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OBERSTLEUTNANT BALDWIN: Hoher Gerichtshof! Die Art und Weise, wie die Umsiedlung in Zamosc durchgeführt wurde, erklärte Krüger dem Angeklagten Frank bei einer Sitzung am 25. Januar 1943 in Warschau. Der hierüber angefertigte Bericht befindet sich in dem Frankschen Tagebuch und ist unser Dokument 2233(aa)-PS, auf Seite 58 des Dokumentenbuchs. Ich unterbreite das Original als US-613. Der deutsche Text befindet sich in dem Band »Arbeitssitzungen 1943«, Seite 16, 17 und 19.

In diesem Auszug meldet Krüger, daß die ersten 4000 in dem Kreis Zamosc kurz vor Weihnachten angesiedelt worden waren, daß man sich begreiflicherweise die Polen durch dieses Umsiedlungsprogramm nicht zu Freunden machte und daß die Polen herausgejagt werden mußten. Er stellt dann Frank gegenüber fest; und ich zitiere:

»... Wir werden diejenigen wegnehmen, die in diesem neuen Siedlungsgebiet eine Belastung darstellen. Es sind praktisch die asozialen oder minderwertigen Elemente. Sie werden abgeschoben, zunächst in Konzentrationslager gebracht und dann weiter für die Arbeit ins Reich vermittelt. So hat sich diese ganze Aktion, polnisch-propagandistisch gesprochen, auch wieder ungünstig ausgewirkt. Denn der Pole hat gesagt: Nachdem der Jude vernichtet ist, versucht man mit den gleichen Methoden den Polen aus diesem Raum hinauszubringen und ihn ebenso zu liquidieren wie die Juden...«

Krüger fuhr dann fort und sagte, daß in jenem Gebiet große Unruhe als Ergebnis dieser Maßnahme herrsche; Frank jedoch teilte ihm, Krüger, mit, daß jeder Einzelfall einer Umsiedlung in Zukunft genau so besprochen werden müßte, wie dies im Falle Zamosc geschehen war.

Obwohl es klar war, daß diese Enteignung von Polen mit dem Ziel, Raum für Deutsche zu gewinnen, ungesetzlich war und trotz des Umstands, daß die Polen nicht nur enteignet, sondern auch in Konzentrationslager verschleppt wurden, gingen die Umsiedlungspläne im Generalgouvernement immer weiter.

Der dritte Punkt, den Frank erwähnt: Eingriff in und Beschlagnahme von industriellem und privatem Eigentum, gehörte ebenfalls von Anfang an zu Franks Politik. Er erklärte dies seinen Abteilungschefs bereits im Dezember 1939. Der Bericht hierüber findet sich in seinem Tagebuch; er ist unser Dokument 2233(k)-PS und steht auf Seite 40 des Dokumentenbuchs. Ich unterbreite es als Beweisstück US-173. Der deutsche Text steht in dem Band »Abteilungsleiter-Sitzungen 1939 bis 1940« unter dem 2. Dezember 1939, auf Seite 2 und 3. Dr. Frank sagt:

»Grundsätzlich sei noch über die Verwaltung des Generalgouvernements zu sagen: Dieses Gebiet sei als Ganzes eine Beute des Deutschen Reiches und daher sei es nicht angängig, daß dieses Gebiet in seinen einzelnen Teilen ausgebeutet werde, sondern das Gebiet als Ganzes müsse der wirtschaftlichen Verwertung zugeführt werden und in seinem ganzen wirtschaftlichen Wert dem deutschen Volk zugute kommen.«

Falls der Gerichtshof noch weitere Beweise für die bereits früh geplante Politik der rücksichtslosen Ausbeutung für notwendig erachten sollte, so komme ich auf Beweisstück US-297 zurück. Darüber hinaus gab die dem Gerichtshof bereits bekannte und von dem Angeklagten Frank unterzeichnete Verordnung über Beschlagnahmen im Generalgouvernement, Verordnungsblatt für das Generalgouvernement Nummer 6 vom 27. Januar 1940, Seite 23, den Nazi-Beamten das Recht, Beschlagnahmungen von Eigentum in großem Maße durchzuführen, was durch die unklar gehaltene Sprache dieses Erlasses noch erleichtert wurde. Die Ausraubung des Generalgouvernements auf Grund dieser und anderer Erlasse wurde dem Gerichtshof bereits am 14. Dezember 1945 unter dem Titel: »Germanisierung und Ausplünderung besetzter Gebiete« vorgetragen. Ich darf den Hohen Gerichtshof besonders auf denjenigen Teil des Verhandlungsprotokolls aufmerksam machen, der sich mit dem Generalgouvernement beschäftigt.

Der Angeklagte Frank erwähnt Massenverhaftungen, Massenerschießungen und die Auferlegung der Gesamthaftung als vierte Ursache für die offensichtlich sich verschlechternde Stimmung der gesamten polnischen Bevölkerung. Auch hier trägt er die Schuld, denn es gehörte nicht zu der Politik des Angeklagten Frank, die Strafen mit der Schwere des Verbrechens in Einklang zu bringen. Im Gegenteil, gerade er befürwortete die schärfsten Zwangsmaßnahmen. Gelegentlich einer Besprechung mit den Distriktsstandortführern und Politischen Leitern der NSDAP in Krakau am 18. März 1942 erklärte Frank diese Politik. Dieser Auszug stammt aus dem Tagebuch Franks und ist unser Dokument 2233(r)-PS auf Seite 49 im Dokumentenbuch. Ich unterbreite es als Beweisstück US-608. Der deutsche Text steht in dem Band 1942, I. Teil, Seite 195 und 196. Ich zitiere Franks Erklärungen:

