheitshauptamt, nicht nur eine Regierungsbehörde war, sondern einen doppelten Charakter hatte.

Es war gleichzeitig Dienststelle der Regierung und als solche organisatorisch in das Innenministerium eingebaut, und eines der wichtigsten Ämter der SS, und als solches gehörte es organisatorisch der obersten Führung der SS an. Diese Einteilung der SS erscheint auf dem Schema vor Ihnen, wobei das sechste Kästchen von links auf dem Schema das RSHA bedeutet. Jedoch kamen nicht nur Gestapo und Kriminalpolizei unter den Einfluß der SS, auch die ordentliche uniformierte Polizei wurde erfaßt. Wie das RSHA, so war auch die Ordnungspolizei nicht nur eine Abteilung im Reichsministerium des Innern, sondern zugleich in der obersten Führung der SS. Ihre Stellung in der SS wird durch den siebten Block auf der linken Seite der Tafel angegeben.

Diese Vereinheitlichung in der Führung der SS und Polizei betraf nicht nur die höchsten Führungsstellen, sondern erstreckte sich hinab bis in die Ausführungsorgane. Der Gerichtshof wird aus dem Schema ersehen, daß der Höhere SS- und Polizeiführer in den einzelnen Gebieten, der Himmler unmittelbar unterstand, sowohl die Sicherheitspolizei, Sipo, wie auch die ordentliche uniformierte Polizei, die Ordnungspolizei, befehligte; daß auch diese Polizei-Kräfte, Sipo und Orpo, nicht nur dem Befehl des Höheren SS- und Polizeiführers unterstanden, sondern, wie die blaue Linie zeigt, auch dem Befehl des RSHA und der Abteilung der Ordnungspolizei und der SS. Daraus ergibt sich die organisatorische Zusammenfassung der SS und der Polizei.

Diese Organisation war jedoch nicht das einzige Mittel, durch das Einheitlichkeit erzielt wurde. Auch Einheitlichkeit des Personals wurde erreicht. Freiwerdende Stellen in der Polizei wurden mit SS-Mitgliedern besetzt. Polizeibeamte dieser Verbände waren in der Lage, sich der SS anzuschließen, und Schulen wurden von der SS sowohl für die Polizei als auch für SS-Funktionäre eingerichtet.

Diese Maßnahmen sind in Himmlers Artikel »Wesen und Aufgabe der SS und der Polizei«, unserem Dokument 1992(a)-PS, geschildert. Sie sind des weiteren beschrieben in einem amtlichen Buch über die Polizei, mit dem Titel: »Die Deutsche Polizei«. Das Buch ist im Jahre 1940 erschienen und von Dr. Werner Best, einem Ministerialdirektor im Innenministerium und Abteilungschef der Sicherheitspolizei, verfaßt. Es trägt auf dem Vorsatzblatt die Druckbewilligung der Nazi-Partei und steht auf der offiziellen Liste der Nazi-Bücher. Kapitel 7 dieses Buches ist unser Dokument 1852-PS. Ich lege dieses Dokument als Beweisstück US-449 vor.

Durch diese Zusammenlegung der Organisation und des Personals wurden SS und Polizei in ihrem Aufbau und in ihrer Tätigkeit ein und dasselbe. Die daraus sich ergebende Lage ist in Bests Buch, unserem Dokument 1852-PS, das ich eben als Beweis vorgelegt habe, beschrieben. Ich zitiere Seite 7, Absatz 5 des Dokuments, im Originalbuch ist es Seite 95, Absatz 3:

»So bilden die SS und die Polizei sowohl in ihrem Aufbau wie in ihrem Wirken eine Einheit, ohne daß ihre einzelnen Einrichtungen ihre sachliche Eigenart und ihre Einordnung in die nach anderen Gesichtspunkten zusammengehörigen größeren Einheiten der Partei und der Staatsverwaltung verloren haben.«

Mit Hilfe der Polizei war die SS in der Lage, einen großen Teil der ihr zugewiesenen Aufgaben durchzuführen. Die Arbeitsgemeinschaft zwischen der Gestapo, der Kriminalpolizei und dem Sicherheitsdienst unter Leitung des Reichsführers-SS führte schließlich zu einer auf Unterdrückung abgestellten und uneingeschränkten Handhabung der Polizeigewalt. Dies wird in dem Anklagevortrag gegen die Gestapo behandelt werden. Bei der Würdigung dieser Beweise wird der Gerichtshof nicht vergessen dürfen, daß die Polizeibetätigung, die sich aus den Beweisen ergibt, nur ein Teil der SS-Aufgaben, ein Teil des gesamten SS-Verbrechersystems war. Ich werde mich daher nicht mit den Beweisen befassen, die nur die Polizeitätigkeit der SS im engeren Sinne betreffen.

