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[Das Gericht berät sich.]

VORSITZENDER: Nach Ansicht des Gerichtshofs sind die von dem Verteidiger des Angeklagten Hans Frank soeben gemachten Bemerkungen völlig unerheblich, und jede Antragstellung, die in diesem Zusammenhang beabsichtigt ist, wird abgelehnt. Die Anklagevertretung möge fortfahren.

OBERST WHEELER: Ich lege nun das erste Dokument aus einer Anzahl von solchen vor, die der Vatikan der Anklagevertretung für diesen Prozeß aus seinen eigenen Akten zur Verfügung gestellt hat, und die in maßgeblicher Weise die Unterdrückung der Kirche durch die Nazi-Verschwörer darlegen. Das erste Vatikan-Dokument, das sich zum Teil mit der Unterdrückung innerhalb Deutschlands beschäftigt, ist Dokument 3261-PS, Beweisstück US-568, eine Verbalnote des Staatssekretariats Seiner Heiligkeit des Papstes an die Deutsche Botschaft vom 18. Januar 1942. Ich lese die Beglaubigung die diesem Dokument beigefügt ist:

»Vatikan, 13. November 1945. Ich Domenico Tardini, Sekretär für Außerordentliche Geistliche Angelegenheiten, bezeuge hiermit, daß das beigefügte Dokument, welches aus neun gedruckten Seiten besteht und überschrieben ist: ›Verbalnote des Staatssekretärs Seiner Heiligkeit an die Deutsche Botschaft (18. Januar 1942)‹ (Seiten 3 bis 11), eine wahre und richtige Übersetzung aus dem Italienischen ins Englische von einem Durchschlage eines Dokuments ist, welcher jetzt im Besitze des Staatssekretariats Seiner Heiligkeit ist und dessen Original an die Deutsche Botschaft gesandt wurde. Unterzeichnet: Domenico Tardini.«

Die Papiere in den Dokumentenbüchern sind eine Vervielfältigung des gleichen gedruckten Dokuments, das wir vom Vatikan erhalten haben. Wir besaßen nicht genügend gedruckte Exemplare, um sie in die Dokumentenbücher einzureihen.

Auf Seite 2 des vervielfältigten englischen Textes dieser Verbalnote, Absätze 3 und 4, beziehungsweise auf Seite 2 der deutschen Übersetzung, Absätze 3 und 4, führt der päpstliche Staatssekretär aus; ich zitiere:

»Maßnahmen und Handlungen, welche die Rechte der Kirche schwer verletzen, und die nicht nur im Widerspruch zu den geltenden Konkordaten, sondern auch zu den Grundsätzen des Völkerrechts stehen, wie sie durch die 2. Haager Konferenz ratifiziert wurden...«

VORSITZENDER: Sagten Sie, daß Sie den dritten Absatz vorlesen?

OBERST WHEELER: Ja, Herr Präsident. Es handelt sich um den dritten Absatz auf Seite 2. Es beginnt in der Mitte des Absatzes mit dem letzten Wort auf der siebenten Zeile des dritten Abschnittes.

VORSITZENDER: Es ist sehr schwierig für uns, die Stelle zu finden, wenn Sie uns nicht sagen, daß Sie in der Mitte des Abschnittes beginnen.

OBERST WHEELER: Das letzte Wort dieser Zeile heißt: »Maßnahmen«. Es ist die siebente Zeile des Absatzes, der mit den Worten beginnt: »Trotz dieses eifrigen Wunsches«.

VORSITZENDER: Ja, ich habe es.

OBERST WHEELER:

»... häufig aber, und dies ist viel ernster, auch im Widerspruch zu den fundamentalen Grundsätzen des natürlichen und positiven göttlichen Rechts sind.«

Der nächste Absatz beschreibt diese Maßnahmen. Ich zitiere:

»Es mag uns genügen, in diesem Zusammenhang unter anderem die Umwandlung der katholischen Volksschulen in weltliche Schulen in Erinnerung zu bringen; die dauernde oder zeitweilige Schließung vieler kleiner Seminare, einer Anzahl Hauptseminare und theologischer Fakultäten; die Unterdrückung fast aller Privatschulen und zahlreicher katholischer Pensionate und Hochschulen; die einseitige Nichtanerkennung finanzieller Verpflichtungen, die der Staat, die Gemeinden usw. gegenüber der Kirche hatte; die steigenden Schwierigkeiten, die der Tätigkeit religiöser Orden und Kongregationen auf geistlichem, kulturellem und sozialem Gebiet entgegenstanden und vor allem die Unterdrückung von Abteien, Klöstern, Konventen und religiösen Häusern in einem derartigen Ausmaß, daß man versucht ist, darin eine vorsätzliche Absicht zu sehen, die Orden und Kongregationen in Deutschland überhaupt unmöglich zu machen.«

Die Nazis vergaßen bei ihren Bemühungen, die christliche Religion in Deutschland zu unterdrücken, auch die Sekten und Glaubensbekenntnisse nicht. Sie verfolgten die Bibelforscher...

VORSITZENDER: Wenn Sie sich jetzt mit einer anderen Kirche befassen wollen, dann ist es vielleicht besser, die Sitzung bis morgen Vormittag zu unterbrechen.