»Im übrigen geht der Kampf um die Durchsetzung unserer Ziele eiskalt weiter. Sie sehen, wie die staatlichen Organe arbeiten, Sie sehen, daß man vor nichts zurückschreckt und ganze Dutzende von Elementen an die Wand stellt. Das ist schon deshalb notwendig, weil hier eine einfache Überlegung sagt, daß es nicht unsere Aufgabe sein kann, in einem Zeitpunkt, in dem das beste deutsche Blut geopfert wird, fremdvölkisches Blut zu schonen; denn daraus könnte eine der größten Gefahren entstehen. Man hört ja heute schon in Deutschland, daß Kriegsgefangene etwa bei uns in Bayern oder in Thüringen vollkommen selbständig große Güter verwalten, während sämtliche kampffähigen Männer aus einem Dorfe an der Front stehen. Wenn sich dieser Prozeß fortsetzen sollte, dann wurde allmählich eine Unterwanderung des Deutschtums eintreten. Man soll diese Gefahr nicht gering schätzen. Deshalb muß alles, was sich noch an polnischer Führungskraft zeigt, immer wieder mit rücksichtsloser Energie vernichtet werden. Das braucht man nicht an die große Glocke zu hängen, es geschieht stillschweigend.«

Und am 15. Januar 1944 versicherte der Angeklagte Frank den Politischen Leitern der NSDAP, daß Vergeltungsmaßnahmen für deutsche Todesfälle ergriffen werden würden. Diese Erklärungen stehen in dem Frankschen Tagebuch, unser Dokument 2233(bb)-PS, Seite 60 des Dokumentenbuchs. Es ist das zweite Zitat auf dieser Seite; das Original lege ich als US-295 vor. Der deutsche Text steht in dem lose gehefteten Band des Tagebuchs, über die Zeit vom 1. Januar 1944 bis 28. Februar 1944; auf Seite 13 sagt Frank ganz einfach:

»Ich habe mich nicht gescheut, zu erklären, daß, wenn ein Deutscher erschossen würde, bis zu hundert Polen erschossen würden.«

Die ganze tragische Geschichte der Sklavenarbeit, der Aushebung von Arbeitern, ist dem Gerichtshof bereits in allen Einzelheiten unterbreitet worden. Wenn der Angeklagte Frank diese Methoden als fünfte Ursache für die Unzufriedenheit in Polen in seinem Bericht an Hitler anführt, dann erwähnt er wiederum nur die von ihm selbst durchgeführte Politik. Gewaltanwendung, Brutalität und wirtschaftlicher Zwang, das alles wurde von ihm als Mittel für die Anwerbung von Arbeitern zur Zwangsarbeit nach Deutschland gebilligt. All dies geschah in Ausführung einer ausdrücklich erklärten Politik, eine Tatsache, die ich bereits mit Beweisstück US-297 belegt habe.

Zu Beginn mag die Rekrutierung von Arbeitern im Generalgouvernement noch auf freiwilliger Grundlage erfolgt sein; aber diese Methode war bald nicht mehr ausreichend. Im Frühjahr 1940 wurde die Frage der Anwendung von Zwangsmaßnahmen auf einer offiziellen Sitzung besprochen, an der der Angeklagte Seyß-Inquart ebenfalls teilnahm. Ich beziehe mich auf Franks Tagebuch und unser Dokument 2233(n)-PS, das der Gerichtshof auf Seite 43 im Dokumentenbuch findet. Ich lege den Originaltext als Beweisstück US- 614 vor. Der deutsche Text steht in dem Tagebuch Band 1940, Teil II, Seite 333. Ich zitiere den Bericht über die Besprechung:

»Der Herr Generalgouverneur stellt fest, daß man, nachdem alle Mittel in Gestalt von Aufrufen usw. keinen Erfolg gehabt hätten, nunmehr zu dem Ergebnis kommen müsse, daß die Polen aus Böswilligkeit oder aus der Absicht heraus, sich Deutschland nicht zur Verfügung zu stellen, ihm indirekt zu schaden, sich dieser Arbeitspflicht entzögen. Er richte deshalb die Frage an Dr. Frauendorfer, ob es noch irgendwelche Maßnahmen gebe, die man noch nicht ergriffen habe, um die Polen auf dem Wege der Freiwilligkeit zu gewinnen. Reichshauptamtsleiter Dr. Frauendorfer verneint diese Frage. Der Herr Generalgouverneur betont nachdrücklich, daß nunmehr von ihm eine endgültige Stellungnahme verlangt werde. Es werde sich demnach fragen, ob man nun zu irgendeiner Form von Zwangsmaßnahmen werde greifen müssen.

Die Frage des Herrn Generalgouverneurs, ob SS- Obergruppenführer Krüger die Möglichkeit habe, auf einem Wege des Zwanges solche Einberufungen von polnischen Arbeitern zu bewerkstelligen, wird von SS-Obergruppenführer Krüger bejaht.«

Im Mai 1940 – der Bericht liegt bereits als unser Dokument US-173 vor – erklärte der Angeklagte Frank auf einer offiziellen Sitzung, daß bei der Arbeitererfassung Gewalt angewendet, daß Polen auf der Straße aufgegriffen werden könnten, und daß die beste Methode darin bestehe, organisierte Razzien durchzuführen.

Ebenso wie im Falle der Judenverfolgung erscheint das Zwangsarbeiterprogramm in Polen fast unglaublich. Ich verweise auf Franks Tagebuch und unser Dokument 2233(w)-PS, das wir auf Seite 53 im Dokumentenbuch finden. Das Original lege ich als Beweisstück US-607 vor. Dieser Auszug stammt aus einem Bericht über eine Besprechung zwischen den Angeklagten Sauckel und Frank am 18. August 1942 in Krakau und steht in dem Tagebuch Band 1942, III. Teil, Seite 918 und 920. Dr. Frank spricht:

»Ich freue mich, Ihnen, Parteigenosse Sauckel, amtlich melden zu können, daß wir bis jetzt über 800000 Arbeitskräfte in das Reich vermittelt haben....