Die Kontrolle über die Polizei genügte jedoch nicht. Jede nur mögliche Quelle der Opposition konnte vom Sicherheitsdienst aufgespürt werden. Verdächtige konnten von der Kriminalpolizei und der Gestapo verhaftet werden. Aber mit diesen Mitteln allein war eine völlige Unterdrückung aller tatsächlichen und möglichen Gegner des Regimes nicht sichergestellt. Zu diesem Zwecke wurden Konzentrationslager erfunden. Das bereits dem Gerichtshof vorgelegte Beweismaterial hat gezeigt, was das System der Konzentrationslager bedeutete; und das Endergebnis dieses Systems wurde in dem Film, der vor ungefähr zehn Tagen gezeigt wurde, schwarz auf weiß vor Augen geführt. Die Verantwortlichkeit der SS für dieses System ist der Gegenstand, dem ich mich jetzt zuwende.

Das erste Erfordernis für diese Lager war Wach- und Verwaltungspersonal. Freiwillige der Allgemeinen SS, die den Dienst als Nebenbeschäftigung versahen, wurden ursprünglich als Wachen verwendet. Aber diese konnten den Erfordernissen des ausgedehnten und auf lange Zeit berechneten Programms nicht entsprechen. So wurden seit 1933 vollbeschäftigte Berufswachmannschaften gebildet, die SS-Totenkopfverbände, die ich bereits beschrieben habe. Während des Krieges übernahmen Mitglieder der Allgemeinen SS wieder die Bewachung der Lager, eine Aufgabe, die sie ursprünglich durchgeführt hatten, als die Lager gegründet wurden. Der Gerichtshof wird sich der Bestimmungen des Hitlererlasses erinnern, den ich vor wenigen Minuten verlesen habe, und der anordnete, daß die Totenkopfverbände im Mobilmachungsfalle durch Mitglieder der Allgemeinen SS ersetzt werden sollten. Es ist nicht notwendig, die Beweise über die Roheiten, die Quälereien und die Morde zu wiederholen, die von SS-Wachen begangen wurden. Es waren nicht vereinzelte Verbrechen, die von unverantwortlichen Elementen begangen wurden, sondern diese waren ein Teil einer klaren und überlegten Politik, einer Politik, die sich notwendigerweise aus der SS-Weltanschauung ergab, einer Politik, die seit der ersten Gründung der Konzentrationslager durchgeführt wurde.

Himmler erklärte klipp und klar die Einstellung der SS zu den Häftlingen der Konzentrationslager in seinem Aufsatz: »Wesen und Aufgabe der SS und der Polizei«, unserem Dokument 1992(a)-PS, US-439. Ich zitiere den letzten Absatz von Seite 7 der Übersetzung, im Original ist es auf Seite 148, dritter Absatz.

»Darüber hinaus wäre es für jeden einzelnen – einigen wenigen Herren der Wehrmacht habe ich es schon ermöglichen können – unerhört instruktiv, so ein Konzentrationslager einmal anzusehen. Wenn Sie das gesehen haben, sind Sie davon überzeugt: Von denen sitzt keiner zu Unrecht; es ist der Abhub von Verbrechertum, von Mißratenen. Es gibt keine lebendigere Demonstration für die Erb- und Rassegesetze, also für die Dinge, die Dr. Gütt Ihnen vorgetragen hat, als so ein Konzentrationslager. Da sind Leute mit Wasserköpfen, Schielende, Verwachsene, Halbjuden, eine Unmenge rassisch minderwertigen Zeugs. Das ist da alles beisammen. Wir unterscheiden bei den Insassen selbstverständlich zwischen denen, die wir ein paar Monate hineintun, tatsächlich zur Erziehung, und denen, die wir lange drin lassen müssen. Die Erziehung geschieht im ganzen nur durch Ordnung, niemals durch irgendeinen weltanschaulichen Unterricht, denn die Häftlinge sind in den meisten Fällen Sklavenseelen; nur wenige Leute mit wirklichem Charakter sind darunter.«

