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[Zum Zeugen gewandt]:

Ist das der Befehl, auf den Sie sich bezogen haben?

MÖHLE: Jawohl, das ist der Befehl.

OBERST PHILLIMORE: Haben Sie diesen Befehl vom Zeitpunkt Ihrer Gefangennahme bis zum vergangenen Freitag gesehen?

MÖHLE: Nein.

OBERST PHILLIMORE: Daraus folgt meines Erachtens, daß Sie diesen Befehl nur aus der Erinnerung heraus wiedergeben?

MÖHLE: Jawohl, nur nach Erinnerung.

OBERST PHILLIMORE: Sind Sie, nachdem Sie diesen Befehl erhielten, zum Hauptquartier des Admirals Dönitz gegangen?

MÖHLE: Jawohl, bei meinem nächsten Besuch nach Empfang dieses Befehls im Hauptquartier (des B. d. U.) habe ich dort selbst mit dem Referenten im B. d. U.-Stab, Korvettenkapitän Kuppisch, über diesen Befehl gesprochen.

OBERST PHILLIMORE: Wollen Sie dem Gerichtshof mitteilen, was bei dieser Zusammenkunft besprochen wurde?

MÖHLE: Ich habe bei dieser Besprechung den Korvettenkapitän Kuppisch gefragt, wie die in diesem Befehl enthaltene Zweideutigkeit beziehungsweise Unklarheit aufzufassen sei. Er hat mir diesen Fall an zwei Beispielen erklärt. Das erste, Beispiel:

Ein U-Boot in der äußeren Biskaya auf dem Ausmarsch zu einer Unternehmung habe ein Schlauchboot mit Überlebenden eines englischen Flugzeugs angetroffen. Er habe, da er sich auf dem Ausmarsch, also voll ausgerüstet befand, keine Möglichkeit gehabt, diese Flugzeugbesatzung aufzunehmen, trotzdem gerade in der damaligen Zeit es als besonders wünschenswert erschien, Ortungsspezialisten von abgeschossenen Flugzeugen mitzubringen, um Nützliches aus diesen Leuten herauszuholen. Er sei in großem Bogen um dieses Schlauchboot herumgegangen und habe seinen Ausmarsch fortgesetzt. Nach seiner Rückkehr von der Unternehmung habe er beim B. d. U.-Stabe diesen Fall erzählt. Es sei ihm von Offizieren des B. d. U.-Stabes der Vorwurf gemacht worden, daß er, wenn er schon diese Ortungsspezialisten nicht hätte mitbringen können, daß es dann mindestens richtig gewesen wäre, diese Flugzeugbesatzung zu bekämpfen, da damit zu rechnen sei, daß in spätestens vierundzwanzig Stunden dieses Schlauchboot durch englische Sicherungsstreitkräfte aufgenommen sei und diese...

OBERST PHILLIMORE: Ich habe nicht ganz verstanden, was Sie über die richtige Handlungsweise sagten. Sie sagten, richtig wäre gewesen, wenn...

MÖHLE: Das Richtige wäre gewesen, wenn es schon nicht möglich gewesen wäre, die Besatzung oder die Spezialisten mitzubringen, sie zu bekämpfen, da damit zu rechnen sei, daß diese Besatzung in kürzester Frist durch englische Sicherungsstreitkräfte aufgenommen sei und unter Umständen schon wieder ein oder mehrere deutsche U-Boote vernichtet haben könnte.

Beispiel zwei...

OBERST PHILLIMORE: Hatte er Ihnen ein zweites Beispiel gegeben?

MÖHLE: Jawohl, das zweite Beispiel führe ich jetzt an.

Beispiel zwei: In den ersten Monaten des U-Bootkrieges gegen die Vereinigten Staaten sei eine sehr große Zahl an Tonnage – die genaue Zahl ist mir entfallen – auf flachem Wasser in unmittelbarer Küstennähe versenkt worden. Von diesen Versenkungen sei der weitaus größte Teil der Besatzungen gerettet worden durch die Landnähe. Das sei sehr bedauerlich, da zur Handelsschiffahrt nicht nur Tonnage, sondern auch die Besatzungen gehörten, und diese Besatzungen inzwischen wieder in der Lage wären, Neubauten zu besetzen.

OBERST PHILLIMORE: Sie sprachen über die Zweideutigkeit des Befehls. Sind Sie vertraut mit der Art, wie Admiral Dönitz den Wortlaut seiner Befehle abfaßte?

MÖHLE: Ich habe die Frage nicht verstanden.

OBERST PHILLIMORE: Sind Sie vertraut mit der Art und Weise, in der Admiral Dönitz normalerweise den Wortlaut seiner Befehle gestaltete?

MÖHLE: Jawohl, nach meiner Meinung hätte der Befehl nur zu lauten brauchen: Es wird erneut darauf hingewiesen, daß Rettungsmaßnahmen zu unterbleiben haben aus Sicherheitsgründen für die U-Boote. So hätte er nach meiner Auffassung gelautet, wenn nur Rettungsmaßnahmen verboten gewesen wären. Es haben sich alle...

OBERST PHILLIMORE: Behaupten Sie, daß, falls die Absicht bestanden hätte, nur Rettungsmaßnahmen zu verbieten, es genügt hätte, auf den früheren Befehl zu verweisen?

MÖHLE: Jawohl, das hätte genügt.

OBERST PHILLIMORE: War dieser frühere Befehl auch als »Geheime Kommandosache« bezeichnet?

MÖHLE: Daran kann ich mich nicht genau entsinnen.

OBERST PHILLIMORE: Welche Propaganda wandte man damals gegenüber den Mannschaften an?

MÖHLE: Die Propaganda in der damaligen Zeit besagte, daß der Gegner sehr große Schwierigkeiten hätte, genügend Besatzungen für seine Handelsschiffahrt und...

VORSITZENDER: Die Frage über die damalige Propaganda ist zu allgemein, als daß sie der Zeuge beantworten könnte.

OBERST PHILLIMORE: Ich werde dann auf einer Beantwortung dieser Frage nicht bestehen, Herr Vorsitzender.