Sie haben neuerdings das Ersuchen um die Vermittlung von weiteren 140000 Arbeitskräften gestellt. Ich habe die Freude, Ihnen amtlich mitteilen zu können, daß wir entsprechend unserem gestrigen Übereinkommen 60 % dieser neuangeforderten Kräfte bis Ende Oktober und die restlichen 40 % bis Ende des Jahres ins Reich abgeben werden.«

Und dann sagt Dr. Frank weiter:

»Über die Zahl der jetzigen 140000 hinaus können Sie aber im nächsten Jahr mit einer weiteren Arbeiterzahl aus dem Generalgouvernement rechnen; denn wir werden zur Erfassung Polizei einsetzen.«

Wie diese Rekrutierung durchgeführt wurde, durch wilde und unbarmherzige Menschenjagd, wird in Beweisstück US-178 klar bewiesen, das dem Gerichtshof bereits vorgelegt worden ist. Hungersnot, Gewalt und Tod, charakteristisch für das gesamte Sklaven- Arbeiterprogramm der Verschwörer, spiegeln sich klar in der Verwaltungstaktik des Angeklagten Frank wider.

Es gab natürlich noch andere Gründe für die Unruhe im besetzten Polen, die der Angeklagte Frank in seinem Bericht an Hitler nicht erwähnt hat. Er erwähnt nicht die Konzentrationslager, wohl deshalb nicht, weil er selbst als juristischer Vertreter des Nationalsozialismus das System in Deutschland verteidigt hatte. Als Generalgouverneur muß der Angeklagte Frank für alle Konzentrationslager innerhalb des gesamten Generalgouvernements verantwortlich gemacht werden unter Einschluß der berüchtigten Lager in Lublin, Maidenek und Treblinka bei Warschau. Wie bereits erwähnt, wußte der Angeklagte Frank und billigte es, daß Polen in Verbindung mit dem Umsiedlungsprogramm in Konzentrationslager verbracht wurden. Er besaß außerdem bestimmte Befugnisse in Bezug auf das Vernichtungslager Auschwitz, in das Polen aus dem. Generalgouvernement durch seine Verwaltungsbehörde eingeliefert wurden. Im Februar 1944 schlug Botschaftsrat Dr. Schumberg die Möglichkeit einer Amnestie für Polen vor, die wegen geringfügiger Vergehen nach Auschwitz gebracht und monatelang dort festgehalten waren. Über diese Konferenz wird im Frankschen Tagebuch berichtet; der Bericht ist in unserem Dokument 2233(bb)-PS auf Seite 60 des Dokumentenbuchs enthalten. Es ist der dritte Absatz auf dieser Seite. Ich lege das Original als Beweisstück US-295 vor.

VORSITZENDER: Sie gehen zu schnell vor; sagten Sie Seite 70?

OBERSTLEUTNANT BALDWIN: Nein, Seite 60. Der deutsche Text erscheint in dem lose gebundenen Band, der die Zeit vom 1. Januar 1944 bis 28. Februar 1944 behandelt, bei der Sitzung am 8. Februar 1944 auf Seite 7. Ich zitiere:

»Der Herr Generalgouverneur will eine Amnestie vielleicht für den 1. Mai dieses Jahres in Aussicht nehmen. Gleichwohl müsse daran festgehalten werden, daß die deutsche Führung des Generalgouvernements jetzt kei nerlei Schwächen zeigen dürfe.«

Das war und ist das Bild des Verschwörers Hans Frank. Das Beweismaterial ist durchaus nicht erschöpft; aber ich glaube, es sind genug Beweise vorgelegt worden, um die Schuld des Angeklagten Frank unter Punkt 1 der Anklageschrift zu begründen.

Als juristischer Berater Hitlers und des Korps der Politischen Leiter der NSDAP half der Angeklagte Frank den Verschwörern, zur Macht zu kommen. In Ausübung seiner verschiedenen juristischen Ämter sowohl bei der NSDAP als auch bei der Deutschen Regierung vertrat und förderte der Angeklagte Frank die politische Vorrangstellung der NSDAP, das Rassenprogramm der Verschwörer, das Terrorsystem der Konzentrationslager und das System der Festnahme ohne Haftbefehl. Seine Rolle bestand bereits in den Anfängen des gemeinsamen Plans darin, das nationalsozialistische Programm im Bereich des Rechts durchzuführen und diesem Programm des Terrors, der Verfolgung und der Unterdrückung die äußere Form der Legalität zu geben, diesem Programm, dessen endgültiges Ziel die Mobilisierung für den Angriffskrieg war.

Als treuer Anhänger Hitlers und der NSDAP wurde der Angeklagte 1939 zum Generalgouverneur für den Teil Polens ernannt, der als Generalgouvernement bekannt ist. Der Angeklagte Frank erklärte den Begriff der Gerechtigkeit in der Weise, daß das recht sei, was dem deutschen Volke zum Vorteil gereiche. Die fünf Jahre seiner Verwaltung im Generalgouvernement zeigen die weitmöglichste Anwendung dieses Grundsatzes.

Es ist gezeigt worden, daß der Angeklagte Frank das Amt des Generalgouverneurs unter einem Programm übernahm, das an sich schon selbst einen verbrecherischen Verschwörungsplan darstellte. Dies war dem Angeklagten Frank wohlbekannt. Er billigte es, daß dieses Gebiet rücksichtslos zum Vorteil von Nazi-Deutschland ausgebeutet wurde, daß seine Menschen zur Arbeit in Deutschland ausgehoben, die Schulen und Universitäten geschlossen, die Bildung einer polnischen Intelligenz verhindert, und dieses Gebiet wie ein Kolonialbesitz des Dritten Reiches verwaltet wurde, und zwar unter völliger Mißachtung der einer Besatzungsmacht gegenüber den Bewohnern eines besetzten Gebietes obliegenden Pflichten.

