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[Zu dem Zeugen, Dr. Blaha, gewendet]:

Ist Ihnen bekannt, wie das Verhältnis der Gefangenen in einzelnen Zeitabschnitten gewechselt hat, und zwar bezüglich der Zusammensetzung an politischen und kriminellen Gefangenen? Wie groß war die Zahl der politischen Gefangenen und die Zahl der kriminellen Gefangenen ungefähr, – in Dachau?

DR. BLAHA: Also, in Dachau war das nicht immer dasselbe. Es waren drin die politischen so auch die Berufsverbrecher und auch die sogenannten schwarzen asozialen Elemente. Das selbstverständlich betrifft bloß die deutschen Gefangenen. Alle anderen Nationen waren bloß als politische geführt worden. Bloß die Deutschen wurden in Rote, Grüne und Schwarze geteilt. Große Mehrheit von den Deutschen waren die politischen Häftlinge.

RA. BABEL: Können Sie das Verhältnis ungefähr angeben? Waren es ein Viertel, die Hälfte oder Dreiviertel?

DR. BLAHA: Verzeihen Sie, ich hörte nicht.

RA. BABEL: Können Sie mir Ziffern geben? War es die Hälfte, Dreiviertel, oder wieviel? Können Sie die ungefähre Zahl angeben?

DR. BLAHA: Also kann man sagen, daß von so beiläufig von 5000 deutschen Häftlingen 3000 politische und 2000 die Grünen und Schwarzen waren.

RA. BABEL: War das während dieser ganzen vier oder fünf Jahre so?

DR. BLAHA: Das hat sich verschiedentlich gewechselt, weil immer viele sind gestorben, oder auch einige von den Deutschen weggegangen sind; auch sind viele eingerückt und wieder viele Neue gekommen. In den letzten Jahren waren immer mehr die Politische, weil viele von den Grünen an die Front eingerückt sind.

RA. BABEL: Wie war die Zahl, die Gesamtzahl ungefähr 1941 und 1943 und 1945, alle zusammen?

DR. BLAHA: Meinen Sie alle Häftlinge?

RA. BABEL: Alle zusammen.

DR. BLAHA: Jawohl. Im 1941er Jahr haben wir 8 bis 9000 gehabt, im 1943er Jahr waren es zwischen 15 bis 20000 und in der Zeit Ende 44 bis Anfang 45 über 70 bis 80 000.

RA. BABEL: Dann noch eines. Sie haben angegeben, sie hätten erst selbst anfangs in Plantagen gearbeitet. Was verstehen Sie unter Plantagen?

DR. BLAHA: Plantage, das war ein großer Gutsbesitz der SS, wo haben sie verschiedene Gewürze, Heilmittelkräuter und solche Sachen gezüchtet.

RA. BABEL: War diese Plantage innerhalb des Lagerbezirks?

DR. BLAHA: Nein, das war in der extra Nachbarheit vom Lager, das war frei.

RA. BABEL: Sie haben auch von Arbeiten in Rüstungsbetrieben gesprochen, und nun habe ich aus Ihrer Aussage entnommen, daß diese Rüstungsbetriebe teils innerhalb des Lagers waren und teils außerhalb, stimmt das?

DR. BLAHA: Ja, weil zuerst waren sie überhaupt bloß außerhalb des Lagers, sogenannte deutsche Aufrüstungswerke. Erst nach der Bombardierung werden gewisse Teile direkt ins Innere des Lagers übertragen worden.

RA. BABEL: Wie groß war die Zahl dieser Bewachungsmannschaften etwa 1941?

DR. BLAHA: Also, es waren zu der direkten Bewachung drinnen gewöhnlich dreien SS-Kompanien. Aber in Dachau war außerdem eine große SS-Garnison und Kommandantur. Also von Zeit zu Zeit, wenn es nötig war, wurden auch von den anderen Abteilungen der SS die Posten genommen. Das war verschieden, das hat sich danach geregelt, wieviel Posten man gebraucht hatte; in der regelrechten Dienst waren gewöhnlich drei Kompanien.

RA. BABEL: Hat der Wachdienst auch in der Überwachung der Gefangenen in diesen Rüstungsbetrieben, in dem Betrieb, während der Arbeit bestanden?

DR. BLAHA: Ja. Jedes Arbeitskommando hat seinen Kommandoführer gehabt von dieser Bewachungsmannschaft, und außerdem die sogenannten Bewachungsposten, die mit den verschiedenen Kommandos in ihre Arbeitsplätze gegangen und wieder die Häftlinge ins Lager zurückgebracht haben.

RA. BABEL: Haben Sie nun während der Zeit, in der Sie im Lager waren, beobachtet, daß seitens dieser Wachmannschaften bei ihrer täglichen Tätigkeit Mißhandlungen vorgekommen sind?

DR. BLAHA: Jawohl, viele.

RA. BABEL: Öfter?

DR. BLAHA: Ja.

RA. BABEL: Aus welchem Grunde?

DR. BLAHA: Das war verschieden; das war nach der Natur der betreffenden Wachposten oder der Kommandanten.

RA. BABEL: Sie haben doch gesagt, Sie waren beschäftigt, und zwar nach dem, was Sie uns mitgeteilt haben, ausgiebig beschäftigt?

DR. BLAHA: Jawohl.

RA. BABEL: Haben Sie denn Gelegenheit gehabt, solche Beobachtungen zu machen?

DR. BLAHA: Jawohl, ich habe viele Leichen seziert, die entweder bei der Arbeit erschossen wurden oder tot erschlagen wurden; die habe – ich habe auch seziert und darüber extra Gerichtsprotokolle gemacht.

RA. BABEL: Ja. Sie sagten jetzt, sie sind erschossen worden, bei der und der Gelegenheit. Haben Sie das selbst gesehen?

DR. BLAHA: Nein.

RA. BABEL: Woher wissen Sie das dann?

DR. BLAHA: Nein, ich habe bloß von dem Arbeitsplatz die Leiche bekommen und habe ich Auftrag bekommen, die Todesursache zu bestimmen, daß er tot erschlagen wurde; nicht wahr, zum Beispiel Schädel gebrochen oder Rippen gebrochen oder innere Verblutung hatte, oder erschossen worden, und einen Gerichtsprotokoll davon gegeben. Manchmal, aber das war selten, wenn eine Untersuchung eingeleitet wurde, wurde ich auch als Zeuge gerufen.

RA. BABEL: Ich danke.

VORSITZENDER: Mr. Dodd, wollen Sie den Zeugen nochmals vernehmen?

MR. DODD: Im Augenblick habe ich an den Zeugen keine weiteren Fragen zu stellen.

VORSITZENDER: Wünscht irgendein anderes Mitglied der Anklagevertretung den Zeugen nochmals zu verhören? Oberst Pokrowsky?

OBERST POKROWSKY: In diesem Stadium der Verhandlung habe ich keine weiteren Fragen an den Zeugen.

VORSITZENDER: Dann kann sich der Zeuge entfernen.