Nach zwei Sätzen, die ich überspringe, fährt er mit folgender sonderbaren Äußerung fort:

»Die Erziehung erfolgt also durch Ordnung. Diese Ordnung beginnt damit, daß die Leute in sauberen Baracken leben. So etwas bringen an und für sich nur wir Deutschen fertig, kaum ein anderes Volk wäre so human. Die Wäsche wird öfters gewechselt. Die Leute werden daran gewöhnt, daß sie sich zweimal täglich zu waschen haben, werden mit dem Gebrauch einer Zahnbürste vertraut gemacht, die die meisten noch gar nicht kannten.«

Nachdem wir die Beweise gehört und den Film über die Zustände in den Konzentrationslagern gesehen haben, wird der Gerichtshof ermessen können, wie fürchterlich grausam dieser rohe Scherz war. In seiner Ansprache an seine eigenen Gruppenführer in Posen gebrauchte er jedoch keine solchen Vorwände. Es ist unser Schriftstück 1919-PS, US-170. Ich zitiere aus dem letzten Absatz auf Seite 43 des Originals und den ganzen ersten Absatz auf Seite 2 der Übersetzung.

»Die Kommunisten im Reich.

Daß die Kommunisten irgendetwas wagen könnten, glaube ich nicht, denn ihre führenden Organe sitzen, ebenso wie die meisten Kriminellen, bei uns in den Konzentrationslagern. Hier muß etwas gesagt werden: Man wird nach dem Krieg einmal feststellen können, welcher Segen es für Deutschland war, daß wir allen Humanitätsduseleien zum Trotz diese ganze kriminelle Unterschicht des deutschen Volkes in die Konzentrationslager einsperrten; das nehme ich für mich in Anspruch.«

Aber Himmler ist nicht hier, um Rechenschaft abzulegen.

Gewiß war keine »dumme Humanitätsduselei« in der Art und Weise, in der die SS-Männer ihre Aufgaben durchführten. Nur zur Illustrierung möchte ich ihr Gebaren untersuchen, nicht das von 1944 oder 1945, sondern das von 1933. Ich habe hier vier Berichte über Todesfälle von vier verschiedenen Häftlingen des Konzentrationslagers Dachau zwischen dem 16. und 27. Mai 1933. Jeder Bericht ist von der Staatsanwaltschaft beim Landgericht München gezeichnet und an den Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht München gerichtet. Diese vier Berichte zeigen, daß in diesen zwei Wochen im Jahre 1933, zu einer Zeit, als die Konzentrationslager kaum zu existieren angefangen hatten, SS-Männer, und zwar jedesmal ein anderer Wachposten, einen Häftling ermordeten.

Ich will nicht die Zeit des Gerichtshofs mit dem Verlesen dieser Beweisurkunde in Anspruch nehmen, falls er der Ansicht ist, daß der Fall von untergeordneter Bedeutung sei. Die Bedeutung des Falles liegt eben darin, daß er veranschaulicht, was in den Konzentrationslagern schon ganz im Anfang vor sich ging, nämlich schon 1933. Ich möchte diese vier Berichte als Beweise vorlegen und aus ihnen zitieren, wenn der Gerichtshof glaubt, daß die Sache nicht zu unwesentlich ist.

VORSITZENDER: Wo sind diese Berichte, bitte?

MAJOR FARR: Sie liegen vor mir. Ich will sie als Beweismaterial vorlegen. Der erste ist unser Dokument 641-PS. Es ist ein Bericht vom 1. Juni 1933 über den Tod von Doktor Alfred Strauß, einem Schutzhäftling in Dachau. Ich lege ihn als US-450 vor. Ich werde einige Absätze dieses Berichts verlesen und beginne mit dem ersten Absatz:

»Am 24. Mai 1933 wurde der 30 Jahre alte ledige Rechtsanwalt Dr. Alfred Strauß aus München, der sich als Schutzhaftgefangener im Konzentrationslager Dachau befand, bei einem Spaziergang, den ihm der Lagerarzt verordnet hatte, außerhalb des umzäunten Teiles des Lagers von dem ihn begleitenden SS-Mann Johann Kantschuster durch 2 Schüsse aus einer Pistole getötet. Kantschuster gibt folgende Schilderung: Er selbst habe austreten müssen; Strauß sei weiter gegangen. Plötzlich sei Strauß weggesprungen, um in das etwa 6 m vom Saumweg entfernte Gebüsch zu gelangen. Als er dies gemerkt habe, habe er dem Flüchtenden aus einer Entfernung von etwa 8 m 2 Schüsse nachgesandt, worauf Strauß tot zusammengebrochen sei.