Unter Franks Verwaltung wurde dieser verbrecherische Plan durchgeführt. Aber die Durchführung ging sogar noch über den Plan hinaus. Die Nahrungsmittellieferungen nach Deutschland wurden derart vergrößert, daß die nach dem Plan vorgesehene bescheidene Lebensmöglichkeit auf die Ebene des Massenhungertodes herabgedrückt wurde. Das grausame Programm der Judenausrottung wurde rücksichtslos durchgeführt. Die Umsiedlungsprojekte wurden ohne Rücksicht auf die Rechte der einheimischen Bevölkerung durchgeführt, und der Terror der Konzentrationslager folgte den Nazi-Eindringlingen auf dem Fuße.

Die Beweisführung hat zum großen Teil aus den Erklärungen des Angeklagten Frank selbst geschöpft, aus den in seinem Tagebuch gefundenen Auslassungen, den amtlichen Berichten und Protokollen über Sitzungen mit seinen Kollegen und seinen Untergebenen und aus seinen Reden. Es erscheint daher angebracht, zum Schluß einen Abschnitt aus seinem Tagebuch zu verlesen. Es ist unser Dokument 2233(aa)- PS, und es steht auf Seite 59 des Dokumentenbuchs. Ich unterbreite das Original als Beweisstück US-613. Der deutsche Text steht in dem Band für Arbeitssitzungen vom Jahre 1943 unter dem 25. Januar 1943 auf Seite 53. Hier spricht der Angeklagte Frank vor seinen Kollegen und sagt in wirklich prophetischer Weise, daß ihre Aufgabe im Generalgouvernement immer schwieriger werden würde. Er sagt, Hitler könne ihnen nur noch als eine Art »Verwaltungsigel« zur Verfügung stehen. Sie müßten sich auf sich selbst verlassen.

»Wir sind jetzt verpflichtet zusammenzuhalten« – und ich zitiere weiter –; »wir wollen uns daran erinnern, daß wir alle miteinander, die wir hier versammelt sind, in der Kriegsverbrecherliste des Herrn Roosevelt figurieren. Ich habe die Ehre, Nummer 1 zu sein. Wir sind also sozusagen Komplizen im welthistorischen Sinne geworden.«

Damit endet die Beweisführung gegen den Angeklagten Frank. Hoher Gerichtshof! Oberstleutnant Griffith Jones von der Britischen Delegation wird sich nunmehr mit der persönlichen Verantwortung des Angeklagten Streicher befassen.

OBERSTLEUTNANT J. M. G. GRIFFITH-JONES, HILFSANKLÄGER FÜR DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH:

Hoher Gerichtshof! Es ist meine Aufgabe, den Fall gegen den Angeklagten Julius Streicher vorzutragen.

Anhang A der Anklageschrift, der Teil, der sich mit Streicher befaßt, bezeichnet die Stellungen, die er innehatte, und für die ich nähere Beweise vorlegen werde. Es wird ihm vorgeworfen, daß er diese Stellungen, seinen persönlichen Einfluß und seine enge Verbundenheit mit dem Führer dazu benutzte, den Nazi-Verschwörern bei der Ergreifung der Macht zu helfen, und sie bei der Festigung ihres Einflusses auf Deutschland zu unterstützen, wie in Punkt 1 der Anklageschrift dargetan. Es wird ihm weiterhin vorgeworfen, daß er an den Verbrechen gegen die Menschlichkeit teilnahm, sie billigte und leitete, wie es in Punkt 4 der Anklageschrift dargetan ist; dies gilt insbesondere für die Hetze zur Verfolgung der Juden, mit der sich Punkt 1 und 4 der Anklageschrift beschäftigt.

Der Fall gegen diesen Angeklagten kann am besten mit dem inoffiziellen Titel »Judenhetzer Nummer 1«, den er sich selbst gab, beschrieben werden. Die Anklagevertretung behauptet, daß dieser Mann während einer Zeitspanne von fünfundzwanzig Jahren das gesamte deutsche Volk zum Haß erzog, und daß er es dazu aufhetzte, die Juden zu verfolgen und auszurotten. Er war mitschuldig an Morden in einem vielleicht noch nie dagewesenen Umfang.

Mit Erlaubnis des Gerichtshofs werde ich zunächst kurz die Stellungen und den Einfluß dieses Mannes behandeln, sodann dem Gerichtshof verschiedene kurze Auszüge aus seiner Zeitung und auch aus seinen Reden vortragen und schließlich die Rolle beschreiben, die er besonders bei den Judenverfolgungen in den Jahren 1933 bis 1945 spielte.

Bevor ich beginne, möchte ich feststellen, daß das dem Gerichtshof vorliegende Dokumentenbuch in der Reihenfolge angeordnet ist, in der ich die Dokumente behandeln werde. Die Seiten sind numeriert, und am Anfang befindet sich ein Inhaltsverzeichnis. Falls der Gerichtshof auch den Anklageschriftsatz vor sich hat, so liegt ihm tatsächlich das Beweismaterial in der Reihenfolge, wie ich es vorbringen werde, schriftlich vor. Dies mag zur Erleichterung beitragen.

Euere Lordschaft! Der Angeklagte ist im Jahre 1885 geboren. Er wurde Schullehrer in Nürnberg und gründete eine eigene Partei, die er »Deutsche Sozialistische Partei« nannte. Der Grundzug der Politik dieser Partei war der Antisemitismus. Im Jahre 1922 schloß er sich mit seiner Partei Hitler an. Ein glühender Bericht über diese Großherzigkeit erscheint in Hitlers Buch »Mein Kampf«. Ich glaube nicht, daß wir zu seiner Verlesung die Zeit des Gerichtshofs in Anspruch zu nehmen brauchen. Es erscheint als Dokument M-3 und ist das erste Dokument in dem Dokumentenbuch das Gerichtshofs. Das Buch »Mein Kampf« ist dem Gerichtshof bereits als GB-128 vorgelegt worden.

Er bekleidete nur einige wenige Ämter in der Partei und im Staate. Von 1921 bis 1945 war er Mitglied der NSDAP. Im Jahre 1925 wurde er zum Gauleiter von Franken ernannt, und er behielt dieses Amt ungefähr bis zum Februar 1940. Seit der Machtübernahme war er Mitglied des Reichstags, das heißt von 1933 bis 1945. Außerdem hatte er den Titel eines Obergruppenführers der SA. Alle diese Einzelheiten stehen im Dokument 2975-PS, das bereits als US-9 vorliegt; es ist die eidesstattliche Erklärung, die er selbst abgegeben hat.

Die Propaganda, die er in all diesen Jahren durchführte, erfolgte größtenteils durch seine Zeitungen. Er war von 1922 bis 1933 Herausgeber und Schriftleiter der Zeitung »Der Stürmer«; später war er deren Besitzer und Schriftleiter.

Im Jahre 1933 gründete er noch eine Zeitung, die täglich erscheinende »Fränkische Tageszeitung«, und war, wie ich glaube, deren Herausgeber, sicherlich aber für ihren Inhalt verantwortlich.

Darüber hinaus gab er, besonders in späteren Jahren, noch verschiedene andere Lokalblätter von Nürnberg aus heraus.

Dies waren die Stellungen, die Streicher innehatte. Ich darf nunmehr in kurzen Worten und in mehr oder weniger zeitlicher Reihenfolge die einzelnen Entwicklungsstadien der Hetzpropaganda des Angeklagten beschreiben, wobei ich den Gerichtshof auf die kurzen Auszüge hinweisen darf. Ich darf hinzufügen, daß diese Auszüge ganz aufs Geratewohl ausgesucht worden sind. Sie sind jedoch unter dem Gesichtspunkt zusammengestellt, dem Gerichtshof die verschiedenen Methoden aufzuzeigen, die der Angeklagte anwandte, um das Volk gegen die jüdische Rasse aufzuhetzen. Seine Zeitungen sind Tag für Tag und Woche für Woche voll von diesen Dingen. Man kann kein Exemplar seiner Zeitungen in die Hand nehmen, ohne sowohl in den Überschriften als auch in den Artikeln das gleiche Zeug zu finden.

Ich darf zunächst aus vier Reden und Artikeln zitieren, die seine Anfangstätigkeit in den Jahren 1922 bis 1933 zeigen: Auf Seite 3 des Dokumentenbuchs des Gerichtshofs, Dokument M-11, befindet sich ein Auszug aus einer Rede, die er im Jahre 1922 in Nürnberg hielt. Nachdem er im ersten Absatz die Juden beschimpft, verweise ich nur auf die letzten zwei Zeilen:

»Wir wissen, daß Deutschland frei sein wird, wenn der Jude aus dem Leben des deutschen Volkes ausgeschaltet ist.«

Ich komme zum nächsten Dokument M-12, auf Seite 4 des Dokumentenbuchs. Das erstzitierte Dokument trägt die Bezeichnung GB-165. Es handelt sich hierbei um ein Buch, das diese Nummer bekommen hat. Das nächste Dokument, das dem gleichen Buch entnommen ist, hat die gleiche Nummer. Vielleicht darf ich diesen kurzen Auszug vorlesen. Es ist der Auszug aus einer Rede:

»Deshalb bitte ich Sie, und besonders die, welche mit dem Kreuz durchs Land ziehen, etwas ernster zu werden, wenn ich vom Feind des deutschen Volkes, vom Juden, sprechen werde. Nicht aus Leichtsinn oder gar zum Spaß kämpfe ich gegen den jüdischen Feind, sondern weil ich die Erkenntnis und das Wissen in mir trage, daß das ganze Unglück nur durch den Juden über Deutschland gebracht wurde.

... Ich frage Sie noch einmal: Um was geht es heute? Der Jude will die Herrschaft nicht nur im deutschen Volk, sondern in allen Völkern. Die Kommunisten sind seine Wegbereiter... Wissen Sie nicht, daß der Gott des Alten Testaments den Juden befiehlt, daß sie die Völker der Erde fressen und versklaven sollen?...

Tatenlos läßt die Regierung den Juden schalten und walten. Das Volk erwartet, daß Taten geschehen.... Sie mögen über Adolf Hitler denken wie Sie wollen – eines müssen Sie ihm zugestehen: Daß er den Mut besaß, den Versuch zu machen, das deutsche Volk durch eine nationale Revolution vom Juden zu befreien. Das war eine Tat!...«

Der nächste kurze Auszug erscheint auf der nächsten Seite des Dokumentenbuchs und stammt aus einer im April 1925 gehaltenen Rede:

»Seht doch ein, daß der Jude den Untergang unseres Volkes will.... Deshalb kommt zu uns und verlaßt die, die Krieg, Inflation und Uneinigkeit in unser Volk gebracht haben! Seit Jahrtausenden vernichtet der Jude die Völker.« Ich bitte den Gerichtshof, die letzten wenigen Worte zu beachten:

»Macht heute den Anfang, daß wir den Juden vernichten können!«

Hoher Gerichtshof! Soweit ich feststellen konnte, ist dies die früheste Bemerkung zur Vernichtung der jüdischen Rasse. Vielleicht entsprang hieraus das, was vierzehn Jahre später die offizielle Politik der Nazi-Regierung wurde.