Noch am 24. Mai 1933 fand richterliche Ortsbesichtigung statt. Die Leiche des Strauß lag am Rande des Gehölzes. An den Füßen waren Lederpantoffel. Während der eine Fuß mit einem Socken bekleidet war, war der andere bloß, offenbar wegen einer Verletzung an diesem Fuß. Anschließend an die Ortsbesichtigung wurde die Leichenschau durchgeführt. Am Hinterkopfe der Leiche wurden 2 Einschüsse festgestellt. Außerdem wies der Leichnam mehrere Blutunterlaufungen und offene Wunden auf.«

Ich gehe nun zum letzten Absatz des Berichts über:

»Ich habe heute gegen Kantschuster die öffentliche Anklage wegen Mordes erhoben und die Eröffnung und Durchführung einer gerichtlichen Voruntersuchung, sowie Antrag auf Erlassung eines Haftbefehls gegen ihn gestellt.«

Das ist der erste der vier Berichte. Die Bedeutung liegt darin, daß ein Mord nach dem anderen innerhalb kurzer Zeit begangen und in jedem einzelnen Falle ein amtlicher Bericht des Lagerkommandanten oder des Wachpostens über die Todesursache erstattet wurde, der durch die Tatsachen widerlegt wurde.

Der zweite Bericht vom 1. Juni 1933 schildert den Tod von Leonhard Hausmann, einem anderen Häftling in Dachau. Es ist unser Dokument 642-PS, das ich als US-451 vorlege.

VORSITZENDER: Ich glaube nicht, daß Sie die Einzelheiten zu verlesen brauchen.

MAJOR FARR: Ich lege es vor, ohne es zu verlesen.

Der dritte Bericht, den ich unterbreite, ist vom 22. Mai 1933. Er behandelt den Tod von Louis Schloß, einem Häftling in Dachau. Es ist unser Dokument 644-PS, das ich als US-452 vorlege.

Das vierte Dokument, Nummer 645-PS, stammt vom 1. Juni 1933 und schildert den Tod von Sebastian Nefzger, einem anderen Häftling in Dachau. Ich lege es als Beweisstück US-453 vor.

Diese vier, innerhalb des kurzen Zeitraumes von zwei Wochen im Frühjahr 1933, je durch einen anderen SS-Wachposten begangenen Morde sind nur ein Beispiel für die Tätigkeit der SS in den Lagern zu diesem frühen Zeitpunkt. Wir könnten viele solche Beispiele aus diesem und aus späteren Zeitabschnitten bringen. Tatsächlich waren solche Vorgänge von amtlicher Seite begünstigt. Ich lenke die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf die Disziplinar- und Strafordnung für das Konzentrationslager Dachau, unsere Urkunde 778-PS, die bereits als US-247 vorgelegt wurde. Ich möchte den vierten Absatz der Einleitung zu dieser Vorschrift verlesen, eine Stelle, die bei der seinerzeitigen Vorlage des Dokuments nicht verlesen wurde. Der vierte Absatz auf der ersten Seite der Übersetzung und des Originals lautet:

»Toleranz bedeutet Schwäche. Aus dieser Erkenntnis heraus wird dort rücksichtslos zugegriffen werden, wo es im Interesse des Vaterlandes notwendig erscheint. Der anständige, verhetzte Volksgenosse wird mit diesen Strafbestimmungen nicht in Berührung kommen. Den politisierenden Hetzern und intellektuellen Wühlern – gleich welcher Richtung – aber sei gesagt, hütet Euch, daß man Euch nicht erwischt, man wird Euch sonst nach den Hälsen greifen und nach Eurem eigenen Rezept zum Schweigen bringen.«

Diese Vorschrift wurde im Jahre 1933 von dem SS-Führer Eicke erlassen, der, wie festgestellt werden mag, der Kommandant der SS-Totenkopf verbände war.