Und ein weiteres Zitat aus dieser Zeit; es stammt aus dem Monat April 1932, Dokument M-14 aus dem gleichen Buch. Er sagt zu Beginn:

»13 Jahre kämpfe ich gegen das Judentum.«

Ich zitiere nur den letzten Absatz:

»Wir aber wissen, daß der Jude, ob er sich protestantisch oder katholisch taufen läßt, Jude bleibt. Warum siehst du das nicht ein, du protestantischer Pastor, du katholischer Geistlicher! Ihr seid verblendet und dient dem Gott der Juden, der nicht der Gott der Liebe, sondern der Gott des Hasses ist. Warum hört Ihr nicht auf Christus, der zu den Juden sagte: ›Ihr seid Kinder des Teufels‹.«

Solcher Art waren Streichers Auslassungen während dieser ersten Jahre. Nach der Machtübernahme begann die Nazi-Partei offiziell ihren Feldzug gegen die Juden mit dem Boykott vom 1. April 1933. Über diesen Boykott ist der Gerichtshof bereits durch Vorlage von Beweisen unterrichtet worden. Ich will deshalb heute nichts weiter tun, als dem Gerichtshof kurz in Erinnerung rufen, was damals geschah.

Die gesamte Regierung war sich über diesen Boykott einig und billigte ihn, wie aus Dokument 2409-PS, US-262, Goebbels Tagebuch, hervorgeht.

Streicher wurde zum Vorsitzenden des Zentralausschusses für die Organisation dieses Boykotts ernannt. Dies geht aus Dokument 2156-PS, US-263, hervor. Es hieß damals, daß er seine Arbeit am Mittwoch, den 29. begann.

Am gleichen Tage gab der Zentralausschuß eine Bekanntmachung heraus, in der erklärt wurde, daß der Boykott am Samstag um 10 Uhr morgens pünktlich anfangen sollte und daß »das Judentum wissen wird, wem es den Kampf angesagt hat«. Dieses kurze Zitat befindet sich in dem Dokument 3389-PS, US-566, einem Bande des »Völkische Beobachter«, der dem Gerichtshof bereits vorliegt.

Ich darf den Gerichtshof nunmehr auf eine kurze Stelle aus einem Artikel in der »Nationalsozialistischen Partei-Korrespondenz« hinweisen, den der Angeklagte am 30. März vor dem Beginn des Boykotts geschrieben hat. Es handelt sich um das Dokument 2153-PS, das sich auf Seite 12 des Dokumentenbuchs befindet, und das ich als GB-166 überreiche. Hier schreibt er unter der Überschrift: »Schlagt den Weltfeind«, von Julius Streicher, Leiter des Zentralkomitees zur Abwehr der jüdischen Greuel- und Boykotthetze:

»Alljuda hat den Kampf gewollt, es soll ihn haben. Es soll ihn solange haben, bis es erkannt haben wird, daß das Deutschland der Braunen Bataillone kein Deutschland der Feigheit ist und der Ergebung. Alljuda soll den Kampf solange haben, bis der Sieg unser ist! Nationalsozialisten! Schlagt den Weltfeind! Und wenn die Welt voll Teufel wär', es muß uns doch gelingen!«

Als Vorsitzender des Zentralkomitees für diesen Boykott entwarf Streicher die Einzelheiten seiner Organisation in Gestalt von Anweisungen, die der Ausschuß am 31. März 1933 veröffentlichte. Ich überreiche sie mit unserem nächsten Dokument in dem Dokumentenbuch, 2154-PS, GB-167. Ich kann dies zusammenfassen.

Der Ausschuß betonte, daß bei diesem Boykott keine Gewalt gegen die Juden angewendet werden dürfe; dies geschah jedoch nicht aus irgendwelchen menschenfreundlichen Gründen, sondern nur deshalb, damit, wenn keine Gewaltmittel angewendet würden, die jüdischen Arbeitgeber keinen Vorwand haben sollten, ihre Angestellten fristlos zu entlassen oder ihnen den Lohn zu verweigern.

Es sei auch berichtet worden, daß die Juden offenbar ihre Geschäfte an deutsche Strohmänner übertrügen, um die Ergebnisse dieser Verfolgung abzuschwächen. Das Komitee bestimmte, daß alles auf diese Weise übertragene Eigentum als jüdisch im Sinne des Boykotts anzusehen wäre.

Ich glaube nicht, daß ich mich mit weiteren Einzelheiten befassen muß. Der bisherige Vortrag zeigt, daß Streicher zu jener Zeit eine führende Rolle gespielt hat, eine führende Rolle bei der Verfolgung der Juden, zu der er von der Regierung ernannt war.

Ich darf nunmehr den Gerichtshof auf einige weitere Auszüge hinweisen, um die Art und Weise zu zeigen, in der sich diese Propaganda im Laufe der Jahre entwickelte. Auf Seite 18 des Dokumentenbuchs finden wir einen Artikel in der Neujahrsausgabe einer neuen Zeitung, die der Angeklagte gegründet hatte. Es handelt sich um eine von ihm selbst herausgegebene halbmedizinische Zeitung »Deutsche Volksgesundheit durch Blut und Boden«. Der Artikel stellt ein Beispiel dafür dar, wie weit es der Angeklagte in seiner Propaganda gegen die Juden trieb. Ich zitiere:

»Für den Wissenden steht ewig fest:

1.

Artfremdes Eiweiß‹ ist der Same eines Mannes von anderer Rasse. Der männliche Same wird bei der Begattung ganz oder teilweise von dem weiblichen Mutterboden aufgesaugt und geht so in das Blut über. Ein einziger Beischlaf eines Juden bei einer arischen Frau genügt, um deren Blut für immer zu vergiften. Sie hat mit dem ›artfremden Eiweiß‹ auch die fremde Seele in sich aufgenommen. Sie kann nie mehr, auch wenn sie einen arischen Mann heiratet, rein arische Kinder bekommen, sondern nur Bastarde, in deren Brust zwei Seelen wohnen und denen man körperlich die Mischrasse ansieht. Auch deren Kinder werden wieder Mischlinge sein, das heißt, häßliche Menschen von unstetem Charakter und mit Neigung zu körperlichen Leiden....«

Wir wissen nun, warum der Jude mit allen Mitteln der Verführungskunst darauf ausgeht, deutsche Mädchen möglichst frühzeitig zu schänden; warum der jüdische Arzt seine Patientinnen in der Narkose vergewaltigt;... das deutsche Mädchen, die deutsche Frau soll den artfremden Samen eines Juden in sich aufnehmen, sie soll niemals mehr deutsche Kinder gebären!

2.

»›Artfremdes Eiweiß‹ sind auch die Blutprodukte aller Tierarten bis herab zu den Bazillen, also: Serum, Lymphe, Organextrakte usw. Sie wirken dann giftig, wenn sie direkt in das Blut gebracht, also eingeimpft oder eingespritzt werden.

Aber es handelt sich um Schlimmeres: das Blut wird durch diese Produkte kranker Tiere geschändet, der Arier wird mit fremder Art ›imprägniert‹.

Der Urheber und Begünstiger dieses Handelns und Verschweigens ist der Jude! Er kennt die Geheimnisse der Rassenfrage seit Jahrhunderten und betreibt danach planmäßig die Vernichtung der ihm überlegenen Völker. Die Wissenschaft und die ›Autoritäten‹ sind seine Instrumente, um ein Scheinwissen aufzuzwingen und die Wahrheit zu verschweigen...«

Dies, Hoher Gerichtshof, führe ich als GB-168 ein.

Das nächste Dokument, auch noch zu Beginn des Jahres 1935 geschrieben, ist ein Auszug aus seiner eigenen Zeitung »Der Stürmer«, unter der Überschrift: »Das auserwählte Volk der Verbrecher«:

».... Und trotzdem – oder wohl richtiger gerade darum – mutet das Geschichtsbuch der Juden, das man als ›Heilige Schrift‹ zu bezeichnen sich angewöhnt hat, wie ein einziger schauerlich-schauriger Kriminalroman an, gegen den die 150 Schundromane des englischen Juden Edgar Wallace vor Neid erblassen müssen. Von Mord und Blutschande, Betrug, Diebstahl und Sittlichkeits verbrechen wimmelt es in diesem ›heiligen‹ Buch geradezu.«

Der Angeklagte hielt am 4. Oktober 1935 eine Rede, der Gerichtshof wird sich erinnern, daß dies der Monat nach der Veröffentlichung der Nürnberger Gesetze war, über die im »Völkischen Beobachter«, unter der Überschrift »Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre«, berichtet wird. Ich verlese den Bericht;

Überschrift:

»Gauleiter Streicher spricht in einer DAF-Massenkundgebung für die Nürnberger Gesetze.«

Sodann heißt es auf der ersten Zeile des Berichts, daß er innerhalb weniger Wochen zum zweiten Male spräche.

Ich zitiere nur die letzten beiden Zeilen des ersten größeren Absatzes:

»Wir müssen daher dem Juden die Maske herunternehmen, und das tue ich seit 15 Jahren.«

Diese Bemerkung erweckte anscheinend stürmischen Beifall. Ich führe dieses Zitat als M-34, GB-169, ein.

Eure Lordschaft, ich glaube, es ist nicht nötig, aus dem nächsten Dokument des Dokumentenbuchs zu zitieren. Es ist so ziemlich dasselbe. Auf Seite 22 des Dokumentenbuchs, Dokument M-6, findet sich ein Leitartikel von Streicher in seiner Zeitung »Der Stürmer«. Ich möchte nur auf die letzte Hälfte des letzten Abschnitts verweisen, wo er wiederum die Rolle, die er persönlich in diesem Feldzug spielte, betont:

»Die 15-jährige Aufklärungsarbeit des Stürmers hat bereits ein Millionenheer von Wissenden dem Nationalsozialismus zugeführt. Die Weiterarbeit des Stürmers wird dazu beitragen, daß auch noch der letzte Deutsche mit Herz und Hand sich in die Front derer begibt, die sich zum Ziele gesetzt haben, der Schlange Alljuda den Kopf zu zertreten. Wer mithilft, daß dies so komme, der hilft mit, den Teufel zu beseitigen. Und dieser Teufel ist der Jude.«

Dieses Zitat führe ich als GB-170 ein.

Das nächste Dokument füge ich nur deshalb ins Dokumentenbuch ein, um wiederum zu zeigen, bis zu welchen Extremen der Angeklagte in seiner Propaganda ging. Das Dokument besteht aus einer Photographie des brennenden Rumpfes des Luftschiffes »Hindenburg«, als dieses im Juni 1937 in Amerika in Flammen aufging. Unter dem Bild ist folgender Kommentar:

»Das erste Funkbild aus USA. zeigt uns ganz deutlich, daß hinter der Explosion unserer LZ. ›Hindenburg‹ der Jude steht. Die Natur hat hier den Teufel in Menschengestalt klar und absolut korrekt gezeichnet.«...

Obwohl die Photographie dies durchaus nicht ergibt, so glaube ich doch, daß die Bedeutung dieses Kommentars die ist, daß die Rauchwolke in der Luft die Umrisse eines jüdischen Gesichts wiedergeben soll.

Im Dokument M-4 auf der nächsten Seite des Dokumentenbuchs findet sich eine Rede, die Streicher im September 1937, anläßlich der Eröffnung einer Brücke in Nürnberg hielt. Ich möchte nur den letzten Absatz auf Seite 24 zitieren. Die fragliche Brücke wurde »Wilhelm-Gustloff-Brücke« getauft Der Angeklagte sagt:

»Aus dem jüdischen Volke mußte der Mann kommen, der Wilhelm Gustloff ermordete, denn die jüdischen Gesetzbücher lehren, daß jeder Jude das Recht habe, den Nichtjuden zu ermorden, ja, daß es dem jüdischen Gott wohlgefällig sei, möglichst, viele Nichtjuden zu ermorden.