Die Beistellung von Wach- und Verwaltungspersonal war aber nicht die einzige Aufgabe der SS hinsichtlich der Konzentrationslager. Die gesamte innere Verwaltung der Lager, einschließlich der Verwendung der Gefangenen, ihrer Unterkünfte, Bekleidung, der hygienischen Verhältnisse, sogar die Entscheidung über deren Leben und Tod und die Verfügung über ihren Nachlaß wurde von der SS kontrolliert. Diese Verwaltung war zuerst dem Führer der SS-Totenkopfverbände übertragen, der den Titel eines Inspekteurs der Konzentrationslager führte. Dieser Funktionär war ursprünglich im SS-Hauptamt angestellt, auf der Wandkarte im zweiten Kästchen von links.

Im Laufe des Krieges, im März 1942, wurde die Kontrolle der Konzentrationslager einer anderen Abteilung der obersten Führung der SS übertragen, und zwar dem SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt, abgekürzt bekannt als WVHA. Diese Abteilung ist auf der Wandkarte im dritten Kästchen von links eingezeichnet. Der Gerichtshof wird unter dem obersten Kästchen eine Unterteilung »Konzentrationslager« bemerken, die ihrerseits nochmals in »Gefängnis, Arbeit, Sanität und Verwaltung« aufgespalten ist.

Diese Änderung wurde in einem an Himmler gerichteten Schreiben vom 30. April 1942 seitens des Chefs des WVHA angekündigt. Dieser Brief ist unser Schriftstück R-129 und wurde bereits als US-217 vorgelegt. Ich werde diesen Brief jetzt nicht verlesen.

Dieser Übergang der Kontrolle auf das WVHA, die Wirtschaftsabteilung der SS, fiel mit der Änderung der grundlegenden Ziele der Konzentrationslager zusammen. Politische und Sicherheitsgründe, die ursprünglich die Basis für die Inhaftierung gewesen waren, wurden aufgegeben und die Lager wurden ganz offen in den Dienst des Nazi-Zwangsarbeitsprogramms gestellt. Der Gerichtshof wird sich der Beweise erinnern, die Herr Dodd vorige Woche zu diesem Programm vorgelegt hat. Ich will die Sache nicht nochmals ausführlich erörtern, sondern lediglich die wesentlichen, durch diese Beweise belegten Tatsachen zusammenfassen, aus denen die Verantwortlichkeit der SS hervorgeht.

Um der zunehmenden Nachfrage nach Arbeitskräften zu entsprechen, war es nicht genug, die Insassen der Lager schwerer arbeiten zu lassen. Man mußte die Zahl der Häftlinge erhöhen. Die SS war in der Lage, mit Hilfe ihrer Polizeiorgane diesen Bedarf zu decken, ebenso wie sie durch das WVHA diejenigen, die schon in Lagern waren, zur Arbeit zwingen konnte.

VORSITZENDER: Können Sie dem Gerichtshof Ziffern über die Gesamtzahl der Mitglieder der SS und über die Gesamtzahl der von diesen in den Konzentrationslagern Eingesetzten vorlegen? Wenn Sie uns die Gesamtzahl der SS und die Gesamtzahl der in Konzentrationslagern Eingesetzten geben könnten, könnten wir feststellen, in welchem Verhältnis sie zu einander standen.

MAJOR FARR: Ich glaube, daß ich Ihnen nur folgende Ziffern angeben kann: Ich habe vorhin einige Zahlen aus dem von d'Alquen im Jahre 1939 herausgegebenen Buch angeführt, in dem er die Gesamtstärke der Allgemeinen SS mit ungefähr 240000 beziffert. Das ist die Allgemeine SS, die damals nichts mit der Bewachung der Konzentrationslager zu tun hatte. Zu jener Zeit bestanden die Totenkopfverbände aus höchstens drei oder vier Regimentern. Diese waren die Wachposten, so daß im Jahre 1939 das tatsächlich zum Wachdienst verwendete Personal ungefähr drei bis vier Regimenter umfaßte.