Schauen Sie den Weg an, den das jüdische Volk seit Jahrtausenden geht: Überall Mord, überall Massenmord! Wir dürfen auch nicht vergessen, daß hinter den Kriegen der Gegenwart der jüdische Finanzmann steht, der seine Ziele und Interessen verfolgt. Der Jude lebt immer vom Blute der anderen Völker, er braucht solche Morde und solche Opfer. Für uns Wissende ist der Mord an Wilhelm Gustloff gleich einem Ritualmord.«

Sodann auf der nächsten Seite:

»Es ist unsere Pflicht, daß wir es den Kindern in der Schule und den großen Kindern sagen, welchen Sinn dieses Denkmal hat...«

Ich gehe dann auf den nächsten Absatz über:

»Der Jude zeigt sich bei uns nicht mehr so offen, wie er es früher getan hat. Es wäre aber falsch, wenn wir sagen wollten, der Sieg sei errungen! Der Sieg ist erst dann ganz und endgültig errungen, wenn die ganze Welt vom Juden frei ist.«

Dieses Dokument führe ich als GB-171 ein.

Die nächsten beiden Dokumente in dem Dokumentenbuch sind lediglich Auszüge der Nachrichtenspalte des »Stürmers«, die uns wiederum eine der Methoden zeigen, die er in seiner Propaganda anwandte. Ich brauche sie nicht zu verlesen. Die Nachrichtenspalten in allen Ausgaben wimmeln von Briefen, die von Deutschen eingesandt wurden und die beispielsweise sagten, daß eine Deutsche ihre Schuhe in einem jüdischen Laden gekauft hätte usw.; auf diese Weise unterstützte man den allgemeinen Boykott gegen die Juden. Mit anderen Worten, diese Spalten waren tatsächlich eine wöchentlich erscheinende Reihe von Verleumdungen gegen die Juden in ganz Deutschland.

Ich komme nun zu einer anderen und besonderen Form der von dem Angeklagten angewandten Propaganda, die er mit »Ritualmord« bezeichnete. Der Gerichtshof wolle sich erinnern, daß vor etlichen Jahren, ich glaube es begann im Jahre 1934, »Der Stürmer« anfing, Berichte über jüdische Ritualmorde zu veröffentlichen, die die ganze Welt derartig entsetzten, daß sogar der Erzbischof von Canterbury gelegentlich dagegen in der Times protestierte; ebenso protestierte man in allen Ländern der Welt, daß eine Regierung die Veröffentlichung derartiger Dinge in ihren nationalen Zeitungen zulasse.

Er schöpft seine Ritualmordgeschichte, so verstehe ich es, aus dem mittelalterlichen Glauben, daß die Juden die Gewohnheit hätten, zur Zeit ihres Osterfestes christliche Kinder zu ermorden. Er verbreitet sich darüber und verdreht diesen Glauben, diesen mittelalterlichen Glauben, um zu beweisen, daß sie dies nicht nur im Mittelalter taten, sondern daß sie dies noch jetzt tun und noch weiterhin tun wollen. Ich möchte nur eine oder zwei Stellen aus seiner Zeitung zitieren und ein oder zwei Bilder zeigen, die er im Zusammenhang mit seinem Feldzug über Ritualmorde veröffentlichte. Sie werden dem Gerichtshof die Art seiner Lehre und Propaganda klarmachen. Ich werde von Seite 29 des Dokumentenbuchs des Gerichts vom drittletzten Absatz zitieren:

»Das mag der französische Frontkämpfer mit nach Frankreich hinübernehmen: Das deutsche Volk ist neu geworden, es will den Frieden, aber wenn man es überfallen sollte, wenn man dieses deutsche Volk noch einmal zu quälen versuchen sollte, es zurückwerfen in die Vergangenheit, dann würde die Welt ein neues Heldenlied erleben, dann mag der Himmel entscheiden, wo das Recht ist, bei uns oder dort, wo der Jude die Peitsche schwingt, zu einem Massenmord hetzt, man möchte fast sagen – zu dem größten Ritualmord aller Zeiten.

Wenn das deutsche Volk geschächtet werden sollte, dann schächtet sich damit die Welt.«

Und den letzten Absatz:

»So, wie Ihr bisher Euren Kindern ein Morgen- oder Abendgebet eingehämmert habt, so hämmert ihnen dies jetzt ins Herz hinein, auf daß das deutsche Volk die innere Macht bekomme, die andere Welt zu überzeugen, die der Jude gegen uns führen will.«

Dieses Dokument führe ich als M-2, GB-172, ein.

Auf der nächsten Seite des Dokumentenbuchs befindet sich die Wiedergabe einer Photographie aus dem »Stürmer« vom April 1937. Sie zeigt, wie drei Juden einem Mädchen in ritueller Weise die Kehle durchschneiden, und wie das Blut in einem Eimer am Boden abläuft. Die Unterschrift unter dieser Photographie lautet wie folgt:

»Der Ritualmord in Polna. Agnes Hruza wird von den Juden Hilsner, Erdmann und Wassermann geschächtet. (Postkarte aus der Zeit des Mordes.)«

Das war Beweisstück US-258, das sich in einem Exemplar des »Stürmer« befindet, das bereits vorgelegt wurde.

Auf der nächsten Seite im Dokumentenbuch findet sich ein Auszug aus der gleichen Ausgabe des »Stürmer« vom April 1937. Ich will ihn jetzt nicht verlesen, weil er bereits als Beweismaterial vorgelegt und dem Gerichtshof verlesen wurde. Der Artikel beschreibt die Geschehnisse bei einem Ritualmord, insbesondere wie das Blut mit dem Brot gemischt und von den Juden bei ihrem Fest getrunken wird. Der Gerichtshof wird sich daran erinnern, daß während des Festschmauses das Oberhaupt der Familie ausruft:

»Also (wie das Kind, dessen Blut in Brot und Wein enthalten), mögen alle Gojim untergehen!«

Dieses Dokument ist bereits als US-258 vorgelegt und wurde bereits in die Niederschrift (Band III, Seiten 582, 583) verlesen.

VORSITZENDER: Wollen wir die Sitzung jetzt unterbrechen?

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Wie Eure Lordschaft wünscht.