Der Gerichtshof wird sich daran erinnern, daß nach Kriegsbeginn die Totenkopfverbände nicht mehr zu diesem Dienst herangezogen wurden, sondern daß die Mitglieder der Allgemeinen SS die Bewachung übernahmen. Es ist schwer abzuschätzen, wieviele Leute dazu verwendet wurden. Das Programm der Konzentrationslager erfuhr ständig Erweiterungen, und mit der Vergrößerung der Zahl der Lager stieg auch der Bedarf an Personal. Ich kann dem Gerichtshof keine genaue Zahl darüber geben, wieviel? Personen mit der Bewachung der Lager befaßt waren; aber ich glaube, daß man auch folgendes betrachten muß: es handelt sich nicht allein um die Wachen, sondern auch um das Verwaltungspersonal, es handelt sich um das gesamte WVHA, das, wie ich durch Beweise belegen werde, die Verwaltung der Konzentrationslager völlig beherrschte. Die Mitglieder dieser Dienststelle, des WVHA, wurden der Allgemeinen SS entnommen. So gab es bis 1939 die Totenkopfverbände als Wachpersonal, andererseits nach 1939 mehr Wachen aus der Allgemeinen SS. Es gab nach 1939 mehr Bewachungspersonal aus der Allgemeinen SS und auch Verwaltungspersonal vom WVHA.

Ich besitze keine Ziffern darüber, wieviele Personen in den verschiedenen Sparten des Konzentrationslagerbetriebs Dienst taten. Man muß natürlich den SD und die Sicherheitspolizei hinzurechnen, da sie die Verhaftung von Opfern vornahmen, ferner das WVHA, dessen gesamtes Verwaltungspersonal beteiligt ist, da es die Verwaltungsangelegenheiten unter sich hatte.

Einen Begriff von der Zahl der Personen, die sich mit solchen Dingen beschäftigt haben müssen, kann man aus der Anzahl der in einem Lager konzentrierten Personen bekommen. Ich besitze ein Dokument, einen Bericht des WVHA vom August 1944, das die Anzahl der Häftlinge angibt, die sich damals in den Lagern befanden, einschließlich derer, deren Einlieferung für die nächste Zeit zu erwarten war. Es handelt sich um unser Dokument 1166-PS, das ich als Urkunde US-458 vorlege.

VORSITZENDER: Ich glaube nicht, daß wir uns heute noch mit dieser Sache befassen sollten. Was wollen Sie morgen vortragen?

MAJOR FARR: Herr Vorsitzender, morgen beabsichtige ich, Beweise darüber vorzulegen, inwieweit WVHA und sonstiges SS-Personal an der Kontrolle einer jeden Phase des Konzentrationslagerprogramms beteiligt war. Das ist das erste. Als zweites möchte ich zeigen, welche Rolle die SS bei der Verfolgung und Ausrottung der Juden gespielt hat, wobei ich nicht den Tatsachenbeweis dafür, daß solche Dinge stattgefunden haben, wiederholen, sondern nur beweisen werde, wieviele Gliederungen und wieviele Abteilungen der Organisation in dieses Programm verwickelt waren.

Dann möchte ich untersuchen, welche Rolle die SS bei der Vorbereitung des Angriffskriegs und bei den Verbrechen gegen den Frieden gespielt hat, eine verhältnismäßig kurze Darlegung; und dann will ich zu der Rolle übergehen, die die SS bei Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gespielt hat, die unter Punkt 3 und 4 der Anklageschrift aufgeführt sind; und zum Schluß die Rolle der SS im Kolonisations-Programm.

VORSITZENDER: Kolonisation?

MAJOR FARR: Das ist vielleicht ein unglückliches Wort. Vielleicht hätte ich »Germanisierungsprogramm« sagen sollen, ein Programm, das sich mit der Wiederbesiedlung, Räumung, Kolonisierung und Ausbeutung der besetzten Gebiete befaßt.

Dies sind meiner Meinung nach die vier Hauptaufgaben der SS, die zur Behandlung übrigbleiben; und ich werde mich bemühen, nicht nochmals über das Wesen der Verbrechen zu sprechen, über die dem Gerichtshof schon Beweise vorgelegt wurden, sondern ich will versuchen zu beweisen, daß fast jede einzelne Abteilung – das heißt in der Tat jede Abteilung der SS und jede ihrer Gliederungen – in wenigstens eines, meistens aber mehrere dieser Verbrechen verwickelt war.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof hofft, daß Sie in der Lage sein werden, sich auf Verlesung solcher Beweisurkunden zu beschränken, in denen nicht schon Gesagtes wiederholt wird.

MAJOR FARR: Ich beabsichtige, Wiederholungen zu vermeiden, und werde es nur tun, um Beweise über Ziffern und Gliederungen der SS, die an den verschiedenen Programmen beteiligt waren, zu erbringen.

VORSITZENDER: Sehr gut.